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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2023
24. Jahrgang
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1. Den Qualifikationstatbestand des § 261 Abs. 4 StGB n.F. erfüllt nur, wer bei der Geldwäsche in Ausübung seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, die ihn zum Verpflichteten nach § 2 des Geldwäschegesetzes macht. (BGHSt)
2. Ist die Anwendung einer neuen Gesetzesvorschrift geboten, weil sie gegenüber der zur Tatzeit geltenden die geringere Strafe vorsieht, kann eine nach der neuen Vorschrift zulässige Einziehung auch angeordnet werden, wenn dies nach der früheren Vorschrift rechtlich nicht möglich war. Die Beurteilung teilweise nach der alten und teilweise nach der neuen Vorschrift ist auch mit Blick auf § 2 Abs. 5 StGB nicht zulässig. (BGHSt)
3. Das mildere von zwei Gesetzen ist dasjenige, welches anhand des konkreten Falls nach einem Gesamtvergleich des früher und des derzeit geltenden Strafrechts das für den Angeklagten günstigere Ergebnis zulässt. Dabei ist der Grundsatz strikter Alternativität zu beachten: Es kann nur entweder die frühere oder die neue Gesetzesvorschrift in ihrer Gesamtheit angewendet werden; eine Beurteilung teilweise nach der alten und teilweise nach der neuen Vorschrift ist nicht zulässig. Dieser Grundsatz ist Ausdruck der Gesetzesbindung und dient damit der Rechtssicherheit. Denn jedes Gesetz wird als eine Einheit erlassen, deren Teile aufeinander abgestimmt sind; daher würde der Sinn des Gesetzes verletzt werden, wenn der Richter aus dieser Einheit einzelne Teile herausnehmen und durch Teile eines anderen, früher oder später erlassenen Gesetzes ersetzen. (Bearbeiter)
4. Danach ist in aller Regel eine abgestufte Prüfungsreihenfolge einzuhalten: Zunächst muss feststehen, dass bei beiden (oder mehreren) in Betracht kommenden Gesetzesfassungen die Strafbarkeit fortbesteht. Sodann ist unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles das mildeste Gesetz zu ermitteln. Hierbei sind zuerst die nach beiden Gesetzen zulässigen Hauptstrafen miteinander zu vergleichen. Erst wenn sich daraus das mildere Gesetz nicht ergibt, kann es auf Nebenstrafen und Nebenfolgen ankommen. (Bearbeiter)
5. Weder Wortlaut, Historie noch Systematik von § 2 Abs. 5 StGB gebieten es nach Ansicht des Senats, vom Grundsatz der strikten Alternativität abzuweichen. Auch aus dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot ergibt sich nichts Abweichendes, da die Einziehung nach §§ 73, 73c StGB keinen strafähnlichen Charakter hat. (Bearbeiter)
6. Den Qualifikationstatbestand des § 261 Abs. 4 StGB n.F. erfüllt nur, wer bei der Geldwäsche in Ausübung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, die ihn zum Verpflichteten nach § 2 des Geldwäschegesetzes macht. Der Senat muss hier nicht entscheiden, ob eine ausschließlich illegale Betätigung dem § 2 GwG unterfällt. Handlungen außerhalb der besonderen geldwäscherechtlichen Verantwortung“ sind hingegen von dem Qualifikationstatbestand ausgenommen und werden bloß vom Grundtatbestand des § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB n.F. erfasst. (Bearbeiter)
1. Für die zur Beurteilung der Erforderlichkeit einer Notwehrhandlung gebotene ex ante-Betrachtung ist entscheidend, wie sich die Lage aus Sicht eines objektiven und umfassend über den Sachverhalt orientierten Dritten in der Tatsituation des Angeklagten nach der unter Beachtung des Zweifelssatzes zu bildenden tatrichterlichen Überzeugung darstellt. Geprägt wird die Tatsituation eines Verteidigers dabei auch durch den ihm in diesem Moment zugänglichen Erkenntnishorizont; maßgeblich ist nicht die Sicht eines allwissenden Beobachters, sondern die Perspektive des sorgfältig beobachtenden Verteidigers. (BGHR)
2. Eine in einer Notwehrlage verübte Tat ist gerechtfertigt, wenn sie zu einer sofortigen und endgültigen Abwehr des Angriffs führt und es sich bei ihr um das mildeste Abwehrmittel handelt, das dem Angegriffenen in der konkreten
Situation zur Verfügung steht. Für den lebensgefährlichen Einsatz einer Schusswaffe in Notwehrsituationen gilt dabei, dass ein solcher zwar nicht von vornherein unzulässig ist, aber nur das letzte Mittel der Verteidigung sein kann. In der Regel ist der Angegriffene gehalten, den Gebrauch der Waffe zunächst anzudrohen. Reicht dies nicht aus, so muss er, wenn möglich, vor dem tödlichen Schuss einen weniger gefährlichen Waffeneinsatz versuchen. In Frage kommen ungezielte Warnschüsse oder, wenn diese nicht ausreichen, Schüsse in die Beine, um den Angreifer kampfunfähig zu machen. (Bearbeiter)
3. Der Angegriffene ist grundsätzlich berechtigt, dasjenige Abwehrmittel zu wählen, welches eine endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleistet. Er muss auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel nur zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unzweifelhaft ist und ihm genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht. Dabei dürfen an die in einer zugespitzten Situation zu treffende Entscheidung für oder gegen eine weniger gefährliche Verteidigungshandlung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. (Bearbeiter)
4. Eine Verteidigungshandlung ist bereits dann geeignet i.S.d. § 32 StGB; wenn dadurch nach dem maßgeblichen Erkenntnishorizont des Handelnden eine mögliche Chance zur Abwehr des Angriffs eröffnet wird. Eine für den Angeklagten nur ex post zu erlangende Kenntnis davon, dass eine entsprechende Eignung nicht bestand, würde dies nicht in Frage stellen; dies fällt vielmehr in das Risiko des Angreifers. (Bearbeiter)
5. Die subjektiven Voraussetzungen der Notwehr sind erst dann erfüllt, wenn der Gegenangriff des Verteidigers zumindest auch zu dem Zweck geführt wurde, den vorangehenden Angriff abzuwehren. (Bearbeiter)
Die Beurteilung der Konkurrenzen (§§ 52, 53 StGB) richtet sich auch für den mittelbaren Täter nach dessen Tatbeitrag, unabhängig von der Anzahl der Handlungen, die ihm zuzurechnen sind. Hat ein mittelbarer Täter, der an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht beteiligt ist, seinen alle Einzeldelikte fördernden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht, werden ihm die Handlungen des Tatmittlers als tateinheitlich begangen zugerechnet, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob beim Tatmittler Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen wäre, ist demgegenüber ohne Belang (st. Rspr.). Überschneiden sich Vorbereitungshandlungen, die der Ausführung anderer Taten dienen, begründet solches hingegen keine Tateinheit über Teilidentität von Ausführungshandlungen (vgl. BGHSt 33, 163, 165 f.).
1. Niedrig i.S.d. § 211 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung ein Beweggrund, der nach allgemeiner sittlicher Würdigung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich aufgrund einer Gesamtwürdigung, welche die Umstände der Tat, die Lebensverhältnisse des Täters und seine Persönlichkeit einschließt. Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen als niedrige Beweggründe in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind.
2. Ergibt sich das Tötungsmotiv aus einer Trennung vom Ehe-, Lebens- oder Intimpartner, kann für einen niedrigen Beweggrund sprechen, dass der Täter dem anderen Teil aus übersteigertem Besitzdenken das Lebensrecht abspricht, den berechtigten Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben bestrafen will oder dass er handelt, weil er die Trennung nicht akzeptiert und eifersüchtig ist. Gegen das Vorliegen eines niedrigen Beweggrundes kann dagegen sprechen, dass die Trennung zu tatbestimmenden und tatauslösenden Gefühlen der Verzweiflung und inneren Ausweglosigkeit geführt hat. Zu bedenken kann dabei auch sein, dass nicht selten der Täter die Trennung selbst maßgeblich zu verantworten hat.
3. Der Umstand, dass die Trennung vom Tatopfer ausgegangen ist, stellt entgegen der Auffassung des Landgerichts für sich gesehen kein gegen die Annahme niedriger Beweggründe sprechendes Indiz dar. Mit dem Menschenbild des Grundgesetzes und den Werten des durchweg auf Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und gegenseitige personelle Achtung angelegten deutschen Rechts ist es aus Sicht des Senats unvereinbar, der legitimen Inanspruchnahme des Rechts auf ein selbstbestimmtes Leben eine derartige Relevanz für die sozialethische Bewertung des Tötungsmotivs zuzusprechen.
1. Die endgültige Erlangung des erstrebten Vermögensvorteils führt zur Beendigung eines Betrugs. Der Umstand, dass der Vermögensvorteil nach seiner endgültigen Erlangung noch tatplangemäß innerhalb einer Tätergruppierung verschoben wird, verlagert den Zeitpunkt der Beendigung der Betrugstat nicht nach hinten auf den des Erhalts der Tatbeute durch den vorgesehenen tatbeteiligten Endempfänger. Dies gilt auch dann, wenn der Ersterlanger einen fremdnützigen Betrug zu Gunsten des Endempfängers begeht.
2. Schließt sich ein Mitglied im Tatvorfeld der Bande an und bringt damit gegenüber den Hintermännern zum Ausdruck, für eine Mitwirkung an zukünftigen Taten zur Verfügung zu stehen, stellt eine solch allgemeine Mitwirkungsbereitschaft für sich genommen keinen (für eine Täterschaft oder Teilnahme) hinreichenden Tatbeitrag dar. Abweichendes kann für konkrete Zusagen gelten, soweit diese über eine allgemeine Mitwirkungsbereitschaft hinausgehen und daher – anders als die Bandenmitgliedschaft als solche – unter Umständen als psychische Beihilfe zu einer Tat gewertet werden kann.
3. Eine Berichtigung der Urteilsformel durch das Tatgericht nach abgeschlossener Urteilsverkündung ist nur ausnahmsweise möglich, wenn es um die Korrektur offensichtlicher Fassungsversehen geht. Offensichtlich sind solche Fehler nur, wenn sie sich ohne Weiteres aus der Urteilsurkunde oder aus solchen Tatsachen ergeben, die für alle Verfahrensbeteiligten klar zu Tage treten und selbst den entfernten Verdacht einer späteren sachlichen Änderung ausschließen. Es muss – auch ohne Berichtigung – eindeutig erkennbar sein, was das Gericht tatsächlich gewollt und entschieden hat. Bei dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen, um zu verhindern, dass mit einer Berichtigung eine unzulässige Änderung des Urteils einhergeht.
1. Eine Widerstandshandlung im Sinne dieses Tatbestands kann durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt erfolgen. Der Begriff der Gewalt ist dabei als eine durch tätiges Handeln bewirkte Kraftäußerung zu verstehen, die gegen den Amtsträger gerichtet und geeignet ist, die Durchführung der Vollstreckungshandlung zu verhindern oder zu erschweren. Die Tathandlung braucht allerdings nicht unmittelbar gegen dessen Person gerichtet zu sein; es genügt vielmehr auch eine nur mittelbar gegen die Person des Beamten, unmittelbar aber gegen Sachen gerichtete Einwirkung, wenn sie nur von dem Beamten körperlich empfunden wird.
2. Ein Widerstandleisten durch Gewalt kann daher in dem Zufahren mit einem Kraftfahrzeug auf einen Polizeibeamten liegen, um ihn zum Wegfahren oder zur Freigabe der Fahrbahn zu nötigen. Die bloße Flucht vor der Polizei erfüllt diese Voraussetzungen hingegen nicht, auch wenn dabei andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden. In subjektiver Hinsicht ist dabei Vorsatz erforderlich, wobei bedingter Vorsatz genügt.
3. Der Tatrichter ist nicht gehalten, in Fällen, in denen mehrere Strafrahmen zur Verfügung stehen, den jeweils für den Angeklagten günstigeren zugrunde zu legen. Ist die Strafe im unteren Bereich des Strafrahmens anzusiedeln, liegt jedoch im Allgemeinen die Anwendung des Strafrahmens nahe, der die geringere Untergrenze vorsieht.
1. Die im Ausgangspunkt weite Begriffsbestimmung des Unterstützens einer kriminellen Vereinigung darf nicht dahin missverstanden werden, dass jedes Handeln eines Nichtmitgliedes im Sinne der Vereinigung als tatbestandsmäßig einzustufen wäre, ohne dass es auf die Wirkungen seines Tuns ankäme; vielmehr muss eine konkrete mit Fakten belegte Förderung zur tatgerichtlichen Überzeugung feststehen.
2. Die Grundsätze zur Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung gelten nicht für die Unterstützung im Sinne der § 129 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1, § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB. Für die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zwischen verschiedenen Unterstützungshandlungen sind die Besonderheiten ohne Belang, die sich aus dem Charakter der mitgliedschaftlichen Beteiligung als einer dem Dauerdelikt ähnlichen Straftat ergeben; die Tatvariante des Unterstützens kennt keine (verbleibende) tatbestandliche Handlungseinheit.