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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2006
7. Jahrgang
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1. Die Beweiskraft (§ 274 StPO) des berichtigten Protokolls ist für das Revisionsgericht auch dann beachtlich, wenn aufgrund einer Protokollberichtigung hinsichtlich einer vom Angeklagten zulässig erhobenen Verfahrensrüge zu Ungunsten des Angeklagten die maßgebliche Tatsachengrundlage entfällt (Vorlage des 1. Strafsenates zur "Rügeverkümmerung").
2. Der Senat stimmt dem 4. Strafsenat darin zu, dass die Verfahrensbeteiligten vor einer substanziellen Protokollberichtigung - etwa soweit es nicht nur offensichtliche Schreibversehen betrifft - zu hören sind. Der Senat lehnt es aber entschieden ab, die Abänderungsmöglichkeit oder die umfassende Geltung der Berichtigung davon abhängig zu machen, dass keiner der Verfahrensbeteiligten - substantiiert - widerspricht.
Auch über die Regelung des § 24 Abs. 3 StPO hinaus kann ein betroffener Bürger einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf ein Ablehnungsrecht haben. Ein solcher Anspruch ist insbesondere bei "Dritten" gegeben, die durch Ermittlungsmaßnahmen in Verfahren, die nicht gegen sie gerichtet sind, von schwerwiegenden - grundrechtsrelevanten - Eingriffen betroffen sind, wie etwa bei der Durchsuchung bei anderen Personen (§ 103 StPO), der Wohnraumüberwachung bei anderen (§ 100 c Abs. 3 Satz 2 StPO) oder eben bei der Überwachung der Telekommunikation bei Nichtbeschuldigten (§ 100a Satz 2 2. Alt.), soweit es um die Anordnung oder Gestattung der Maßnahme, sowie bei deren nachträglicher Überprüfung unter Nachholung des rechtlichen Gehörs oder - gegebenenfalls - im Beschwerdeverfahren geht.
1. Die Revision kann nicht alternativ darauf gestützt werden, entweder habe der Tatrichter einen Widerspruch zwischen dem Inhalt eines Urteils und den Akten unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht nicht in die Hauptverhandlung eingeführt, oder aber er habe es unterlassen, ihn in den Urteilsgründen zu erörtern.
2. Widersprüche zwischen dem Inhalt eines Urteils und den Akten sind, wenn sie sich nicht aus den Urteilsgründen selbst ergeben, für sich allein revisionsrechtlich unerheblich.
Wird in einem (Hilfs-)Beweisantrag im Einzelnen dargelegt, welche für den Antragsteller günstigen Tatsachen ein Zeuge bekunden werde, so braucht sich das Gericht regelmäßig nicht zu der Annahme gedrängt sehen, von diesem Zeugen seien nicht nur die vom Antragsteller genannten Angaben zu erwarten, sondern davon unabhängig auch solche, die der Antragsteller in seinem Antrag nicht einmal andeutet. Gleichwohl mag bei einer ungewöhnlichen Fallgestaltung im Einzelfall anderes gelten. Dies bedarf dann aber regelmäßig eingehender und nachvollziehbarer Darlegung der tatsächlichen Umstände, an die eine solche Bewertung anknüpfen soll (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Unabhängig davon sind die Anforderungen an den Vortrag zum Aufdrängen aber umso höher, je ferner liegend das behauptete Beweisergebnis erscheint.
1. Der Senat sieht Anlass, darauf hinzuweisen, dass die Strafjustiz auf Dauer an ihre Grenzen stößt, wenn die Verteidigung in Strafverfahren - wie der Senat zunehmend beobachtet - zwar formal korrekt und im Rahmen des Standesrechts geführt wird, sich aber dem traditionellen Ziel des Strafprozesses, der Wahrheitsfindung in einem prozessordnungsgemäßen Verfahren, nicht mehr verpflichtet fühlt und die durch die Strafprozessordnung gewährleisteten Verfahrensrechte in einer Weise nutzt, die mit der Wahrnehmung ihrer Aufgabe, den Angeklagten vor einem materiellen Fehlurteil oder auch nur einem prozessordnungswidrigen Verfahren zu schützen, nicht mehr zu erklären ist.
2. Das Gericht ist verpflichtet, bei seiner Entscheidung über den Umfang der Beweisaufnahme Opferschutzinteressen in seine Erwägungen einzubeziehen. Das bedeutet auch, das Opfer vor einer rechtsstaatswidrigen Verteidigung des Angeklagten zu schützen.
1. Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Gericht des ersten Rechtszuges und der Strafvollstreckungskammer ist in § 462a StPO besonders geregelt. Danach hat die Strafvollstreckungskammer bei Vollstreckung einer Freiheitsstrafe den Vorrang (Konzentrationsgrundsatz). Ihr obliegen damit die nachträglichen Entscheidungen, sobald gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird, also nicht nur die Vollstreckung der Strafe, die der Verurteilte in ihrem Bezirk verbüßt, sondern auch die Bewährungsüberwachung und die insoweit zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich sonstiger ausgesetzter Strafen oder Strafreste. Dies gilt im Verhältnis zum erstinstanzlichen Gericht auch hinsichtlich solcher Entscheidungen, mit denen dieses zum Zeitpunkt des Strafantritts bereits befasst war.
2. Der Übergang der Zuständigkeit auf die Strafvollstreckungskammer hängt nicht davon ab, ob zum Zeitpunkt der Inhaftierung eine Entscheidung ansteht, und sie endet auch nicht mit der Entlassung des Verurteilten aus der Justizvollzugsanstalt.
3. Für das Befasstsein der Strafvollstreckungskammer mit einer Sache genügt es, wenn die eine Entscheidung notwendig machenden Unterlagen bei einem Gericht eingehen, das für die Entscheidung zuständig sein kann.