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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2007
8. Jahrgang
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Es genügt nicht, dass das Tatgericht zutreffend davon ausgeht, dass der Anspruch des Angeklagten auf eine gerichtliche Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK verletzt worden ist
und dies als Strafmilderungsgrund neben dem strafmildernden Gesichtspunkt der Belastung des Angeklagten durch den Zeitablauf zwischen Tat und Aburteilung tritt (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 5). Es müssen hierbei auch alle Verfahrensverzögerungen von Gewicht in ausreichendem Umfang berücksichtigt werden.
Das strafmildernde Gewicht eines Geständnisses kann dann geringer sein, wenn prozesstaktische Überlegungen bestimmend waren und die Kammer dies durch das in den Urteilsgründen dargelegte sonstige Prozessverhalten bestätigt sah.
1. Der Schutz der Allgemeinheit durch Abschreckung (nicht nur des Angeklagten, sondern auch) anderer möglicher künftiger Rechtsbrecher rechtfertigt eine schwerere Strafe als sie sonst angemessen wäre nur dann, wenn eine gemeinschaftsgefährliche Zunahme solcher oder ähnlicher Straftaten, wie sie zur Aburteilung stehen, festgestellt worden ist (vgl. BGH StraFo 2005, 515 m.N.).
2. Bei der Beurteilung der Motive für die Ablegung eines Geständnisses ist aber im Zweifel von der für den Angeklagten günstigsten Möglichkeit auszugehen (vgl. BGH DAR 1999, 195 m.N.).
3. Hinterlist setzt voraus, dass der Täter, wenn er das Opfer plötzlich von hinten angreift, dabei planmäßig in einer auf Verdeckung seiner wahren Absicht gerichteten Weise vorgeht, um dadurch dem Überfallenen die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und eine Vorbereitung auf die Verteidigung auszuschließen (vgl. BGH NStZ 2005, 97; BGHR StGB § 223 a StGB Hinterlist 1; jew. m.w.N.).
Dem bestreitenden Angeklagten dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlende Reue und fehlende Bemühungen um Schadenswiedergutmachung auch bei der Entscheidung über die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht zum Vorwurf gemacht werden (vgl. BGH StV 1993, 591; wistra 2001, 96 m.w.N.).
Der religiös-kulturelle Hintergrund stellt auch bei Vergewaltigung der Ehefrau keinen Strafmilderungsgrund i.S.v. § 46 StGB dar (BGH NStZ-RR 2007, 86, 87).
1. Ein Missbrauch von Beruf oder Gewerbe im Sinne des § 70 StGB liegt nur dann vor, wenn der Täter unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen.
2. Dazu genügt ein bloß äußerer Zusammenhang in dem Sinne, dass der Beruf des Täters lediglich die Möglichkeit gibt, Straftaten zu begehen, nicht. Die strafbare Handlung muss vielmehr Ausfluss der jeweiligen Berufs- oder Gewerbetätigkeit sein und einen berufstypischen Zusammenhang erkennen lassen. Daran fehlt es, wenn der Täter weder seinen Beruf als solchen missbraucht noch spezielle Berufspflichten verletzt, sondern lediglich Gelegenheiten, die ihm seine Tätigkeit bietet, zur Begehung von Straftaten ausgenutzt.