Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2022
23. Jahrgang
PDF-Download
Nachteilige Folgen einer Straftat wirken sich für den Täter nicht schlechthin strafmildernd aus. Wer bei einer Tat bestimmte Nachteile für sich selbst bewusst auf sich genommen hat, verdient in der Regel keine strafmildernde Berücksichtigung solcher Folgen. Dies gilt auch im Fall des drohenden Widerrufs der Strafaussetzung in anderer Sache. Ein (möglicher) Bewährungswiderruf als Folge eines bewussten Bewährungsbruchs durch den Täter ist regelmäßig nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen strafmildernd zu berücksichtigen.
Nach § 46 Abs. 3 StGB dürfen die Merkmale des Tatbestands, welche die Strafbarkeit begründen und der Bestimmung des gesetzlichen Strafrahmens zugrunde liegen, nicht nochmals bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Dies gilt in gleicher Weise für deliktsübergreifende strafbarkeitsbegründende Umstände aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs und damit auch für die Gesichtspunkte, die eine Garantenstellung im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB begründen.
1. Eine Vermögensmehrung bei einem Drittbegünstigten schließt grundsätzlich eine gegen den handelnden Täter anzuordnende Einziehung aus. Das gilt auch dann, wenn der Täter die Möglichkeit hat, auf das Vermögen des Drittbegünstigten zuzugreifen. Eine Einziehungsanordnung gegen den für eine Gesellschaft handelnden Täter kommt aber dann in Betracht, wenn er diese nur als formalen Mantel nutzt und eine Trennung zwischen Täter- und Gesellschaftsvermögen tatsächlich nicht existiert oder wenn jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss bei der Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wird.
2. Die Vermögensmehrung bei einem Drittbegünstigten eröffnet den Anwendungsbereich der §§ 73 Abs. 1, 73c StGB nF zum Nachteil der handelnden Täter nicht. Handelt der Täter für eine rechtsfähige Personengesellschaft, die als Rechtssubjekt über eine eigene Vermögensmasse verfügt, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Täter ? auch in Fällen einer (legalen) Zugriffsmöglichkeit ? eigene Verfügungsgewalt über das Erlangte hat. Die Anordnung der Einziehung von Taterträgen bzw. des Wertes von Taterträgen setzt daher die konkrete Feststellung voraus, dass er selbst etwas erlangte. Wird jeder aus der Tat folgende Vermögensfluss an die Gesellschaft sogleich an den bzw. die Täter weitergeleitet, so kann unmittelbare Verfügungsgewalt zu bejahen sein.
1. Die Vorschrift der erweiterten Einziehung nach § 73a Abs. 1 StGB ist auch dann anzuwenden, wenn nach Ausschöpfung aller Beweismittel nicht aufklärbar ist, ob die Vermögenswerte aus den Anknüpfungs- oder anderen Taten stammen, die Herkunft aus rechtswidrigen Taten aber feststeht.
2. Die Anwendung des § 73a Abs. 1 i.V.m. § 73c Satz 1 StGB setzt voraus, dass der durch die anderen rechtswidrigen Taten erlangte Gegenstand oder sein Surrogat bei Begehung der Anknüpfungstat im Vermögen des betroffenen Täters oder Teilnehmers vorhanden war.
3. Nach dem seit dem 1. Juli 2017 geltenden neuen Vermögensabschöpfungsrecht darf im Zuge der erweiterten Einziehung weder das Surrogat noch sein Wert eingezogen werden, während der Wert des ursprünglich Erlangten gleichwohl der erweiterten Einziehung unterliegt. Denn der Reformgesetzgeber hat nur die Regelung über den erweiterten Verfall des Surrogats ersatzlos gestrichen. Es ist auszuschließen, dass er damit zugleich beabsichtigte, den Anwendungsbereich der erweiterten Wertersatzeinziehung einzuschränken und künftig dem Täter der Anknüpfungstat die im Zeitpunkt deren Begehung bei ihm eingetretene anderweitig strafrechtswidrige Vermögensmehrung generell zu belassen.
1. Der Betrag der Wertersatzeinziehung gemäß § 73c Satz 1 StGB ist stets in Euro und nicht in einer Fremdwährung anzugeben. Bei dem durch die Anordnung der Einziehung von Wertersatz entstehenden staatlichen Zahlungsanspruch handelt es sich nicht um eine Fremdwährungsschuld (§ 244 BGB), sondern um eine ziffernmäßig zu bestimmende Geldwertschuld.
2. Eine dem Verurteilten erteilte Anordnung, während der Bewährungszeit jeden Wechsel des Wohnsitzes oder ständigen Aufenthaltsortes anzuzeigen, ist eine statthafte Weisung im Sinne des § 56c StGB, sofern mit ihr nicht erkennbar ausschließlich andere Zwecke verfolgt werden. Dies gilt erst recht für eine Bewährungsweisung an einen im Ausland lebenden Verurteilten, zukünftige Einreisen in die Bundesrepublik Deutschland unter Mitteilung des beabsichtigten Aufenthaltsortes in Deutschland anzuzeigen. Eine derart marginale Pflicht stellt auch kein faktisches Einreiseverbot dar und berührt daher die allgemeine Freizügigkeit als EU-Bürger nicht.
1. Für eine Einziehung nach § 74 Abs. 2, § 74c Abs. 1 StGB muss die Einziehung des Originalgegenstands durch eine andere als die im konkreten Fall die Einziehung begründende Tathandlung unmöglich geworden sein.
2. Mehrere Geldwäschehandlungen sind zwar nicht bereits deshalb rechtlich zu einer Tat verbunden, weil die einzelnen Tatobjekte aus einer bestimmten Vortat herrühren. Daher sind Geldwäschehandlungen hinsichtlich der Frage der Einheit oder Mehrzahl von Handlungen eigenständig zu beurteilen. Mehrere aufeinanderfolgende Geldwäschehandlungen (Sichverschaffen, Verwahren und Verwenden) hinsichtlich eines durch einen Eingang auf dem Konto eines Angeklagten gutgeschriebenen Betrages stellen zwar an sich mehrere reale Handlungen dar, bilden aber grundsätzlich unter den hierfür geltenden Voraussetzungen eine natürliche Handlungseinheit.
3. Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO erfasst mit der Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat auch die Entscheidung über die Einziehung.
Der Termin des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB bildet keine starre Grenze, bei deren Erreichen der weitere Vollzug der Untersuchungshaft stets unverhältnismäßig wäre. Wenn es im Einzelfall notwendig ist, um die Ahndung der Tat und die Vollstreckung der Strafe zu sichern, darf die Untersuchungshaft auch bis zur Höhe der zu verhängenden oder noch nicht rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe vollzogen werden.
Auch wenn kein Antrag auf Anordnung einer Maßregel gestellt wird und deshalb keine verfahrensrechtliche Pflicht zur Erörterung der maßgeblichen Umstände besteht, ist deren Nichtanordnung aus sachlich-rechtlichen Gründen nachvollziehbar zu begründen, wenn sich die Anordnung nach den Umständen aufdrängte.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nur zulässig, wenn der Täter allein wegen der mangelnden Schuldfähigkeit nicht bestraft werden kann, nicht jedoch, wenn er mit strafbefreiender Wirkung vom Versuch zurückgetreten ist (vgl. BGHSt 31, 132, 135). Dem steht nicht die rechtliche Einordnung entgegen, wonach es sich beim Rücktritt um einen Strafaufhebungsgrund handelt, was das Begehen der rechtswidrigen Anknüpfungstat als solches unberührt lassen könnte.
Das Schlechterstellungsverbot steht auch einer Erhöhung der Einzelstrafen entgegen, selbst wenn die ausgeurteilte Gesamtstrafe niedriger ausfällt.