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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2023
24. Jahrgang
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1. Eine Verfassungsbeschwerde gegen Beschränkungen während der Untersuchungshaft in einem Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens genügt nicht den Begründungsanforderungen,
wenn der Beschwerdeführer ohne Darlegung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe lediglich ausführt, die gesetzlichen Vorschriften zur Kontrolle des Schriftverkehrs mit dem Verteidiger durch einen Leserichter seien nur auf eine besonders schwerwiegende Bedrohung des Staates und seiner Repräsentanten wie derjenigen durch die Rote Armee Fraktion in den 1970er Jahren ausgerichtet, ohne vorzutragen, inwieweit die dem aktuellen Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Umsturzpläne aus dem Umfeld der Reichsbürger- und QAnon-Bewegung im Vergleich dazu weniger gefährlich seien (Folgeentscheidung zu BGH, Beschluss vom 23. August 2023 - StB 54/23 - [= HRRS 2023 Nr. 1188]).
2. Die auf der Grundlage von § 148 Abs. 2 Satz 1 StPO mögliche Überwachung des Schriftverkehrs durch einen Leserichter stellt einen gewichtigen Eingriff in das Recht des inhaftierten Beschuldigten auf ein faires Verfahren dar, welches auch den schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Verteidiger umfasst. Zu berücksichtigen ist dabei auch ein etwaiger von der Anordnung ausgehender abschreckender Effekt auf den freien Meinungs- und Informationsaustausch zwischen dem Beschuldigten und seinem Verteidiger.
3. Vor diesem Hintergrund ist eine enge Auslegung der Vorschrift verfassungsrechtlich geboten. Dabei kann im Rahmen der zu treffenden gerichtlichen Ermessensentscheidung ein Abweichen von der Soll-Bestimmung in Ansehung der besonderen Umstände des Einzelfalles namentlich in Fällen angezeigt sein, in denen sich die terroristische Vereinigung aufgelöst oder sich der Beschuldigte von dieser vollständig distanziert hat. Umgekehrt kann eine unterbliebene Kooperation mit den Behörden zum Nachteil des Beschuldigten in die Abwägung eingestellt werden, ohne dass hierin eine Umgehung der Selbstbelastungsfreiheit läge.
1. Die revisionsgerichtliche Bestätigung der Einziehung von Verkaufserlösen aus Betäubungsmittelgeschäften ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und damit willkürlich, wenn das Tatgericht keine Feststellungen zu etwaigen Geldflüssen und zum Verbleib der Erlöse trifft und das Revisionsgericht sich nicht dazu äußert, dass insbesondere eine Geldübergabe an den Angeklagten nicht festgestellt worden ist, obwohl dies nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung geboten und der Mangel mit der Revision ausdrücklich gerügt worden war.
2. Für die Einziehung von Erlösen aus Betäubungsmittelgeschäften sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konkrete Feststellungen zur Entgegennahme der Verkaufserlöse und deren Verbleib notwendig. Zwar genügt es für das „Erlangen“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB, wenn ein Tatbeteiligter in irgendeiner Phase der Tatbestandsverwirklichung die faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über das Erlangte innehat, auch wenn er an der Übergabe des Kaufpreises für die gehandelten Drogen selbst nicht beteiligt ist. Ausreichend ist, wenn er anschließend ungehinderten Zugriff auf das übergebene Geld nehmen kann. Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlende Darlegung des tatsächlichen Geschehens hierzu jedoch nicht zu ersetzen.