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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2020
21. Jahrgang
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Der Senat legt dem Großen Senat für Strafsachen die Frage zur Entscheidung vor, ob der Angeklagte nach § 265 Abs. 1 oder nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auf die obligatorische Einziehung des Wertes von Taterträgen (§§ 73, 73c StGB) hinzuweisen ist, wenn die ihr zugrundeliegenden Anknüpfungstatsachen bereits in der Anklageschrift enthalten sind (vgl. den Anfragebeschluss BGH HRRS 2019 Nr. 1054; zur Antwort des 1. Strafsenats BGH HRRS 2019 Nr. 1228).
1. Äußert sich der Verteidiger in Form eines Schriftsatzes zur Sache, handelt es sich grundsätzlich um eine Prozesserklärung des Verteidigers, die dieser aus eigenem Recht und in eigenem Namen abgibt, und nicht um eine Sacheinlassung des Angeklagten. Ihrer Bedeutung nach ist sie einem Parteivorbringen im Zivilprozess vergleichbar. Eine solche Erklärung kann daher in der Hauptverhandlung nicht als Urkunde verlesen werden. Der Angeklagte kann sie sich in der Hauptverhandlung auch nicht – rückwirkend – zu eigen machen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Verteidiger in der Erklärung Äußerungen schriftlich fixiert, die der Angeklagte ihm gegenüber gemacht hat.
2. Gleiches gilt grundsätzlich für Erklärungen, die der Verteidiger in der Hauptverhandlung zur Sache abgibt. Da der Verteidiger Beistand und nicht Vertreter des Angeklagten ist, handelt es sich insoweit – genauso wie bei allgemeinen Äußerungen, prozessualen Erklärungen oder Tatsachenbehauptungen in Beweisanträgen – um seine eigenen Prozesserklärungen.
3. Schriftliche und mündliche Erklärungen des Verteidigers können ausnahmsweise als Einlassung des Angeklagten entgegengenommen und verwertet werden, wenn ein gesetzlich vorgesehener Fall der Vertretung vorliegt oder wenn der Angeklagte ausdrücklich erklärt, sie als eigene gelten zu lassen. Bei Verteidigerschriftsätzen muss – etwa durch Unterschrift oder durch Formulierung in Ich-Form – erkennbar sein, dass der Angeklagte die Erklärung als eigene Äußerung verstanden wissen will und sich seines Verteidigers gleichsam als „Schreibhilfe“ bedient. Bei in der Hauptverhandlung verlesenen schriftlichen Ausführungen des Verteidigers, in denen er Angaben des schweigenden Angeklagten wiedergibt, muss der Angeklagte diese Erklärung bestätigen oder erklären, dass er sie als eigene Einlassung verstanden wissen will.
4. Bei einer Einlassung mittels Verteidigererklärung hat das Gericht zu berücksichtigen, dass dieser von vornherein nur ein erheblich verminderter Beweiswert zukommt, da es sich um schriftliches, situativ häufig nicht hinterfragbares Verteidigungsvorbringen handelt. Derartige in der Hauptverhandlung verlesene Einlassungen sind nur bedingt einer Glaubhaftigkeitsprüfung zugänglich, weil es sich faktisch nicht um eine mündlich abgegebene Sachäußerung handelt, aus der ein unmittelbarer Eindruck des Aussageverhaltens gewonnen werden könnte. Der Beweiswert dieses Einlassungssurrogats bleibt vielmehr substanziell hinter der dem gesetzlichen Leitbild der Einlassung entsprechenden, nicht nur persönlich und mündlich, sondern auch in freier Rede und vollständig getätigten Äußerung zurück.
5. Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Anpassung der Einlassung an die Ergebnisse der Beweisaufnahme kann insbesondere auch der Zeitpunkt, zu dem sich ein Angeklagter zur Sache einlässt, ein Umstand sein, der gegen die Glaubhaftigkeit der Einlassung sprechen kann.
6. Eine affektive Erregung stellt bei Tötungsdelikten, bei denen gefühlsmäßige Regungen eine Rolle spielen, den Normalfall dar. Ob die affektive Erregung einen solchen Grad erreicht hat, dass sie zu einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung geführt hat, kann deshalb nur anhand von tat- und täterbezogenen Merkmalen beurteilt werden, welche als Indizien für und gegen die Annahme eines schuldrelevanten Affekts sprechen können. Diese Indizien sind dabei im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu beurteilen.
7. Eine exakte detailreiche Erinnerung kann indes ein Gegenindiz für einen zur Schuldunfähigkeit führenden Affekt sein.
8. In einer Beweiskonstellation, bei der die Tatvorwürfe Vorgänge betreffen, die sich ausschließlich zwischen den Angeklagten und den verstorbenen Opfern abgespielt haben und von Dritten nicht unmittelbar wahrgenommen worden sind, hat der neue Tatrichter unter Heranziehung der vorhandenen Anknüpfungstatsachen Min-
destfeststellungen zum Tatgeschehen zu treffen. Dass Tatsachenfeststellungen zum eigentlichen Tatgeschehen nicht getroffen werden können, steht einer Verurteilung wegen eines Tötungsdelikts nicht entgegen.
1. Im Sicherungsverfahren nach § 413 StPO können nur Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordnet werden. Einziehungsentscheidungen kommen bei schuldunfähigen Tätern dagegen allein im selbständigen Einziehungsverfahren, § 435 StPO, in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 76a Abs. 1 S. 1 StGB vorliegen. Der insoweit gemäß § 435 Abs. 1 StPO im Sinne einer Verfahrensvoraussetzung erforderliche gesonderte Antrag kann regelmäßig nicht ohne Weiteres darin gesehen werden, dass der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft im Rahmen der Schlussanträge die Einziehung sichergestellter Gegenstände gemäß § 74 StGB beantragt.
2. In dem Antrag, die Einziehung selbständig anzuordnen, sind nicht nur die betreffenden Gegenstände zu bezeichnen (§ 435 Abs. 2 Satz 1 StPO). Außerdem ist anzugeben, welche Tatsachen die Zulässigkeit der selbständigen Einziehung begründen; insoweit gelten die Vorschriften über den Inhalt der Anklageschrift nach § 200 StPO entsprechend (§ 435 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StPO).
Ein Vorsitzender darf nach § 238 Abs. 1 StPO einschreiten, wenn sich die Ausführungen des Angeklagten in seinem letzten Wort mit nicht zur Sache gehörenden Umständen befassen, fortwährende Wiederholungen oder andere unnütze Weitschweifigkeiten enthalten oder sonst einen Missbrauch seines letzten Wortes darstellen. Nach mehrmaligen erfolglosen Ermahnungen ist auch der Entzug des letzten Wortes möglich.
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Die schriftlichen Urteilsgründe müssen die wesentlichen Beweisgrundlagen der tatrichterlichen Überzeugungsbildung in nachvollziehbarer, auf tatsächliche Ergebnisse der Beweiserhebung gestützter Argumentation wiedergeben.
2. Für Fälle, in denen „Aussage gegen Aussage“ steht, hat der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung besondere Anforderungen an die Darlegung einer zur Verurteilung führenden Beweiswürdigung formuliert. Die Urteilsgründe müssen in einem solchen Fall erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat. Erforderlich sind vor allem eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage, eine Bewertung des feststellbaren Aussagemotivs, sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben.
3. Die Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage kommt gerade bei Sexualdelikten besondere Bedeutung zu. Es ist Aufgabe des Tatrichters, die Begründung seiner Entscheidungen so zu fassen, dass der Leser die wesentlichen, die Entscheidung tragenden Erwägungen ohne aufwändige eigene Bemühungen erkennen und nachvollziehen kann.
4. Die schriftlichen Urteilsgründe dienen, wie der Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, nicht dazu, all das zu dokumentieren, was in der Hauptverhandlung an Beweisen erhoben wurde; sie sollen nicht das vom Gesetzgeber abgeschaffte Protokoll über den Inhalt von Angeklagten- und Zeugenäußerungen ersetzen, sondern vielmehr das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die Nachprüfung der getroffenen Entscheidung ermöglichen. Eine umfängliche Wiedergabe der Zeugenaussagen in den Urteilsgründen ohne Bezug zu Einzelheiten der Beweiswürdigung ist deshalb regelmäßig verfehlt und kann die gebotene Würdigung, Abwägung und Gewichtung der einzelnen Beweise nicht ersetzen. Auch die vollständige Wiedergabe der Zeugenaussagen oder einer verschriftlichen Videovernehmung der Geschädigten ersetzt nicht die Würdigung der Aussage entsprechend den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen. Allein dies gefährdet den Bestand des Urteils, wenn die Besorgnis besteht, der Tatrichter sei davon ausgegangen, eine breite Darstellung der erhobenen Beweise könne die gebotene eigenverantwortliche Würdigung ersetzen.
Beleidigende Eingaben bedürfen auch unter Berücksichtigung des durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Grundrechts auf umfassenden Rechtsschutz keiner Entscheidung in der Sache. Dies gilt auch dann, wenn sich der Antragsteller, wie im vorliegenden Fall, in einer psychiatrischen Einrichtung befindet.
1. Die unterbliebene Mitteilung der Anklageschrift begründet kein Verfahrenshindernis und führt insbesondere nicht zur Unwirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses, da der Verstoß gegen § 201 StPO im weiteren Verfahren durch Nachholung der Mitteilung noch kompensiert werden kann.
2. Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen.
3. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Beschwerdeführer zu seiner Rüge weder den Wortlaut des Haftbefehls noch des Haftfortdauerbeschlusses und des Beschlusses des Oberlandesgerichts Hamm, mit dem der Haftbefehl aufgehoben wurde, mitteilt. Soweit diese Schriftstücke Bestandteil der Revisionsbegründung zu anderen Verfahrensrügen sind, reicht dies nicht aus, wenn ein ausdrücklicher Verweis fehlt. Denn es ist nicht die Aufgabe des Revisionsgerichts, sich aus einem umfangreichen Konvolut von Unterlagen das für die jeweilige Rüge passende herauszusuchen und dabei den Sachzusammenhang selbst herzustellen.
4. Rechtsfehler in Entscheidungen bei Vorbefassung mit dem Verfahrensgegenstand können eine Ablehnung der mitwirkenden Richter regelmäßig nur begründen, wenn die getroffene Entscheidung bzw. die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung sich als rechtlich völlig abwegig oder gar als willkürlich erweist
5. Ein Antrag auf wiederholte Beweiserhebung, dem das Gericht nur im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nachkommen muss, liegt nur vor, wenn Beweisthema und Beweismittel der früheren und der begehrten Beweiserhebung jeweils identisch sind.
Durch § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO in der seit dem 24. August 2017 geltenden Fassung ist die Hinweispflicht des § 265 Abs. 1 StPO auf Fälle erweitert worden, in denen sich in der Hauptverhandlung die Sachlage gegenüber der Schilderung des Sachverhalts in der zugelassenen Anklage ändert und dies zur genügenden Verteidigung vor dem Hintergrund des Gebots rechtlichen Gehörs und des Grundsatzes des fairen Verfahrens einen Hinweis erforderlich macht. Der Gesetzgeber hat dabei an die Rechtsprechung angeknüpft, wonach eine Veränderung der Sachlage eine Hinweispflicht auslöst, wenn sie in ihrem Gewicht einer Veränderung eines rechtlichen Gesichtspunkts gleichsteht. Hiernach bestehen Hinweispflichten auf eine geänderte Sachlage bei einer wesentlichen Veränderung des Tatbildes beispielsweise betreffend die Tatzeit, den Tatort, das Tatobjekt, die Tatrichtung, die Person eines Beteiligten oder bei der Konkretisierung einer im Tatsächlichen ungenauen Fassung des Anklagesatzes.
Wird in einer teilaufhebenden Revisionsentscheidung der Schuldspruch bestätigt, jedoch der Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben, so ist der neue Tatrichter nur an den Schuldspruch selbst und diejenigen Feststellungen gebunden, die ausschließlich oder ? als sogenannte doppelrelevante Tatsachen ? auch den nunmehr rechtskräftigen Schuldspruch betreffen. Dagegen ist der Strafausspruch mit den ausschließlich ihn betreffenden Feststellungen aufgehoben und nicht mehr existent. Dazu gehört nicht nur die Strafzumessung im engeren Sinn, vielmehr hat der neue Tatrichter auch die Voraussetzungen und die Anwendbarkeit des § 21 StGB ? ohne jede Bindung an das insoweit nicht mehr existente erste Urteil ? zu prüfen.
Wenn ein Hilfsbeweisantrag in zulässiger Weise erst in den Urteilsgründen beschieden worden ist, kann das Revisionsgericht die Ursächlichkeit des Verstoßes gegen § 244 Abs. 4 StPO mit der Begründung verneinen, dass das Tatgericht den Antrag mit einer anderen Begründung rechtsfehlerfrei hätte ablehnen können. Das setzt jedoch voraus, dass ein solcher Ablehnungsgrund sich aus den Urteilsgründen ergibt oder sonst auf der Hand liegt.
Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist bei dem Ablehnenden nur gegeben, wenn er bei einer verständigen Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die die gebotene Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen sind dabei der Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten und die Vorstellungen, die er sich bei der ihm zumutbaren ruhigen Prüfung der Sachlage machen kann. Für sich genommen können die Mitwirkung an Zwischenentscheidungen oder selbst Verfahrensfehler keine Besorgnis der Befangenheit begründen, sofern nicht die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung als willkürlich erscheint.
Die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Nichtgewährung rechtlichen Gehörs (§ 33a StPO) generell abzulehnen oder ggf. in besonderen Verfahrenslagen anzunehmen ist, bedarf hier keiner Entscheidung durch den Senat.
1. § 13a StPO setzt eine durch Sachverhaltsmerkmale wie Ort, Zeit und Art der Ausführung sowie durch Bezeichnung eines bestimmten Täters konkretisierte und individualisierte Tat im prozessualen Sinne als Bezugsgegenstand des Verfahrens voraus. Die pauschale Schilderung eines Gesamtkomplexes, der eine Vielzahl lediglich allgemein umschriebener Straftaten umfasst, ist insofern ebenso wenig ausreichend wie die nur abstrakte Bezeichnung eines möglichen Täterkreises.
2. § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG ist ungeachtet des mit § 13a StPO übereinstimmenden Wortlauts weiter auszulegen. Soweit gerichtliche Untersuchungshandlungen erforderlich werden, ist gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 StPO der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts zuständig, in dem die nach § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG zuständige Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat.
Unterbrechung i.S.d. § 229 StPO bedeutet das Einschieben eines verhandlungsfreien Zwischenraums zwischen mehrere Teile einer einheitlichen Hauptverhandlung, die spätestens am Tag nach Ablauf der Unterbrechungsfrist fortzusetzen und sonst neu zu beginnen ist (§ 229 Abs. 4 Satz 1 StPO). Die Frist des § 229 Abs.1 StPO, in die weder der Tag, an dem die Unterbrechung angeordnet wird, noch derjenige, an dem die Verhandlung wiederaufgenommen wird, einzuberechnen ist, stellt keine Frist im Sinne des § 43 StPO dar.
1. Erst durch Art. 1 Nr. 4 des 49. Gesetzes zur Änderung des StGB vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10) ist die Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB auf Straftaten nach § 182 StGB erstreckt und bis zur Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers erweitert worden. Ihre Anwendung ist ausgeschlossen, wenn die für Vergehen nach § 182 StGB geltende Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes bereits abgelaufen war.
2. Wurde der Besitz kinderpornographischer Schriften durch Abspeichern von Bild- und Videodateien auf einem Computer ausgeübt, unterliegt insoweit lediglich die als Speichermedium verwendete Festplatte der Einziehung. Die Einziehung des für den Speichervorgang verwendeten Computers nebst Zubehör kann dagegen nur nach § 74 Abs. 1 Alternative 2 StGB im Rahmen einer Ermessensentscheidung erfolgen.
1. Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen nach § 257c Abs. 5 StPO über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist.
2. Ein Obhutsverhältnis i.S.d. § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfordert eine Beziehung zwischen Täter und Opfer, aus der sich für den Täter das Recht und die Pflicht ergibt, Erziehung, Ausbildung oder Lebensführung des Schutzbefohlenen und damit dessen geistig-sittliche Entwicklung zu überwachen und zu leiten, wobei sich die Begriffe der Erziehung, der Ausbildung und der Betreuung in der Lebensführung in ihrem Bedeutungsgehalt überschneiden .
3. Allein die Mitgliedschaft in einem Turnverein begründet für sich genommen regelmäßig kein Obhutsverhältnis zwischen dem jugendlichen Mitglied und den in der Vereinsarbeit tätigen Vorständen oder Trainern.
4. Ein Obhutsverhältnis kann nicht darauf gestützt werden, dass eine Jugendliche an vom Angeklagten (mit-)betreuten Trainingslagern teilnahm, wenn die sexuellen Handlungen gerade nicht während eines solchen Trainingslagers stattfanden. Ein während des Trainingslagers bestehendes Obhutsverhältnis wirkt nicht, jedenfalls nicht ohne Weiteres, für die Zeit nach dessen Beendigung fort.
5. Eine zum Nachteil des Angeklagten auf bloße Vermutungen hinsichtlich möglicherweise auftretender Folgen der Tat gestützte Strafzumessung ist unzulässig.
6. Tatfolgen einer Serie von Sexualdelikten können nur dann bei der Einzelstrafbemessung mit ihrem vollen Gewicht berücksichtigt werden, wenn sie unmittelbare Folge allein einzelner Taten sind; sind sie Folge aller abgeurteilten Straftaten, können sie strafzumessungsrechtlich nur einmal bei der Gesamtstrafenbildung berücksichtigt werden.
7. Das Schuldmaßprinzip (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB) erfordert regelmäßig eine differenzierende Zumessung der Einzelstrafen.
Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld setzt gemäß § 844 Abs. 3 Satz 1 BGB voraus, dass der Hinterbliebene zur Zeit der Verletzung zum Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis gestanden hat. Dieses Erfordernis gilt auch für die in § 844 Abs. 3 Satz 2 BGB genannten nahen Angehörigen. Die Anspruchsberechtigung für das Hinterbliebenengeld knüpft nämlich nicht an eine formelle (familienrechtliche) Beziehung des Hinterbliebenen zum Getöteten, sondern an deren tatsächliche soziale Beziehung zueinander an. Bei § 844 Abs. 3 Satz 2 BGB handelt es sich nicht um eine Fiktion des besonderen persönlichen Näheverhältnisses, sondern lediglich um eine gesetzliche Vermutung im Sinne von § 292 ZPO.
Gemäß § 27 Abs. 1 StPO entscheidet über ein Ablehnungsgesuch, wenn die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen wird, das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann das Ablehnungsgesuch selbst dann noch von dem nach § 27 StPO zuständigen beschließenden Gericht als unzulässig verworfen werden, wenn das Ablehnungsgesuch von der erkennenden Strafkammer als zulässig angesehen und in das Zwischenverfahren übergeleitet worden ist, sofern die Voraussetzungen dazu gegeben sind (vgl. BGHSt 21, 334, 337).
Wenn sowohl die Revision der Staatsanwaltschaft als auch die der Nebenklägerin erfolglos geblieben sind, hat die Nebenklägerin außer der Revisionsgebühr auch die Hälfte der gerichtlichen Auslagen zu tragen. Die durch die beiden Revisionen verursachten notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen allein der Staatskasse zur Last.