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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2022
23. Jahrgang
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Von Julius Lantermann, Frankfurt a.M.
Seit der Änderung der §§ 222a, 222b StPO können die Tatgerichte die Besetzungsfrage aus der Revision verbannen. Auf dem Weg zur Präklusionswirkung ist jetzt jedoch ein kompliziertes[1] Zwischenverfahren zu bestreiten. Der Beitrag stellt dieses Verfahren in seinen Grundlagen dar und soll auch Antworten auf solche Fragen liefern, die zwar selten vorkommen, in der Praxis aber beantwortet werden müssen. Der Text ist aus keiner bestimmten Perspektive verfasst. Er richtet sich an Vorsitzende, welche – gerade in Vorbereitung von Umfangsverfahren – die eigene Verfahrensführung gegen alle Eventualitäten absichern wollen. Ebenso sind Verfahrensbeteiligte angesprochen, weil mit diesem Wissen Lücken in der Verfahrensführung identifiziert und nutzbar gemacht werden können. Zudem werden allgemeine Fragen aus der Gerichtspraxis zu Prüfungsumfängen und Tenorierungen beantwortet. Das hat auch für die späteren Instanzen Relevanz. Denn in Abhängigkeit dazu steht, wann das neue Vorabentscheidungsverfahren nicht das "letzte Wort" zur Besetzungsfrage ist. Dementsprechend sind auch die Perspektiven der Rechtsmittel- bzw. Revisionsinstanz dargestellt. Das leitet letztlich zu schwierigen Fragen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde über.
Mit den §§ 222a, 222b StPO wird ein prozessuales Zwischenverfahren geschaffen. Aus dem Wortlaut der Normen lassen sich vier zeitlich geordnete Elemente ablesen. Am Anfang steht eine Besetzungsmitteilung (1.). Diese ist hauptsächlich in § 222a I StPO geregelt. In § 222b I StPO wird dann der eigentliche Besetzungseinwand (2.) geregelt. Zum Besetzungseinwand findet ein Abhilfeverfahren (3.) statt, welches § 222b II, III 1 StPO regelt. Daran, § 222b III 2-4 StPO, schließt sich ein Vorabentscheidungsverfahren (4.) vor dem Rechtsmittelgericht[2] (§§ 121 I Nr. 4,[3] 135 II Nr. 3 GVG) an. Jedenfalls wenn diese vier Schritte fehlerfrei durchlaufen wurden und keine Besetzungsfehler aufgedeckt haben, tritt die Präklusionswirkung ein. In der Revision scheitert dann eine Besetzungsrüge, die begrifflich nicht mit dem Besetzungseinwand gleichgesetzt werden sollte.
Das Zwischenverfahren beginnt mit der Besetzungsmitteilung.
Die Besetzungsmitteilung ist eine formalisierte Information der Beteiligten, dass ein bestimmter Spruchkörper zur Hauptverhandlung erscheinen wird (bzw. bereits erschienen ist). Die Mitteilung kann schriftlich oder mündlich erfolgen.
Im Grundsatz soll die Besetzung schriftlich mitgeteilt werden. In diesem Fall ist die Besetzungsmitteilung ein Schriftstück. Dieses Schriftstück muss zugestellt werden, § 222a I 2 2. Halbsatz StPO. Die Zustellung löst die Frist (§ 222b I 1 StPO) für das Anbringen des Besetzungseinwandes aus. Die formlose Übersendung[4] wird die Frist in aller Regel auch in Verbindung mit § 189 ZPO nicht auslösen können, weil diese Norm einen fehlenden Zustellungswillen nicht ersetzen kann.
Andernfalls erfolgt die Besetzungsmitteilung in der Hauptverhandlung mündlich. Hier ist die mündliche Erklärung selbst die Besetzungsmitteilung, die mit dem Akt der Bekanntgabe zusammenfällt. Der Akt der Bekanntgabe ist in diesem Fall eine wesentliche Förmlichkeit.[5]
Die mündliche Besetzungsmitteilung muss gem. § 222a I 1 StPO "zu Beginn der Hauptverhandlung" erfolgen. Das Gesetz erklärt nicht genau, was der "Beginn" der Hauptverhandlung in § 222a I StPO ist.[6] Aus § 222a II StPO
ergibt sich aber, dass der dort geregelte Unterbrechungsantrag nur bis zur Vernehmung des ersten Angeklagten zur Sache angebracht werden kann. Dieser Unterbrechungsantrag kann nur auf eine bereits erfolgte Mitteilung angebracht werden. Aus diesem Zusammenhang folgt, dass der Beginn der Hauptverhandlung in § 222a I 1 StPO jedenfalls der Zeitraum vor der ersten Vernehmung zur Sache sein muss. Würde auch eine spätere Besetzungsmitteilung als wirksam anerkannt werden, so wäre das Konzept des § 222a II StPO gesprengt. Ob die Besetzungsmitteilung hingegen (weitergehend) vor der ersten Vernehmung zur Person erfolgen muss, ist unklar. Diese Auslegung[7] ist von der alten Rechtslage inspiriert. Allerdings verlangt § 222b I StPO nun nicht mehr, dass der Besetzungseinwand vor der ersten Vernehmung zur Sache angebracht wird. Für den in § 222a II StPO gewählten Zeitpunkt gibt es deshalb eigentlich keinen Grund mehr, wenn damit nicht der Zeitpunkt der Mitteilung in Bezug genommen wird. Es wäre daher durchaus denkbar, auch Mitteilungen noch vor der ersten Vernehmung zur Sache als rechtzeitig anzusehen.[8] Tatgerichte sollten tunlichst vermeiden, es auf diese Thematik ankommen zu lassen. Wird den Beteiligten trotzdem eine derart späte Mitteilung gemacht, müssen sie in ihr Vorgehen einkalkulieren, dass auch solche Mitteilungen noch wirksam sein könnten.
Nach alter Gesetzesfassung war es praktisch nie ein Problem, ob überhaupt eine Besetzungsmitteilung vorlag. Denn wenn es dazu in der Hauptverhandlung Zweifel gab, waren diese zumeist mit dem Unterbrechungsantrag geklärt. Im Übrigen war diese Frage fast nur in der Revision relevant. Dort konnte aber auf das Protokoll zurückgegriffen werden.
Nach der Neufassung ist das Vorliegen einer Besetzungsmitteilung nicht mehr so unproblematisch. Das zeigt beispielhaft eine Entscheidung des OLG Bremen.[9] Dort wurde ein Besetzungseinwand an einem späteren Hauptverhandlungstag nach dem Eintritt einer Ergänzungsschöffin in den Spruchkörper erhoben. Dafür ist der Besetzungseinwand eindeutig nicht vorgesehen.
Das Gesetz beschreibt nicht, was eine Besetzungsmitteilung ausmacht. Nicht jede Namensnennung eines oder mehrerer Richter kann als eine Besetzungsmitteilung i.S.d. § 222a I StPO verstanden werden. Die Förmlichkeit der Mitteilung der Besetzung (sei es vorab oder mündlich) kann nicht allein danach bestimmt werden, ob die Beteiligten irgendeine Äußerung als Besetzungsmitteilung verstehen oder das Gericht die Äußerung als solche verstanden wissen wollte. Entscheidend kann nur sein, ob die Äußerung nach objektiven Kriterien als solche zu verstehen war. Im Fall des OLG Bremen konnte schlicht auf den Zeitpunkt weit nach Beginn der Hauptverhandlung abgestellt werden. Die Abgrenzung wird deutlich schwieriger, wenn dieses zeitliche Kriterium fehlt. So könnten die Nennung von Richtern im Eröffnungsbeschluss oder die bloße Erklärung einer Vorsitzenden nach Eintritt "Guten Morgen, ich bin VRiLG A und das sind B-E." als Besetzungsmitteilungen verstanden werden. Dem ist indes nicht so.
Für schriftliche Mitteilungen vor Beginn der Hauptverhandlung ist in Abgrenzung zur formlosen Information verstärkt auf die äußere Gestaltung und den Zustellungswillen abzustellen. Nur wenn sich aus äußeren Umständen ergibt, dass die Vorsitzende mit dem entsprechenden Schriftstück die Besetzung im Verfahren nach § 222a I StPO mitteilen wollte, liegt eine Besetzungsmitteilung vor. Das wird sich regelmäßig annehmen lassen, wenn das Schriftstück gesondert zugestellt wird.
Bei der mündlichen Besetzungsmitteilung fallen diese Kriterien hingegen weg. Einen formalisierten Erklärungswortlaut gibt es nicht. Zur Wahrung eines Mindestmaßes an Formalisierung müssen ausdrücklich die Begriffe "Besetzung" und "Mitteilung" fallen. Dagegen mag man nicht den Einwand erheben, im Zweifel könne für die Feststellung der Mitteilung auf das Protokoll abgestellt werden. Dem Rechtsmittelgericht steht dieses nicht zur Verfügung. Wird später aus der bloßen Namensnennung ein Passus im Protokoll, wonach die Vorsitzende die genaue Besetzung A-E mitteilte, wird es den revisionsführenden Beteiligten möglich, die Urkundspersonen in die Protokolldistanzierung zu treiben. Sie können dazu den Tatsachenkern der Erklärung in der Hauptverhandlung darstellen und die Darlegung der Rechtsauffassung der Urkundspersonen zur Protokollierung verlangen. Die bloße Angabe, die Protokollierung treffe zu, reicht ohne weitere Substanz dann nicht, um die formelle Beweiskraft aufrechtzuerhalten.[10] Dann kommt es in der Revision zur Klärung, ob die entsprechende Äußerung eine Besetzungsmitteilung ist.
Notizen der Beteiligten über den genauen Wortlaut von Erklärungen, die als Besetzungsmitteilungen verstanden werden könnten, sind deshalb besonders wertvoll. Das gilt gerade dann, wenn sie unter Nennung der markanten Besonderheiten des Falles schlüssig machen, in welchem Abschnitt die einzelnen Erklärungen stattfanden. Das kann später notfalls zur Erschütterung der formellen Beweiskraft[11] des Protokolls zur Rechtzeitigkeit oder zur Verteidigung gegen eine unberechtigte Protokollberichtigung dienen. Das gilt insbesondere für die Vollständigkeit eines Besetzungseinwandes im Hinblick auf Ergänzungsrichter und -schöffen. Die Bedeutung solcher Notizen darf nicht unterschätzt werden: Die Erschütterung der Beweiskraft des Protokolls ist im Bereich der Besetzungsmitteilung ein vergleichsweise scharfes Schwert, weil für den Eintritt der Präklusion die ordnungsgemäße Mitteilung positiv bewiesen werden muss.
Allein weil dem Rechtsmittelgericht das Protokoll nicht zur Verfügung steht und das gesprochene Wort vergänglich ist, ist die schriftliche Mitteilung der mündlichen Mitteilung überlegen. Es liegt im Interesse des Gerichts und aller Beteiligten, die mündliche Mitteilung grundsätzlich zu meiden. Das Fehlen einer schriftlichen Fixierung der Mitteilung schafft gerade am ersten Hauptverhandlungstag vermeidbare Unklarheiten. Allerdings ist es nicht immer möglich, die Besetzung weitläufig im Vorfeld mitzuteilen. Das Gesetz gibt den Vorsitzenden hierzu aber eine kaum bekannte Möglichkeit, durch die auch dann eine mündliche Mitteilung nicht zwingend notwendig ist.
Dazu kann bei kurzfristigen Änderungen statt der mündlichen Mitteilung die Zustellung durch Aushändigung an der Amtsstelle unmittelbar vor oder nach Aufruf der Sache gewählt werden, §§ 36 I 1; 37 I StPO i.V.m. § 173 ZPO. Diese Form der Zustellung ist uneingeschränkt im gesamten Gerichtsgebäude zulässig. Die Vorsitzende kann sich diese Art der Zustellung nach allgemeiner Meinung selbst vorbehalten und muss dazu nicht die Geschäftsstelle einschalten.[12] Die Zustellung muss nur rechtzeitig erfolgen, um die Präklusionswirkung auslösen zu können. Einen Vorrang der mündlichen Mitteilung gibt es nicht. Schon aus dem Wortlaut des § 222a I StPO ("spätestens") ergibt sich, dass sie nach gesetzlicher Konzeption sogar nachrangig sein muss. Das Verfassen der entsprechenden Schriftstücke dauert auch ohne Vordruck im Beratungszimmer nicht länger als die mündliche Mitteilung. Generell empfiehlt es sich, dort vor Eintritt nochmals mit der Akte zu prüfen, ob die Mitteilung bereits erfolgt ist, ob sie mit den nun anwesenden Personen übereinstimmt und – vor allem – ob alle Zustellungen belegt werden können.
Durch die Zustellung durch Aushändigung und den zugehörigen Aktenvermerk wird jeder Zweifel hinsichtlich des Zustellungswillens und jede Meinungsverschiedenheit hinsichtlich des Zeitpunktes der Zustellung oder des Inhalts der Mitteilung ausgeschlossen.[13] Im Unterschied zur mündlichen Besetzungsmitteilung ist dieser Zustellungsakt – selbst wenn er nach Aufruf der Sache durchgeführt wird – kein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung und keine wesentliche Förmlichkeit. Dadurch wird das Vorgehen flexibler. Denn auch beim Fehlen von notwendigen Beteiligten zu Beginn der Hauptverhandlung kann so die Mitteilung an die anwesenden Personen erfolgen. Dadurch ist auch die Besetzungsmitteilung nur an bestimmte Beteiligte grundsätzlich möglich.
Unklar ist, ob die Frist des Besetzungseinwandes auch dann ausgelöst werden kann, wenn die Annahme des Schriftstücks verweigert wird. Für den Rechtsanwalt ist diese Weigerung eine zu ahndende Berufspflichtverletzung, § 14 S. 1 BORA i.V.m. § 59b II Nr. 6 b) BRAO.[14] Es wäre durchaus denkbar, dass einer unbeschränkten Besetzungsrüge dann der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegensteht (vgl. nur den Rechtsgedanken des § 179 S. 3 ZPO).[15] In aller Regel wird es aber nicht zur Verweigerung der Annahme kommen: Denn neben den Verfahrensvereinfachungen für das Gericht ist diese Form der Zustellung ein Ausdruck fairen Verfahrens. Sie ist im Vergleich zur mündlichen Mitteilung auch eine wesentliche Vereinfachung für die Anbringung eines Besetzungseinwandes.
Liegt eine Besetzungsmitteilung vor, kann darauf ein Besetzungseinwand angebracht werden. Das Gesetz sieht hierfür eine Frist von einer Woche vor. Innerhalb dieser Frist muss der Besetzungseinwand vollständig formuliert werden.[16]
Die Fristenregelung wird von der Möglichkeit zur Stellung eines Unterbrechungsantrags in § 222a II StPO flankiert. Die Vorschrift wurde nur geringfügig angepasst. Noch im Referentenentwurf[17] war die vollständige Streichung des Absatzes vorgesehen. Das wäre sinnvoll und stimmig gewesen. Die Regelung, die sich nunmehr im Gesetz befindet, wurde demgegenüber nicht ausreichend an die sonstigen Regelungen zum Besetzungseinwand und § 338 Nr. 1 StPO angepasst. Sie hat deshalb kaum noch einen Anwendungsbereich.
Der Unterbrechungsantrag ist nach dem Wortlaut bereits nur dann statthaft, wenn die Besetzung überhaupt mitgeteilt worden ist. Dies führt dazu, dass der Unterbrechungsantrag nicht zur Erzwingung einer Besetzungsmitteilung dienen kann. Teilt das Tatgericht die Besetzung überhaupt nicht mit, gibt es daher keine Pflicht der Beteiligten, die Besetzung vor der Revision zu kontrollieren. Das ist ein Konstruktionsfehler des § 222a II StPO. Der Absatz leistet deshalb kaum einen eigenständigen Beitrag zur Präklusionswirkung.
In den verbleibenden Fällen – also dort, wo die Besetzung überhaupt mitgeteilt worden ist – zeigt der Absatz erhebliche Unstimmigkeiten. Der Bezugspunkt des § 222a II StPO ist wie in der alten Gesetzesfassung die erste Vernehmung des Angeklagten zur Sache. Dies entsprach nach alter Rechtslage dem Bezugspunkt des Besetzungseinwandes, weil dieser nach § 222b I 1 StPO a.F. vor der ersten Vernehmung zur Sache angebracht werden musste. Nunmehr hat sich der Zeitpunkt des Besetzungseinwandes aber geändert. Der Besetzungseinwand muss nach § 222b I 1 StPO mit Ablauf einer Wochenfrist angebracht sein. Dieser Zeitpunkt ist vollkommen unabhängig von der ersten Vernehmung des Angeklagten zur Sache. Durch die Neuregelung des § 222a II StPO sollten eigentlich nur die Fälle erfasst werden, in denen vor Ablauf der Wochenfrist
ein Urteil ergeht.[18] Es ist nicht verständlich, weshalb dazu die erste Vernehmung zur Sache – anstelle der Urteilsfällung – aufgeschoben werden muss. Es dürfte unter der Neuregelung für die Beteiligten im Hinblick auf § 338 Nr. 1 b) cc) StPO fahrlässig sein, den Unterbrechungsantrag nicht zu stellen, wenn eine rechtzeitige Mitteilung erfolgt ist. Dies gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen zur Unterbrechung offensichtlich nicht vorliegen. Die Zahl der Fälle, in denen die Unterbrechung aber tatsächlich noch eine eigenständige Relevanz hat, dürfte sehr gering sein.
Aus dem Vergleich der Rechtslagen ergibt sich eine weitere Schwäche des § 222a II StPO: Mit der früheren Regelung konnte durch Unterbrechungen der Zeitpunkt für die Anbringung des Besetzungseinwandes verschoben werden. Unter der Neuregelung ist dies nicht mehr möglich. Die Länge der Unterbrechung hat nunmehr keinerlei Einfluss auf das Ende der Frist zur Anbringung des Besetzungseinwandes. Diese Frist ist nur vom Zeitpunkt der Mitteilung abhängig und beträgt stets eine Woche. Aus diesem Detail folgt, dass der Unterbrechungsantrag auch nicht dazu dienen kann, etwaige Defizite im Mitteilungsverfahren zu beheben. Denn war es unter der alten Rechtslage noch möglich, durch eine Unterbrechung von beispielsweise zwei Wochen sicherzustellen, dass der auf eine Woche angelegte Prüfungszeitraum in jedem Fall auch tatsächlich zur Verfügung stand, ist dies nun nicht mehr möglich. Konnte unter der alten Rechtslage wegen des festen Zeitpunktes zur Anbringung des Besetzungseinwandes den Beteiligten noch eine recht weitgehende Pflicht auferlegt werden, Defizite im Mitteilungsverfahren anzubringen und so das Tatgericht auf diese Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, wird dies so nun nicht mehr möglich sein. Denn selbst wenn auf den Antrag nach § 222a II StPO im Hinblick auf die besondere Schwierigkeit einer Besetzungsfrage oder ein Informationsdefizit eines Beteiligten eine Unterbrechung länger als eine Woche erfolgt, läuft die Frist des § 222b I 1 StPO unabhängig von dieser Unterbrechung ab.
Dies leitet zu den allgemeinen Problemen der Wochenfrist über. Da das Tatgericht nicht mehr mit frühzeitigen Mitteilungen und der Unterbrechung moderierend in die Frist eingreifen kann, stellt sich die Frage, was bei Defiziten im Mitteilungsverfahren geschehen soll.
Die Frist von einer Woche ist mindestens am Limit dessen kalkuliert, was verfassungs- und konventionsrechtlich noch zulässig sein kann.[19] Dabei ist zu bedenken, dass sich zwischen einzelnen Besetzungseinwänden erhebliche Unterschiede im notwendigen Begründungsaufwand ergeben. Die Frist von einer Woche wird in aller Regel ausreichend sein, um etwa die Heranziehung einzelner Schöffen anzugreifen. Sollen hingegen z.B. Angriffe gegen einzelne Regelungen des Geschäftsverteilungsplans konzipiert und ausformuliert werden, wird die Wochenfrist bei realitätsnaher Betrachtung nicht ausreichen, um die Zulässigkeitsvoraussetzungen verlässlich zu erfüllen.
Unabhängig von der allgemeinen Regelung zur Länge der Frist können sich weitere Probleme ergeben. Der Gesetzgeber hat es unterlassen, die Gesetzesänderung mit sinnvollen Anpassungen im Randbereich zu versehen. So ist der Zugang zu den notwendigen Informationen zu vielen Besetzungsfragen organisatorisch weiterhin der Justizverwaltung und nicht dem einzelnen Spruchkörper zugewiesen.[20] Der Spruchkörper verantwortet jedoch, dass das Verfahren über den Besetzungseinwand ordnungsgemäß durchgeführt wird. Reibungsverluste sind in diesem Zusammenspiel leicht vorstellbar. So könnte etwa eine Anfrage bei der Justizverwaltung nicht sofort oder versehentlich unvollständig beantwortet werden, wenn z.B. versäumt wird, einen (weiteren) Änderungsbeschluss zur Geschäftsverteilung mitzuteilen. Angesichts der kurzen Frist werden selbst bei Verzögerungen von nur einem Tag erhebliche Zweifel aufkommen, ob das Verfahren insgesamt rechtmäßig durchgeführt worden ist. Dieses Problem wird dann noch verschärft, wenn es um Besetzungsfehler geht, bei denen es auf bestimmte Begründungstiefen ankommt, insbesondere bei unterjährigen Änderungen der Geschäftsverteilung.[21] Diese Fehler sollen nach ständiger Rechtsprechung heilbar sein. Es stellt sich die Frage, wie sich nachgeschobene Begründungen auf die Frist für den Besetzungseinwand auswirken.
Um zu klären, wie die Tatgerichte vorgehen sollten, wenn solche Probleme vor Beginn der Hauptverhandlung erkannt werden, muss der Zusammenhang zwischen Besetzungsmitteilung und Besetzungseinwand genauer beleuchtet werden. Oder präziser: Kann durch eine wiederholte Besetzungsmitteilung vor der ersten Vernehmung die Frist für den Besetzungseinwand erneut beginnen?
In diversen Entscheidungen wurde – obiter – die Auffassung vertreten, dass eine erfolgte Besetzungsmitteilung die Frist für den Besetzungseinwand einmalig starten lässt und die Frist durch spätere Mitteilungen nicht erneut eröffnet wird.[22] Diese Auffassung ist – ungeachtet der Frage, ob sie immer mit Art. 19 IV GG vereinbar ist[23] – nicht sinnvoll. Nach hier vertretener Auffassung ist dem Tatgericht die Wiedereröffnung der Besetzungseinwandsfrist bis zur ersten Vernehmung des Angeklagten (weitgehend) ohne Einschränkungen möglich. Insoweit kommt es für den
Besetzungseinwand immer nur auf die zuletzt erfolgte Mitteilung der Besetzung an – selbst dann, wenn zweimal eine identische Besetzung mitgeteilt wird. Das hat diverse Gründe:
Den Tatgerichten wird es dadurch möglich bei jedem Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer vorherigen Besetzungsmitteilung den rechtssicheren Weg zu wählen und das Verfahren über den Besetzungseinwand erneut zu durchlaufen. Lehnt man dies ab, kommt es zur Situation, dass Tatgericht und Beteiligte keine Möglichkeit haben, die Unklarheit hinsichtlich der Mitteilung vor der Revision zu klären. Einen Bedarf an erneuter Mitteilung gibt es auch bei Unklarheiten hinsichtlich des genauen Datums einer Zustellung oder der ordnungsgemäßen Verteidigung eines Angeklagten. Und hierbei sollte auch der Fall nicht unterschätzt werden, dass Besetzungsfragen auftreten, die in einer Woche schlicht nicht geprüft werden können. Statt sich dann darauf zu verlassen, dass insbesondere der EGMR[24] keinen Verstoß gegen das Gebot zur Verfahrensfairness erkennen wird, dürfte es bei besonnener Betrachtung vorzuziehen sein, dass die Beteiligten die Rechtsfrage (vor der Hauptverhandlung!) lieber etwas länger prüfen können. Jede Flexibilisierung, die man dem Tatgericht hier einräumt, ermöglicht die Herstellung der Verfahrensfairness an dem Ort, an dem sie am einfachsten hergestellt werden kann. Nicht zuletzt sollte auch der Fall bedacht werden, dass das Tatgericht selbst erkennt, dass das Rechtsmittelgericht etwa die Darlegungsanforderungen an den Besetzungseinwand überspannt und dadurch Art. 19 IV GG verletzt hat.[25] Ist es dem Tatgericht dann nicht möglich, die Besetzung erneut mitzuteilen, wird das eigene Verfahren bedroht, weil ein fremdes Gericht fehlerhaft entschieden hat.
Insofern sind erkannte Defizite durch erneute Mitteilung der Besetzung bis zur ersten Vernehmung zu beheben. Die hier vertretene Auffassung, wonach stets nur auf die letzte Mitteilung einer Besetzung abzustellen ist, gibt den Tatgerichten die Möglichkeit zurück, das Mitteilungsverfahren zu moderieren. Diese Auffassung ermöglicht das, was im Vergleich zur alten Rechtslage durch die Veränderungen im Bereich des Unterbrechungsantrags versperrt worden ist.
In engem Zusammenhang mit der Frage nach erneuter Mitteilung steht, ob die Präklusionswirkung sukzessiv eintreten kann. Das betrifft Fälle, in denen sich die Besetzung etwa in einer Person ändert oder zuerst nur ein Teil der Besetzung mitgeteilt wird. Können in diesen Fällen auch auf die spätere Mitteilung noch alle Einwände gegen den gesamten Spruchkörper vorgebracht werden oder nur Einwände mit Bezug auf die eintretenden Personen?
Die Oberlandesgerichte meinen bisher überwiegend, dass eine derartige Teilpräklusion möglich sei.[26] Allerdings hat bislang – soweit ersichtlich – kein Oberlandesgericht diese Auffassung zum tragenden Teil einer Entscheidung erhoben. Bei genauer Betrachtung ist dies aus diversen Gründen nicht haltbar.
Die Auffassung steht im Widerspruch zum hergebrachten Verständnis des Begriffs der Besetzung. Die Besetzung ist ein binär geprägter Begriff: Ein Spruchkörper kann nur richtig oder fehlerhaft besetzt sein. So führt etwa die willkürliche Entbindung eines Schöffen nicht dazu, dass der Spruchkörper zu 4/5 richtig besetzt ist, sondern zur fehlerhaften Besetzung des Gerichts. Der "gesetzliche Richter" ist bei Kollegialgerichten ein Spruchkörper. Es ist allgemein anerkannt, dass in der Revision – obgleich dies sprachlich meist gleichgesetzt wird – nicht allein die geschäftsplanmäßige Unzuständigkeit eines Spruchkörpers gerügt werden kann. Gerügt wird auch in diesem Fall, dass die Richterinnen dieser Strafkammer nicht geschäftsplanmäßig zuständig waren. Zwischen beidem liegt ein Unterschied, weil es durchaus denkbar ist, dass ein Spruchkörper auch unter einer anderen Bezeichnung personenidentisch besetzt ist. Für die Annahme einer Sukzessivpräklusion wäre es deshalb notwendig, das gesamte Verhältnis von § 338 Nr. 1, 4, 5 StPO und den entsprechenden Befassungsverboten zu überdenken. Dass der Gesetzgeber eine derartige Veränderung gewollt hat, ist nicht ersichtlich.
Neben diesem eher formal-historischen Argument würde eine Sukzessivpräklusion zu Widersprüchlichkeiten in der Rechtsanwendung führen: So kann die Besetzung der einzelnen Positionen innerhalb der Strafkammer Einfluss auf die anderen Positionen haben. Ist etwa eine Beisitzerin eine Proberichterin, kann der zweite Beisitzer nur ein Richter auf Lebenszeit sein. Könnte nun ein Teil der Besetzung bereits der Präklusion unterliegen, müsste unter Umständen ein präkludierter Besetzungsfehler durch einen weiteren Besetzungsfehler im nicht präkludierten Teil der Besetzung kompensiert werden. Ein ähnliches Problem kann sich auch aus der Geschäftsverteilung ergeben: Wenn eine Teilpräklusion eintreten kann, könnte es zu Situationen kommen, in denen sich Spruchkörper aus zwei Kammern zusammensetzen müssen. Das wäre z.B. dann der Fall, wenn erst bei einem späteren Eintritt eines Richters erkannt wird, dass fehlerhaft von einer bestimmten Kammerzuständigkeit ausgegangen worden ist. So könnte es passieren, dass eine Mitteilung ergeht, dass der Spruchkörper mit der Vorsitzenden und einem Beisitzer einer 1. Strafkammer sowie "N.N." besetzt ist. Die Wochenfrist läuft ohne Besetzungseinwand ab und es wird sodann durch ergänzende Mitteilung präzisiert, dass als "N.N." nunmehr Richter X mitwirken soll, weil dieser in die 1. Strafkammer eingerückt ist oder über deren Vertretungskette mitwirkt. Wird nunmehr ein Besetzungseinwand erhoben, der (richtigerweise) die Mitwirkung von Richter X angreift, weil bei zutreffender Wertung die 2. Strafkammer geschäftsplanmäßig zuständig ist, würde es mit einer Sukzessivpräklusion zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Eine weitere Unstimmigkeit solcher Sukzessivmitteilungen ergibt sich bei letztlich unvollständigen Mitteilungen. Teilt die Kammer zuerst nur die Besetzung mit
den Berufsrichtern mit, so müsste dagegen sogleich der Besetzungseinwand erhoben werden. Unterbleibt dann später aber die Mitteilung der Schöffen, kommt es zu einer vollkommen bedeutungslosen Teilkontrolle, weil die Mitteilung, dass eine Kammer nur mit zwei oder drei Berufsrichtern besetzt ist, zweifelsfrei fehlerhaft ist.
Nach der hier vertretenen Auffassung ist daher stets nur auf die letzte Mitteilung der vollständigen Besetzung abzustellen. Besetzungseinwand und Besetzungsmitteilung stehen deshalb in einem untrennbaren Verhältnis: Der Besetzungseinwand bezieht sich stets nur auf eine ganz konkrete Besetzungsmitteilung. Zugleich ist es zulässig, dass eine Besetzung trotz abgelaufener Besetzungseinwandsfrist auch dann erneut mitgeteilt wird, wenn sich keine Veränderungen der Besetzungen ergeben haben.
Die Vorsitzende wird bei der Entscheidung über eine erneute Mitteilung einen sehr weiten Ermessenspielraum haben. Denn Sinn der Neuregelung des Besetzungseinwandes ist die zeitnahe und rechtssichere Klärung der Besetzungsfrage. Dieses Ziel wird unterwandert, wenn das Tatgericht auch bei geringen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens nicht den Weg gehen kann, der schnellstmöglich zur Rechtssicherheit führt. Zur Rechtfertigung einer erneuten Mitteilung reicht jeglicher Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung eines Verfahrens zum Besetzungseinwand aus. Ebenso genügt der bloße Wille zur Herstellung der Verfahrensfairness. Das Unterlassen einer erneuten Mitteilung unterliegt keiner (über die Revision hinausgehenden) Kontrolle. Vom Rechtsmittelgericht ist es stets hinzunehmen, wenn sich die Vorsitzende für eine erneute Mitteilung entscheidet.
Für den Besetzungseinwand gelten über die Regelung des § 222b I 2 StPO die Maßstäbe des § 344 II 2 StPO. Dementsprechend muss der Besetzungseinwand aus sich heraus verständlich sein. Das sorgt insbesondere für die Unzulässigkeit von Bezugnahmen und Verweisungen.
Es wird jedoch im Hinblick auf zwei Details zu bedenken sein, ob für § 222b I 2 StPO nicht ein im Vergleich zu § 344 II 2 StPO modifizierter Maßstab sinnvoll sein könnte. Sollte es stets möglich sein, sich durch bloße Erklärung einem fremden Besetzungseinwand anzuschließen? Und sollten für den Besetzungseinwand Geschäftsverteilungspläne nicht generell als gerichtsbekannte Informationen angesehen werden?
Die tatsächliche Darlegung eines Geschäftsverteilungsplans wird sich zumeist damit erschöpfen, dass der gesamte Geschäftsverteilungsplan (oder jedenfalls dessen allgemeiner und strafrechtlicher Teil) in den schriftlichen Besetzungseinwand einkopiert wird. Erst auf dieser Grundlage wird dann erläutert werden, aus welchen Regelungen sich eine abweichende Besetzung ergeben soll. Bei Geschäftsverteilungsplänen handelt es sich um allgemeine Dokumente der Gerichtsverwaltung. Sie sind bei vielen Gerichten sogar frei im Internet abrufbar. Für das Tatgericht erfüllt der Vortrag zum Inhalt des Geschäftsverteilungsplans keine wesentliche Funktion.[27] Es darf allgemein davon ausgegangen werden, dass der Spruchkörper den eigenen Geschäftsverteilungsplan kennt. Bei den Rechtsmittelgerichten werden – im Unterschied zum Revisionsgericht – die Geschäftsverteilungen der nachgeordneten Gerichte in aller Regel vorhanden sein. Das Einkopieren lässt den – in der Sache möglicherweise unkomplizierten – Besetzungseinwand schnell auf eine dreistellige Seitenzahl anwachsen. Es wäre schon aus Gründen des Umweltschutzes zu erwägen, ob nicht allgemein auf Vortrag zum bloßen Inhalt des Geschäftsverteilungsplans verzichtet werden könnte. Die Einstufung von Geschäftsverteilungsplänen als gerichtsbekannt würde freilich nicht davon entlasten, konkrete Einwände aus dem Geschäftsverteilungsplan abzuleiten und diese Einwände aus sich heraus verständlich zu machen.
Ebenso sollte überdacht werden, inwieweit im Bereich des Besetzungseinwandes der Vortrag anderer Beteiligter zu eigen gemacht werden kann. Es ist nicht sinnvoll, die Zulässigkeit des Besetzungseinwandes daran zu knüpfen, dass der Vortrag mehrfach wiederholt wird[28] oder für mehrere Beteiligte in einheitlichen Schriftsätzen abgegeben werden muss.[29] Im Unterschied zum Revisionsverfahren, wo die Beschwer für jeden Beteiligten individuell festgestellt werden muss, wird im Besetzungseinwand nur eine einzige Frage geprüft. Von der Besetzungsfrage wird jede Beteiligte beschwert, soweit sie überhaupt einen Besetzungseinwand erheben kann. Insoweit fällt ein sachlicher Grund weg, weshalb der bloße Anschluss an eine fremde Erklärung nicht möglich sein soll.[30]
Das Gesetz sieht in § 222b I 4 StPO vor, dass der Besetzungseinwand außerhalb der Hauptverhandlung schriftlich angebracht werden muss. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass der Besetzungseinwand innerhalb der Hauptverhandlung mündlich angebracht werden kann.[31] Was der Gesetzgeber damit bezwecken wollte, bleibt eher offen. Es dürfte kaum Besetzungsfehler geben, die sich zur
mündlichen Anbringung im Rahmen der Vorgaben des § 344 II 2 StPO eignen würden, soweit damit nicht allein das Ablesen eines ohnehin vorgefertigten Schriftstücks gemeint ist. Das Verlesen eines kompletten Geschäftsverteilungsplans leistet keinen ernsthaften Beitrag zur Mündlichkeit der Hauptverhandlung, soweit die Mündlichkeit nicht als reiner Selbstzweck verstanden wird.
Das Tatgericht muss zwar innerhalb der Wochenfrist keinen Hauptverhandlungstermin ansetzen, damit der Einwand mündlich angebracht werden kann. Der Beteiligte kann an den Hauptverhandlungstagen innerhalb der Wochenfrist aber jederzeit das Wort zur Anbringung des Besetzungseinwandes verlangen. Dies gilt selbst dann, wenn er nur das Vorlesen eines Schriftstücks beabsichtigt. Das Wort muss ihm dann in den gewöhnlichen Maßstäben der Sachleitung erteilt werden. Es wird allen Beteiligten anzuraten sein, in solchen Fälle vorab die Stellung eines Besetzungseinwandes anzukündigen. Sinnvoll ist es, wenn eine Einigung gefunden werden kann, dass sich der Beteiligte kurz mündlich zum wesentlichen Inhalt des Besetzungseinwandes und dessen Angriffsrichtung äußern kann und sich im Übrigen mit der schriftlichen Einreichung begnügt. Im Unterschied zum vollständigen Verlesen des Besetzungseinwandes wird so ein echter Beitrag zur Mündlichkeit der Verhandlung geleistet.
Für die Tatgerichte bleibt durchaus die Frage, wie reagiert werden kann, wenn ein Beteiligter darauf beharrt, seinen Besetzungseinwand mündlich anzubringen. Eine Anordnung nach § 257a StPO dürfte nie sofort in Betracht kommen.[32] Voraussetzung dafür sind verlässliche Anhaltspunkte, dass gerade eine missbräuchliche Verzögerung beabsichtigt ist. Das mündliche Anbringen an sich ist gesetzlich vorgesehen und kann daher nicht per se als missbräuchlich betrachtet werden. Auch allein aus dem Umfang eines vorzulesenden Schriftsatzes wird sich selten eine Missbrauchsabsicht ableiten lassen, weil Besetzungseinwände mit einer hohen dreistelligen Blattzahl nicht ungewöhnlich sind. Eine derartige Anordnung wird deshalb nur dann in Betracht kommen, wenn sich im Verlauf des Verlesens herausstellt, dass der Besetzungseinwand sachfremden Inhalt enthält. Im Übrigen gibt es abseits der Terminierung keine Möglichkeit, dieser Form der mündlichen Antragstellung vorzubeugen. Allerdings kann das mündliche Anbringen eines Besetzungseinwandes durch Ablesen eines sehr umfangreichen Dokuments als Indiz für eine Missbrauchsabsicht im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung herangezogen werden.
Gerade für die Tatgerichte darf die Funktion des unscheinbaren Abhilfeverfahrens nicht unterschätzt werden. Hier kann eine kleine Unachtsamkeit bei unglücklichem Zusammentreffen einiger Umstände weitreichende Auswirkungen haben. Achtsame Tatgerichte wehren hingegen mit dem Potenzial des Abhilfeverfahrens unter minimiertem Arbeitsaufwand jeden Revisionsangriff ab, bevor dieser überhaupt konzipiert wurde.
Das Abhilfeverfahren beginnt in dem Moment, in dem der Besetzungseinwand erhoben ist. Das ist der Zeitpunkt des Eingangs eines entsprechenden Schriftsatzes bei Gericht oder des Abschlusses der mündlichen Anbringung. Dieser Zeitpunkt hat eine wichtige Funktion.
Mit Beginn des Abhilfeverfahrens besteht eine Bescheidungspflicht des Besetzungseinwandes. Dies ergibt sich schon aus § 222b III 1 StPO. Demnach ist der Besetzungseinwand innerhalb von drei Tagen an das Rechtsmittelgericht vorzulegen. Die bloße Vorlage steht in diesen Fällen einem (konkludent gefassten) Nichtabhilfebeschluss gleich. Die Bescheidungspflicht hat jedoch eine weitere Grundlage: Hilft das Tatgericht auf einen Besetzungseinwand ab, hebt dies für alle nachfolgenden Besetzungen die Mitteilungspflicht auf.[33] Das ergibt sich aus § 222b II 3 StPO und hat weitreichende Folgen. Sobald keine Mitteilungspflicht besteht, greift die Präklusionswirkung in der Revision überhaupt nicht mehr ein, weil § 338 Nr. 1 StPO die Präklusion an die Mitteilungspflicht knüpft. Die Rechtsprechung wirkt diesem Effekt zwar dadurch entgegen, dass Revisionsrügen, die eine zum erfolgreichen Besetzungseinwand gegenläufige Ansicht vertreten, missbräuchlich sind.[34] Damit wird aber nur ein kleiner Teil der denkbaren Revisionsrügen erfasst. Ist etwa ein Besetzungseinwand erfolgreich, weil aus dem Geschäftsverteilungsplan fehlerhaft die Zuständigkeit der Mitglieder einer 1. Strafkammer abgeleitet worden ist, hemmt dies nur Rügen, die sich wieder auf die Besetzung durch Mitglieder der 1. Strafkammer stützen. Es können aber ohne Einschränkungen Rügen angebracht werden, die sich etwa auf die Schöffenbesetzung oder die (weiterhin) fehlerhafte Bewertung der Kammerzuständigkeit beziehen. Zudem kann diese Rechtsprechung auch nicht die Beteiligten erfassen, die selbst keinen Besetzungseinwand erhoben hatten.
Der Sinn des § 222b II 3 StPO ist aus einer rechtspolitischen Sicht unter Geltung der neuen Regelungen zum Besetzungseinwand nicht erkennbar.[35] Diese Vorschrift wurde wortgleich aus der früheren Gesetzeslage übernommen. Die Vorschrift sollte früher nach einem erfolgreichen Besetzungseinwand die endgültige Klärung der Besetzungsfrage in die Revision verlagern.[36] Diese Verlagerung ist weitgehend sinnlos geworden, wenn diese Klärung nunmehr schon generell bei den Rechtsmittelgerichten liegen soll. Weil sich die Norm aber weiterhin im Gesetz befindet, ergibt sich eine Sperrwirkung des Besetzungseinwandes. Denn der Einwandführer erlangt bereits durch das Anbringen des Besetzungseinwandes eine Rechtsposition, die ihm nicht ohne Grundlage entzogen werden darf. Soweit ein Besetzungseinwand angebracht ist, muss das Tatgericht daher vorrangig die Abhilfeentscheidung treffen. Das Tatgericht ist an dieser Stelle nicht mehr befugt, den Besetzungseinwand durch amtswegige Korrektur der
Besetzung zu umgehen. Wäre es anders, würde der (zweifelhafte) Gesetzeszweck des § 222b II 3 StPO nie verwirklicht werden können. Umgeht das Tatgericht diesen Zusammenhang, sind spätere Besetzungsmitteilungen unwirksam. Dies hat zur Folge, dass eine Präklusionswirkung von nachfolgenden Besetzungsmitteilungen nicht mehr ausgelöst werden kann.
Die Erledigung des Besetzungseinwandes durch das Tatgericht kommt nur in Betracht, wenn sich in dem kurzen Zeitraum zwischen Eingang des Besetzungseinwands und Vorlage an das Rechtsmittelgericht die mitgeteilte Besetzung aufgrund externer Umstände (Krankheit etc.) ändert. Das Tatgericht sollte die Erledigung dann stets durch klarstellenden Beschluss aussprechen und dies den Beteiligten bekanntgeben, bevor die Besetzung erneut mitgeteilt wird. Andernfalls erhalten die Beteiligten nur eine neue Besetzungsmitteilung, deren Bedeutung unter Umstände nicht eindeutig wird.
Aus diesem Zusammenhang ergibt sich, dass bei der Bearbeitung von Abhilfebeschlüssen möglichst präzise gearbeitet werden muss. Ein anschauliches Beispiel, dass dies nicht nur ein theoretisches Gedankenspiel ist, sondern zu erheblichen Spannungen innerhalb eines Gerichts führen kann, liefert der Sachverhalt einer jüngeren Entscheidung des 1. Strafsenats noch zur alten Rechtslage.[37] Dort war es innerhalb des Tatgerichts zum Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Kammern gekommen. Unter der neuen Rechtslage kann in diesem Fall die fehlerhafte Tenorierung einer Abhilfeentscheidung dazu führen, dass der "abgebende" Spruchkörper für den "aufnehmenden" Spruchkörper ohne Grund die gesamte Präklusionswirkung versperrt.[38] Zugleich wird so auch der Weg zur Klärung vor dem Rechtsmittelgericht genommen. Um dies zu verhindern, sollten nur dort Abhilfeentscheidungen getroffen werden, wo dies zwingend notwendig ist.[39]
Steht tatsächlich eine Abhilfeentscheidung im Raum, kommt es deshalb auf eine genaue Tenorierung des Abhilfebeschlusses an. Damit dies gelingt, muss das Prüfungsregime des Abhilfeverfahrens beleuchtet werden.
Es wird sich insoweit empfehlen, bei Eingang eines Besetzungseinwandes im Abhilfeverfahren (zuerst) keine Rücksicht auf dessen Zulässigkeit und die Wahrung der Darlegungserfordernisse zu nehmen. Es ist an dieser Stelle hilfreicher, die Besetzung schlicht von Amts wegen im Lichte des Vorbringens des Besetzungseinwandes zu überprüfen. Dazu ist das Tatgericht uneingeschränkt befugt, weil mit den Regelungen der §§ 222a f. StPO keine Beschränkung der Verpflichtung zur Einhaltung einer rechtmäßigen Besetzung einhergeht. Die vorrangige Beleuchtung der Begründetheit in der Prüfungsreihenfolge hat zwei Vorteile: Sie erspart eine genaue Beschäftigung damit, was die strengen Vortragserfordernisse für den jeweils angebrachten Besetzungseinwand sind.[40] Diese Prüfung wird erst dann notwendig, wenn die amtswegige Prüfung tatsächlich einen Besetzungsfehler aufdecken konnte. In diesem Fall ist es für das Tatgericht relevant, ob der Besetzungseinwand durchdringt. Nur dann besteht tatsächlich eine Pflicht, auf den Besetzungseinwand abzuhelfen und damit die Wirkung des § 222b II 3 StPO auszulösen. Erkennt das Tatgericht hingegen erst bei der Prüfung des Besetzungseinwandes einen Besetzungsfehler, obwohl der Besetzungseinwand unzulässig ist, ist dies kein Fall der Abhilfe auf den Besetzungseinwand. In diesem Fall ist allenfalls die (einfache) Korrektur der Besetzung geboten, die eine Auslösung des § 222b II 3 StPO nicht notwendig macht. Der zweite Vorteil liegt deshalb auch darin, dass die Korrektur der Besetzung der einfachste Weg ist, um der Revision jegliche Erfolgsaussichten zu nehmen: Liegt durch Korrektur kein Besetzungsfehler mehr vor, wird ohnehin jede Rüge erfolglos bleiben.
Daraus ergeben sich drei mögliche Tenorierungen für die Abhilfeentscheidung.
Hält das Tatgericht die Besetzung für fehlerfrei, ist auszusprechen, dass auf den genau zu bezeichnenden Besetzungseinwand nicht abgeholfen wird.[41] Tenorierungen durch das Tatgericht wie "…wird verworfen" oder "…wird zurückgewiesen" sind unzutreffend.[42] Denn das Tatgericht besitzt nach der neuen Rechtslage zu solchen Entscheidungen keine Befugnis mehr. Diese Befugnis liegt allein beim Rechtsmittelgericht.
Ist der Besetzungseinwand begründet und zulässig, so wird tenoriert, dass die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung festgestellt wird. Es ist dringend anzuraten, diesem Tenor einen Zusatz anzufügen, dass mit dieser Feststellung auf den Besetzungseinwand abgeholfen wird. Dieser Zusatz ist nicht zwingend. Fehlt er allerdings, muss ein nachfolgender Spruchkörper erst mittels Auslegung von Besetzungseinwand und Abhilfeentscheidung klären, ob (erneut) eine eigene Mitteilungspflicht besteht.
Bei allen Besetzungsfehlern, die nicht mit einem zulässigen Einwand aufgedeckt wurden, ist hingegen zuerst zu tenorieren, dass auf den Besetzungseinwand nicht abgeholfen wird. Sodann muss das Tatgericht entscheiden, ob es auf den nun erkannten Besetzungsfehler reagiert. Es dürfte jedenfalls beim rechtzeitigen Besetzungseinwand eine befremdliche Entscheidungspraxis im Grenzland der Willkür sein, sich dann der zutreffenden Besetzung zu verschließen.[43] Zweck der §§ 222a, 222b StPO ist es, das Aufsparen von Verfahrensrügen für die Revision zu verhindern. Dem Tatgericht soll aber nicht die Gesetzlosigkeit erlaubt werden. Das Tatgericht stellt dann (idealerweise gleich im Beschluss über die Nichtabhilfe, aber in weiterer Tenorierung) die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung fest. Durch diese Feststellung überholt das Tatgericht die zuvor ausgeworfene Nichtabhilfeentscheidung und muss diese daher auch nicht mehr vorlegen. Zu dieser Überholung ist das Tatgericht ohne Rücksicht auf das Rechtsmittelgericht befugt, weil die Zulässigkeit des eigenen Vorgehens auf die (dann notwendige) erneute Mitteilung überprüft werden kann. Diese Mitteilung kann dann aber noch – und das ist der entscheidende Kniff dieses Vorgehens – die Präklusionswirkung auslösen.
Beschlüsse, mit denen die Vorschriftswidrigkeit festgestellt wird, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.[44] Diese Auffassung war schon nach alter Rechtslage nie zutreffend.[45] Nach neuer Rechtslage folgt dies nicht mehr aus § 305 S. 1 StPO.[46] Nunmehr ergibt sich aus § 222b III StPO und § 338 Nr. 1 a) StPO, dass alle Fälle eindeutig auf speziellere Rechtsbehelfe verteilt werden.
Hilft das Tatgericht nicht ab, ist der Besetzungseinwand innerhalb von drei Tagen an das Rechtsmittelgericht vorzulegen. Verstöße gegen diese Frist sind weder in der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts beachtlich, noch (unmittelbar) revisibel. Die Verpflichtung zur Vorlage an das Rechtsmittelgericht wird in der StPO durch keinen speziellen Rechtsbehelf abgesichert. Reagiert das Tatgericht auf einen Besetzungseinwand nicht, so kommt weder § 238 II StPO, noch eine entsprechende Anwendung des § 346 II StPO in Betracht. Die Abhilfeentscheidung ist keine Maßnahme der Sachleitung und der Rechtsbehelf aus § 346 II StPO kann selbst in entsprechender Anwendung nur zur Vorlage, aber nicht zum Treffen einer Nichtabhilfeentscheidung zwingen.
In der Revision ist die Abgrenzung zwischen der Revisionszulässigkeit und der Rügezulässigkeit allgemein anerkannt.[47] Die Rügezulässigkeit ist dabei – entgegen der Bezeichnung – eine Frage der Begründetheit. Sie hat Rückwirkungen auf die Revisionszulässigkeit, da die Revision insgesamt unzulässig ist, wenn gar keine Rüge zulässig erhoben ist.[48] Die Oberlandesgerichte neigen bislang dazu, dieses Konzept auf den Besetzungseinwand zu übertragen. Deshalb werden Besetzungseinwände, die den Darlegungsanforderungen nicht genügen, als unzulässig verworfen.[49]
Mit dieser Übertragung wird der Sinn des Ausspruchs der Unzulässigkeit ausgehöhlt. Sinnvoller wäre es, die Frage der ausreichenden Darlegung des Einwands allein in der Begründetheit zu verorten. Denn das Rechtsmittelgericht soll nach Konzeption des Gesetzgebers auch beim nicht hinreichend dargelegten Besetzungseinwand "in der Sache" entscheiden.[50] Es ist kein wesentlicher Unterschied, ob der Besetzungseinwand nicht durchdringt, weil der Besetzungsmangel nicht ausreichend dargelegt worden ist oder in den dargelegten Umständen tatsächlich kein Besetzungsfehler liegt:
Bemängelt etwa eine Einwandführerin die Mitwirkung eines Schöffen wegen fehlerhafter Bewertung der Bereitschaft und zugleich die Person der zweiten Beisitzerin wegen Mitwirkung zweier Proberichter, ist jede dieser Beanstandung individuell im Hinblick auf die Darlegungsvoraussetzungen zu untersuchen. Insofern könnte eine Beanstandung nicht richtig dargelegt sein (z.B. weil die relevante Entbindungsentscheidung nicht mitgeteilt wird), während die andere Beanstandung aus inhaltlichen Gründen nicht durchdringt (z.B. weil ein Beisitzer tatsächlich bereits auf Lebenszeit ernannt worden ist). Die Bedeutung beider Aussprüche gleicht sich jedoch: Das Rechtsmittelgericht würde sich – da es keine amtswegige Prüfung der Besetzung durchführt – in beiden Fällen den Besetzungseinwänden in der Sache angenommen haben.
Demgegenüber gibt es aber Fälle, in denen sich das Rechtsmittelgericht überhaupt nicht in der Sache mit dem Besetzungseinwand befasst. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Besetzungseinwand verfristet ist oder überhaupt keine Besetzungsmitteilung erfolgt ist. In diesem Fall hat der Ausspruch der Unzulässigkeit eine echte Bedeutung, weil das Rechtsmittelgericht dadurch anzeigt, dass es sich der inhaltlichen Bewertung des Besetzungseinwandes verschlossen hat (und nach seiner Auffassung auch verschließen musste).
Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Besetzungseinwandes hat Bedeutung, weil das Rechtsmittelgericht bei einer inhaltlichen Befassung mit dem Besetzungseinwand in eine laufende Hauptverhandlung eines anderen Gerichts eingreift. Die Befugnis zu diesem Eingriff ergibt sich allein aus § 222b III StPO. Das Rechtsmittelgericht muss sicherstellen, dass die Voraussetzungen dieser Norm eingehalten sind.
Die Zulässigkeitskriterien sind daher unmittelbar aus § 222b StPO zu entwickeln. Das Rechtsmittelgericht muss dazu zuerst überprüfen, ob die Eingabe überhaupt ein Besetzungseinwand ist.[51] Daran schließt sich die Prüfung an, ob sich dieser Besetzungseinwand auf eine ordnungsgemäße Mitteilung bezieht. Denn der Besetzungseinwand kann nur auf eine mitgeteilte Besetzung erhoben werden. Diese Prüfung umfasst nicht, ob die mitgeteilte Besetzung tatsächlich mit der erschienen (oder erscheinenden) Besetzung übereinstimmt. Es ist an dieser Stelle nur zu klären, ob das Tatgericht den Willen hatte, eine Besetzung mitzuteilen. Sodann muss die Einhaltung der Wochenfrist[52] und die eigene Zuständigkeit überprüft werden. Die Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts ergibt sich nur daraus, dass die Mitteilung von einem nachgeordneten Tatgericht stammt.
Bei den vorstehenden Kriterien handelt es sich um die Verfahrensvoraussetzungen des Besetzungseinwandes. Verneint das Rechtsmittelgericht diese Voraussetzungen, verwirft es den genau bezeichneten Besetzungseinwand als unzulässig. Eine Prüfung der allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen (Anklage, Eröffnungsbeschluss etc.) ist dem Rechtsmittelgericht schon deshalb verwehrt, weil in der Entscheidung über den Besetzungseinwand keine Einstellung des Verfahrens ausgesprochen werden kann.[53]
Im Übrigen entscheidet das Rechtsmittelgericht über die Begründetheit. Dazu kann es die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung feststellen oder den genau zu bezeichnenden Besetzungseinwand zurückweisen.[54] Eine Feststellung, wonach die Besetzung ordnungsgemäß sei, ist unstatthaft,[55] weil keine Prüfung von Amts wegen durchgeführt werden darf. Weil der Tenor auf die Feststellung bezüglich einer konkreten Besetzung gerichtet ist, braucht es keiner Zurückweisung bzw. Verwerfung im Übrigen, wenn nur einer von mehreren Angriffen auf die Besetzung durchdringt. Fehlerhaft und unbeachtlich ist es, wenn zugleich ausgesprochen wird, welche Besetzung nach Auffassung des Rechtmittelgerichts zutreffend ist. Denn zu dieser Feststellung fehlt dem Rechtsmittelgericht die Kompetenz.[56]
Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte gibt derzeit kein eindeutiges Bild darüber ab, inwieweit sich das Darlegungserfordernis des Besetzungseinwands (nicht der Besetzungsrüge!) auch auf die Zulässigkeitskriterien erstreckt, also etwa im Besetzungseinwand zum Zeitpunkt der Besetzungsmitteilung vorgetragen werden muss. Es gibt – soweit ersichtlich – keine Entscheidung, in der tragend verlangt wird, dass der Einwandführer auch im Hinblick auf die Zulässigkeit des Einwands Vortrag leisten müsste.[57] Es überzeugt nicht, vom Einwandführer einen derartigen Vortrag zu verlangen. Das gilt ungeachtet dessen, ob die Darlegung – wie hier – der Begründetheit zugerechnet wird oder in der Zulässigkeit verortet ist.
Folgt man der oben dargestellten Auffassung, wonach der Besetzungseinwand stets auf die letzte Besetzungsmitteilung angebracht werden kann, gibt es praktisch kaum ein Erfordernis für einen derartigen Negativvortrag. Auch unabhängig davon zeigt aber ein Vergleich zur Revision, dass das Verlangen solchen Vortrags nicht in das hergebrachte Gefüge des § 344 II 2 StPO passt. Die Möglichkeit, überhaupt einen Besetzungseinwand zu erheben, ist von einer Besetzungsmitteilung abhängig. Ob eine Besetzungsmitteilung erfolgt ist, muss das Rechtsmittelgericht daher stets prüfen, um die eigene Entscheidungsbefugnis zu bejahen. Die Tatsache, dass eine Besetzungsmitteilung erfolgt ist, ist daher mit der Existenz eines Urteils für die Revision vergleichbar. Denn auch das Revisionsverfahren kann erst beginnen, wenn überhaupt ein Urteil gefällt wurde. Es ist aber bisher noch nie ernsthaft verlangt worden, dass zur Erhebung der Sachrüge zum Inhalt der Urteilsurkunde oder zur Tatsache der Urteilsfällung an sich vorgetragen werden muss. All dies nimmt das Revisionsgericht von Amts wegen zur Kenntnis. Im Gegenteil kennt beispielsweise § 519 III ZPO ausdrücklich eine Vorschrift zu solchem Vortrag und selbst dabei handelt es sich um eine Sollvorschrift, deren Missachtung nicht zur Unzulässigkeit führt. Dies kann auch nicht mit dem von den Oberlandesgerichten gefährlich überstrapazierten Satz umgangen werden, wonach Revisionsführer auch solche Tatsachen vortragen müssen, die für die Unzulässigkeit einer Rüge sprechen könnten. Denn dieser Satz wird von der
Rechtsprechung in der Revision nicht auf die von Amts wegen zu prüfenden Umstände und damit die Unzulässigkeit des Rechtsmittels insgesamt bezogen.
Ein Problem ergibt sich bei der genauen Wirkung der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts. Nach einer – auch in den Gesetzesmaterialien vertretenen – Auffassung, soll die Feststellung der Vorschriftswidrigkeit der Besetzung zum automatischen Ende der Hauptverhandlung führen.[58] Unter der alten Rechtslage war die Frage, ob neben der Feststellung der Vorschriftswidrigkeit ein Aussetzungsbeschluss notwendig ist, umstritten.[59] Der Streit war bislang allerdings eher akademischer Natur, weil im Zweifel immer auf das tatsächliche Vorgehen des Tatgerichts abgestellt werden konnte.
Diese Möglichkeit gibt es nicht mehr, wenn die Feststellung der Vorschriftswidrigkeit der Besetzung nunmehr vom Rechtsmittelgericht getroffen werden kann. Der Streit hat jetzt auch eine nicht unerhebliche Bedeutung, weil es dadurch zur Konkurrenz zwischen dem Beschluss des Rechtsmittelgerichts und der Hauptverhandlung kommen kann. Das zeigt sich am Beispiel: Die Strafkammer tritt um 9 Uhr zur Hauptverhandlung zusammen. Während die Hauptverhandlung läuft, setzt das letzte Mitglied des OLG-Senats um 10 Uhr seine Unterschrift unter einen Beschluss, der die Vorschriftswidrigkeit der Besetzung feststellt. Bedarf es zur Beendigung der Hauptverhandlung keines weiteren Aktes, so müsste aus der Hauptverhandlung vor dem Tatgericht in dieser Sekunde eine nur noch private Veranstaltung werden, zu der manche Teilnehmer in Robe erschienen sind. Ein um 11 Uhr – noch in Unkenntnis des Beschlusses – gesprochenes Urteil könnte dann nur noch ein Scheinurteil sein.
Die Auffassung, dass es keines Beschlusses des Tatgerichts zur Umsetzung der Feststellung des Rechtsmittelgerichts bräuchte, wirft im Hinblick auf Art. 97 I GG grundlegende Fragen auf. Es ist sehr fraglich, ob es mit der Unabhängigkeit des Gerichts zu vereinbaren ist, dass ein Gericht die Verhandlungen eines anderen Gerichts – ohne dessen Mitwirkung – beenden kann. Die Auslegung, wonach der Beschluss des Rechtsmittelgerichts die Hauptverhandlung beenden könnte, überzeugt auch unabhängig davon nicht. Denn aus einer systematischen Perspektive würde § 338 Nr. 1 a) Var. 2 StPO keinen Anwendungsfall mehr haben, wenn der Feststellungsbeschluss die Hauptverhandlung beenden könnte. Deshalb muss das Tatgericht bei der Feststellung der Vorschriftswidrigkeit der Besetzung – zumindest konkludent – anzeigen, dass es die Hauptverhandlung beendet.
Für die Rechtsmittelgerichte ist dringend anzuraten, bei Beschlussfassung über einen Besetzungseinwand nicht nur das Datum, sondern den genauen Zeitpunkt zu vermerken. Denn im Hinblick auf die Regelung des § 338 Nr. 1 a) StPO sind leicht Fälle denkbar, in denen ermittelt werden muss, ob zuerst ein Urteil des Tatgerichts gesprochen wurde oder vorher bereits der Beschluss des Rechtsmittelgerichts gefasst worden ist.
Was nunmehr noch in der Revision gerügt werden kann, lässt sich in fünf Fallgruppen unterteilen. Diese müssen genau abgegrenzt werden, weil der Wortlaut des § 338 Nr. 1 b) StPO eine Vielzahl von Ungenauigkeiten bereithält.
Die erste Fallgruppe setzt sich aus den Fällen zusammen, in denen ersichtlich keine Präklusion eingetreten ist. Das ist dann der Fall, wenn das Tatgericht die Besetzung überhaupt nicht mitteilt oder – eher selten – ein Fall des § 222b II 3 StPO vorliegt. Diese Fälle sind revisionsrechtlich weniger interessant. In diesen Fällen muss – siehe oben – zum Erhalt der Besetzungsrüge nicht mittels Unterbrechungsantrag auf die Besetzungsmitteilung hingewirkt worden sein. Denn der Unterbrechungsantrag nach § 222a II StPO dient ausschließlich zur Prüfungsmöglichkeit, wenn überhaupt eine Mitteilung erfolgt ist. Die grundsätzliche Mitteilungspflicht ergibt sich bereits aus § 222a I StPO. Da die Mitteilungspflicht nach dem Wortlaut zwingend ist, ergibt sich auch über § 238 II StPO keine Pflicht der Beteiligten zum Erhalt der Besetzungsrüge auf eine Besetzungsmitteilung zu drängen.
Die Darlegungsanforderungen im Hinblick auf die Präklusionsregelung sind in diesen Fällen schon durch den Satz erfüllt, dass keine Besetzungsmitteilung erfolgt ist. Diese Angabe reicht aus, um eine Prüfung zu ermöglichen. Eine Spezifizierung, dass die Mitteilung weder mündlich noch schriftlich erfolgt ist, braucht es nicht. Teilt das Tatgericht die Besetzung entgegen § 222b II 3 StPO mit, muss in der Revision zu der Entscheidung vorgetragen werden, die die Mitteilungspflicht aufgehoben hat.
§ 338 Nr. 1 b) cc) StPO ist für den Fall vorgesehen, dass ein Urteil ergeht, bevor die Frist für den Besetzungseinwand abläuft. In diesen Fällen tritt dann überhaupt keine Präklusionswirkung ein, wenn ein Unterbrechungsantrag gestellt wurde. Der Tatbestand wirft keine spezifischen Probleme des Revisionsrechts auf. Der genaue Anwendungsbereich dieses Tatbestandes ist stark davon abhängig, ob und unter welchen Bedingungen die Normen zum Besetzungseinwand in landgerichtlichen Verfahren verfassungsgemäß sind.[60]
Fehlt eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts auf einen angebrachten Besetzungseinwand, kann der Inhalt dieses Besetzungseinwandes zur Besetzungsrüge aufgewertet werden. In diesen Fällen ist eine partielle Präklusionswirkung eingetreten.[61] Dadurch sind alle Angriffe auf die Besetzung ausgeschlossen, die nicht bereits im Besetzungseinwand
dargelegt waren. Die vollständige Präklusion wird hier durch § 338 Nr. 1 b) bb) StPO ausgeschlossen.
Der Wortlaut des § 338 Nr. 1 b) bb) StPO bringt die partielle Präklusionswirkung jedoch nicht richtig zum Ausdruck. Der Tatbestand muss insoweit ein Redaktionsversehen enthalten, weil der Wortlaut unter den übrigen Anpassungen des Gesetzes keinen Sinn ergibt. So folgt aus dem Überpunkt des § 338 Nr. 1 b) StPO, dass keine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vorliegen darf. Zusätzlich ("und") verlangt § 338 Nr. 1 b) bb) StPO aber, dass der Besetzungseinwand "übergangen oder zurückgewiesen" worden sein muss. Die Voraussetzungen dieses Wortlauts können nie erfüllt werden. Für das "Zurückweisen" des Besetzungseinwandes gilt, dass dies allein dem Rechtsmittelgericht vorbehalten ist. Es ist daher nicht möglich, dass das Rechtsmittelgericht nicht entschieden hat und der Besetzungseinwand zurückgewiesen worden ist. Gemeint ist wohl, dass das Tatgericht nicht abgeholfen haben darf. Auch dies wäre aber unsinnig, weil im Fall der Abhilfe die Präklusion schon über § 222b II 3 StPO bzw. § 338 Nr. 1 a) StPO nicht mehr eintreten kann. Für das "Übergehen" des Besetzungseinwandes ist es hingegen logisch notwendig, dass das Rechtsmittelgericht nicht entschieden hat. Die Fassung dürfte darauf beruhen, dass unter der alten Rechtslage noch das Tatgericht den Besetzungseinwand zurückweisen konnte. Dies wurde ohne Anpassung in den neuen § 338 Nr. 1 b) StPO übernommen. Die Vorschrift muss daher so verstanden werden, dass bei fehlender Entscheidung des Rechtsmittelgerichts und ordnungsgemäßem Mitteilungsverfahren die Besetzungsrüge im Umfang eines angebrachten Besetzungseinwandes offensteht. Diese Auslegung bewegt sich noch im Rahmen der zulässigen Rechtsfortbildung, weil der Wille zur Schaffung einer partiellen Präklusionswirkung im Gesetzgebungsverfahren deutlich zum Ausdruck gekommen ist.
Die Revisionsführerin muss ihren Vortrag dahin spezifizieren, dass keine vollständige Präklusionswirkung eingetreten ist. Dazu sind in der Besetzungsrüge die Besetzungsmitteilung und der Besetzungseinwand darzustellen. Zusätzlich ist der Vortrag notwendig, dass der Besetzungseinwand auch fristgemäß erhoben wurde. Dazu muss der Zeitpunkt der entsprechenden Besetzungsmitteilung und der Zeitpunkt des Besetzungseinwandes mitgeteilt werden, soweit diese Zeitpunkte nicht bereits anderweitig offensichtlich sind. Es ist in der Besetzungsrüge – im Unterschied zum Besetzungseinwand! – zudem notwendig, alle (weiteren) Besetzungsmitteilungen mitsamt Bekanntgabezeitpunkten darzustellen oder jedenfalls mitzuteilen, dass die Besetzung sonst nicht mitgeteilt wurde. Letztlich muss – wenn sich dies nicht bereits beiläufig ergibt – erklärt werden, dass keine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts ergangen ist. Hat das Rechtsmittelgericht nach der Urteilsfällung noch (höchstwahrscheinlich in Unkenntnis des Urteils) entschieden, muss zumindest erklärt werden, dass diese Entscheidung nach der Urteilsfällung ergangen ist. Diese Angabe reicht auch ohne Mitteilung der genauen Uhrzeiten aus, um den Vortrag auf den Wahrheitsgehalt zu untersuchen. Einen genauen Vortrag zum Inhalt der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts bedarf es dann ebenfalls nicht, weil es auf diesen Inhalt für die Besetzungsrüge nicht mehr ankommt.
Da es sich bei den Präklusionsnormen um Ausschlussnormen handelt, darf der Revisionsführerin auch unter dem Topos der Beweisbarkeit von Verfahrensverstößen keine Beweislast auferlegt werden. Kann das Revisionsgericht auf eine zulässige Rüge keine sichere Überzeugung zum Eintritt der Präklusion gewinnen, muss es die Präklusion als nicht eingetreten betrachten.
Das Revisionsgericht überspannt die Darlegungsanforderungen dann, wenn es Vortrag verlangt, der die Präklusionswirkung aus anderen Gründen ausschließen würde. Der Ausschluss der Präklusionswirkung nach § 338 Nr. 1 b) bb) StPO hat im Gefüge des § 338 Nr. 1 StPO ohnehin die schwächste Wirkung. Wird darüber eine Rüge herangeführt, kann nicht verlangt werden, dass in dieser Rüge auch dargelegt wird, dass der Ausschluss der Präklusion nicht etwa bereits über § 338 Nr. 1 b) aa) StPO eingetreten ist. Die Rüge bleibt freilich erfolglos, wenn der dargelegte Fall des § 338 Nr. 1 b) bb) StPO nach Auffassung des Revisionsgerichts nicht vorliegt und der Vorstoß über einen anderen Ausschluss der Präklusion nicht ordnungsgemäß angebracht ist.
Die ungeklärte Frage, ob § 222b III StPO i.V.m. § 121 I Nr. 4 GVG verfassungsgemäß ist,[62] muss in den Fällen einer fehlenden Entscheidung des Rechtsmittelgerichts geklärt werden. Eine (hier nicht vertretene, aber jedenfalls denkbare) Lösung zur Korrektur dieser Problematik wäre es, den § 222b III StPO verfassungskonform so auszulegen, dass die Vorschrift selbst revisibel ist. Insoweit wird – schon im Hinblick auf eine etwaige Verfassungsbeschwerde – aktuell neben der Besetzungsrüge auch eine Rüge zur unmittelbaren Verletzung des § 222b III StPO erhoben werden müssen.
Revisionsrechtlich interessanter sind die Fälle der fehlgeschlagenen Mitteilungsverfahren. Das sind die Konstellationen, in denen eine Besetzungsmitteilung erfolgt, die aber keine Präklusionswirkung auslösen kann. Diese Fallgruppe ist der Anwendungsbereich des § 338 Nr. 1 b) aa) StPO.
Bei § 338 Nr. 1 b) aa) StPO sind zwei unterschiedliche Aspekte zu beleuchten. Aus dem Überpunkt in Buchstabe b) ergibt sich auch hier, dass eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts fehlen muss. Aus dem Unterpunkt in aa) folgt sodann, dass die Vorschriften der Mitteilung verletzt worden sein müssen.
Bei der Verletzung der Vorschriften über die Mitteilung handelt es sich um eine Generalklausel. Damit ist nicht nur der Fall gemeint, dass überhaupt keine Mitteilung erfolgt ist oder die mitgeteilte Besetzung von der erschienenen Besetzung abweicht. Vielmehr fallen darunter auch
solche Defizite, die erst nach der Mitteilung im eigentlichen Sinne auftreten.[63] Das sind insbesondere die oben dargestellten Informationsdefizite während der Prüfungsfrist.
Die Formulierung, dass keine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vorliegen dürfte, erzeugt auch in diesem Tatbestand Schwierigkeiten. Die wortlautgetreue Auslegung der Vorschrift führt zu beliebigen Ergebnissen. Denn dann könnte jede Entscheidung des Rechtsmittelgerichts die Präklusionswirkung auslösen.[64] Mit diesem Verständnis wäre es etwa unschädlich, wenn es in der Besetzungsmitteilung heißt, dass die Besetzung A-E entscheiden würde, die Hauptverhandlung aber tatsächlich mit den Richtern F-J stattfand, soweit nur das Rechtsmittelgericht den Besetzungseinwand gegen die Besetzung A-E abschlägig beschieden hat. Ein derartiges Verständnis wird kaum ernsthaft vertreten werden. Dies wird sich auch nicht durch eine korrigierende Auslegung des § 338 Nr. 5 StPO beheben lassen, weil der Besetzungseinwand nicht zur Legalisierung einer bestimmten Besetzung führt. Das Erfordernis, wonach keine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vorliegen darf, damit die Präklusionswirkung nicht eintritt, verleiht dem gesamten Verfahren auch abseits solch klarer Fälle eine sehr eigenartige Dynamik. Denn dadurch wird ein Anreiz geschaffen, bei erkannten Fehlern gerade keinen Besetzungseinwand zu erheben, um eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts zu vermeiden. Das war nicht Ziel der Gesetzesänderung. Es wird sich generell verbieten, Präklusionsregeln so auszulegen, dass gerade ein passiver Beteiligter, der darauf spekuliert, die Fehler des Tatgerichts erst in der Revision zu liquidieren, Vorteile erhält.
Insoweit dürfte sich wenig Widerstand dagegen regen, dass auch § 338 Nr. 1 b) aa) StPO korrigierend ausgelegt werden muss. Dementsprechend hat auch der 5. Strafsenat in der bislang einzigen Entscheidung des BGH zu einer derartigen Konstellation entschieden. Der Senat scheint noch eine Differenzierung einzuziehen, wonach die Verletzung der Vorschriften des Mitteilungsverfahrens jedenfalls ein gewisses Gewicht haben muss, damit die Präklusionswirkung entfällt.[65] Ist dieses Gewicht (dort: unzutreffende Bezeichnung der Funktion eines Schöffen) aber erreicht, bleibt eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wirkungslos.
Unklar – weil vom 5. Strafsenat nicht zu entscheiden – bleibt, ob sich der Revisionsführer bei sonstigen Defiziten anlasten lassen muss, diese Defizite nicht bereits im Besetzungseinwand angebracht zu haben. Im Ergebnis wird in solchen Fällen nur in sehr engen Grenzen eine Präklusion angenommen werden können. Denn der Gesetzgeber hat keinen Mechanismus in das Gesetz aufgenommen, mit dem Informationsdefizite ab dem Beginn der Hauptverhandlung im Mitteilungsverfahren beseitigt werden können. Aufschlussreich sind insoweit zwei Entscheidungen der OLG Brandenburg[66] und Hamm.[67] In den entsprechenden Besetzungseinwänden war (nur) geltend gemacht worden, dass Unterlagen zur Gerichtsbesetzung der Verteidigung nicht vorlägen oder unergiebig seien. Mit Recht haben die beiden OLG dies nicht als Angriff auf die Besetzung angesehen und den Besetzungseinwänden den Erfolg versagt. Denn die Entscheidung zum Besetzungseinwand kann nur darauf tenoriert werden, dass die Besetzung fehlerhaft ist. Eine Tenorierung, wonach die Besetzung nicht geprüft werden kann, ist nicht möglich.
Im Umkehrschluss folgt daraus jedoch, dass solche Defizite – wenn sie denn tatsächlich vorliegen und unzumutbar sind – in der Revision angebracht werden können. Da der Gesetzgeber keinen Mechanismus in § 338 Nr. 1 b) aa) StPO installiert hat, der die Besetzungsrüge auf den Umfang eines angebrachten Besetzungseinwandes beschränken könnte, ist in diesen Fällen die unbegrenzte Besetzungsrüge möglich. Eine Auslegung, wonach auch in den Fällen des § 338 Nr. 1 b) aa) StPO eine partielle Präklusionswirkung eintreten würde, würde die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung,[68] die im Bereich von Präklusionsregeln stark limitiert sein müssen, überschreiten.
Leidet das Mitteilungsverfahren an einem hinreichend schweren Mangel, wird sich daher allenfalls in einem sehr kleinen Bereich eine Präklusionswirkung annehmen lassen. Dieser Bereich speist sich aus dem allgemeinen Missbrauchsgedanken. An die Annahme von Missbrauch sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Bei der Besetzungsmitteilung erst mit Beginn der Hauptverhandlung wird dies in aller Regel ausscheiden. Im Übrigen braucht es eine positive Gewissheit, dass der Revisionsführer einen Fehler erkannt hat und gezielt dessen frühzeitige Behebung vermieden hat.
Die Revisionsführerin wird in dieser Fallgruppe sehr umfangreichen Tatsachenvortrag leisten müssen. Dazu gehört die Darstellung des gesamten Mitteilungsverfahrens. Dies umfasst auch die Darlegung überholter Besetzungsmitteilungen, weil sich daraus eine vorherige Kenntnis eines Rechtsfehlers ergeben kann. Sodann muss dargelegt werden, wann von dem nunmehr angebrachten Fehler Kenntnis erlangt wurde und warum die Kenntnis erst zu diesem Zeitpunkt erlangt wurde. Dabei ist im Detail darzustellen, worin das Defizit des Mitteilungsverfahrens lag. Insbesondere muss erläutert werden, warum der Mitteilungsfehler nun bekannt geworden ist. Ebenso muss im Detail dargestellt werden, was unternommen worden ist, um dem Defizit des Mitteilungsverfahrens entgegenzuwirken. Das Revisionsgericht muss hierbei jedoch auch darauf achten, dass die Anforderungen an den Vortrag nicht überspannt werden. So wird gerade bei Pannenfällen auch eine sehr kurze Darstellung ausreichen können. Etwa dann, wenn ein Einwandführer auf Nachfrage versehentlich nicht die
neusten Beschlüsse zur Änderung des Geschäftsverteilungsplans übermittelt bekommen hat und dies auch nicht selbst erkennen konnte. Jeder Einwandführer darf ein grundsätzliches Vertrauen in die Justizverwaltung haben. Er muss sich erst dann Defizite anrechnen lassen, wenn die Justizverwaltung dieses Vertrauen zuvor (erkennbar) erschüttert hat. Kann nicht mehr ermittelt werden, warum genau das Mitteilungsverfahren fehlgeschlagen ist, steht dies einer erfolgreichen Besetzungsrüge nicht zwangsläufig entgegen. Denn die bestimmte Behauptung eines Verfahrensfehlers muss sich nur auf den Besetzungsfehler beziehen. Für den Ausschluss der Präklusionswirkung reicht die bestimmte Behauptung, dass das Mitteilungsverfahren im Ergebnis fehlerhaft war. Dazu ist es nicht notwendig aufzuklären, ob dieser Fehler seinen Ursprung nun in der Justizverwaltung, dem Vorsitzenden oder der Geschäftsstelle hat, soweit nur dargelegt werden kann, dass die Revisionsführerin die Verantwortung jedenfalls nicht trägt.
Die letzte Fallgruppe betrifft vom Rechtsmittelgericht begangene oder nicht beachtete Verfassungsverstöße. Die Geltendmachung von Fehlern aus dieser Fallgruppe ist rechtliches Neuland. Denn die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für Präklusions- bzw. Subsidiaritätsnormen des einfachen Rechts sind kaum geklärt. Gleichzeitig dürfte diese Fallgruppe aber die größte Relevanz haben. Denn beachtliche Besetzungsfehler sind wegen Art. 101 I 2 GG meist Verfassungsverstöße.
Zur Beleuchtung der Thematik müssen zuerst einige Grundlagen zum Verhältnis des Rechtsmittelrechts zum Verfassungsprozessrecht dargestellt werden.
Bei der Rüge von Verfassungsverstößen stellt sich die grundlegende Frage des materiellen Verfassungsrechts, unter welchen Bedingungen der Gesetzgeber einen Verfassungsverstoß durch Vorschriften des einfachen Rechts fortpräkludieren kann. Auf den ersten Blick wirkt es so, dass diese Frage einfach zu beantworten sei. Ganz gleich, ob aus Art. 19 IV GG ein Anspruch auf Rechtsschutz gegen den Richter abzuleiten ist, besagt selbst dieser Anspruch nicht, dass der einfache Gesetzgeber den Rechtsschutz nicht unter Bedingungen stellen darf. Diese Betrachtung erschöpft das Problem aber nicht.
Dies zeigt ein Ausflug in das Verfassungsprozessrecht. Dort taucht regelmäßig die Frage auf, ob sogenannte Zwischenentscheidungen selbstständig mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffen werden können. Eine Zwischenentscheidung in diesem Sinne ist jede gerichtliche Entscheidung, die in Vorbereitung der Endentscheidung ergeht. In Strafsachen gibt es vor jedem Urteil eines Tatgerichts sehr viele Zwischenentscheidungen.
Zur Bestimmung, ob gegen solche Zwischenentscheidungen die Verfassungsbeschwerde unmittelbar zulässig ist, reicht das Kriterium der Rechtswegerschöpfung nicht aus. Der Gesetzgeber sieht für die Anfechtung solcher Zwischenentscheidung (etwa: sofortige Beschwerde zu Entscheidungen über die Pflichtverteidigerbestellung) häufig einen eigenen Instanzenzug vor, der schnell erschöpft ist.
Deshalb gibt es neben der Erschöpfung des Rechtswegs noch das aus § 90 II BVerfGG abgeleitete Kriterium der (formellen) Subsidiarität. Allgemein besagt dieses, dass eine Verfassungsbeschwerde nur dann zulässig ist, wenn der Beschwerdeführer neben der Erschöpfung des Rechtsweges im engeren Sinne auch solche Mittel eingesetzt hat, die seine Beschwer mittelbar beseitigen könnten.
Ob nun das Beschreiten des Hauptrechtsweges (hier: die Revision) ein solches Mittel ist, konkretisiert das BVerfG auf einer ersten Ebene mit dem Begriff des "selbstständigen Zwischenverfahrens".[69] Die "Selbstständigkeit" ist dann gegeben, wenn das einfache Recht eine Frage vollständig aus dem Instanzenzug herauszieht und für die Zwischenentscheidung einen eigenen Instanzenzug begründet. Ein anschauliches Beispiel für ein selbstständiges Zwischenverfahren ist die Ablehnung von Gerichtspersonen im Zivilprozess.[70] § 46 II ZPO legt dazu fest, dass der ablehnende Beschluss zu einem Ablehnungsgesuch mit der sofortigen Beschwerde (und dann der Rechtsbeschwerde) angefochten werden kann. Zugleich riegeln §§ 547 Nr. 3 und 557 II ZPO die Revision vor der Geltendmachung der Befangenheit ab.[71] Dort kann – vgl. den abweichenden Wortlaut des § 338 Nr. 3 StPO – nicht mehr die Befangenheit an sich vorgebracht werden. Ist nun eine Zwischenentscheidung in diesem Sinne selbstständig, kann sie eigenständig mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Ob eine Zwischenentscheidung selbstständig ist, muss abstrakt bewertet werden. Andernfalls verliert der Begriff seine Trennschärfe, die er in das oft unklare Kriterium der formellen Subsidiarität bringen soll.
Auf einer zweiten Ebene nutzt das BVerfG noch ein Kriterium, dass sich aus § 90 II 2 BVerfGG ableitet und als "Unzumutbarkeit" umschrieben werden kann.[72] Demnach kann auch bei der "unselbstständigen" Zwischenentscheidung eine sofortige Verfassungsbeschwerde zulässig sein. Dies setzt allerdings voraus, dass bereits in der Zwischenentscheidung eine so gravierende Beschwer liegt, dass ein Abwarten des Hauptinstanzenzuges nicht zugemutet werden kann. Dieses Kriterium ist daher nur auf den Einzelfall bezogen. Die Entscheidung zu diesem Kriterium ist (zumindest) normativ geprägt. In Strafsachen wird dieses Kriterium von der 2. Kammer des 2. Senats sehr restriktiv (aber vorhersehbar) gehandhabt.[73]
Die 2. Kammer des 2. Senats meint nun in einer aktuellen Entscheidung, dass die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts eine selbstständige Zwischenentscheidung ist.[74] Damit findet sich die Kammer in Gesellschaft der auch im Gesetzgebungsverfahren (am Rande) vertreten Auffassung.[75] Allerdings: Diese Auffassung kann bereits mit den Ausführungen von oben nicht zutreffen und dies wird insbesondere durch die dargestellte Entscheidung des 5. Strafsenats[76] unterstrichen.
Denn über § 338 Nr. 1 StPO ergibt sich, dass in der Revision immer eingebracht werden kann, dass überhaupt keine Präklusion eingetreten sei. Die für die Selbstständigkeit eines Zwischenverfahrens gerade entscheidende Abriegelung des Hauptinstanzenzuges fehlt deshalb. Statt dieser Abriegelung hat der Gesetzgeber nur eine Umformung der Rechtsfrage eingebaut. Aus der Frage, ob die Besetzung fehlerhaft war, wird in der Revision (zuerst) die Frage, ob die Präklusion überhaupt eingetreten ist. Das reicht nicht aus, um ein selbstständiges Zwischenverfahren zu begründen.
Dem lässt sich auch nicht mit Erfolg entgegensetzen, dass das BVerfG der Auffassung des 5. Strafsenats nicht folgen muss. Denn alle Kammern des BVerfG binden sich bei der Bewertung der formellen Subsidiarität an die Auffassungen der Fachgerichte, soweit diese selbst vertretbar sind.
Die Entscheidung des 5. Strafsenats zeigt zugleich, warum nicht zu erwarten ist, dass die 2. Kammer des 2. Senats an der Einordnung als selbstständiges Zwischenverfahren langfristig festhalten wird. Denn in dem vom 5. Strafsenat behandelten Fall wäre mit der Rechtsprechung der Kammer auch sogleich die Verfassungsbeschwerde möglich gewesen. Das würde aber dem zentralen Grundsatz des § 90 II BVerfGG widersprechen, der verhindern soll, dass das BVerfG unnötigerweise mit Verfassungsbeschwerde befasst wird, wenn die Fachgerichte den Verfassungsverstößen ebenso abhelfen könnten. Eine Dualität der Rechtsbehelfe gibt es nur im Rahmen der Gewährung einer Vorabentscheidung in § 90 II 2 BVerfGG.
Sollte nun über das Kriterium der Unzumutbarkeit – generell – abgeleitet werden, dass die Verfassungsbeschwerde gleich gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts betrieben werden kann, führt dies zu Problemen. Denn auch dieses Kriterium muss substantiiert werden. Es müsste dann immer in der Verfassungsbeschwerde dargelegt werden, dass eine Revision keine Aussicht auf Erfolg hätte, weil die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts an den "falschen" (= in der Revision unbeachtlichen) Fehlern leidet. Diese Darstellung würde die Verfassungsbeschwerde an sich an ihre Leistungsgrenze bringen. Es gibt Fallkonstellationen, in denen mehrere Fehler vorgetragen werden können. Von diesen könnten dann manche in der Revision beachtlich und manche unbeachtlich sein. Zudem würde die Bejahung der Unzumutbarkeit auch nicht zur sonstigen Rechtsprechung passen. Gerade die 2. Kammer des 2. Senats sieht in aller Regel keine ausreichende Beschwer darin, dass der Betroffene mit einer fehlerhaften Verhandlung konfrontiert wird.[77] Zudem müsste auch überlegt werden, welche Auswirkung es auf andere Prozessordnungen hätte, wenn das fehlerhafte Verhandeln – allgemein? – als ausreichende Beschwer anerkannt würde.
Wenn nun aber in der Regel keine unmittelbare Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts betrieben werden kann, drängt sich die Frage auf, wie dies die Revision umformt.
Denn der dargestellte Grundsatz der formellen Subsidiarität hat auch Rückwirkungen in den Instanzenzug der Fachgerichte hinein. Die Verfassungsbeschwerde ist der Schlussstein der innerstaatlichen Rechtsbehelfskonstruktion. Treten die Revision und die Verfassungsbeschwerde in Konkurrenz, setzt sich die Verfassungsbeschwerde stets durch. Muss vor der Verfassungsbeschwerde ohnehin die Revision betrieben werden, so darf sich das Revisionsgericht sinnvollerweise nicht zur bloßen Durchlaufinstanz herabsetzen. So dürfte es einem Revisionsgericht unter Geltung des Art. 19 IV GG allgemein verwehrt sein, einer Rüge den Erfolg zu verweigern, die eine spätere Verfassungsbeschwerde begründen würde.[78] Solche Durchrügen – also die Geltendmachung der Verfassungsbeschwerde innerhalb der Revision – haben in Strafsachen bislang kaum Relevanz.[79] Sie sind aber nicht unbekannt. In den anderen Prozessordnungen sind solche Konstruktionen (insb. zu Art. 103 I GG) ein wesentlicher Treiber der Nichtzulassungsbeschwerden- bzw. Revisionspraxis.
Wird dieser Gedanke zu Ende gedacht, würde sich durch die Gesetzesänderung – abgesehen von der Einführung des Rechtsmittelgerichts als Zusatzinstanz – überhaupt keine wesentliche Veränderung ergeben haben. Denn die Verfassungsbeschwerde selbst kann – zweifelsfrei – nicht durch die Änderung des einfachen Rechts fortpräkludiert worden sein. Sie unterliegt nur dem Grundsatz materieller Subsidiarität, dem sie auch zuvor unterlag. Zugleich gibt es praktisch keine Besetzungsfrage, die keine Verfassungsfrage ist. Kann nun aber in der Revision der Inhalt der Verfassungsbeschwerde vorgebracht werden, müsste die Revision in der Lage sein, die Präklusion zu brechen, soweit der Besetzungseinwand sorgsam betrieben worden ist.
Aus diesen Zusammenhängen sind nun zwei Schlussfolgerungen denkbar.
Es könnte angenommen werden, dass es einen bislang nicht beschriebenen Grundsatz gibt, wonach ein Zwischenverfahren eindeutig selbstständig oder unselbstständig sein muss. Der Gesetzgeber müsste es daher entweder vollständig in den normalen Instanzenzug eingliedern oder den normalen Instanzenzug durch entsprechende Regelungen vollständig von dem Zwischenverfahren abriegeln. Die Missachtung dieses Grundsatzes führt nicht zur Verfassungswidrigkeit, aber zur Störung der Funktion des Zwischenverfahrens. Da das Grundgesetz die Verfassungsbeschwerde und auch deren Nachrangigkeit kennt (Artt. 93 I Nr. 4a; 94 II 2 GG), spräche einiges dafür, dass dies kein nur aus den Zusammenhängen des BVerfGG abgeleiteter Grundsatz, sondern eine originäre Aussage des Verfassungsrechts (aus Art. 19 IV GG) ist.
Die andere Schlussfolgerung wäre, dass es einen aus Art. 19 IV GG abgeleiteten Grundsatz gibt, wonach der Prüfungsmaßstab der Verfassungsbeschwerde entwicklungsfähig ist und sich zurückbildet, wenn der einfache Gesetzgeber einen umfangreicheren Rechtsschutz zur Verfügung stellt. Dies könnte sich etwa dahin auszeichnen, dass das BVerfG die Revisionsentscheidung zur Besetzungsfrage nicht mehr unmittelbar an Art. 101 I 2 GG misst. Stattdessen würde ein nur noch eingeschränkter Prüfungsmaßstab auftreten, der sich aus Art. 19 IV ableitet und danach fragt, ob das Revisionsgericht ausreichenden Rechtsschutz zur Besetzungsfrage gewährt hat. Dies wäre eine radikale Gegenbewegung zur Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 101 I 2 GG in den letzten zwei Jahrzehnten. Denn diese zeichnet sich durch einen hohen Grad an Detailkontrolle aus. Mit Anerkennung einer solchen Konstruktion hätte die Einführung des Zwischenverfahrens aber tatsächlich einen Gewinn für die Rechtsanwendung. Sie würde dafür sorgen, dass sich der Instanzenzug stärker pyramidenförmig gestaltet. Damit geht zwangsläufig eine Entlastung der höheren Instanz (und des BVerfG) ohne Verlust an Rechtsschutz einher.
Die Rahmenbedingen solcher Anpassungen in den Prüfungsmaßstäben lassen sich hier nicht abschließend darstellen. Es kann aber zumindest festgehalten werden, dass die beschriebenen Durchrügen in der Revision zumindest für die vom Rechtsmittelgericht selbst begangenen Verstöße gegen in der Verfassungsbeschwerde beachtliche Rechte möglich sein müssen.
Es sind damit drei wesentliche Fallgruppen denkbar.
Als primärer Verstoß gegen Art. 101 I 2 GG ist gemeint, dass das Rechtsmittelgericht mit Unrecht auf einen Entzug des gesetzlichen Richters nicht abgeholfen hat. Diese Fälle werfen die oben dargestellten Besonderheiten zur Grenzziehung zwischen Verfassungsbeschwerde und Revision auf. Können diese Verstöße grundsätzlich in der Revision angebracht werden, werfen sie keine spezifischen Besonderheiten mehr auf.
Als sekundärer Verstoß gegen Art. 101 I 2 GG ist hingegen gemeint, dass das Rechtsmittelgericht seine eigene Vorlagepflicht in § 121 II Nr. 4 GVG missachtet. Ein Beispiel für einen solchen Verfassungsverstoß liefert eine Entscheidung des Kammergerichts.[80] Darin führt der Senat aus, dass eine Ansicht des 2. Strafsenats des BGH "nicht alternativlos" sei und bezieht sich dazu auf eine Ansicht des 5. Strafsenats des BGH. Ungeachtet der Frage, ob die Auffassung des 2. Strafsenats zur Schöffenentbindung in der Sache zutrifft, steht es keinem OLG-Senat zu, eine (etwaige) Binnendivergenz des BGH ohne Vorlage in die eine oder andere Richtung zu entscheiden. Dieser Verstoß kann zum Gegenstand einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde gemacht werden. Dieser Verstoß müsste auch dann in der Revision geltend gemacht werden können, wenn die Revision die Präklusion nicht allgemein brechen kann. Denn es handelt sich dabei um einen erstmalig vom Rechtsmittelgericht begangenen Verfassungsverstoß. Der BGH kann solche Verfassungsverstöße noch ohne Aufhebung korrigieren, indem er die Binnendivergenz beseitigt und sodann die Besetzungsfrage in der Sache entscheidet.
Fraglich bleibt, ob der BGH auch dann korrigierend eingreifen muss (oder darf), wenn er zwar eine Divergenz erkennt, diese aber noch nicht Art. 101 I 2 GG verletzt, weil es sich um eine bloße Fehlanwendung des Rechts handelt. Da die Einheitlichkeit der Rechtsprechung mit Art. 95 III GG Verfassungsrang genießt, gäbe es gute Gründe für das Eingreifen auch in solchen Fällen.
Weiterhin wird es in Betracht kommen, gegen den Beschluss des Rechtsmittelgerichts die Verletzung des Gebots auf effektiven Rechtsschutz geltend zu machen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Art. 19 IV GG auch Rechtsschutz gegen den Richter gewährt. Denn es ist jedenfalls anerkannt, dass Art. 19 IV GG auch dann verletzt wird, wenn eine durch das einfache Recht geschaffene Rechtsschutzmöglichkeit in nicht hinnehmbarer Art erschwert wird. Das BVerfG fasst dies insbesondere unter dem Begriff des Leerlaufens eines Rechtsmittels zusammen.[81] Darunter lassen sich Fälle einordnen, in denen das Rechtsmittelgericht unnötigen Tatsachenvortrag verlangt. Ebenso sind es die Fälle, in denen das Vorbringen des Einwandführers nur sinnentstellend erfasst oder nur teilweise zur Kenntnis genommen wird. Generell fallen auch Erschwernisse hierunter, die das Rechtsmittelgericht ohne Stütze im Gesetz einbaut.
Ein Beispiel für einen solchen Fall liefert eine Entscheidung des OLG Hamm.[82] Dort war ein Besetzungseinwand am letzten Tag der Besetzungseinwandsfrist um 14:24 Uhr an das Landgericht gefaxt worden. Dem Verteidiger waren sodann um 15:09 Uhr weitere Unterlagen zur Überlastungsanzeige vom Landgericht zugefaxt worden, die er zuvor zweifach angefordert hatte. Das OLG Hamm war der Auffassung, dass der erhobene Besetzungseinwand missbräuchlich sei, weil der Inhalt der Unterlagen zur
Überlastungsanzeige nicht mitgeteilt worden war. Daran würde es auch nichts ändern, dass das Fax des Landgerichts erst nach Absendung des Besetzungseinwandes einging.
Jedenfalls mit dieser Begründung ist der Beschluss des OLG Hamm nicht haltbar: § 222b I 3 StPO gibt vor, dass alle Beanstandungen einheitlich geltend gemacht werden müssen. Das entzieht der Argumentation des OLG den Boden. Das OLG stellt zudem keinerlei Umstände fest, die belegen könnten, dass der Besetzungseinwand gezielt frühzeitig abgeschickt wurde, was möglicherweise noch eine Missbräuchlichkeit darstellen könnte. Im Übrigen ist es nicht angängig, vom Einwandführer Vortrag zu verlangen, der ihm – selbst nach den Feststellungen! – unbekannt war. Darin liegt ein Verstoß gegen Art. 19 IV GG, weil sich das OLG einer sachlichen Befassung ohne Stütze im Prozessrecht versperrt. Ob in diesem Fall auch über § 338 Nr. 1 b) aa) StPO die Präklusion bei Entscheidung des OLG nicht eingetreten wäre und die Entscheidung daher aus anderen Gründen richtig sein könnte, ist insoweit nicht mehr von Belang.
Der Fall zeigt jedoch sehr eindrücklich, warum es notwendig ist, dass die Tatgerichte die Besetzung jederzeit erneut mitteilen können: Das richtige Vorgehen des Tatgerichts wäre es hier gewesen, die Besetzung gleich mit der Übersendung der Überlastungsanzeige erneut mitzuteilen und so die Frist erneut zu starten. Zu diesem Zeitpunkt stand noch mehr als eine Woche bis zum Beginn der Hauptverhandlung zur Verfügung. Der Fall verdeutlicht zugleich, warum es notwendig ist, dass sich die Tatgerichte über vorherige Entscheidungen der Rechtsmittelgerichte durch erneute Mitteilung hinwegsetzen können müssen. Es ist unzumutbar, dass ein eigenes Verfahren durch eine defizitäre Entscheidung des Obergerichtes insgesamt bedroht wird.
Das Erheben einer Verfassungsbeschwerde ist aufgrund der dargestellten Unklarheiten ein kompliziertes Unterfangen. Verfassungsbeschwerden zu den LVerfG gegen Entscheidungen der OLG als Rechtsmittelgerichte sind ausnahmslos unstatthaft, weil das Revisionsverfahren bundesgerichtlich determiniert ist.[83]
Sollte die 2. Kammer des 2. Senats auf ihrer Auffassung beharren – worauf sich Beschwerdeführerinnen zumindest einstellen müssen[84] – so kann die Verfassungsbeschwerde gleich gegen den Beschluss des Rechtsmittelgerichts erhoben werden. Inhaltlich gelten dann die Maßstäbe, die unter V. 5. d) zur Revision dargestellt sind. Im Hinblick auf die bestehenden Unklarheiten ist vor dem sog. Parken solcher Verfassungsbeschwerden im allgemeinen Register[85] während des Revisionsverfahrens zu warnen. Denn es ist wegen der Eigenheit der neuen Rechtslage damit zu rechnen, dass das Gericht dieses Verhalten hier – erstmals – als missbräuchlich ansehen wird, weil dadurch eine abschließende Entscheidung herausgezögert werden kann.
Mit der bisherigen Auffassung der 2. Kammer des 2. Senats müsste sehr genau bestimmt werden, was an der Rechtskraft einer Kammerentscheidung teilnimmt. Es müsste dann geklärt werden, ob das Revisionsgericht der im Nichtannahmebeschluss dargelegten Auffassung der Kammer widersprechen darf und ob überhaupt (weitere) Verfahrensfehler in der Revision geltend gemacht werden dürfen, wenn einmal eine Verfassungsbeschwerde betrieben worden ist.
Ist eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen eine Entscheidung des Rechtsmittelgerichts doch erfolgreich, muss geklärt werden, ob das BVerfG auch ein zwischenzeitlich gesprochenes Urteil in analoger Anwendung des § 95 II BVerfGG oder mittels Vollstreckungsanordnung aufheben kann. Ist dies nicht der Fall, muss unter Umstände die Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist bedacht werden.
Für die – nach hier vertretener Auffassung – allein relevante zweite Verfassungsbeschwerde nach Abschluss der Revisionsinstanz muss insbesondere der Grundsatz materieller Subsidiarität und die zugehörige Substantiierung geachtet werden. Dazu muss die Revision ordnungsgemäß betrieben worden sein. Dazu könnte auch das Anbringen eines relativen Revisionsgrundes nach § 222b StPO zählen. Es muss jedenfalls erläutert werden, warum diese Rüge aussichtslos gewesen wäre.
Inhaltlich wird die zweite Verfassungsbeschwerde darauf hinauslaufen, dass weder die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts noch die Revision ein angemessenes Niveau an Rechtsschutz verschafft haben. Da die Grenzziehung zwischen beiden Instanzen nicht trennscharf ist, wird es auf eine Gesamtbetrachtung beider Entscheidungen ankommen.
[1] So auch Claus NStZ 2020, 57, 58.
[2] So die Bezeichnung in § 222b III StPO. "Besetzungseinwandsgericht" wäre präziser, aber sehr unleserlich. Wenn in diesem Text vom Rechtsmittelgericht geschrieben wird, ist deshalb immer das Gericht aus § 222b III StPO gemeint.
[3] Die Verfassungswidrigkeit von §§ 222b III StPO i.V.m. 121 I Nr. 4 GVG ist ausf. bei Lantermann HRRS 2020, 19 dargestellt und soll hier nur am Rande beleuchtet werden.
[4] Dazu bereits Mosbacher, Stellungnahme im Gesetzgebungsverfahren, S. 6. Alle Stellungnahmen sind abrufbar unter: kripoz.de/2019/08/06/eckpunkte-zur-modernisierung-des-strafverfahrens-2/.
[5] BGH HRRS 2021 Nr. 172, Rn. 10.
[6] Auch in der alten Gesetzesfassung war dies unklar. Die Rechtsprechung verstand dies (abweichend von § 243 I StPO) als den Zeitpunkt vor der ersten Vernehmung zur Person: BGH, Urt. v. 12. Juli 2001 – 4 StR 550/00 = NJW 2001, 3062; dazu bestätigend BVerfG, Beschl. v. 19. März 2003 – 2 BvR 1540/01 = NJW 2003, 3545; s. auch MüKO-Arnoldi, StPO, 1. Aufl (2016), § 222a Rn. 14.
[7] OLG Bremen, Beschl. v. 14. April 2020 – 1 Ws 33/20 = NStZ 2020, 565 m. Anm. Daßbach; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl. (2021), § 222a Rn. 5.
[8] Die Oberlandesgerichte sind an einer derartigen Auslegung ohne Vorlage derzeit allerdings durch OLG Bremen, Beschl. v. 14. April 2020 – 1 Ws 33/20 gehindert.
[9] OLG Bremen, Beschl. v. 14. April 2020 – 1 Ws 33/20 = NStZ 2020, 565 m. Anm. Daßbach.
[10] Zur Erschütterung der Beweiskraft neben dem Protokollberichtigungsverfahren Hamm/Pauly, Die Revision in Strafsachen, 8. Aufl. 2021, Rn. 399.
[11] Vgl. BGH HRRS 2014 Nr. 912 m. Anm. Ventzke HRRS 2015, 64.
[12] Vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O (Fn. 7), § 36 Rn. 6.
[13] Die Relevanz dieser Unklarheiten bei der mündlichen Mitteilung zeigt BGH HRRS 2021 Nr. 117.
[14] Bei einer gerichtlichen Zustellung stellt § 59b II Nr. 6 b) BRAO auch eine hinreichende Ermächtigung dar, wie sie in BGH, Urt. v. 15. Oktober 2015 – AnwSt (R) 4/15 = NJW 2015, 3672 verlangt wurde.
[15] Die h.L. hält § 179 ZPO allerdings nicht unmittelbar auf § 173 ZPO anwendbar: Musielak/Voit-Wittschier, ZPO, 18. Aufl. 2021, § 173 Rn. 2.
[16] OLG Celle, Beschl. v. 27. Januar 2020 – 3 Ws 21/20, Rn. 5; Heim NJW-Spezial 2021, 120.
[17] RefE, S. 5, 30 f.
[18] BT-Drs. 14747/19, S. 30 f.
[19] Die Kritik an dieser Frist ist jedenfalls vielstimmig: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O (Fn. 7), § 222b Rn. 4b; Reichling/Borgel StV 2021, 815, 817 f.; Schmitz StraFo 2021, 146; Schork NJW 2020, 1, 2; Norouzi, Stellungnahme, S. 11; Jahn, Stellungnahme, S. 10; siehe auch Claus NStZ 2020, 57, 58 f.
[20] Vgl. zur genauen Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. (Fn. 7), § 222a Rn. 23.
[21] Siehe dazu etwa OLG Hamm, Beschl. v. 18. August 2020 – 1 Ws 325/20 und unten im Abschnitt V. 5. d).
[22] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3. November 2021 – 1 Ws 73/21, Rn. 6; KG, Beschl. v. 1. März 2021 – 4 Ws 14/21, Rn. 10; OLG München, Beschl. v. 12. Februar 2020 – 2 Ws 138/20 u.A., Rn. 17; OLG Bremen, Beschl. v. 14. April 2020 – 1 Ws 33/20.
[23] Dazu unten 5. e) dd).
[24] Z.B. EGMR, Entsch. v. 16. Dezember 1992 – 12945/87 (Hadjianastassiou ./. Griechenland): Frist von fünf Tage bei Schwierigkeiten in der Informationsbeschaffung als Verletzung von Art. 6 I, III b) EMRK; siehe dazu Grabenwarter NJW 2002, 109.
[25] Zu einem solchen Fall im Abschnitt 5. e) dd) (3).
[26] KG, Beschl. v. 1. März 2021 – 4 Ws 14/21, Rn. 10; OLG München, Beschl. v. 12. Februar 2020 – 2 Ws 138/20 u.A., Rn. 17; so auch Claus NStZ 2020, 57, 58 f.
[27] S. dazu auch Reichling/Borgel StV 2021, 815, 816.
[28] Dazu OLG München, Beschl. v. 12. Februar 2020 – 2 Ws 138/20 u.A. und OLG München, Beschl. v. 10. März 2020 – 2 Ws 283/20.
[29] Die Möglichkeiten zur einheitlichen Erhebung für mehrere Beteiligte sind bei Hamm/Pauly, a.a.O. (Fn. 10), Rn. 293 ff. erläutert.
[30] Für die Zulässigkeit der Erhebung durch bloßen Anschluss an fremde Erklärung auch Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. (Fn. 7), § 222b Rn. 5.
[31] Vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. (Fn. 7), § 222b Rn. 5.
[32] Dazu auch Caspari, Stellungnahme, S. 21.
[33] Allg. M.: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. (Fn. 7), § 222b Rn. 12 a.E.
[34] So zur alten Rechtslage: BGH HRRS 2008 Nr. 571 = StV 2009, 66. Dies wird sich ohne Bedenken auf die neue Rechtslage übertragen lassen.
[35] Caspari, Stellungnahme, S. 24.
[36] Vgl. Bt-Drs. 08/976, S. 47.
[37] BGH HRRS 2020 Nr. 361.
[38] Der entsprechende Beschluss des 1. Strafsenats ist in der Begründung unrichtig, soweit in Rn. 19 ff. die fehlende Präklusionswirkung mit § 338 Nr. 1 d) StPO a.F. begründet wird. Denn dazu war eine wirklich personenidentische Besetzung notwendig. Selbst wenn – reichlich unwahrscheinlich – die 24. Strafkammer des LG Frankfurt a.M. zu beiden Beginnen der Hauptverhandlung wirklich personenidentisch besetzt gewesen sein sollte, würde eine vorherige Abhilfe auf den Besetzungseinwand die Mitteilungspflicht und damit die gesamte Präklusion entfallen lassen. Von der Norm des § 338 Nr. 1 d) StPO a.F. wurde nur der – eher theoretische – Fall erfasst, dass ein Tatgericht zwar auf einen Besetzungseinwand abhilft, diese Entscheidung sodann aber nicht beachtet.
[39] Für die hier vorgenommene Differenzierung zwischen Abhilfe auf den Besetzungseinwand und amtswegiger Korrektur der Besetzung auch LR-Jäger, StPO, 27. Aufl. (2019), § 222b Rn. 35.
[40] Der Ratschlag von Stollenwerk DRiZ 2015, 138, 140 zur Verfahrensbeschleunigung in den Beschlussgründen die zutreffenden Tatsachen mitzuteilen, ist nach Neufassung freilich noch sinnvoller als zuvor.
[41] Auch in einer konkreteren Formulierung wie "…wird für nicht begründet gehalten." o.Ä., vgl. BGH HRRS 2021 Nr. 842, Rn. 7; BGH, Beschl. v. 20. April 2021 – StB 13/21, Rn. 8; KG, Beschl. v. 1. März 2021 – 4 Ws 14/21, Rn. 2; OLG Bamberg, Beschl. v. 23. Januar 2020 – 1 Ws 14/20, Rn. 1.
[42] So aber in den Ausgangsentscheidungen zu: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3. November 2021 – 1 Ws 73/21, Rn. 1; OLG Brandenburg, Beschl. v. 4. November 2020 – 1 Ws 135/20; OLG Stuttgart, Beschl. v. 5. Oktober 2020 – 1 Ws 105/20, Rn. 11; OLG Hamm, Beschl. v. 14. August 2020 – 1 Ws 318/20, Rn. 12; OLG Hamm, Beschl. v. 18. August 2020 – 1 Ws 325/20, Rn. 13; OLG Hamm, Beschl. v. 17. März 2020 – 2 Ws 36/20, Rn. 12.
[43] Dies dürfte auch nicht in Konflikt zur insb. bei LR-Jäger, a.a.O (Fn. 39), § 222b Rn. 38 vertretenen Meinung stehen, wonach das Durchlaufen des Besetzungseinwandes eine nachträgliche Besetzungskorrektur ausschließt. Diese Auffassung bezieht sich gerade nur auf später erkannte Besetzungsfehler.
[44] Vgl. zur Unanfechtbarkeit der Besetzungsmitteilung auch: OLG Bremen, Beschl. v. 14. April 2020 – 1 Ws 33/20, insoweit in NStZ 2020, 565 nicht abgedr.
[45] A.A. – nicht tragend – OLG Celle, Beschl. v. 2. April 1991 – 3 Ws 93/91 = NJW 1991, 2848; wohl auch OLG Hamm, Beschl. v. 27. Januar 2014 – 1 Ws 50/14; für die neue Rechtslage so aber auch BeckOK-StPO/Ritscher, 41. Ed., § 222b Rn. 20.
[46] Zur alten Gesetzesfassung: BT-Drs. 08/976, S. 47.
[47] Hamm/Pauly, a.a.O. (Fn. 10), Rn. 86.
[48] St. Rspr. vgl. BGH, Beschl. v. 29. September 2021 – 4 StR 98/21.
[49] Beispielhaft: KG, Beschl. v. 1. März 2021 – 4 Ws 14/21.
[50] Vgl. BT-Drs. 14747/19, S. 31, wo auf den abschließenden Charakter der Entscheidung abgestellt wird.
[51] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3. November 2021 – 1 Ws 73/21.
[52] OLG Bamberg, Beschl. v. 23. Januar 2020 – 1 Ws 14/20.
[53] Unklar insoweit KG, Beschl. v. 1. März 2021 – 4 Ws 14/21, Rn. 8.
[54] Vgl. § 338 Nr. 1 b) bb) StPO; wie hier: BeckOK-StPO/Ritscher, a.a.O. (Fn. 45), § 222b Rn. 13; a.A. BGH HRRS 2021 Nr. 842; BGH, Beschl. v. 20. April 2021 – StB 13/21: auch bei Unbegründetheit folgt die Verwerfung.
[55] So aber OLG München, Beschl. v. 12. Februar 2020 – 2 Ws 138/20 u.A.
[56] LR-Jäger, a.a.O. (Fn. 39), § 222b Rn. 32.
[57] Allerdings eine Vielzahl von Entscheidungen, die darauf nicht gestützt sind: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3. November 2021 – 1 Ws 73/21, Rn. 6; KG, Beschl. v. 1. März 2021 – 4 Ws 14/21, Rn. 10; OLG München, Beschl. v. 12. Februar 2020 – 2 Ws 138/20 u.A., Rn. 17 ff.; OLG Bremen, Beschl. v. 14. April 2020 – 1 Ws 33/20.
[58] BT-Drs. 14747/19, S. 31.
[59] Verneinend: KK-StPO/Gmel, 8. Aufl. 2019, § 222b Rn. 16 m.w.N. Bejahend: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O. (Fn. 7), § 222b Rn. 12.
[60] Dazu Lantermann HRRS 2020, 19.
[61] So auch BeckOK-StPO/Wiedner, a.a.O. (Fn. 45), § 338 Rn. 18.
[62] Dies ist – wie bei Lantermann HRRS 2020, 19 dargestellt – nicht der Fall.
[63] Bt-Drs. 14747/19, S. 36.
[64] So aber BeckOK-StPO/Wiedner, a.a.O. (Fn. 45), § 338 Rn. 15.1, 19.2.
[65] BGH HRRS 2021 Nr. 172.
[66] OLG Brandenburg, Beschl. v. 4. November 2020 – 1 Ws 135/20 = StV 2021, 815 (LS) m. zust. Anm. Reichling/Borgel.
[67] OLG Hamm, Beschl. v. 14. August 2020 – 1 Ws 318/20, Rn. 49 f.
[68] Vgl. BVerfG HRRS 2007 Nr. 647, Rn. 121 = BVerfGE 118, 212, 243 und die in BVerfG HRRS 2009 Nr. 296, Rn. 95 ff. = BVerfGE 122, 248, 283 ff. (Sondervotum) dargestellten Grundsätze.
[69] Vgl. BVerfG, Beschl. v. 1. Juni 2021 – 2 BvR 890/20; BVerfG, Beschl. v. 15. Juni 2015 – 1 BvR 1288/14; BVerfG, Beschl. v. 23. Oktober 2007 – 1 BvR 782/07 = BverfGE 119, 292 (294); BVerfG, Beschl. v. 27. Oktober 1999 – 1 BvR 385/90 = BVerfGE 101, 106 (120).
[70] Vgl. BVerfG, Beschl. v. 15. Juni 2015 – 1 BvR 1288/14; BVerfG, Beschl. v. 1. Juni 2021 – 2 BvR 890/20 zum Verwaltungsprozess.
[71] Vgl. nur BGH, Beschl. v. 30. November 2006 – III ZR 93/06.
[72] Dargestellt z.B. in BVerfG HRRS 2020 Nr. 1316, Rn. 42.
[73] Etwa BVerfG HRRS 2019 Nr. 320, Rn. 3 m.w.N.: Verhandeln unter Gefahr nicht ordnungsgemäßer Verteidigung reicht nicht aus.
[74] BVerfG, Beschl. v. 16. Dezember 2021 – 2 BvR 2076/21 u.A.
[75] Etwa Norouzi, Stellungnahme DAV, S. 9 f.; Jahn, Stellungnahme, S. 15; Caspari, Stellungnahme, S. 23.
[76] BGH HRRS 2021 Nr. 172.
[77] Etwa BVerfG HRRS 2019 Nr. 230, Rn. 4 m.w.N.
[78] In diese Richtung geht insb. die Rechtsprechung der 1. Kammer des 2. Senats zum Strafvollstreckungsrecht, wo regelmäßig Rechtsmittelgerichten ein gesonderter Verstoß gegen Art. 19 IV GG attestiert wird, z.B. BVerfG HRRS 2021 Nr. 1190.
[79] Abgesehen von BGH, Beschl. v. 13. Dezember 1967 – 2 StR 544/67 = BGHSt 22, 26 und einigen Fälle zu den materiellen Grundrechten.
[80] KG, Beschl. v. 27. April 2020 – 4 Ws 29/20, insb. Rn 13 f.
[81] Statt aller: BVerfG, Beschl. v. 17. August 2021 – 2 BvR 1368/20, Rn. 18 mwN.
[82] OLG Hamm, Beschl. v. 18. August 2020 – 1 Ws 325/20.
[83] Vgl. BVerfG, Beschl. v. 15. Oktober 1998 – 2 BvN 1/95, Rn. 86 = BVerfGE 96, 345, 371 f.
[84] Zum Umgang mit Unklarheiten im Bereich der Rechtsmittelabgrenzung: BVerfG, Beschl. v. 1. Juni 2021 – 2 BvR 890/20, Rn. 21 ff.
[85] Erläutert bei Jahn, in: Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge (Hrsg.), Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen, 2. Aufl. (2017), Rn. 235 f.