HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Januar 2009
10. Jahrgang
PDF-Download

Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Ausschluß des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 3 StPO im Fall ordnungsgemäßer Urteilsabsprache?

Zugleich Anmerkung zu BGH 1 StR 323/08 vom 22.09.2008 = HRRS 2009 Nr. 1. *

Von Rechtsanwalt Klaus-Ulrich Ventzke, Hamburg

I.

Daß ein Strafverfahren nach 25 - wie eng auch immer terminierten - Hauptverhandlungstagen einer auf ein Geständnis gestützten verfahrensbeendenden Absprache zugeführt wird, dürfte nicht eben selten sein, und zwar selbst dann, wenn das Verfahren zuvor - etwa durch die Stellung von Ablehnungsgesuchen noch am 19. Hauptverhandlungstag - eher verbissen geführt worden war. Die Gründe für eine derartige Kehrtwende können mannigfaltig sein, regelmäßig deutet sie auf allseitige Ermattung hin, die rein pragmatischen Erwägungen Raum schafft: Der Staatsanwaltschaft wird möglicherweise deutlich geworden sein, daß die Sache schlecht ausermittelt war und die verfahrens- und materiellrechtlichen Probleme des Verfahrens von ihr allzu optimistisch gesehen worden waren. Angeklagtem und Verteidigung mag angesichts der Belastung (der ideellen wie materiellen Ressourcen) des Angeklagten durch die andernfalls drohende Fortführung der Hauptverhandlung und einer realistischen Prognose der revisionsrechtlichen Erfolgsaussichten[1] die resignative Zuflucht zu einem derartigen Verfahrensende als die schadensmindernde Verteidigungsmethode der Wahl erscheinen, zumal wenn der Tatrichter zuvor kontinuierlich in nicht angreifbarer Weise explizit oder verdeckt die Spannweite der Sanktionsschere ins Spiel gebracht oder sonst durch vergeblich mit einem Ablehnungsgesuch angegriffene Äußerungen[2] seine Sicht der Dinge verdeutlicht hatte.

Machte der Angeklagte - etwa nach einem Verteidigerwechsel oder einer geänderten Einschätzung der Verfahrenslage - gleichwohl von jenem Recht zur Urteilsanfechtung Gebrauch, über das er zuvor qualifiziert belehrt worden war, und berief er sich alsdann zur Begründung seines Rechtsmittels formgerecht auch auf den Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO, war eine derartige Verteidigungsstrategie vor allem zweierlei Einwänden ausgesetzt (gewesen): Im Fall eines vorläufigen Erfolgs in der Revisionsinstanz wäre das weitere Verfahren jedenfalls atmosphärisch mit der Tatsache des im Rahmen der ordnungsgemäß durchgeführten Verständigung abgelegten Geständnisses befrachtet. Vor allem aber: Schon die Chancen einer auf eine - gar die Verletzung des § 24 Abs. 2 StPO geltend machende - Verfahrensrüge gestützten Revision waren von vornherein eher überschaubar. Freilich wäre niemand ernsthaft auf den Einwand verfallen, der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO könne wegen der Urteilsabsprache nicht mehr in zulässiger Weise geltend gemacht werden, weil just dieser Verfahrensabschluß belege, daß aus Sicht des Angeklagten jedenfalls im nachhinein dieser Verfahrensmangel in Fortfall geraten sei.

II.

Wieder einmal ist es der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes, der in Fortführung seiner bereits länger andauernden, eher gesetzeswortlautfern anmutenden Bemühungen des Umbaus, genauer: des Abrisses der überkommenen Strukturen des Strafverfahrens[3] zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage gelangt.

1. Freilich hatte der Große Senat des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 03.03.2005 eher vorsichtig die Frage angesprochen, ob eine verfahrensbeendende Urteilsabsprache Auswirkungen auf den Umfang der späteren revisionsrechtlichen Rügemöglichkeiten haben könnte:

"Mit Blick auf das Rechtsmittelverfahren stellen sich nicht nur die von der Vorlage aufgeworfenen Fragen des Rechtsmittelverzichts; zu beantworten ist etwa auch, ob und in welchem Maße im Revisionsverfahren - mit Blick auf die Besonderheiten des Abspracheverfahrens, etwa unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens - bestimmte Verfahrensrügen, namentlich Aufklärungsrügen ausgeschlossen sein können."[4]

Damit wurden Überlegungen des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofes[5] aus dem jenem Beschluß vorhergehenden Anfrageverfahren aufgegriffen:

"Der Senat merkt im übrigen zur Folgeproblematik des Anfragebeschlusses an, daß er es für dringend bedenkenswert hält, ob und inwieweit bei einer nach einer Absprache stets zulässigen Revision die Statthaftigkeit bestimmter verfahrensrechtlicher, aber auch sachlichrechtlicher Einwände infolge der Mitwirkung des Revisionsführers an der Absprache zu verneinen wäre (offengeblieben im Verfahren 5 StR 286/03 , vgl. Senatsurteil vom 13. August 2003). Es erscheint zweifelhaft, ob in solchen Fällen wesentlich mehr als die Frage nach Einhaltung der Grenzen einer zulässigen Verständigung zur revisionsgerichtlichen Prüfung zu stellen ist."

2. In der Folgezeit spielte diese Problematik in der höchstrichterlichen Rechtsprechung allerdings keine wesentliche Rolle. Zwar reagierte der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wieder einmal[6] relativ harsch auf von ihm als selbstwidersprüchlich empfundenes Verteidigungsverhalten nach einer Urteilsabsprache:

"Da das Geständnis des Angeklagten durch die geständige Einlassung eines Mitangeklagten hinsichtlich eines Teils der verurteilten Taten bestätigt wurde, brauchte sich das Landgericht auch nach den Maßstäben, die der Große Senat für Strafsachen (BGHSt 50, 40, 49) für die Prüfung eines aufgrund einer Urteilsabsprache abgelegten Geständnisses aufgestellt hat, nicht zu einer weiteren Sachaufklärung gedrängt zu sehen. Zudem befremdet es, dass der Verteidiger das von ihm selbst in der Hauptverhandlung verlesene Geständnis der Sache nach dahingehend anzweifelt, es sei zu Lasten des Angeklagten unzutreffend."[7]

Lediglich der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes kam indes - angesichts seines Hanges, mit dem Institut des Rechtsmißbrauchs zu argumentieren[8], nicht eben überraschend - zuletzt wenige Tage vor der besprochenen Entscheidung auf diese Fragestellung zurück:

"Es liegt nahe, dass Revisionsrügen nach § 338 Nr. 1 und Nr. 4 StPO nach einer Vereinbarung mit den nach dem Beschwerdevorbringen unzuständigen Richtern als unstatthaft zu bewerten sind. Nichts anderes gilt im Ergebnis für Rügen wegen angeblich rechtsstaatswidriger Verzögerung des Verfahrens vor einer getroffenen Vereinbarung. Dies bedarf angesichts der Unzulässigkeit und Unbegründetheit der Rügen hier keiner tragenden Entscheidung."[9]

In der rechtspolitischen Diskussion wurde - angestoßen durch den Appell des Großen Senats des Bundesgerichtshofes vom 03.03.2005 (a.a.O. Rn. 53, 81) an den Gesetzgeber zur Regelung der Urteilsabsprache - diese Problematik erörtert, wobei trotz aller Differenzen auch innerhalb der Anwaltschaft[10] das Konsens war, was Senge aus staatsanwaltschaftlicher Sicht mit der gebotenen Deutlichkeit formuliert hatte:

"Die absoluten Revisionsgründe des § 338 StPO müssen daneben wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung für ein geordnetes rechtsstaatliches Verfahren bestehen bleiben, wie auch die Möglichkeit, das aufgrund einer verfahrensbeendenden Absprache ergangene Urteil einer sachlich-rechtlichen Kontrolle zu unterziehen."[11]

Hintergrund dieser Diskussionen war - wie ebenfalls in der Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2005 (a.a.O. Rn. 38, 41) angedeutet - vor allem die kontrovers verhandelte Frage, ob und in welchem Umfang allein der Konsens der Verfahrensbeteiligten geeignet sein könnte, den Radius der Beweisaufnahme mit einer die diesbezüglichen Einschränkungen der Rügeoptionen im Revisionsverfahren legitimierenden Weise zu bestimmen.[12]

3. Nun durfte man bei einem Senat, der aus seiner Abneigung gegen (ohnehin in der Praxis relativierte[13]) absolute Revisionsgründe keinen Hehl gemacht hatte[14], nicht ohne weiteres erwarten, daß er seine Rechtsanwendung an einem derartigen Konsens ausrichten würde. Freilich hätte es professionellem Standard eines Revisionsgerichts entsprochen, diese Ansicht dogmatisch herzuleiten und zumindest die erwähnte Diskussion[15] in den Blick zu nehmen.[16] Nichts davon geschieht: "Vorhandenes

und fortbestehendes Rechtsschutzinteresse (als) allen Prozessordnungen gemeinsame Sachentscheidungsvoraussetzung", "Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte" und der "auch für Gerichte geltende Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns" (Rn. 6) - das sind die als Begründungssurrogat schlagwortartig nebeneinandergestellten Argumentationsfiguren, die es aus Sicht des Senats legitimieren sollen, nicht in die Prüfung der Frage einzutreten, ob das vor der Urteilsabsprache angebrachte Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden war (§ 338 Nr. 3 StPO). Alle weiteren Erwägungen des Senats sind auf einer Ebene angesiedelt, deren argumentativer Status schon nicht recht deutlich wird: Handelt es sich um empirisch gemeinte Beschreibungen des Verteidigungsverhaltens des Beschwerdeführers oder um dessen normativ zu verstehende Bewertung durch den Senat? Der Senat (a.a.O. Rn. 8) führt nämlich aus, "bei einer einvernehmlichen Beendigung des Strafverfahrens aufgrund einer Absprache (brächten) die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich zum Ausdruck, daß für sie ein Grund für ein Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters nicht (mehr) besteht." Wie gelangt der Senat zu dieser z.B. angesichts des eingangs geschilderten typischen Szenarios, vor allem aber seiner den von ihm entschiedenen Fall betreffenden Feststellung, der Beschwerdeführer habe aus Anlaß der Urteilsabsprache nur die Beweisanträge, nicht aber den Befangenheitsantrag zurückgenommen (a.a.O. Rn. 4), recht fernliegend anmutenden Einschätzung? Die Antwort ist ernüchternd: Er verweigert eine Begründung, wie sich zwanglos ergibt, wenn man die von ihm (a.a.O. Rn. 9 ff.) angestellten Erwägungen Revue passieren läßt:

  • Der Senat (a.a.O. Rn. 9) referiert zutreffend die überkommenen Maßstäbe zur Anwendung des § 24 Abs. 2 StPO und ruft in Erinnerung, daß durch eine dienstliche Erklärung eines abgelehnten Richters die Besorgnis der Befangenheit nachträglich zerstreut werden kann. Für die Frage der Unzulässigkeit der vorliegend erhobenen Rüge besagt dies nichts, dies schon deshalb nicht, weil nichts darüber mitgeteilt wird, daß der Tatrichter im Kontext der Urteilsabsprache Erklärungen abgegeben hatte, die sich in dieser Weise auf den geltend gemachten Befangenheitsgrund[17] bezogen hatten.
  • Der Senat verweist darauf, bei der Prüfung der Rüge sei "auf den Zeitpunkt der Entscheidung des nach § 27 StPO zuständigen Gerichts abzustellen" (a.a.O. Rn.10). Dieses Argument erhöht freilich eher die Begründungsanforderungen an den Senat, der argumentativ gerade an späteres Geschehen anknüpft.
  • Der Senat entledigt sich dieser Aufgabe, indem er die gerade zu begründende Eingangsthese (a.a.O. Rn. 8) schlicht wiederholt, dann, wenn der Angeklagte im Rahmen einer Urteilsabsprache ein Geständnis ablege, sei dies "dahin zu verstehen, dass er die zuvor geäußerte Besorgnis in die Unparteilichkeit des Gerichts nicht mehr hegt" (a.a.O. Rn. 11). Das ist unhelflich, da redundant.
  • Der Senat (a.a.O. Rn.12) variiert diese Spekulation, indem er dieses Prozeßverhalten als Indiz für eine "veränderte Einschätzung" der Unbefangenheit durch den Angeklagten begreift, da - so die von ihm ernstgemeinte Argumentation - "das zu erwartende Urteil seiner Verteidigungsstrategie (entspreche)" und "mit dem Gericht im Wesentlichen `abgesprochen´ (sei)". Explizite Vorbehalte hinsichtlich geltend gemachter Befangenheitsgründe seien unbeachtlich, weil - so der Senat kreisschlüssig weiter - "der Angeklagte mit dem Eingehen auf die Absprache zu erkennen gegeben hat, dass seine Besorgnis entfallen ist".
  • Deshalb - so die kurzschlüssige Argumentation des Senats (a.a.O. Rn. 13) - fehle dem Beschwerdeführer "das Rechtsschutzbedürfnis für die Beanstandung einer Zwischenentscheidung, welche die Frage der Besorgnis der Befangenheit der erkennenden Richter in einem früheren Verfahrensstadium zu(m) Gegenstand hatte".
  • Ohne irgendwelche Kriterien auch nur zu anzudeuten, hält der Senat (Rn. 14) immerhin bei Vorliegen "besonderer Umstände" eine andere Sichtweise der Dinge für möglich, um zugleich zu verdeutlichen, selbst die Erklärung des Angeklagten und seines Verteidigers bei Abgabe des Geständnisses, auf Verfahrensrügen nicht verzichten zu wollen, sei unbeachtlich, da einer derartigen Erklärung "nicht entnommen werden könne, dass er - auch angesichts der Verständigung - nach wie vor Voreingenommenheit der Richter besorgte".[18]
  • Dieser "Rügeverlust" sei auch nicht etwa "Folge eines Rechtsmittelverzichts, sondern des Wegfalls des Rechtsschutzinteresses nach einer Urteilsabsprache für die Beanstandung bestimmter Verfahrensverstöße vor der verfahrensbeendenden Absprache" (a.a.O. Rn.15).[19]

Daß der Senat hilfsweise die Unbegründetheit der Rüge darzulegen versucht (a.a.O. Rn.16 f.)[20], ändert an dem befremdlichen Niveau der Entscheidungsbegründung nichts. Freilich verwundert derartiges nicht, wenn man bedenkt, daß jüngst ein "Kleines Strafrichterbrevier"[21] prominent editiert wurde, in dem dem Leser folgendes auf den Weg gegeben wird:

"Freisprüche sind materiell nahezu stets Fehlurteile."


* Die Entscheidung wurde erst am 22.12.2008 auf der Homepage des BGH - mit einem allein die steuerstrafrechtliche Problematik betreffenden amtlichen Leitsatz für BGHR - veröffentlicht.

[1] Vgl. zuletzt Barton, in: Festschrift für Fezer (2008), S. 333 ff. m.w.N.

[2] Vgl. anschaulich als Fall einer derartigen (in der Revisionsinstanz erfolgreich gerügten) tatrichterlichen Prozeßführung BGH HRRS 2004 Nr. 298; Rn. 4: "Der Strafkammervorsitzende reagierte mit folgender Bemerkung: `Es wird Ihnen nahe gelegt, über den gestrigen Tag nachzudenken. Es gab keinen Zeugen, der Sie entlastet hat. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin ... (die Geschädigte) wird wohl auch durch die Sachverständigen bestätigt werden. Frau Dr. W. wird die Aussage Ihrer Ehefrau noch stützen, insbesondere wird sie darlegen, wie der psychische Knick Ihrer Frau zustande gekommen ist. Der Karren, den Sie vor sich herschieben, ist Ihnen wohl entglitten, Sie werden ihn nicht unter Kontrolle kriegen, er ist auf Bergabfahrt und wird wohl gegen die Wand fahren. Ihre Landsleute legen sehr ungern Geständnisse ab. Wenn sie verurteilt werden, fangen sie das Weinen und Zähneknirschen an. Jetzt haben Sie es noch in der Hand, etwas zu beeinflussen. Nicht mehr, wenn alle Zeugen gehört sind. Sie haben bereits zehn Stunden verhandeln lassen, allein vier Stunden das Opfer vernehmen lassen und wenn erst die letzte Zeugin gehört wird, die aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Aussage wiederholen wird, ist es schon zu spät. Pflegen Sie nicht Ihren selbstmitleidigen Zustand, sondern nutzen Sie die Zeit; reden Sie vielleicht mit Ihrer Anwältin über den gestrigen Tag.´"

[3] Erinnert sei nur beispielhaft an die Entscheidungen dieses Senats zur Rügeverkümmerung (HRRS 2006 Nrn. 185, 858; 2007 Nr. 838; dazu: Ventzke HRRS 2008, 180 ff.), zum extensiven Verständnis der sog. Widerspruchslösung (HRRS 2006 Nr. 473, Rn. 26 ff. mit Anm. Fezer HRRS 2006, 239; Nr. 900, Rn. 20 ff., m. abl. Anm. Gaede HRRS 2007, 402, 405 f.), zur - in derselben Besetzung einen Tag später erfolgten - Umgestaltung des Beweisantragsrechts (HRRS 2008 Nr. 1150, m. abl. Anm. Fezer in diesem Heft, in Fortführung von HRRS 2007 Nr. 602) sowie zum Beschleunigungsgrundsatz (z.B. BGH HRRS 2006 Nr.625, Rn.1 ff.; 2008 Nr. 522, Rn. 25 ff., Nr. 894; vgl. auch Fezer, in: Festschrift für Widmaier (2008), S. 177 ff.).

[4] HRRS 2005 Nr. 310, Rn. 45.

[5] 5 ARs 61/03 vom 29.10.2003, in: HRRS-Datenbank, Rn. 9, m. abl. Bespr. Gaede/Rübenstahl HRRS 2004, 342/353 ff. Das in Bezug genommene Urteil vom 13.03.2003 erschöpft sich in der Mitteilung, daß die Mitwirkung an der Urteilsansprache die Revision nicht unzulässig mache und dahinstehen könne, ob dies auch für erhobene Verfahrensrügen gelte (UA, S. 4; bei HRRS nicht erfaßt).

[6] Vgl. Ventzke, in: Festschrift für Fezer (2008), S. 477 ff. m.w.N.

[7] HRRS 2008 Nr. 1097, Rn. 1; vgl. auch BGH HRRS 2008 Nr. 325, Rn.13: "Der Senat bemerkt jedoch, dass das Vorbringen des Verteidigers Rechtsanwalt D. aus M., wonach das verhängte Strafmaß mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten `in keiner Weise verhältnismäßig´ sei (RB Rechtsanwalt D. vom 6. Dezember 2007 S. 18), befremdet. Die von der Kammer verhängte Freiheitsstrafe ist identisch mit dem Antrag des Verteidigers in seinem Schlussvortrag (EA S. 522). Es erscheint fraglich, ob es mit der Stellung eines Verteidigers noch vereinbar ist, wenn dieser sich an einer verfahrensbeendenden Absprache beteiligt und Anträge stellt, die er selbst für `in keiner Weise verhältnismäßig´ erachtet. Vgl. zur Problematik aber instruktiv Salditt, in: Festschrift für Widmaier (2008), S. 54 ff.

[8] Z.B. BGH HRRS 2008 Nr. 571 m. Anm. Ventzke StV 2009 i.E.; vgl. auch BGH HRRS 2008 Nr. 611, Rn.15 (dazu Fezer HRRS 2008, 457 ff.).

[9] HRRS 2008 Nr. 990; dieser Beschluß wird prompt in der Entscheidung vom 22.09.2008 (Rn. 5, 7) zur Darlegung einer angeblichen Rechtsprechungskontinuität bemüht. Die weiter zitierten Entscheidungen desselben Senats, auf die zum selben Zweck Bezug genommen wird, enthalten keine weitergehenden Erkenntnisse. BGH HHRS 2006 Nr. 226, Rn. 6: "Diese Rügen, die an Verfahrensvorgänge aus einer früheren ausgesetzten Hauptverhandlung anknüpfen, wären nach Maßgabe von BGHSt 31, 15 statthaft. Der Senat hält die Fortschreibung dieser Rechtsprechung allerdings nicht für geboten. Es erscheint sachgerecht, aus § 25 Abs. 1 StPO herzuleiten, dass der Angeklagte Ablehnungsgründe, die er bereits in einer ausgesetzten Hauptverhandlung erfolglos zum Gegenstand eines Befangenheitsantrags gemacht hat, zur Erhaltung einer Revisionsrüge nach § 338 Nr. 3 i.V.m. § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO zu Beginn der neuen Hauptverhandlung in der in § 25 Abs. 1 Satz 2 StPO vorgeschriebenen konzentrierten Form ausdrücklich nochmals benennen muss. Dies stünde im Einklang mit der Regelung in §§ 222b, 338 Nr. 1 StPO und dem Erfordernis der Erhebung eines Widerspruchs in der Hauptverhandlung als Voraussetzung für bestimmte Verfahrensrügen. Zudem wäre so Klarheit in der Frage gewonnen, ob der Angeklagte überhaupt noch die Besorgnis einer Befangenheit des früher abgelehnten Richters hegt, was - namentlich in Fällen eines längeren Verfahrensfortgangs - durchaus zweifelhaft sein kann. Nach Veröffentlichung dieser Entscheidung sähe sich der Senat künftig - vorbehaltlich eines Verfahrens nach § 132 GVG - nicht gehindert, entsprechende Rügen nach § 338 Nr. 3 StPO als unzulässig anzusehen." BGH HRRS 2007 Nr. 117, Rn. 2: "Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob im Wege richterlicher Rechtsfortbildung vorliegend ein Rügeverlust der Angeklagten deshalb in Betracht kommt, weil sie sich nach sachlicher Verbescheidung ihres jeweils gestellten Befangenheitsantrags mit der Strafkammer unter dem Vorsitz des zuvor abgelehnten Richters auf eine verfahrensverkürzende Absprache eingelassen haben (vgl. BGHSt 50, 40, 52; BGHR StPO § 338 Nr. 3 Revisibilität 4)."

[10] Vgl. Strafrechtsausschuß des DAV StraFo 2006, 89/97 f.

[11] In: Schriftenreihe der Strafverteidigervereinigungen Band 30, S. 369/379.

[12] Vgl. nur Weßlau StraFo 2007, 1 ff.; dies. , in: Festschrift für Egon Müller (2008), S. 779 ff., jeweils m.w.N.

[13] Vgl. zuletzt Kudlich, in: Festschrift für Fezer (2008), S. 435 ff. m.w.N.

[14] BGH HRRS 2004 Nr. 298, Rn. 18 f.: "Das Ablehnungsgesuch durfte nach allem nicht zurückgewiesen werden. Deshalb liegt der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO vor. Dies zwingt den Senat nach dem Willen des Gesetzgebers, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben. Es kommt demnach nicht mehr darauf an, ob das Urteil in der Sache auf dem Mangel der Mitwirkung des zu recht abgelehnten Vorsitzenden beruhen kann und ob es sachlich-rechtlich bedenkenfrei ist."

[15] Daß sie rechtspolitischer Natur war, ändert hieran nichts, da ihr ersichtlich die sich ohnehin aufdrängende Annahme zugrundelag, daß es Sache des Gesetzgebers wäre, derartige weitreichende, gleichwohl hinter der Senatsentscheidung zurückbleibende Eingriffe in das Revisionsrecht - etwa im Zusammenhang mit der Schaffung eines spezifischen Abspracheverfahrens - vorzunehmen (vgl. den Überblick etwa bei Weichbrodt, Das Konsensprinzip strafprozessualer Absprachen, 2006, Kap. 4).

[16] Mosbacher (in: Festschrift für Widmaier[2008], S. 339 ff.) und Schneider (in: KK, StPO, 6. Aufl.[2008], § 238, Rn. 28 ff., 33 ff.) betreiben demgegenüber immerhin nicht unerheblichen (und ernstzunehmenden) argumentativen Aufwand, um ihr anspruchsvolles Projekt zu begründen, das Revisionsverfahren über § 238 Abs. 2 StPO aufzurollen.

[17] Umstritten war, ob der Tatrichter das Beschleunigungsgebot beachtet und im Rahmen eines Haftbeschwerdeverfahrens hierauf bezogen unzutreffende Behauptungen aufgestellt hatte (a.a.O. Rn. 4).

[18] Die handwerkliche Mangelhaftigkeit der - zudem Sinn und Zweck der einzuhaltenden Formalien des Urteilsabspracheverfahrens vernachlässigenden - Beschlußbegründung wird auch dadurch belegt, daß letztlich offen bleibt, welche weiteren Rügen einer vergleichbaren Behandlung zugeführt werden sollen. Nur beispielhaft: Geständnisbasierte Urteilsabsprache als Verzicht auf die Einhaltung des § 275 Abs. 1 StPO (§ 338 Nr. 7 StPO)? Weiter zugespitzt: Indiziert nicht erst recht das in jeder Hinsicht professionellen Ansprüchen genügende "streitige" Weiterverhandeln vor einem erfolglos abgelehnten Richter in der Logik dieser Entscheidung (wiedergewonnenes) Vertrauen des Angeklagten und seines Verteidigers in just jenes Gericht?

[19] Dieser nicht eben klare Gedanke - von einem Rechtsmittelverzicht war vorliegend nie die Rede - soll wohl den antizipierten Einwand parieren, die Entscheidung vereinbare sich mit der Intention der Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofes vom 03.03.2005 (a.a.O. Rn. 56, 80), gemeinschaftlichen Bemühungen der Beteiligten der Tatsacheninstanz entgegenzuwirken, das der Revisionsgerichtsbarkeit unterbreitete Fallmaterial auf diesem Weg zu reduzieren.

[20] Warum stellt er dann ohne Not gerade im Verfahren gem. § 349 Abs. 2 StPO derartige grundsätzliche Erwägungen an?

[21] Basdorf/Harms/Mosbacher, Kleines Strafrichterbrevier von Friedrich-Karl Föhrig, 2008, S. 101.