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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 688

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 370/23, Urteil v. 28.03.2024, HRRS 2024 Nr. 688


BGH 4 StR 370/23 - Urteil vom 28. März 2024 (LG Bochum)

Mord (niedrigen Beweggründe: Motivbündel, tatbeherrschendes Motiv; Heimtücke); Totschlag (besonders schwerer Fall: Schuld, Vergleichbarkeit zum Mord, Plus an Verwerflichkeit, Gesamtwürdigung); Beweiswürdigung (Täterschaft: Gesamtwürdigung, belastende Beweisumstände, Beweiswert; Tötungsabsicht; verdeckter Ermittler: Beweiswand, Beweisverwertungsverbot, Aufklärungspflicht, Inanspruchnahme des Schweigerechts, quasiinquisitorische Nachfrage, Manipulation des Verteidigungsverhaltens, Rechtsgedanke von § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO, notwendige Täuschung); Ablehnung des Sachverständigen (Befangenheit).

§ 211 StGB; § 212 StGB; § 261 StPO; § 244 Abs. 2 StPO; § 110a StPO; § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO; § 74 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Beweggründe im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat niedrig sind und - in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag - als verachtenswert erscheinen, erfordert eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren. Gefühlsregungen wie Eifersucht, Wut, Ärger, Hass und Rache kommen nach der Rechtsprechung in der Regel nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen, was am ehesten der Fall ist, wenn diese Gefühlsregungen jeglichen nachvollziehbaren Grundes entbehren.

2. Bei einem Motivbündel beruht die vorsätzliche Tötung auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv, welches der Tat ihr Gepräge gibt, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht und deshalb verwerflich ist. Kann das Gericht bei mehreren in Betracht kommenden tatbeherrschenden Motiven zu keiner eindeutigen Festlegung gelangen, weil es keinen von mehreren nach dem Beweisergebnis in Betracht kommenden Beweggründen ausschließen kann, so ist eine Verurteilung wegen Mordes nur dann möglich, wenn jeder dieser Beweggründe als niedrig anzusehen ist.

3. Im Hinblick auf die Androhung der absoluten Höchststrafe bestehen hohe Anforderungen an die Annahme eines besonders schweren Falls des Totschlags. Dieser setzt voraus, dass das in der Totschlagstat zum Ausdruck kommende Verschulden des Täters so außergewöhnlich groß ist, dass die Ahndung aus dem Normalstrafrahmen von bis zu 15 Jahren nicht mehr ausreicht. Die Schuld muss ebenso schwer wiegen wie die eines Mörders. Dafür genügt nicht schon die bloße Nähe der die äußere und innere Seite der Tötungstat kennzeichnenden Umstände zu gesetzlichen Mordmerkmalen. Fehlen die Voraussetzungen der in § 211 Abs. 2 StGB abschließend aufgezählten Mordmerkmale, so darf dies nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Täter nach § 212 Abs. 2 StGB gleichwohl wie ein Mörder bestraft wird. Es müssen vielmehr schulderhöhende Gesichtspunkte hinzukommen, die besonders gewichtig sind und das Minus, welches sich im Zurückbleiben des Tötungsdelikts hinter den Mordmerkmalen zeigt, durch ein Plus an Verwerflichkeit auszugleichen vermögen.

4. Das Vorliegen derartiger Umstände hat das Tatgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung von Tat und Täter zu beurteilen. Hierbei sind allerdings die wesentlichen Strafzumessungsgründe der Tötungstat selbst zu entnehmen. Umstände des Vor- und Nachtatgeschehens können nur mit geringerem Gewicht und nur insoweit herangezogen werden, als sie sichere Rückschlüsse auf eine die Tatschuld steigernde besonders verwerfliche Einstellung des Täters bei der Tat zulassen.

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 6. März 2023 werden verworfen.

Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die der Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Totschlags in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt und sie im Übrigen freigesprochen. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, deren Rechtsmittel der Generalbundesanwalt im Hinblick auf die Sachrüge vertritt, haben keinen Erfolg.

I.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Die damals 21-jährige Angeklagte wurde Anfang 2010 ungeplant von ihrem Ehemann schwanger, den sie im Vorjahr kennengelernt und geheiratet hatte. Beide freuten sich auf das Kind. Am 13. Oktober 2010 kam ihr körperlich gesunder Sohn J. zur Welt. Bereits kurz nach dessen Geburt zeigte sich, dass die Angeklagte mit der im Wesentlichen ihr allein überlassenen Pflege des Neugeborenen und Führung des Haushalts überfordert war. Sie bemühte sich zwar um die Versorgung J. s, war aber aufgrund einer Persönlichkeitsakzentuierung häufig nicht in der Lage, seine Bedürfnisse zu erkennen und angemessen zu befriedigen. Ihr mangelte es an Mitgefühl für fremde Bedürfnisse; ihre Fähigkeit zur Gefühlswahrnehmung und -unterscheidung bei anderen Menschen war nur gering ausgeprägt. Daneben mangelte es ihr an der Fähigkeit, längere Anstrengungen auf sich zu nehmen, Probleme zu bewältigen und Beziehungen aufrechtzuerhalten. Nur acht Wochen nach der Geburt J. s erfuhr die Angeklagte, dass sie erneut schwanger war. Sie haderte zunächst damit, freute sich dann aber auch auf dieses Kind. Am 5. September 2011 wurde der zweite, ebenfalls gesunde Sohn T. der Eheleute geboren. Ihr Ehemann beteiligte sich allenfalls in sehr geringem Maße an der Pflege der Kinder. Sein Verhalten war durch starken Alkoholkonsum und außerhäusliche Freizeitaktivitäten geprägt. Ihre Mutter war erwerbstätig und konnte die Angeklagte nur eingeschränkt unterstützen. Die faktisch ihr allein obliegende Belastung mit der Pflege nunmehr eines Kleinkindes und eines Neugeborenen sowie der Führung des Haushalts überforderte sie. Zudem entwickelte sich T. zu einem sog. Schreikind, so dass die Angeklagte wenig Schlaf bekam und nervlich auch dadurch stark belastet war.

2. Am Abend des 21. November 2011 war die Angeklagte mit beiden Kindern allein in ihrer Wohnung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war T. auch an diesem Tag unruhig und schrie viel, was die Angeklagte nervlich stark belastete. Vor diesem Hintergrund verfiel sie auf die Idee, ihn gewaltsam ruhigzustellen. Beweggründe hierfür waren ihre Unzufriedenheit mit ihrer sozialen Situation und mit hoher Wahrscheinlichkeit eine - auch auf ihre Persönlichkeitsakzentuierung zurückzuführende - akute Überforderung mit der ihr abverlangten Pflege beider Kinder. Spätestens gegen 20.00 Uhr versetzte sie dem auf dem Rücken liegenden Säugling einen kraftvollen Schlag oder Stoß gegen die Brust, der zu einer massiven Einblutung im Bereich der inneren Brustdrüse und des Herzmuskels führte. Eine solche Verletzung innerer Organe hatte die uneingeschränkt schuldfähige Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen. Spätestens jetzt entschloss sie sich, das Kind zu ersticken. Hierzu legte sie eine weiche Bedeckung über den Kopf des Säuglings. Sie drückte diese mindestens eine Minute lang auf Mund und Nase von T., dessen Tod sie als sichere Folge ihres Handels voraussah und wollte. Das Kind wurde bewusstlos und atmete nicht mehr, woraufhin die Angeklagte seinen Kopf wieder freilegte. Durch die Unterbrechung der Sauerstoffversorgung erlitt T. einen Herz-Kreislauf-Stillstand und einen irreversiblen Hirnschaden. Die Angeklagte informierte um 20.07 Uhr telefonisch die Rettungskräfte, die eine Reanimation durchführten. In der Kinderklinik wurde am Folgetag - ohne dass sich damals eindeutige Hinweise auf ein Fremdverschulden ergaben - der Tod T. s festgestellt, der auf eine ausgeprägte Hirnschwellung infolge der Atemwegsverlegung zurückging (Fall II. 2. der Urteilsgründe).

3. Im Frühjahr 2012 nahm die Angeklagte eine Beschäftigung in einer Sicherheitsfirma auf, wodurch sie den Zeugen M. kennenlernte. Mit ihm ging sie spätestens Anfang Mai 2012 eine sexuelle Beziehung ein. Etwa zur selben Zeit trennte sich die Angeklagte von ihrem Ehemann, mit dem sie weiterhin zusammenwohnte. Zum 1. Juni 2012 hatte sie jedoch für sich und ihren Sohn J. eine neue Wohnung angemietet. Ihr Kind war damals gesund, äußerlich ausreichend gepflegt und altersgerecht entwickelt. Dennoch war die Angeklagte aufgrund ihrer mangelnden Erziehungsfähigkeit nicht ausschließbar auch mit der Betreuung und Fürsorge für J. überfordert, die sie weiterhin faktisch allein leisten musste. Weitere Umstände wie die aufgenommene Erwerbsarbeit, die belastende Trennung von ihrem Ehemann und der bevorstehende Umzug verstärkten ihr Überforderungsgefühl weiter. Abgesehen davon stand J. einem unbeschwerten Leben der Angeklagten mit regelmäßigem Ausgehen entgegen, wie sie es vor der Geburt ihrer Kinder geführt hatte.

Vor diesem Hintergrund fasste die Angeklagte am Abend des 13. Mai 2012 den Entschluss, auch J. zu töten. Diesem Entschluss lag ein Motivbündel zugrunde. Als naheliegend und deshalb zu ihren Gunsten nicht ausschließbar führend hat das Landgericht angenommen, dass die Angeklagte sich aufgrund der auf sie bedrückend wirkenden Gesamtumstände überfordert fühlte und situationsbedingt zusätzlich in Wut geriet, weil J. sie auch noch gegen 21.30 Uhr nicht zur Ruhe kommen ließ. In der Absicht, auch seinen Tod als plötzlichen Kindstod erscheinen zu lassen, entschloss sie sich, J. ebenfalls zu ersticken. Zwischen 21.30 Uhr und 22.00 Uhr verlegte sie dem in seinem Bett liegenden Kind die Atemwege mit einer weichen Bedeckung. Um zu verhindern, dass es sich befreien konnte, drückte sie diese Bedeckung sodann mit großer Kraft unter Einsatz ihres Körpergewichts für mindestens eine Minute herunter. Ihr war bewusst, dass ihr Handeln zum Tod des Kindes führen werde, und sie rechnete hiermit als sichere Folge. Sie ließ erst von ihm ab, als J. das Bewusstsein verloren hatte und sich nicht mehr regte. Die von der Angeklagten informierten Rettungskräfte führten eine Reanimation durch. In der Kinderklinik konnten bei J. anfänglich noch Hirnfunktionen festgestellt werden. Am 22. Mai 2012 trat jedoch trotz intensiver Rettungsbemühungen der Ärzte der Hirntod des Kindes ein, der auf eine massive Hypoxie bzw. Ischämie des Gehirns infolge der Atemwegsverlegung zurückging (Fall II. 3. der Urteilsgründe).

4. Beide Taten hat das Landgericht unter Verneinung der Mordmerkmale der niedrigen Beweggründe und der Heimtücke als Totschlag gewertet. Einen besonders schweren Fall des Totschlags gemäß § 212 Abs. 2 StGB hat es jeweils verneint. Vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil ihres dritten Sohnes Ja. am 8. April 2018 hat das Landgericht die Angeklagte freigesprochen.

II.

Die Revision der Angeklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil weist keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil auf, soweit sie verurteilt worden ist.

1. Die Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Die Amtsbezeichnung der beisitzenden Berufsrichterin ist weder nach § 275 Abs. 3 StPO notwendiger Bestandteil der Urteilsurkunde noch kann das Urteil auf einer entsprechenden Falschbezeichnung - die hier ohnehin nicht vorliegt (vgl. JMBl. NRW 2022 Nr. 23, S. 570) - beruhen (vgl. BGH, Urteil vom 2. August 1994 - 1 StR 378/94 Rn. 2; Greger in KK-StPO, 9. Aufl., § 275 Rn. 8, 66 mwN). Die Rüge, dass der Annahme, die Angeklagte habe keine Eintrittskarten für ein Konzert am Todestag von J. gebucht, nicht der Inbegriff der Hauptverhandlung zugrunde liege (§ 261 StPO), ist bereits mangels Beschwer unzulässig. Denn aus diesem Umstand hat die Strafkammer ebenso wenig wie aus der damit einhergehenden Folgerung, die Angeklagte habe den gegenüber Dritten angekündigten Konzertbesuch erfunden, Schlüsse zu ihren Lasten gezogen. Vielmehr hat das Landgericht allein die Äußerung der Angeklagten herangezogen.

Die Verfahrensrüge, welche die rechtsfehlerhafte Ablehnung des Befangenheitsantrags vom 5. Dezember 2022 gegen den rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. Dr. D. (§ 74 StPO) zum Gegenstand hat, ist jedenfalls unbegründet. Die Zurückweisung des Gesuchs, die der Senat nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu überprüfen hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. August 1995 - 2 StR 221/94, BGHSt 41, 206, 212), ist rechtsfehlerfrei begründet. Die in einem schriftlichen Ergänzungsgutachten enthaltene Wahrscheinlichkeitsaussage des Sachverständigen über einen zweifachen plötzlichen Kindstod gründet nach der nachvollziehbaren landgerichtlichen Bewertung zwar auf einer hierfür untauglichen, aber nicht willkürlich gewählten Passage aus einem biostatistischen Gutachten, das der Sachverständige angeregt hatte und auftragsgemäß ergänzend berücksichtigen sollte. Auf diesem Hintergrund konnte das Landgericht ausgehend von dem Grundsatz, dass weder die Vorbefassung des Sachverständigen noch seine mangelnde Sachkunde geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 StR 470/14 Rn. 48 mwN), das Ablehnungsgesuch der Angeklagten zurückweisen.

Die weitere Inbegriffsrüge (§ 261 StPO) versagt bereits deshalb, weil das der Information eines anderen Sachverständigen dienende Schreiben des Kammervorsitzenden vom 11. November 2022 nicht belegen kann, wie sich der Sachverständige Prof. Dr. B. in der Hauptverhandlung geäußert hat. Die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO), mit der die Revision auf die unterbliebene Einführung der biostatistischen Begutachtung abhebt, ist mangels konkreter Beweisbehauptung unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2023 - 4 StR 212/22 Rn. 18 mwN).

2. Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält - unter Berücksichtigung des beschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. August 2023 - 4 StR 29/23 Rn. 19; Urteil vom 16. Februar 2023 - 4 StR 211/22 Rn. 18; jeweils mwN) - sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.

a) Die Strafkammer hat sich durch die Gesamtwürdigung mehrerer Indizien unter Ausschluss abweichender Geschehensabläufe von der Täterschaft der Angeklagten überzeugt (vgl. allgemein dazu BGH, Urteil vom 1. Juli 2020 - 2 StR 326/19 Rn. 15; Urteil vom 15. September 2016 - 4 StR 351/16 Rn. 7). Hierbei hat sich das Landgericht von den herangezogenen belastenden Beweisumständen als solchen jeweils rechtsfehlerfrei eine Überzeugung verschafft (vgl. zu diesem Erfordernis BGH, Urteil vom 31. Oktober 2019 - 1 StR 219/17 Rn. 71; Urteil vom 31. Oktober 1989 - 1 StR 419/89, BGHSt 36, 286, 290). Dies gilt auch für die von der Angeklagten ausgeübte stumpfe Gewalt gegen den Brustkorb des Säuglings im Fall II. 2. der Urteilsgründe. Insoweit hat sich das Landgericht ausreichend mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, ob die bei der Obduktion festgestellten Einblutungen auch bei der Reanimation des Kindes verursacht worden sein könnten. Diese Möglichkeit hat es aber nach sachverständiger Beratung insbesondere mit dem tragfähigen Hinweis verneint, dass dies nach dem heutigen rechtsmedizinischen Stand sehr unwahrscheinlich sei. Zugleich hat die Strafkammer nach den konkreten Umständen im vorliegenden Fall keinen Anhalt für eine nicht fachgerechte Reanimation bei dem Säugling gesehen. Die weiter gehenden Ausführungen der Revision hierzu sind urteilsfremd und damit für die sachlich-rechtliche Nachprüfung unbeachtlich; eine zulässige Inbegriffs- oder Aufklärungsrüge ist insoweit nicht erhoben. Mit Blick auf das rechtsmedizinisch nicht exakt bestimmbare Alter der durch einen Stoß oder Schlag gegen die Brust verursachten Verletzung hat die Strafkammer zudem bedacht, dass sie „theoretisch“ auch ein anderer Täter verursacht haben könnte. Einen solchen hat das Landgericht jedoch mit Blick auf die hiermit unvereinbaren Angaben der Angeklagten in der Kinderklinik zum unauffälligen Vorverhalten des Säuglings, den übrigen Geschehensablauf sowie die festgestellte Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.

Darüber hinaus hat die Strafkammer im Rahmen ihrer Überzeugungsbildung zu den einzelnen Belastungsindizien das erst noch zu belegende Beweisergebnis, wonach die Angeklagte ihre Kinder erstickt habe, nicht rechtsfehlerhaft bereits vorausgesetzt (vgl. dazu allgemein BGH, Beschluss vom 21. November 2019 - 4 StR 260/19 Rn. 4 mwN). Denn die dort vereinzelt schon an eine Täterschaft der Angeklagten geknüpften Erwägungen dienen nicht mehr dem Beleg der Indizien selbst. Vielmehr hat das Landgericht damit bereits deren Beweiswert, teilweise unter Inbezugnahme anderer feststehender Beweisumstände, erläutert. Auch wenn solche Ausführungen an sich der abschließenden Gesamtwürdigung vorzubehalten sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2023 - 5 StR 80/23 Rn. 40; Urteil vom 1. Juli 2020 - 2 StR 326/19 Rn. 15), ist mit diesem Vorgehen hier kein durchgreifender Rechtsfehler verbunden.

b) Entgegen den Ausführungen der Revision ist auch die Tötungsabsicht der Angeklagten rechtsfehlerfrei belegt. Das Landgericht hat hierauf von der zutreffend als besonders gefährlich bewerteten Handlungsweise gegenüber einem Säugling und einem Kleinkind geschlossen. Mögliche vorsatzkritische Umstände hat die Strafkammer dabei nicht aus dem Blick verloren, solche jedoch ohne Rechtsfehler auch unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsakzentuierung der Angeklagten und einer Spontaneität der Tathandlungen nicht zu erkennen vermocht. Der zusätzlichen Erörterung des Umstands, dass die Angeklagte jeweils die Rettungskräfte informierte, bedurfte es unter den hier festgestellten weiteren Tatumständen nicht.

III.

Die Revision der Staatsanwaltschaft hat ebenfalls keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist auf den Schuld- und Strafausspruch im Fall II. 3. der Urteilsgründe (Tötung von J.) und den Gesamtstrafausspruch beschränkt.

a) In ihrer Revisionsbegründungsschrift vom 9. Juni 2023 hat die Beschwerdeführerin zwar einen umfassenden Aufhebungsantrag gestellt und das Urteil insoweit ohne Beschränkung auf die dort behandelten Einzelaspekte zur Überprüfung durch den Senat gestellt. Eine Nr. 156 Abs. 2 Hs. 2 RiStBV berücksichtigende Auslegung der Revisionsbegründung (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2023 - 4 StR 481/22 Rn. 10; Urteil vom 1. Juni 2023 - 4 StR 225/22 Rn. 15; jeweils mwN) ergibt aber, dass sich die Staatsanwaltschaft allein gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch im Fall II. 3. der Urteilsgründe wendet. Denn die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihren Beanstandungen allein in diesem Fall die Annahme eines Mordmerkmals oder zumindest eines besonders schweren Falls des Totschlags.

b) Die Beschränkung der Revision in diesem Umfang ist - ungeachtet der tatübergreifenden Beweiswürdigung des Landgerichts - auch wirksam. Denn das Rechtsmittel bezieht sich damit hier nicht nur auf eine von mehreren materiellrechtlich selbständigen Taten, sondern auch auf eine eigenständige prozessuale Tat, die in einem gesonderten Verfahren hätte verhandelt werden können (vgl. Franke in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 19 mwN). Der Ausspruch über die Gesamtstrafe ist dabei notwendig mitangefochten (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2023 - 4 StR 29/23 Rn. 11; Knauer/Kudlich in MüKo-StPO, 1. Aufl., § 344 Rn. 35).

2. Die Verfahrensbeanstandungen der Staatsanwaltschaft dringen nicht durch.

a) Dies gilt zunächst für die Verfahrensrügen, die an das von der Strafkammer in den Urteilsgründen dargelegte (teilweise) Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Zeugenaussagen von zwei verdeckten Ermittlerinnen anknüpfen.

aa) Der Inbegriffsrüge (§ 261 StPO), wonach das Landgericht rechtsfehlerhaft das Beweisverwertungsverbot auch auf eine nicht in Augenschein genommene sog. „Beweiswand“ und auf nicht verlesene dortige Eintragungen über die Ermittlungsergebnisse gestützt habe, bleibt der Erfolg versagt. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Denn das Landgericht hatte die Zulässigkeit der Beweisverwertung grundsätzlich nicht am strengbeweislich erhobenen Inbegriff der Hauptverhandlung zu messen, sondern im Freibeweisverfahren zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 - 3 StR 277/10 Rn. 17; Beschluss vom 7. März 2006 - 1 StR 316/05, BGHSt 51, 1 Rn. 14). Dafür stand ihm der gesamte Akteninhalt offen (vgl. Becker in Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 36 mwN). Der von der Beschwerdeführerin vermissten Inaugenscheinnahme der - nur für die Verfahrensfrage der Beweisverwertung relevanten, der Angeklagten von einer verdeckten Ermittlerin als Lichtbild vorgezeigten - „Beweiswand“ sowie förmlicher Verlesungen bedurfte es nicht. Das Landgericht hat darüber hinaus auch nicht gegen seine Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) verstoßen, indem es den Hilfsantrag der Staatsanwaltschaft abgelehnt hat, die Ermittlungsführerin zur Richtigkeit der Inhalte auf der „Beweiswand“ zu vernehmen (vgl. zu Beweisanregungen im Freibeweisverfahren BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 - 3 StR 277/10 Rn. 17; Becker in Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 37, 168). Vielmehr hat das Landgericht in den Urteilsgründen rechtsfehlerfrei ausgeführt, weshalb es für seine Entscheidung, die sich nur am Rande zu der „Beweiswand“ verhält, auf die in Aussicht genommenen Bekundungen der Zeugin nicht ankam. Ein Verstoß gegen § 244 Abs. 3 StPO kam im Freibeweisverfahren ohnehin nicht in Betracht (vgl. Becker in Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 37 mwN).

bb) Darüber hinaus kann dahinstehen, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin dahin auszulegen ist, dass diese auch die fehlerhafte Annahme des Beweisverwertungsverbots durch das Landgericht selbst rügt. Denn die hiermit verbundene - vom Generalbundesanwalt befürwortete, jedoch für unzulässig gehaltene - Inbegriffsrüge (§ 261 StPO) wäre jedenfalls unbegründet. Nach dem Revisionsvorbringen, an das der Senat für seine freibeweisliche Prüfung anzuknüpfen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2018 - 4 StR 135/18 Rn. 15 f. mwN), hat das Landgericht die selbstbelastenden Angaben der Angeklagten gegenüber den verdeckten Ermittlerinnen zu Recht nicht verwertet (vgl. zu den Grundsätzen hierzu etwa BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 5 StR 51/10, BGHSt 55, 138; Beschluss vom 27. Januar 2009 - 4 StR 296/08; Urteil vom 26. Juli 2007 - 3 StR 104/07, BGHSt 52, 11).

Nach dem Inhalt der mitgeteilten Vermerke haben die Ermittlungsbehörden das Schweigerecht der Angeklagten gezielt unterlaufen und gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen. Die Angeklagte berichtete der verdeckten Ermittlerin „K.“ von dem Rat ihrer Verteidigerin, diese sofort anzurufen, wenn die Polizei komme, nicht mitzugehen und nichts zu sagen. Des Weiteren hatte die Angeklagte der verdeckten Ermittlerin mitgeteilt, sie, die Angeklagte, werde „erst alles erfahren“, wenn ihre Verteidigerin Akteneinsicht gehabt habe, und bei der Polizei - zuvor als Zeugin vernommen - „alles schon erzählt“ zu haben. Dort werde sie „nur alles wiederholen“ können, wenn sie gefragt werde (RB 7/46). Bei einer verständigen Würdigung konnte danach für die Strafverfolgungsorgane kein Zweifel bestehen, dass die Angeklagte zum damaligen Zeitpunkt dem Rat ihrer Verteidigerin entsprechend entschlossen war, in einer Vernehmung nach § 136 StPO keine Angaben zu machen. Ihre später als möglich in Aussicht gestellte Aussage ist demgegenüber ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 - 3 StR 104/07, BGHSt 52, 11 Rn. 33). Auf ihr Schweigerecht musste sich die Angeklagte im hiesigen Kontext auch nicht etwa in einer förmlichen Vernehmung berufen (vgl. BGH, aaO).

Die Entscheidung der Angeklagten für die Inanspruchnahme ihres Schweigerechts haben die Strafverfolgungsorgane durch die Art und Weise der Informationsgewinnung seitens der eingesetzten verdeckten Ermittlerinnen massiv verletzt. Diese haben der Angeklagten unter Ausnutzung des Vertrauens, das im Verlauf des mehr als ein Jahr dauernden, in der Intensität zunehmenden Einsatzes geschaffen worden war, durch beharrliche, quasiinquisitorische Nachfragen selbstbelastende Äußerungen entlockt, zu denen sie bei einer förmlichen Vernehmung nicht bereit gewesen wäre (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. Januar 2009 - 4 StR 296/08 Rn. 9). Die Missachtung des Rechts der Angeklagten, selbst frei zu entscheiden, ob sie aussagen oder schweigen wolle, wiegt dabei hier umso schwerer, als die verdeckten Ermittlerinnen entgegen dem Rechtsgedanken von § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO auch ihr Verteidigungsverhalten mitsamt dem Vertrauensverhältnis zu ihrer Verteidigerin manipuliert haben. Denn sie gaben ihr auf, gemeinsam mit ihnen in Kenntnis der Wahrheit ein angesichts der objektiven Beweislage angeblich benötigtes „Alibi“ zu konstruieren, welches sie auch gegenüber ihrer Verteidigerin verwenden sollte. Weiter täuschten die verdeckten Ermittlerinnen der Angeklagten vor, bereits selbst in dem betreffenden Ermittlungsverfahren als Zeuginnen ausgesagt zu haben und ggf. noch Gefälligkeitsaussagen tätigen zu wollen. Damit gingen sie deutlich über die mit der gewählten Legendierung (§ 110a Abs. 2 StPO) notwendig verbundenen und deshalb gerechtfertigten Täuschungen hinaus. Die nach alledem unzulässige Beweisgewinnung durch die verdeckten Ermittlerinnen hat wegen des gravierenden Eingriffs in die prozessualen Rechte der Angeklagten ein Beweisverwertungsverbot in dem von der Strafkammer angenommenen Umfang zur Folge.

b) Die Verfahrensrügen, mit denen die Revision die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen als Verstöße gegen § 244 Abs. 2 und 3 StPO geltend macht, sind jedenfalls unbegründet. Das Landgericht hat die den Rügen zugrundeliegenden Anträge rechtsfehlerfrei abgelehnt, auch wenn es sich hierbei nicht nur um Beweisermittlungsanträge handeln sollte. Es hat dafür ohne Rechtsfehler die Ablehnungsgründe der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit - die es in dem am 19. Januar 2023 verkündeten Gerichtsbeschluss tragfähig begründet hat (vgl. zu den Anforderungen BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2018 - 4 StR 484/18 Rn. 9 mwN) - sowie des Erwiesenseins herangezogen (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 und 3 StPO).

c) Sollten den Ausführungen der Staatsanwaltschaft zur Sachrüge weitere Inbegriffsrügen (§ 261 StPO) zu entnehmen sein, stünde deren Erfolg mit Blick auf die vermisste Würdigung von Zeugenaussagen zumindest entgegen, dass sich ohne eine - dem Revisionsgericht verwehrte - Rekonstruktion der Beweisaufnahme nicht feststellen ließe, ob die gerügten Rechtsfehler vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Januar 2021 - 5 StR 288/20 Rn. 14 mwN). Den Inhalt von im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden, den das Landgericht zudem unberücksichtigt gelassen haben soll, teilt die Revision entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht mit.

3. Der Schuldspruch wegen Totschlags im Fall II. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung auf die Sachrüge stand, in deren Rahmen die Staatsanwaltschaft mit urteilsfremdem Vorbringen nicht gehört werden kann.

a) Die Begründung, mit der das Landgericht das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe verneint hat, lässt keine Rechtsfehler erkennen.

aa) Beweggründe im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB sind niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Die Beurteilung der Frage, ob Beweggründe zur Tat niedrig sind und - in deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag - als verachtenswert erscheinen, erfordert eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 25. Januar 2023 - 1 StR 284/22 Rn. 11; Urteil vom 30. März 2022 - 5 StR 358/21 Rn. 18; Urteil vom 21. Februar 2018 - 1 StR 351/17 Rn. 10; jeweils mwN). Gefühlsregungen wie Eifersucht, Wut, Ärger, Hass und Rache kommen nach der Rechtsprechung in der Regel nur dann als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen, was am ehesten der Fall ist, wenn diese Gefühlsregungen jeglichen nachvollziehbaren Grundes entbehren (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2019 - 1 StR 150/19 Rn. 8 mwN).

Bei einem Motivbündel beruht die vorsätzliche Tötung auf niedrigen Beweggründen, wenn das Hauptmotiv, welches der Tat ihr Gepräge gibt, nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht und deshalb verwerflich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2019 - 1 StR 370/19 Rn. 3 mwN). Kann das Gericht bei mehreren in Betracht kommenden tatbeherrschenden Motiven zu keiner eindeutigen Festlegung gelangen, weil es keinen von mehreren nach dem Beweisergebnis in Betracht kommenden Beweggründen ausschließen kann, so ist eine Verurteilung wegen Mordes nur dann möglich, wenn jeder dieser Beweggründe als niedrig anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2005 - 1 StR 234/05 Rn. 20).

bb) Nach diesen Maßgaben hat die Strafkammer von einem zutreffenden Begriffsverständnis ausgehend tragfähig begründet, dass es sich bei dem von ihr als (womöglich) führend angesehenen Tatmotiv einer Überforderung der Angeklagten nicht um einen niedrigen Beweggrund im Sinne von § 211 StGB handelt. Hieran ändert die als handlungsleitend hinzutretende Wut nichts, denn auch sie nahm „situationsbedingt“ ihren Ausgang in der aus einer hohen Belastung folgenden Überforderungssituation. Letztere ließ bei der faktisch alleinerziehenden Angeklagten die tödliche Gewaltanwendung dem Landgericht zufolge zumindest in Ansätzen menschlich verständlich erscheinen. Diese Bewertung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

cc) Die ihr zugrundeliegenden Feststellungen beruhen auch auf einer tragfähigen Beweiswürdigung. Diese ist - eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 - 4 StR 211/22 Rn. 18 mwN) - rechtsfehlerfrei. Sie ist weder lückenhaft oder widersprüchlich noch verstößt sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Vielmehr beinhaltet die Beweiswürdigung der Strafkammer eine dem Tatgericht vorbehaltene tragfähige Würdigung der Gesamtumstände. Dass das Landgericht dabei auch den bevorstehenden Umzug der Angeklagten mit einem hohen Maß an nervlicher Anspannung verbunden hat, ist nicht zu beanstanden. Einen gesicherten Erfahrungssatz (vgl. Tiemann in KK-StPO, 9. Aufl., § 261 Rn. 52 f. mwN), der mit einem solchen Inhalt nicht bestünde, hat es damit nicht herangezogen. Vielmehr hat das Landgericht in dem Umzug ein der Lebenserfahrung entsprechendes gewöhnliches (widerlegbares) Indiz für eine Belastungssituation gesehen, dessen Beweiswert es im vorliegenden Fall zudem mit der faktisch alleinerziehenden Rolle der Angeklagten ohne größere Entlastungen bei der Betreuung des Kindes begründet hat. Auch wenn die Trennung von ihrem Ehemann und der Umzug durch die Angeklagte veranlasst waren, liegt darin eine zumindest vertretbare tatrichterliche Wertung, die der Senat hinzunehmen hat.

Die Strafkammer hat bei ihrer Bewertung nicht aus dem Blick verloren, dass die Angeklagte sich nach der Tötung von T. nicht mehr um zwei Kinder - eines zuvor ein sog. Schreikind - zu kümmern hatte. Denn die Strafkammer hat bei der Tat zu Lasten des erstgeborenen Sohnes der Angeklagten im Fall II. 3. der Urteilsgründe auf deren besondere Lebensverhältnisse zum damaligen Zeitpunkt abgestellt. Mit der (ohnehin nur zusätzlich) angenommenen Wut in der Tatsituation hat das Landgericht zudem keinen Sachverhalt unterstellt, für den es keine tatsächlichen Anhaltspunkte gab. Das Landgericht hat ihn zwar nicht gesondert belegt, der Feststellung liegt aber ersichtlich die bei einem Kleinkind - das ein Zeuge am Vortag als „quirlig“ wahrgenommen hatte - grundsätzlich nicht fernliegende Annahme zugrunde, es habe noch zur abendlichen Tatzeit die Aufmerksamkeit der Angeklagten gefordert.

b) Darüber hinaus hat das Landgericht ohne Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten im Fall II. 3. der Urteilsgründe das Mordmerkmal der Heimtücke verneint. Die Strafkammer hat beanstandungsfrei ihre Zweifel dargelegt, dass ein Kleinkind im Alter von einem Jahr und sieben Monaten - wie J. - bereits zum Argwohn zumal gegenüber seiner Mutter und zu entsprechenden Abwehrmaßnahmen fähig ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2006 - 2 StR 561/05 Rn. 16; näher Schneider in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 211 Rn. 176 mwN). Ein Ausnahmefall in dem Sinne, dass die Angeklagte zuvor einen schutzbereiten Dritten ausgeschaltet hätte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 5. August 2014 - 1 StR 340/14 Rn. 7 mwN), liegt ebenfalls nicht vor.

4. Auch der Strafausspruch im Fall II. 3. der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafausspruch weisen keine Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten auf.

a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei einen besonders schweren Fall des Totschlags gemäß § 212 Abs. 2 StGB verneint.

aa) Im Hinblick auf die Androhung der absoluten Höchststrafe bestehen hohe Anforderungen an die Annahme eines besonders schweren Falls des Totschlags. Dieser setzt voraus, dass das in der Totschlagstat zum Ausdruck kommende Verschulden des Täters so außergewöhnlich groß ist, dass die Ahndung aus dem Normalstrafrahmen von bis zu 15 Jahren nicht mehr ausreicht. Die Schuld muss ebenso schwer wiegen wie die eines Mörders. Dafür genügt nicht schon die bloße Nähe der die äußere und innere Seite der Tötungstat kennzeichnenden Umstände zu gesetzlichen Mordmerkmalen. Fehlen die Voraussetzungen der in § 211 Abs. 2 StGB abschließend aufgezählten Mordmerkmale, so darf dies nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Täter nach § 212 Abs. 2 StGB gleichwohl wie ein Mörder bestraft wird (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2021 - 4 StR 95/21 Rn. 10; Urteil vom 3. Dezember 1980 - 3 StR 403/80 Rn. 9). Es müssen vielmehr schulderhöhende Gesichtspunkte hinzukommen, die besonders gewichtig sind (vgl. BGH, Beschluss vom 7. August 2018 - 3 StR 47/18 Rn. 9; Beschluss vom 22. Oktober 2015 - 4 StR 262/15 Rn. 18; Beschluss vom 20. Januar 2004 - 5 StR 395/03 Rn. 6) und das Minus, welches sich im Zurückbleiben des Tötungsdelikts hinter den Mordmerkmalen zeigt, durch ein Plus an Verwerflichkeit auszugleichen vermögen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1982 - 1 StR 77/82 Rn. 35; Urteil vom 1. Juli 1981 - 3 StR 24/81 Rn. 5).

Das Vorliegen derartiger Umstände hat das Tatgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung von Tat und Täter zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. August 2018 - 3 StR 47/18 Rn. 9 mwN). Hierbei sind allerdings die wesentlichen Strafzumessungsgründe der Tötungstat selbst zu entnehmen. Umstände des Vor- und Nachtatgeschehens können nur mit geringerem Gewicht und nur insoweit herangezogen werden, als sie sichere Rückschlüsse auf eine die Tatschuld steigernde besonders verwerfliche Einstellung des Täters bei der Tat zulassen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Oktober 2021 ? 4 StR 95/21 Rn. 10; Urteil vom 1. Juli 1981 - 3 StR 24/81 Rn. 6, 12).

bb) Hieran gemessen erweisen sich die - von dem zutreffenden Maßstab ausgehenden - Erwägungen des Landgerichts als rechtsfehlerfrei. Die Strafkammer hat eine Nähe zum Mordmerkmal der Grausamkeit tragfähig verneint. Sie war darüber hinaus nicht gehalten, in ihre Gesamtwürdigung eine Nähe zu den Mordmerkmalen der niedrigen Beweggründe und der Heimtücke einzustellen. Das führende Tatmotiv einer Überforderung der Angeklagten begründet jedenfalls mit Blick auf ihre tatrelevante Persönlichkeitsakzentuierung und mangelnde Erziehungsfähigkeit keine erörterungspflichtige Nähe zu einem niedrigen Beweggrund (vgl. auch BGH, Beschluss vom 20. Januar 2004 - 5 StR 395/03 Rn. 7; Beschluss vom 11. September 2003 - 2 StR 230/03 Rn. 12). Ferner ist bei einem zum Argwohn unfähigen Geschädigten eine Nähe zur heimtückischen Tötung zu verneinen. Denn deren Unrechtssteigerung liegt darin, dass die Täterin das Opfer bewusst überrascht und infolgedessen hindert, dem Anschlag auf das Leben durch Verteidigungsaktivitäten, Flucht oder Hilferufe zu begegnen bzw. ihn durch solche Bemühungen zu erschweren (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2017 - 5 StR 338/17 Rn. 9; Schneider in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 211 Rn. 149 mwN). Dass es sich bei einem Kleinkind um ein besonders vulnerables Opfer handelt, hat das Landgericht nach den Urteilsgründen nicht aus dem Blick verloren.

Darüber hinaus hat die Strafkammer als womöglich schulderschwerenden Gesichtspunkt von besonderem Gewicht die Tötung von zwei Menschen im Abstand von sechs Monaten bedacht. Im Ergebnis hat sie diesem Umstand jedoch keine straferhöhende Bedeutung für die jeweilige Einzeltat beigemessen. Letzteres ist auch für die Tötung ihres Sohnes J. unter den vom Landgericht festgestellten Gesamtumständen, wonach die Angeklagte die Tat aus einer neuen Überforderungssituation heraus spontan beging und das weitere Delikt gerade kein Ausdruck einer grundsätzlich rechtsfeindlichen Gesinnung war, nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2017 - 2 StR 580/16 Rn. 17; s. zu einem anders gelagerten Fall aber auch BGH, Urteil vom 9. November 2005 - 1 StR 234/05 Rn. 21). Die dieser Wertung zugrundeliegende Annahme, der Angeklagten sei keine rechtsfeindliche Gesinnung nachzuweisen, hat das Landgericht dabei im Rahmen der Beweiswürdigung tragfähig begründet.

b) Die konkrete Strafzumessung und die Gesamtstrafenbildung enthalten keine Rechtsfehler zugunsten oder zu Lasten (§ 301 StPO) der Angeklagten.

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 688

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede