Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2006
7. Jahrgang
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Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
die HRRS-Ausgabe Juni umfasst u.a. den Beitrag „Das kleine Einmaleins des Rechtsstaats und die Fallstricke der Terrorbekämpfung in England“ von Antje du Bois-Pedain, MJur (Oxon.), Universität Cambridge. Die Autorin wird die HRRS ab sofort als neue ständige Mitarbeiterin unterstützen. Ihr Aufsatz stellt anhand jüngerer House of Lords-Entscheidungen dar, in welchem Umfang auch Großbritannien im „Krieg gegen den Terror“ rechtsstaatlich zweifelhafte Rechtsmaßstäbe eingeführt hat.
Unter den Entscheidungen dieser Ausgabe sind besonders die Entscheidungen des BVerfG zur Rasterfahndung und zum erforderlichen Jugendstrafvollzugsgesetz hervorzuheben. Der BGH hat u.a. ein grundlegendes Urteil zur möglichen Strafbarkeit von kommunalen Mandatsträgern nach den Korruptionsdelikten des StGB veröffentlicht. Weitere Entscheidungen von EuGH, EGMR, BVerfG und vor allem des BGH lohnen – so hoffen wir – den Blick in die Ausgabe dieses Monats.
Mit freundlichen Grüßen für die Redaktion
Karsten Gaede
1. Eine präventive polizeiliche Rasterfahndung der in § 31 PolG NW 1990 geregelten Art ist mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) nur vereinbar, wenn eine konkrete Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person gegeben ist. Im Vorfeld der Gefahrenabwehr scheidet eine solche Rasterfahndung aus. (BVerfG)
2. Eine allgemeine Bedrohungslage, wie sie im Hinblick auf terroristische Anschläge seit dem 11. September 2001 durchgehend bestanden hat, oder außenpolitische Spannungslagen reichen für die Anordnung der Rasterfahndung nicht aus. Vorausgesetzt ist vielmehr das Vorliegen weiterer Tatsachen, aus denen sich eine konkrete Gefahr, etwa für die Vorbereitung oder Durchführung terroristischer Anschläge, ergibt. (BVerfG)
3. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss vielmehr solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 f.). Diese Beschränkungen bedürfen jedoch einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, die insbesondere dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der Normenklarheit entsprechen muss (vgl. BVerfGE 65, 1, 44). (Bearbeiter)
4. Für die rechtliche Beurteilung der Art des durch die Ermächtigung ermöglichten Eingriffs ist unter anderem bedeutsam, wie viele Grundrechtsträger wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind und unter welchen Voraussetzungen dies geschieht, insbesondere ob diese Personen hierfür einen Anlass gegeben haben (vgl. BVerfGE 100, 313, 376; 109, 279, 353). (Bearbeiter)
5. Das Gewicht eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hängt unter anderem davon ab, welche Inhalte von dem Eingriff erfasst werden, insbesondere welchen Grad an Persönlichkeitsrelevanz die betroffenen Informationen je für sich und in ihrer Verknüpfung mit anderen aufweisen, und auf welchem Wege diese Inhalte erlangt werden (vgl. BVerfGE 100, 313, 376; 109, 279, 353). So ist die Eingriffsintensität hoch, wenn Informationen betroffen sind, bei deren Erlangung Vertraulichkeitserwartungen verletzt werden, vor allem solche, die unter besonderem Grundrechtsschutz stehen, wie etwa bei Eingriffen in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG oder das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 GG (vgl. BVerfGE 113, 348, 364 f., 383, 391). Auch die Heimlichkeit einer staatlichen Eingriffsmaßnahme führt zur Erhöhung ihrer Intensität (vgl. BVerfGE 107, 299, 321; BVerfG, NJW 2006, 976, 981). (Bearbeiter)
6. Die Grundrechte sind dazu bestimmt, die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt zu sichern; sie sind Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat (vgl. BVerfGE 7, 198, 204 f.). Die Funktion der Grundrechte als objektive Prinzipien und der sich daraus ergebenden Schutzpflichten (vgl. BVerfGE 96, 56, 64) besteht in der prinzipiellen Verstärkung ihrer Geltungskraft, hat jedoch ihre Wurzel in dieser primären Bedeutung (vgl. BVerfGE 50, 290, 337). (Bearbeiter)
7. Der Staat darf und muss terroristischen Bestrebungen - etwa solchen, die die Zerstörung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zum Ziel haben und die planmäßige Vernichtung von Menschenleben als Mittel zur Verwirklichung dieses Vorhabens einsetzen - mit den erforderlichen rechtsstaatlichen Mitteln wirksam entgegentreten (vgl. BVerfGE 49, 24, 56). Auf die rechtsstaatlichen Mittel hat sich der Staat unter dem Grundgesetz jedoch auch zu beschränken. (Bearbeiter)
8. Der Gesetzgeber ist bei der Gestaltung von Eingriffsbefugnissen nicht zwingend an die mit dem überkommenen Gefahrenbegriff verbundenen polizeirechtlichen Eingriffsgrenzen gebunden. Die Verfassung hindert den Gesetzgeber nicht grundsätzlich daran, die traditionellen rechtsstaatlichen Bindungen im Bereich des Polizeirechts auf der Grundlage einer seiner Prärogative unterliegenden Feststellung neuartiger oder veränderter Gefährdungs- und Bedrohungssituationen fortzuentwickeln. Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit darf vom Gesetzgeber neu justiert, die Gewichte dürfen jedoch von ihm nicht grundlegend verschoben werden. (Bearbeiter)
9. Die für die Rasterfahndung geltende Eingriffsschwelle muss von Verfassungs wegen nicht notwendig eine gegenwärtige Gefahr im überkommenen Sinn sein. (Bearbeiter)
1. Für Maßnahmen, die in Grundrechte des Gefangenen eingreifen, ist auch im Jugendstrafvollzug eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Hinsichtlich der verfassungsrechtlich gebotenen Regelungsform für Grundrechtseingriffe besteht zwischen Erwachsenen- und Jugendstrafvollzug kein Unterschied.
2. Diese gesetzliche Grundlage muss auf die auf die besonderen Anforderungen des Vollzuges von Strafen an Jugendlichen und ihnen gleichstehenden Heranwachsenden zugeschnitten sein. Für den Jugendstrafvollzug hat das Ziel der Befähigung zu einem straffreien Leben in Freiheit im Hinblick auf die noch nicht abgeschlossene Persönlichkeitsentwicklung Jugendlicher besonders hohes Gewicht. Dem ist durch besondere Regelungen im Bezug auf Kontakte, körperliche Bewegung, die Art der Sanktionierung von Pflichtverstößen und die Ausgestaltung des gerichtlichen Rechtsschutzes Rechnung zu tragen.
3. Aus dem besonderen verfassungsrechtlichen Gewicht, das dem Ziel der Vorbereitung auf eine künftige straffreie Lebensführung im Jugendstrafvollzug zukommt, erwachsen dem Staat auch besondere positive Verpflichtungen. So hat er durch gesetzliche Festlegung hinreichend konkretisierter Vorgaben Sorge dafür zu tragen, dass für allgemein als erfolgsnotwendig anerkannte Vollzugsbedingungen und Maßnahmen die erforderliche Ausstattung mit den personellen und finanziellen Mitteln kontinuierlich gesichert ist.
4. § 91 JGG stellt lediglich allgemeine Grundsätze auf. Befugnisse zum Eingriff in Grundrechte vermittelt die Bestimmung nicht.
5. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzesvorbehalts scheidet eine Schließung von Regelungslücken im Wege der Analogie jedenfalls dann aus, wenn für eine ganze Rechtsmaterie mit vielfältigem Grundrechtsbezug der Gesetzgeber die Entscheidung über deren Ausgestaltung nicht getroffen und die dazu erforderlichen grundrechtsrelevanten Abwägungen nicht vorgenommen hat.
6. Die gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Vollzuges müssen auf sorgfältig ermittelten Annahmen und Prognosen über die Wirksamkeit unterschiedlicher Vollzugsgestaltungen und Behandlungsmaßnahmen beruhen (vgl. BVerfGE 106, 62, 152). Der Gesetzgeber muss vorhandene Erkenntnisquellen, zu denen auch das in der Vollzugspraxis verfügbare Erfahrungswissen gehört, ausschöpfen (vgl. BVerfGE 50, 290, 334) und sich am Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse orientieren (vgl. BVerfGE 98, 169, 201).
7. Auf eine den grundrechtlichen Anforderungen nicht genügende Berücksichtigung vorhandener Erkenntnisse oder auf eine den grundrechtlichen Anforderungen nicht entsprechende Gewichtung der Belange der Inhaftierten kann es hindeuten, wenn völkerrechtliche Vorgaben oder internationale Standards mit Menschenrechtsbezug nicht beachtet beziehungsweise unterschritten werden.
8. Die Verpflichtung, der gesetzlichen Ausgestaltung des Vollzuges möglichst realitätsgerechte Annahmen und Prognosen zugrunde zu legen, wirkt auch in die Zukunft. Der Gesetzgeber ist zur Beobachtung und nach Maßgabe der Beobachtungsergebnisse zur Nachbesserung verpflichtet (vgl. BVerfGE 88, 203, 310).
9. Zwar hat grundsätzlich die Feststellung, dass eine in Grundrechte eingreifende Maßnahme der verfassungsrechtlich erforderlichen gesetzlichen Grundlage entbehrt, die Aufhebung der eine solche Maßnahme bestätigenden gerichtlichen Entscheidungen zur Folge (§ 95 Abs. 2 BVerfGG; vgl. BVerfGE 41, 251, 266; 51, 268, 287). Dies gilt ausnahmsweise jedoch dann nicht, wenn während einer vom BVerfG eingeräumten Übergangsfrist nur durch Unterlassen der Aufhebung die Funktionsunfähigkeit staatlicher Einrichtungen vermieden werden kann und ein durch die Aufhebung eintretender Zustand der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde als die vorübergehende Hinnahme materiell rechtfertigungsfähiger, gesetzlich aber nicht ausreichend legitimierter Eingriffe (vgl. BVerfGE 33, 303, 347 f.; 111, 191, 224).
10. Die Übergangsfrist für die Schaffung eines Gesetzes über den Jugendstrafvollzug endet mit Ablauf des Jahres 2007.
1. Zu einem Fall der Umschreibung eines in Österreich von einem vormals dort wohnhaften Deutschen erworbenen Führerscheines, dem in Deutschland die Fahrerlaubnis im Rahmen eines gegen ihn wegen Verstößen gegen betäubungsrechtliche Vorschriften geführten Strafverfahrens entzogen worden war. (Bearbeiter)
2. Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in der Fassung der Richtlinie 97/26/EG des Rates vom 2. Juni 1997 verwehrt es einem Mitgliedstaat, das Recht zum Führen eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins und damit dessen Gültigkeit in seinem Hoheitsgebiet deshalb nicht anzuerkennen, weil sich sein Inhaber, dem in dem erstgenannten Staat eine vorher erteilte Fahrerlaubnis entzogen worden war, nicht der nach den Rechtsvorschriften dieses Staates für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach dem genannten Entzug erforderlichen Fahreignungsprüfung unterzogen hat, wenn die mit diesem Entzug verbundene Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis abgelaufen war, als der Führerschein in dem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurde. (EuGH)
3. Artikel 1 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 8 Absätze 2 und 4 der Richtlinie 91/439 in der Fassung der Richtlinie 97/26 verwehrt es einem Mitgliedstaat, bei dem die Umschreibung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen gültigen Führerscheins in einen nationalen Führerschein beantragt wird, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, diese Umschreibung davon abhängig zu machen, dass eine erneute Untersuchung der Fahreignung des Antragstellers vorgenommen wird, die nach dem Recht des erstgenannten Mitgliedstaats zur Ausräumung entsprechender Zweifel aufgrund von Umständen erforderlich ist, die vor dem Erwerb des Führerscheins in dem anderen Mitgliedstaat bestanden. (EuGH)
4. Bestimmungen einer Richtlinie, die von einem in derselben Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz abweichen, sind eng auszulegen. (Bearbeiter)
1. Der Ausdruck "auf Gesetz beruhend" gemäß Art. 6 EMRK umfasst nicht nur die rechtliche Basis für die reine Existenz eines Gerichts, sondern ebenso die Besetzung des Gerichts in jedem einzelnen Fall. Der EGMR ist berufen, auch Behauptungen zu überprüfen, nach denen die nationalen Regelungen über die Besetzung des Gerichts im Einzelfall nicht beachtet worden sind. Dies gilt auch dann, wenn Laienrichter (Schöffen) betroffen sind.
2. Zum Einzelfall einer alternativen Überprüfung des von der Regierung eingewandten nationalen Rechts.
3. Es ist für das effektive Funktionieren des Systems der Individualbeschwerde gemäß Art. 34 EMRK von größter Wichtigkeit, dass Beschwerdeführer mit den Konventionsorganen frei kommunizieren können. Sie dürfen keiner Form von Druck seitens (keiner Behinderung durch) nationaler (nationale) Stellen ausgesetzt sein, ihre Beschwerde zurückzunehmen oder zu verändern. Die danach untersagten Behinderungen erfassen nicht nur direkten Zwang und offensichtliche Einschüchterungsakte gegenüber Beschwerdeführern und ihren rechtlichen Vertretern, sondern auch andere unangemessene indirekte Handlungen oder Kontakte, die dazu bestimmt sind, sie von einer Individualbeschwerde abzubringen. Eine untersagte Behinderung i.S. des Art. 34 EMRK kann in der Einleitung eines Strafverfahrens gegen einen Rechtsanwalt liegen, der in die Vorbereitung einer Individualbeschwerde eingeschaltet war. Gleiches kann für die förmliche Vernehmung eines Rechtsanwalts und des Übersetzers des Beschwerdeführers gelten.
1. Den Belastungen und Gefährdungen, die der Vollzug einer Freiheitsstrafe für familiären Beziehungen naturgemäß bedeutet, muss die Ausgestaltung des Vollzuges nicht nur mit Rücksicht auf das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG, sondern auch im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte Resozialisierungsinteresse des Gefangenen nach Kräften entgegenzuwirken suchen.
2. Der fachgerichtliche Entscheidungsspielraum ist überschritten, wenn entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG eine Verlegung eines Strafgefangenen nur dann in Betracht kommen soll, wenn sie zur Behandlung oder aus Resozialisierungsgründen unerlässlich ist. Vielmehr kommt eine Verlegung bereits dann in Betracht, wenn die Behandlung des Gefangenen oder seine Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird.
3. Auch eine von der Anstalt bei der Ermessensentscheidung über eine Verlegung gewählte Leitlinie, nach der eine Verlegung nur in Frage kommt, wenn sie unerlässlich ist, entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Dies jedenfalls insoweit, als dass sich die Anstalt mit der regelförmigen Verschärfung der gesetzlichen Voraussetzungen damit nicht der Verpflichtung entziehen kann, die grundrechtlichen Belange des Betroffen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles angemessen zu würdigen.
4. Dabei sind auch finanziell oder gesundheitlich bedingte Kontaktschwierigkeiten zu berücksichtigen.
1. Das Verfahren der konkreten Normenkontrolle gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ist nur zulässig, wenn das vorlegende Gericht in der Vorlage angegeben hat, inwiefern es für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung auf
die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm ankommt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG; vgl. BVerfGE 42, 42, 49; 90, 145, 166). Das vorlegende Gericht muss erkennen lassen, dass es bei Gültigkeit der Regelung zu einem anderen Ergebnis als im Fall ihrer Ungültigkeit kommen und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 74, 236, 242; 90, 145, 166). Insoweit gilt ein strenger Maßstab (vgl. BVerfGE 78, 165, 178).
2. Die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Norm muss Vorfrage der vom Gericht zu treffenden Entscheidung sein. Beruht die Auslegung der zur Prüfung gestellten Norm auf der Annahme, ein anderes Gesetz sei verfassungswidrig, so hat es unter den sonst gegebenen Voraussetzungen wegen dieses Gesetzes vorzulegen. Eine Ausnahme kann im Fall mittelbarer Erheblichkeit vorliegen. So kann eine Norm auch dann entscheidungserheblich sein, wenn sie nicht unmittelbare Grundlage der Entscheidung ist, sondern aus ihr nur Schlüsse für die Auslegung oder den Fortbestand einer unmittelbar entscheidungserheblichen Norm zu ziehen sind, mit der Folge, dass die zu treffende Entscheidung bei Ungültigkeit der erstgenannten Norm eine andere wäre als bei deren Gültigkeit (vgl. BVerfGE 49, 260, 269 f.; 75, 166, 175).
3. Die - ersichtlich von niemandem bezweifelte - Verfassungsmäßigkeit der Jugendstrafe lässt sich unabhängig von der Frage der Verfassungsmäßigkeit der konkreten Ausgestaltung des Jugendstrafvollzugs beurteilen.
Für eine Strafbarkeit nach § 22 b Abs. 1 Nr. 3 StVG ist es nicht ausreichend, dass ein Computerprogramm lediglich zur Begehung der in Bezug genommenen Straftaten geeignet ist oder im Einzelfall der Begehung solcher Straftaten dient. Die von der Vorschrift geforderte Zweckbestimmung muss vielmehr eine Eigenschaft des Computerprogramms darstellen; es muss sich also um "Verfälschungssoftware" für die strafbare Manipulation von Wegstreckenzählern oder Geschwindigkeitsbegrenzern handeln.
1. Die Aussetzung der Vollziehung einer Verlegungsanordnung stellt auch dann keine Vorwegnahme der Hauptsache dar, wenn zugleich die (vorläufige) Rückverlegung angeordnet wird. Denn die vorläufige Aussetzung bildet vielmehr, sofern die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen, gerade den typischen und vom Gesetzgeber gewollten Regelungsgehalt des vorläufigen Rechtsschutzes gegen belastende Maßnahmen.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden, wenn der Begriff der besseren Eignung zur sicheren Unterbringung des Gefangenen in § 85 StVollzG dahingehend ausgelegt wird, dass ein solcher Fall auch vorliegt, wenn die Aufnahmeanstalt zwar kein höheres allgemeines Sicherheitsniveau aufweist, dem Gefangenen aber durch die Verlegung dorthin seine subkulturellen Beziehungen oder Kenntnisse von Arbeitsabläufen in der Ausgangsanstalt, von Sicherheitseinrichtungen oder von Schwachstellen der Anstaltssicherheit entzogen werden.
1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die Vorschrift des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO dahingehend ausgelegt wird, dass ein Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren als eine Zulässigkeitsvoraussetzung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung auch die Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 StPO darzulegen hat (vgl. BVerfG NJW 1993, 382).
2. Dazu reicht es jedoch aus, wenn dargelegt wird, dass nach Abfassung der Beschwerdeschrift ("unter dem") bis zum Ablauf der Zweiwochenfrist noch eine hinreichend lange Zeit verblieb, bei der unter Berücksichtigung normaler Postlaufzeiten davon auszugehen ist, dass die Beschwerde fristgerecht eingegangen war.
3. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn nach Auffassung der fachgerichtlichen Rechtsprechung in der Antragsschrift der Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Bescheide so vollständig dargelegt werden muss, dass ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen werden kann (vgl. BVerfG NJW 1993, 382).