HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Juni 2024
25. Jahrgang
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V. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

708. BGH 3 StR 163/23 – Urteil vom 21. März 2024 (LG Koblenz)

Gewerbs- und bandenmäßiger Betrug (kassenärztlicher Abrechnungsbetrug; Vermögensschaden: sozialrechtsakzessorische Bestimmung; Tenorierung im Urteil); Bestechlichkeit im Gesundheitswesen; Einziehung von Taterträgen (Verhältnis von Einziehung und konkretem Straftatbestand: Unterschiede zwischen Betrugs- und Korruptionstaten).

§ 263 Abs. 5 StGB; § 299a Nr. 3 StGB; § 73 Abs. 1 StGB; § 73c StGB; § 128 SGB V

1. Es besteht kein Anlass, von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung abzurücken, wonach in Fällen des von Leistungserbringern oder Apothekern begangenen Abrechnungsbetruges der einer gesetzlichen Krankenkasse entstandene Vermögensschaden sozialrechtsakzessorisch zu bestimmen. Es ist ebenso wenig geboten, die Regelung des § 128 Abs. 2 SGB V im Rahmen einer Strafbarkeit wegen Betruges restriktiver als nach sozialrechtlichem Verständnis auszulegen.

2. Die Voraussetzungen der Einziehung sind eigenständig für jede Tat und jeden Tatbestand zu prüfen.


Entscheidung

754. BGH 5 StR 153/24 – Beschluss vom 23. April 2024 (LG Berlin)

Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis nach Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis (Bestimmung der nicht geringen Menge).

§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG; § 27 StGB

Der Senat sieht keinen Anlass, den bislang unter der Geltung des BtMG für Cannabisprodukte anerkannten Grenzwert von 7,5 Gramm THC für die „nicht geringe Menge“ nach Inkrafttreten des KCanG abweichend zu bestimmen (vgl. bereits BGH HRRS 2024 Nr. 521). Zwar wäre es dem Gesetzgeber möglich gewesen, infolge der Teillegalisierung von Cannabis (trotz erkannter Gefährlichkeit) den Grenzwert zu ändern. Er hat sich jedoch sich auf die Verwendung eines im BtMG etablierten Rechtsbegriffs beschränkt. Der Rechtsprechung steht mangels jeglicher Anhaltspunkte im

Gesetzestext eine freischöpfende Neufestsetzung des Grenzwertes nicht zu.


Entscheidung

733. BGH 6 StR 132/24 – Beschluss vom 29. April 2024 (LG Schweinfurt)

Meistbegünstigungsprinzip (milderes Gesetz); Konsumcannabisgesetz: Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge (Grenzwert der nicht geringen Menge: 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol [THC]); Mittäterschaft (sukzessive Mittäterschaft; Beendigung).

§ 2 Abs. 3 StGB; § 1 Nr. 2 KCanG; § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG; § 25 Abs. 2 StGB

Soweit § 34 Abs. 4 KCanG das Handeltreiben mit einer nicht geringen Menge Cannabis verlangt, beträgt der Grenzwert der nicht geringen Menge des maßgeblichen Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (§ 1 Nr. 2 KCanG) 7,5 Gramm.


Entscheidung

736. BGH 6 StR 164/24 – Beschluss vom 30. April 2024 (LG Magdeburg)

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, bewaffnetes Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge (konkurrenzrechtliche Bewertung, Teilidentität: zwei unterschiedliche Mengen in einem Raum, gleichzeitiges Bereithalten einer Waffe).

§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG; § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG; § 52 StGB

Werden zwei unterschiedliche, zum Verkauf bestimmte, nicht geringe Mengen von Betäubungsmitteln in einem Raum aufbewahrt, verbindet wegen der Teilidentität der Ausführungshandlungen das gleichzeitige Bereithalten einer Waffe im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG an diesem Ort beide Taten zur Tateinheit.


Entscheidung

755. BGH 5 StR 157/24 – Beschluss vom 25. April 2024 (LG Bremen)

Beendigung bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln.

§ 29 Abs. 1 S. 1 BtMG

Das Delikt der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln ist beendet, wenn das eingeführte Rauschgift im Inland in Sicherheit gebracht und damit zur Ruhe gekommen ist. Stellt die Polizei das Rauschgift sicher, führt dies – unabhängig vom Wissen der Beteiligten – zur Beendigung der Einfuhrtat; anschließend ist keine (sukzessive) Beihilfe mehr möglich.


Entscheidung

724. BGH 6 StR 13/24 – Beschluss vom 3. April 2024 (LG Schwerin)

BGHR; Mehrere Straftaten in verschiedenen Alters- und Reifestufen, Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende (keine analoge Anwendung).

§ 32 JGG; § 105 Abs. 2 JGG

Wird der Angeklagte wegen einer Tat verurteilt, die er als Jugendlicher beging, kommt die Einbeziehung einer Verurteilung nach allgemeinem Strafrecht wegen einer als Heranwachsender begangenen Tat in entsprechender Anwendung der §§ 32, 105 Abs. 2 JGG nicht in Betracht. (BGHR)