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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2023
24. Jahrgang
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1. Eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts im Sinne von § 222b Abs. 3 StPO präkludiert den Besetzungseinwand in der Revision gemäß § 338 Nr. 1 2. Halbsatz Buchst. b) StPO nur dann, wenn sie vor Urteilsverkündung erlassen und dem Rügeführer bekanntgemacht wurde. (BGHSt)
2. „Befördern“ im Sinne des § 232 Abs. 1 StGB setzt die Herbeiführung eines Ortswechsels voraus; tatbestandsmäßig ist ein Handeln des Täters nur dann, wenn das Tatopfer für wenigstens geraume Zeit an einen anderen als den bisherigen Aufenthaltsort verbracht wird. Fahrten, die innerhalb eines bereits bestehenden Ausbeutungsverhältnisses durchgeführt werden und die von vorneherein darauf angelegt sind, das Tatopfer sehr zeitnah an ihren länger währenden Aufenthaltsort zurückzubringen, sind kein „Befördern“ im Sinne des § 232 StGB. (BGHSt)
3. Einem Angeklagten bleibt grundsätzlich die Befugnis zur Einlegung eines Rechtsmittels und zur Erhebung von Verfahrensrügen uneingeschränkt erhalten, auch wenn dem Urteil eine Verständigung vorausgegangen ist; die Zustimmung zu einer Verständigung führt grundsätzlich nicht zum Verlust einzelner prozessualer Rechte. Es ist einem Angeklagten, der einen Besetzungseinwand angebracht hat, unbenommen, sich für den Fall, dass der Einwand erfolglos bleibt, ein aus seiner Sicht bestmögliches Verfahrensergebnis anzustreben. (Bearbeiter)
4. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG steht einer Änderung des zuständigen Spruchkörpers auch für bereits anhängige Verfahren jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, also etwa außer mehreren anhängigen Verfahren auch eine unbestimmte Vielzahl künftig eingehender Sachen erfasst, und dies nicht aus sachwidrigen Gründen geschieht. In Ausnahmefällen kann sogar eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans zulässig sein, die ausschließlich bereits anhängige Verfahren überträgt, wenn nur so dem Beschleunigungsgebot insbesondere in Haftsachen angemessen Rechnung getragen werden kann. (Bearbeiter)
5. Jede Umverteilung während des laufenden Geschäftsjahres, die bereits anhängige Verfahren erfasst, muss geeignet sein, die Effizienz des Geschäftsablaufs zu erhalten oder wiederherzustellen. Änderungen der Geschäftsverteilung, die hierzu nicht geeignet sind, können vor Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG keinen Bestand haben. Einfachrechtlich folgt dieses Erfordernis aus § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG, da Änderungen der Geschäftsverteilung, die nicht der Erhaltung oder Wiederherstellung der Effizienz eines Spruchkörpers dienen, nicht im Sinne dieser Vorschrift „nötig“ sind. (Bearbeiter)
6. Da eine Überleitung bereits anhängiger Verfahren, bei denen schon eine anderweitige Zuständigkeit konkretisiert und begründet war, in die Zuständigkeit eines anderen Spruchkörpers erhebliche Gefahren für das verfassungsrechtliche Gebot des gesetzlichen Richters in sich birgt, bedarf es in solchen Fällen einer umfassenden Dokumentation und Darlegung der Gründe, die eine derartige Umverteilung erfordern und rechtfertigen, um den Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung auszuschließen. Denn ob ein Präsidiumsbeschluss den genannten Anforderungen entspricht, unterliegt der vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht. Die Regelungen der Zuständigkeit sind, anders als deren Anwendung, nicht lediglich am Maßstab der Willkür, sondern auf jede Rechtswidrigkeit hin zu überprüfen. (Bearbeiter)
7. Der Änderungsgrund muss daher stets im Beschluss des Präsidiums, einer darin in Bezug genommenen Überlastungsanzeige oder einem Protokoll der entsprechenden Präsidiumssitzung festgehalten werden, damit überprüfbar ist, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die nur ausnahmsweise zulässige Änderung der Geschäftsverteilung vorlagen, wobei die Begründung so detailliert sein muss, dass eine Prüfung der Rechtmäßigkeit möglich ist. (Bearbeiter)
8. Eine Überlastung im Sinne des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG liegt vor, wenn über einen längeren Zeitraum ein erheblicher Überhang der Eingänge über die Erledigungen zu verzeichnen ist, sodass mit einer Bearbeitung der Sache innerhalb eines angemessenen Zeitraums nicht zu rechnen ist und sich die Überlastung daher als so erheblich darstellt, dass der Ausgleich nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres zurückgestellt werden kann. (Bearbeiter)
9. Indessen kann sich auch aus der Belastung mit einem einzelnen Umfangsverfahren eine Überlastung nach § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG ergeben. Es kommt für die Feststellung einer Überlastung im Sinne der Vorschrift nicht allein auf die Anzahl anhängiger Verfahren an. Gerade bei umfangreichen Verfahren aus dem Bereich des Staatsschutzes, des Wirtschaftsstrafrechts oder der organisierten Kriminalität können im Einzelfall etwa die Breite der Tatvorwürfe, die Zahl der Verfahrensbeteiligten und der Umfang der zu erhebenden Beweismittel die Durchführung von Hauptverhandlungen erfordern, die es aufgrund ihres Ausmaßes für längere Zeit nicht zulassen, dass sich der betroffene Spruchkörper mit anderen Verfahren befasst. Eine Gegenüberstellung von Eingängen und Erledigungen mag – etwa bei Spruchkörpern mit hohen Eingangs- und Erledigungszahlen – als aussagekräftiger Indikator der tatsächlichen Beanspruchung herangezogen werden, als alleiniges Kriterium ist sie jedoch untauglich. Die Belastung von Spruchkörpern, die aufgrund ihres Zuständigkeitszuschnitts regelmäßig mit nur wenigen, dafür aber umfangreichen Verfahren befasst sind, wird mit einer rein quantitativen Betrachtung nicht hinreichend abgebildet. Maßgebend für die Frage der Überlastung kann insoweit nur sein, ob innerhalb eines angemessenen Zeitraums mit einer Bearbeitung der gegenständlichen Verfahren durch den Spruchkörper gerechnet werden kann. (Bearbeiter)
10. Tatbestandsmäßig im Sinne des § 232 Abs. 1 StGB ist das Herbeiführen eines Ortswechsels nur dann, wenn der Täter selbst anwesend ist oder ihm die Anwesenheit eines Mittäters oder Tatmittlers zuzurechnen ist. Die bloße Organisation des Transports genügt für die Annahme einer Täterschaft nicht, vielmehr muss der Täter selbst die Kontrolle über das Opfer behalten. (Bearbeiter)
11. Eine Weitergabe meint die eine kontrollierte Übergabe an eine dritte Person zum Zwecke der Beförderung oder Verwendung unter Verschiebung des von einer gemeinsamen Kontrolle gekennzeichneten Obhutsverhältnisses auf einen Dritten. (Bearbeiter)
12. Ein „Anwerben“ im Sinne des § 232 Abs. 1 StGB erfordert ein aktives Tätigwerden des Täters, der die treibende Kraft für das Zustandekommen der Vereinbarung sein muss. Der Abschluss eines Vertrages auf die Initiative einer anderen Person, die nicht überredet werden muss, stellt keine Anwerbung in diesem Sinne dar. (Bearbeiter)
13. „Beherbergen“ ist die mindestens vorübergehende Unterkunftsgewährung in Räumlichkeiten gleich welcher Art. Nicht notwendig ist, dass die überlassene Räumlichkeit im Eigentum des Täters steht. Ausreichend ist, dass er die entsprechenden Räumlichkeiten (z.B. durch Anmietung) in zurechenbarer Weise dem Tatopfer als Unterkunft zur Verfügung gestellt hat. (Bearbeiter)
14. Maßgebliche Entscheidungskriterien, ob eine auslandsspezifische Hilflosigkeit vorliegt, bilden unter anderem mangelhafte bzw. nicht vorhandene Deutschkenntnisse, die Verfügungsmöglichkeit über Barmittel, das Maß der Überwachung durch den und das Ausmaß der persönlichen Abhängigkeit von dem Täter sowie die Möglichkeit, die Bundesrepublik wieder zu verlassen, die dann eingeschränkt sein kann, wenn der Täter die Ausweispapiere der eingereisten Frauen an sich genommen hat. Ein automatischer Schluss aus dem Vorliegen eines oder mehrerer dieser Kriterien auf die auslandsspezifische Hilflosigkeit kann jedoch nicht gezogen werden. Der Tatrichter muss nicht zuletzt unter dem in der Hauptverhandlung gewonnenen Eindruck von der Persönlichkeitsstruktur der jeweiligen Frauen die maßgeblichen Gesichtspunkte gegeneinander abwägen und eine Gesamtwürdigung sämtlicher objektiver und subjektiver Umstände vornehmen. (Bearbeiter)
15. Zwar ist das Tatgericht verfahrensrechtlich lediglich dazu verpflichtet, das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz in den Urteilsgründen zu bezeichnen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz StPO), um jegliche Zweifel an den anzuwendenden Normen auszuschließen und die revisionsgerichtliche Kontrolle zu ermöglichen. Es dürfen aber keine Zweifel verbleiben, ob das Tatgericht die sich aus den getroffenen Feststellungen ergebenden rechtlichen Fragen erkannt und zutreffend beurteilt hat. Bei auslegungsbedürftigen Tatbestandsmerkmalen kann es erforderlich sein, diese zunächst näher zu definieren und dann eine Subsumtion vorzunehmen. Dieses aus dem Klarheitsgebot resultierende Erfordernis, soll den Adressaten der Urteilsbegründung ermöglichen, die rechtliche Bewertung nachzuvollziehen und überprüfen zu können. (Bearbeiter)
1. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO liegt nur vor, wenn das Gericht oder der Vorsitzende eine die Öffentlichkeit unzulässig beschränkende Anordnung trifft oder eine ihnen bekannte Beschränkung nicht beseitigt; der Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz muss mithin auf einem Verschulden des Gerichts beruhen.
2. Wird die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung nicht durch eine richterliche Anordnung, sondern durch ein tatsächliches Hindernis – hier: durch während eines Hausalarms verschlossene Türen zum Gerichtsgebäude – beschränkt, kann eine Rüge der Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes nur dann durchdringen, wenn dem Gericht oder dem Vorsitzenden die faktische Beschränkung bekannt war oder sie diese bei ordnungsgemäßer Sorgfalt hätten erkennen und beseitigen können.
1. Nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO hat der Vorsitzende nach Verlesung des Anklagesatzes über Erörterungen gemäß §§ 202a, 212 StPO zu berichten, die vor der Hauptverhandlung stattgefunden haben und deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c StPO) gewesen ist. Kommt es zu solchen Erörterungen nach Beginn der Hauptverhandlung, aber außerhalb derselben, so hat der Vorsitzende gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO auch dies und ihren wesentlichen Inhalt bekanntzugeben, und zwar regelmäßig alsbald nach der Fortsetzung.
2. Verständigungsbezogene Erörterungen werden geführt, sobald bei Gesprächen der Prozessbeteiligten unter Einschluss des Gerichts ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum stehen. Dies wiederum ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung zu einer Straferwartung naheliegt. Dabei unterliegen nicht nur die entsprechenden „finalen“, also zielführenden Erörterungen der Mitteilungspflicht, sondern auch gegebenenfalls erste Vorgespräche, sofern diese nicht nur eine abstrakte Erörterung der Vorfrage beinhalten, ob aus Rechtsgründen überhaupt eine Verständigung in einer bestimmten Konstellation möglich ist.
3. Möglichen Unklarheiten zwischen den Verfahrensbeteiligten soll durch eine genaue Dokumentation des Gesprächs und deren anschließende Bekanntmachung in der öffentlichen Hauptverhandlung begegnet werden. Für eine Mitteilungspflicht genügt daher jedes ausdrückliche oder konkludente Bemühen um eine Verständigung in Gesprächen, die von den Verfahrensbeteiligten insoweit als Vorbereitung einer Verständigung verstanden werden können; im Zweifel hat eine Mitteilung zu erfolgen.
4. Die Vollstreckung von Untersuchungshaft ist ein grundsätzlich zulässiger Verständigungsinhalt. Denn die Entscheidung über die Fortdauer der Untersuchungshaft ist ein zum Urteil „dazugehöriger Beschluss“ im Sinne von § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO.
5. Die Informationspflicht nach § 243 Abs. 4 Satz 1 und 2 StPO ist auch dann zu beachten, wenn (zunächst) keine Verständigung zustande kommt. Sie gehört zu den vom Gesetzgeber zur Absicherung des Verständigungsverfahrens normierten Transparenz- und Dokumentationsregeln, durch die gewährleistet werden soll, dass Erörterungen mit dem Ziel einer Verständigung stets in öffentlicher Hauptverhandlung zur Sprache kommen, so dass für informelles und unkontrollierbares Verhalten unter Umgehung der strafprozessualen Grundsätze kein Raum verbleibt.
1. Von einer Tatprovokation weder unmittelbar noch mittelbar (im Sinne einer Fortsetzung von Druckausübung) betroffene Angeklagten können sich auf ein etwaiges Verfahrenshindernis nicht berufen.
2. Besitz von Betäubungsmitteln bedeutet ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis verbunden mit einem Besitzwillen, der darauf gerichtet ist, sich die ungehinderte Einwirkung auf die Sache zu erhalten. Hierbei ist weder die tatsächliche Dauer der Sachherrschaft alleine entscheidend noch steht ein Handeln unter polizeilicher Observation der Annahme von Besitz entgegen. Abzugrenzen sind allerdings kurze Hilfstätigkeiten ohne Herrschaftswillen.
In welchem Umfang ein Sachverständiger der Beweisaufnahme beiwohnt, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Will der Beschwerdeführer rügen, dass der Sachverständige nur bei einem Teil der Beweisaufnahme anwesend war, muss er eine zulässige Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO erheben.
Das Tatgericht darf seiner Entscheidung über die Schuld- und Straffrage nach § 261 StPO grundsätzlich nur die Erkenntnisse zugrunde legen, die es in der Hauptverhandlung nach den Regeln des Strengbeweises gewonnen hat. Daneben ist es allerdings nicht grundsätzlich ausgeschlossen, außerhalb der Hauptverhandlung erlangtes Wissen ohne förmliche Beweiserhebung als offenkundige – also gerichts- oder allgemeinkundige – Tatsachen zu verwerten.
1. Auf die für Verteidiger geltende Pflicht zur elektronischen Übermittlung einer Revision aus § 32d Satz 2 StPO erstreckt sich die Übertragung der für die Einlegung eines Rechtsmittels geltenden Formerfordernisse auf dessen Zurücknahme nicht.
2. Ein Widerruf der Ermächtigung zur Revisionsrücknahme ist nur zulässig, solange die Rücknahmeerklärung noch nicht bei Gericht eingegangen ist.
Ein Angeklagter muss bei Abgabe einer Rechtsmittelrücknahmeerklärung in der Lage sein, seine Interessen vernünftig wahrzunehmen und bei hinreichender Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung die Bedeutung seiner Erklärung zu erkennen. Dies wird – wie etwa § 415 Abs. 1 und 3 StPO für das Sicherungsverfahren gegen einen Schuldunfähigen belegt – allein durch eine Geschäfts- oder Schuldunfähigkeit des Angeklagten nicht notwendig ausgeschlossen. Vielmehr ist von einer Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung erst auszugehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsmittelführer nicht dazu in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Erklärung zu erfassen. Verbleiben Zweifel an seiner prozessualen Handlungsfähigkeit, geht dies zu seinen Lasten. Wenn während der Verhandlung das Tatgericht keine Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten hatte und solche auch von dem Sachverständigen oder dem Verteidiger nicht geäußert wurden, kann die Verhandlungsfähigkeit grundsätzlich auch vom Revisionsgericht bejaht werden.
1. Die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses bedarf keiner besonderen Form und kann auch konkludent erklärt werden. Im Rahmen der Hauptverhandlung setzt dies eine Prozesshandlung voraus, aus der sich mit hinreichender Deutlichkeit der Verfolgungswille hinsichtlich des Antragsdelikts ergibt. Dies kann insbesondere im Rahmen des Schlussvortrags geschehen, wenn die Bestrafung wegen eines Antragsdelikts beantragt wird.
2. Steht ein Verfahrenshindernis in Frage, das ein Bestrafungsverbot enthält, genügt die Geltendmachung durch die Sachrüge.
Es ist anerkannt, dass die Erörterung eines Ablehnungsgesuchs eine fristwahrende Verhandlung zur Sache im Sinne von § 229 Abs. 4 Satz 1 StPO darstellt. Nichts anderes gilt, wenn der den Befangenheitsantrag zurückweisende und bereits zuvor gefasste Beschluss in der Hauptverhandlung verkündet wird. Bereits dadurch wird das Verfahren gefördert, denn es kann unbeschadet der Regelungen in § 29 Abs. 2 und 3 StPO nur nach einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch dauerhaft fortgesetzt und beendet werden.
Nach ständiger Rechtsprechung bezeichnet die Tat im prozessrechtlichen Sinne den geschichtlichen sowie den damit zeitlich und sachverhaltlich begrenzten Vorgang, auf den Anklage und Eröffnungsbeschluss hinweisen und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Den Rahmen bildet also das tatsächliche Geschehen, wie es die Anklage beschreibt. Umfasst werden aber auch alle damit zusammenhängenden und darauf bezüglichen Vorkommnisse und tatsächlichen Umstände, die nach der Auffassung des Lebens eine natürliche Einheit bilden und die in ihren Einzelgeschehnissen, aus denen sie sich zusammensetzen, so eng verknüpft sind, dass eine getrennte Aburteilung zu einer Aufspaltung eines zusammengehörenden Geschehens führen würde.
1. Eine Verfahrensrüge, mit der die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit geltend macht, ist unzulässig, wenn eine für die Beweisbedeutsamkeit der begehrten Zeugenvernehmung relevante Skizze nicht vorgelegt, sondern nur unzureichend beschrieben wird. Eine erkennbar nur vereinfachte Beschreibung der Skizze genügt den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO deshalb nicht, weil sie den Senat nicht in die Lage versetzt, die Schlüsse nachzuvollziehen, die der Beweisantrag aus ihr ziehen zu können meint, und damit die – vom Landgericht verneinte – Bedeutung der behaupteten Indiztatsache zu beurteilen.
2. Wird mit der Aufklärungsrüge zugleich die fehlerhafte Ablehnung eines Antrags auf Aussetzung des Verfahrens beanstandet, mit dem eine Änderung der Prozesslage und hierauf beruhende erweiterte Beweiserhebungsmöglichkeiten erreicht werden sollten, muss die Revision darüber hinaus auch diejenigen Umstände vortragen, ohne deren Kenntnis das Revisionsgericht die Ermessensausübung des Tatgerichts bei der Ablehnung des Aussetzungsantrags nicht zu beurteilen vermag. Da über die – gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte – Aussetzung des Verfahrens zum Zweck der Sachaufklärung nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände, namentlich unter Beachtung der gegenläufigen Verfahrensmaxime der Beschleunigung, entschieden werden kann, müssen insbesondere diejenigen Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, welches Ausmaß an Verzögerung mit der beantragten Verfahrensaussetzung verbunden gewesen wäre. Auch diesem Erfordernis wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.
Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 105 StPO ist grundsätzlich nur dann in zulässiger Weise erhoben, wenn auch die polizeilichen Berichte über die Durchsuchungsmaßnahmen mitgeteilt werden.
1. Es ist rechtsfehlerhaft, die Beweisaufnahme in den Urteilsgründen zu dokumentieren. Vielmehr hat das Tatgericht die voranzustellenden Einlassungen der Angeklagten zusammen mit den übrigen Ergebnissen der Beweisaufnahme in einer Gesamtschau zu würdigen, sodass das Revisionsgericht die tatgerichtliche Überzeugungsbildung (§ 261 StPO) nachvollziehen kann.
2. Diese unerlässliche Gesamtwürdigung lässt sich gerade nicht dadurch ersetzen, dass etwa die Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen in der Art eines Wortlautprotokolls wiedergegeben oder Urkunden – wie verschriftete Gesprächsaufzeichnungen oder über Mobiltelefone ausgetauschte Nachrichten – in Gänze zitiert werden; auch ist es verfehlt, über die Verteidigung schriftlich eingereichte Einlassungen im Urteil abzuschreiben. Vielmehr hat das Tatgericht den Tatsachenstoff durch Konzentration auf die entscheidenden Gesichtspunkte zu beherrschen und sind die Einlassungen, Aussagen sowie Urkunden ihrem wesentlichen Inhalt nach zu referieren und dann miteinander abzugleichen.
Eine Pflicht zur Protokollierung des wesentlichen Inhalts in der öffentlichen Hauptverhandlung geführter gescheiterter Verständigungsgespräche sieht das Gesetz nicht vor.
Das Erfordernis, wonach in einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation die Urteilsgründe erkennen lassen müssen, dass der Tatrichter alle Umstände, welche die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat, gilt insbesondere dann, wenn der einzige Belastungszeuge in der Hauptverhandlung seine Vorwürfe ganz oder teilweise nicht mehr aufrechterhält oder wenn der anfänglichen Schilderung weiterer Taten nicht gefolgt wird.
In Fällen, in denen „Aussage gegen Aussage“ steht, sind besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung als solche und deren Darstellung in den schriftlichen Urteilsgründen zu stellen. Das Tatgericht ist gehalten, alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten beeinflussen können, einzubeziehen und in einer Gesamtschau zu würdigen. Diese Beweiskonstellation erfordert eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben des Belastungszeugen, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage, eine Bewertung des feststellbaren Aussagemotivs sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben. Die dabei angestellten tragenden Erwägungen sind sodann in den schriftlichen Urteilsgründen so darzulegen, dass die tatgerichtliche Überzeugungsbildung für das Revisionsgericht nachzuvollziehen und auf Rechtsfehler hin zu überprüfen ist.
Wird in einem Verfahren wegen einer Vielzahl von Taten ermittelt, so erstreckt sich die verjährungsunterbrechende Wirkung eines Durchsuchungsbeschlusses (§ 78c Abs. 1 Nr. 4 StGB) grundsätzlich auch auf im Beschluss namentlich nicht genannte Taten, es sei denn, der – insoweit maßgebliche – Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden ist erkennbar auf eine oder mehrere Taten beschränkt. In Zweifelsfällen kann neben dem Wortlaut der Durchsuchungsanordnung auch der Akteninhalt ergänzend zur Auslegung herangezogen werden.