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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2019
20. Jahrgang
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Von Akad. Rat a. Zt. Dr. Thomas Grosse-Wilde
Der umfänglich, im Vergleich zu manch anderer Entscheidung fast ausufernd begründete Beschluss gehört zu einer ganzen Reihe innovativer neuerer Entscheidungen der Rechtsprechung zu den Konkurrenzen, die sich von eingefahrenen Wegen ohne viel Federlesens entfernen. Dazu gehört die bahnbrechende Entscheidung des 3. Strafsenates zur sog. Aufspaltung bei Organisationsdelikten[1] , die von Puppe als "Befreiung des Strafrechts vom naturalistischen Denken" begrüßt worden ist[2] und die in eine ähnliche Richtung weisende Aufgabe der Rechtsprechung zur Tateinheit bei der Steuerhinterziehung durch einen "äußeren Akt " (etwa in Form des Einwerfens eines Briefumschlages mit mehreren Steuererklärungen etc.).[3] Woher diese – sehr begrüßenswerte – plötzliche Dynamik herrührt, kann hier nicht näher untersucht werden und gehört wohl eher ins Feld der Richtersoziologie und ‑psychologie, jedenfalls im Bereich der Konkurrenzen greift die höchstrichterliche Rechtsprechung neuerdings bereitwillig Kritik auf[4] , verarbeitet Ansätze der Literatur und verwirft überkommene Standpunkte, wie man es sich in manch anderen Feldern des AT oder BT nur so wünschen könnte.[5]
Der vorliegende Beschluss reiht sich in diese Entscheidungen ein: Seit 40 Jahren wurde, am konsequentesten und vehementesten von Puppe,[6] die Rechtsfigur der Konsumtion kritisiert, sie sei in ihren Voraussetzungen des rezessiven, "typischen Begleitdelikts" unklar, verkürze die prozessuale Position des Beschuldigten, da der Wegfall des rezessiven Delikts im Schuldspruch im Prozess zur Folge habe, dass die Informationsfunktion von Anklagesatz, Eröffnungsbeschluss oder gerichtlichem Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO entfällt, weil das konsumierte Delikt dort nicht erwähnt werden müsse, aber trotzdem in der Strafzumessung verwertet werde könne.[7] Vorzugswürdig sei demgegenüber, solange eben das "Begleitdelikt" auch nur irgendeine Rolle in der Strafzumessung spielen könne, Idealkonkurrenz gemäß § 52 Abs. 1 StGB, während falls das Delikt eine derartige Lappalie darstelle, dass ein Staatsanwalt, der es trotzdem anklage oder ein Richter, der es trotzdem in der Strafzumessung straferschwerend verwerte, sich lächerlich machten, prozessual dieses Delikt nach § 154a StPO einzustellen sei ("prozessuale Lösung").[8] Dieser Ansicht hat sich in
neuerer Zeit insbesondere der BGH-Richter Eschelbach vollumfänglich angeschlossen.[9] Natürlich bedeutet diese "prozessuale Lösung" erst recht eine Absage an die Möglichkeit einer strafschärfenden Berücksichtigung von nach §§ 154, 154a StPO ausgeschiedenem Prozessstoff,[10] wie es allerdings nach ständiger Rechtsprechung möglich sein soll.[11]
Wenigstens für die Tatbestände des schweren Bandendiebstahls (§ 244a Abs. 1, § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Var. 1 oder § 244a Abs. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB) bzw. des Wohnungseinbruchdiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB) und der Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) gibt der BGH nunmehr seine Rechtsprechung zur Konsumtion der Sachbeschädigung auf und bejaht Idealkonkurrenz.[12] Neben den allgemeinen, oben genannten Bedenken gegen die Rechtsfigur der Konsumtion vermögen auch die deliktsspezifischen Argumente, die der BGH hierfür ins Feld führt, grundsätzlich zu überzeugen, einzig die Betonung der Möglichkeit des Auseinanderfallens der verletzten Rechtsgutsträger bei den Diebstahlsdelikten einerseits und der Sachbeschädigung andererseits erscheint etwas überpointiert. Zwar ist zutreffend, dass mit "der Sachbeschädigung eine vom Diebstahl zu unterscheidende Unrechtsdimension eröffnet (ist), die im Schuldspruch (…) zum Ausdruck kommen muss",[13] dies liegt aber weniger an der Möglichkeit des Auseinanderfallens der betroffenen Rechtsgutsträger – diese können auch etwa beim Raub und bei der Erpressung auseinanderfallen (trotzdem bliebe die Nötigung in einer 3-Personen-Konstellation nicht in Idealkonkurrenz stehen), zudem wäre ein betreffender Irrtum des Täters als bloßer error in persona unbeachtlich;[14] dies ist seinerseits ein Indiz dafür, dass die Identität des Rechtsgutsträgers bei nicht-höchstpersönlichen Rechtsgütern bis auf wenige Fälle vorhersehbarer, besonderer Vulnerabilität des Opfers für den Täter auch strafzumessungsirrelevant ist und es daher keinen entscheidenden Unrechtsunterschied macht, ob die neben den (Wohnungs-)Einbruchsdiebstahl tretende Sachbeschädigung nun "bloß" den Wohnungsinhaber oder auch einen Dritten trifft.[15] Entscheidend und hinreichend, um eine Tateinheit mit dem (Wohnungs)-Einbruchsdiebstahl zu begründen, ist vielmehr, dass eben das Beschädigungs- oder Zerstörungsunrecht dem auch schon qualifizierten Diebstahlsunrecht noch ein weiteres Unrechts-Plus hinzufügt, das, außer es handelt sich um eine relational zum Diebstahlsunrecht absolut vernachlässigbare Quantité négligeable (dann Einstellung nach § 154a StPO), nach dem Aus-
schöpfungsgebot[16] eben im Schuldspruch ausgedrückt werden sollte. Die sich dagegen sperrende und wahrscheinlich hinter der ganzen Doktrin des "lex consumens derogat legi consumptae" stehende Intuition, mit einer Verurteilung etwa wegen § 244 Abs. 1 Nr. 3 und § 303 StGB gehe eine irgendwie geartete, fehlerhafte Doppelverwertung des Unrechts zu Lasten des Angeklagten einher,[17] ist nicht zutreffend, wenn man normtheoretisch rekonstruiert, was die Rechtsfolge des § 52 Abs. 1 eben anordnet:
Durch die "Metanorm" des § 52 StGB[18] "fusionieren" beide, unvollständigen Sanktionsnormen des § 244 Abs. 1 Nr. 3 und § 303 StGB zu einer vervollständigten Strafzumessungsnorm, die auf den Einzelfall hin konzipiert ist, aber ihrer Form nach Allgemeingültigkeit beansprucht.[19] Enthält die unvollständige Strafzumessungsnorm des § 244 Abs. 1 Nr. 3 noch bloß die Wendung "wer (…) zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht", der strenggenommen noch die Unrechtsdimension der Beschädigung einer fremden Sache[20] und des kausierten Sachschadens abgeht,[21] so vervollständigt § 303 diese Norm und vice versa. Mit dieser Normfusion wird gerade vermieden, dass dem Täter mehrmals angelastet wird, etwa eingebrochen zu sein und dadurch eine Sache beschädigt oder zerstört zu haben.[22]
Die dagegen im Schrifttum vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Wenn Mitsch (trotz grundsätzlicher Zustimmung zur obigen Entscheidung) etwa despektierlich anmerkt, was denn nun der große Unterschied zwischen Konsumtion und Idealkonkurrenz sei, wenn das konsumierte Delikt sowieso straferschwerend in der Strafzumessung des dominanten berücksichtigt werden könne,[23] so ist zum einen auf die oben genannten Beschuldigten(-informations)rechte zu verweisen,[24] zum anderen auf den Grundsatz der Gesetzesbindung[25] und der sog. "Klarstellungsfunktion der Idealkonkurrenz": Zwar könnten, wie Mitsch zutreffend ausführt, sogar nicht-tatbestandsmäßige, fahrlässige Sachbeschädigungen beim Einbruchsdiebstahl als
verschuldete Auswirkungen dieser Tat gemäß § 46 Abs. 2 StGB straferschwerend wirken, indes ist die Zurechnungsmöglichkeit als verschuldete Auswirkung der Tat selbstredend kein Freibrief dafür, nunmehr idealkonkurrierend verwirklichte Delikte "unter den Tisch" fallen zu lassen, weil sowieso eine verschuldete Tatfolge i.S. eines anderen Delikts vorliegt: Wer ein lebenswichtiges Medikament stiehlt und hierdurch vorhersehbar ein Mensch stirbt, dem kann die Todesfolge als verschuldete Auswirkung des § 242 im Rahmen der Strafzumessung des Diebstahls zugerechnet werden, trotzdem tritt neben den Diebstahl aus Klarstellungsgründen ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung.[26] Das Gleiche gilt etwa für ein durch eine Falschaussage verursachte, vorsätzliche Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft (§§ 153 ff./164; 239, 25 Abs. 1 Alt. 2, 52 Abs.1 StGB).[27] Wird ein solcher Schuldspruch unterlassen, beruht normalerweise auch ein Urteil auf diesem Rechtsfehler i.S.v. § 337 StPO, da der Schuldspruch wegen eines idealkonkurrierenden Delikts den Strafausspruch gegenüber der Strafschärfung als "bloß einfache" Strafzumessungstatsache des anderen Delikts noch einmal etwas signifikanter schärft (auch wenn sich der abstrakte Strafrahmen nicht ändert) – insofern geht es um mehr als ein bloß ästhetisches Transparenzgebot.[28]
Ein anderer interessanter Aspekt wird ebenfalls von Mitsch adressiert, nämlich ob die Alternative in Fällen des Wohnungseinbruchsdiebstahls und der Sachbeschädigung wirklich "Konsumtion oder Tateinheit" laute oder nicht vielmehr "Konsumtion oder Tatmehrheit"?[29] Ausgehend von einem vor-tatbestandlichen Begriff der Handlung "im natürlichen Sinne" als Körperteilbewegung macht er zwei separate Handlungen aus, nämlich (in den der BGH-Entscheidung zugrundeliegenden Fällen) die Beschädigung der Wohnungstüren und die spätere Wegnahme der Sachen in den Wohnungen. Dabei sei das sachbeschädigende Einbrechen noch kein Versuchsbeginn zur Wegnahme, sondern eine sub specie § 242 isoliert betrachtet straflose Vorbereitungshandlung, sodass es einer "Klammerwirkung" bedürfe, um die Sachbeschädigungshandlung mit der späteren Diebstahls-Wegnahmehandlung zu verknüpfen – das mitlaufende Dauerdelikt des Hausfriedensbruchs, § 123 StGB, vermöge mangels des zu geringen Strafrahmens eine "Verklammerung" nicht zu generieren. Daher sei eine separate Strafzumessung, § 53 StGB geboten. – Dem ist zu widersprechen. Das einheitsbildende Kriterium ist hier der Tatbestand selbst, nämlich § 244, der ja alle Elemente des § 242 enthält ("wer einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat…") und damit ein mehraktiges Delikt darstellt. Das bezeichnet die h.M. als "tatbestandliche Handlungseinheit", hierdurch kommt es zu einer teilweisen Identität der Ausführungshandlungen der § 244 und § 303; die oben skizzierte, vervollständigte eine Strafzumessungsnorm der §§ 244, 303 StGB macht noch klarer deutlich, dass eine getrennte Strafzumessung hier schlichtweg nicht möglich ist, weil sich die eine Tatbestandsverwirklichung nur als nähere Bestimmung des Unrechtsgehalts der anderen auffassen lässt; dies gilt auch, wenn diese Unrechtsverknüpfung über einen Qualifikationstatbestand hergestellt wird. Dass sich das Sachbeschädigungsunrecht aus der Perspektive des Grundtatbestandes des Diebstahls hierbei als Vorbereitung darstellt, schadet strafzumessungsrechtlich nicht:
"Wenn der Anfang der Ausführung den Moment markieren soll, von dem an der Täter alle Bedingungen für die Strafbarkeit seines Verhaltens als Versuch einer Tatbestandsverwirklichung erfüllt hat, so schließt das nicht aus, daß vor diesem Zeitpunkt liegende Vorbereitungshandlungen als nähere Bestimmungen des tatbestandsspezifischen Unrechts berücksichtigt werden, wenn der Täter diese Bedingungen einmal erfüllt hat. Die tatbestandliche Handlungsbeschreibung beschränkt die zulässigen Strafzumessungstatsachen in erster Linie inhaltlich und nicht zeitlich."[30]
Das tatbestandsspezifische Unrecht des (Wohnungs‑)Ein-bruchsdiebstahls wird dadurch mitbestimmt und erhöht, dass zum Zweck seiner Durchführung eine Sachbeschädigung (und ein Hausfriedensbruch) begangen wird,[31] umgekehrt kann die Strafzumessung der Sachbeschädigung nicht sinnvoll erfolgen, ohne dass die Ziele des Täters eine Sache zu beschädigen, berücksichtigt werden (denn die Beschreibung als motivlose, "pure" Sachbeschädigung missdeutete diese Sachbeschädigungstat als reinen Vandalismus) und ohne zu berücksichtigen, welche soziale Funktion denn die fremde Sache (hier: als Wohnungstür, also als Barriere vor der Privat- und Intimsphäre) hatte – eine "blutleere" Strafzumessung des § 303 StGB, die lediglich den reinen Sachschaden taxieren würde (der die Ingerenz in die Privat- und Intimsphäre durch Aufbrechen einer Wohnungstür nicht abbilden
kann), würde also gegen § 46 Abs. 2 und das Ausschöpfungsgebot verstoßen.[32] Umgekehrt würde aber eine erschöpfende, aber gegenüber § 244 separate Strafzumessung (also § 53 StGB) gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen, daher ist die einzig axiologisch angemessene Lösung hier eine gemeinsame Strafzumessung gemäß § 52 Abs. 1 – dies ist die "geheime Weisheit der Regelung der Idealkonkurrenz in unserem Gesetz."[33]
Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung weist im Rahmen der Konkurrenzen eine ganz neue Dynamik auf, die manche im Schrifttum erschrocken hat,[34] die aber zu begrüßen und zu unterstützen ist, mit der Aufgabe der Konsumtion des § 303 von den §§ 244, 243 nicht bei einer Sonderjudikatur stehen zu bleiben, sondern die Konsumtion insgesamt als Form der Gesetzeskonkurrenz zu verwerfen.[35] Diese Rechtsprechung sollte aber zugleich eine Aufforderung an die deutsche Strafrechtswissenschaft sein, sich den Konkurrenzen und der tatschuldangemessenen Strafzumessung, um die es bei den Konkurrenzen allein geht, wieder verstärkt zuzuwenden[36] und vernachlässigte Konzepte schärfer in den Blick zu nehmen.[37] Dass man sich hierbei der Grundfrage annehmen muss, was denn überhaupt die Unterscheidung zwischen Ideal- und Realkonkurrenz trägt und es gerade aus wissenschaftlicher Sicht ein Armutszeugnis wäre, darauf keine Antwort geben zu können außer den vermeintlichen Ausweg hin zu einer Einheitsstrafe zu weisen,[38] konstatiert aus rechtsvergleichender Sicht auch Stuckenberg:
"The underlying rationale is rarely discussed and, especially in civil law countries, the distinction between concepts of ideal and real concurrence is so firmly embedded that it is accepted as »natural«. (…) Rather, the distinguishing feature is this: If the definitions of two offences partially overlap, and the respective sentences were added, the part of the conduct covered by the overlap would be counted twice.”[39]
An anderer Stelle betont er zu Recht die Parallelen zur philosophischen Handlungstheorie und Ereignisindividuations-Debatte:
"Finally (…) an apparently trivial question has to be solved which turns out to be a philosophical puzzle of the first order in legal guise: when are facts the »same« and when are offenses »different«?”[40]
Die Rechtsvergleichung könnte hierbei manche überraschende und interessante Erkenntnisse zu Tage fördern, etwa aus den US Federal Sentencing Guidelines, die Regeln aufweisen, die funktional etwa einer Bewertungseinheit qua Erfolgseinheit entsprechen[41] und sogar zu Ergebnissen gelangen, die der quasi einhellig in Deutschland verworfenen, weil "unklaren" und zur "Rechtsunsicherheit" führenden[42] Idee der Unterscheidung nach Unrechtsverwandtschaft (§ 52 StGB) versus Unrechtsfremdheit (§ 53 StGB) von Tatbestandsverwirklichungen nahekommen.[43]
[1] BGHSt 60, 308 = HRRS 2016 Nr. 110 mit Anm. Puppe JZ 2016, 478 ff.; Gazeas StV 2016, 502: "Aber auch die dogmatische Begründung dieses Rechtsprechungswandels ist bemerkenswert, ja geradezu revolutionär. Die vom Senat gelieferte Begründung kann in der konkurrenzrechtlichen Dogmatik durchaus als kopernikanische Wende bezeichnet werden (…). Hier hat sich eine vor langer Zeit begründete und seitdem kraftvoll, aber weitgehend vereinzelt gebliebene Ansicht von Puppe durchgesetzt."; bestätigt durch BGH Beschl. v. 17.12.2015 – StB 15/15, = HRRS 2016 Nr. 209; BGH 3 StR 355/16 – 20. Dezember 2016 = HRRS 2017 Nr. 205; BGH, Beschluss vom 18.12.2018 – StB 52/18 = NJW 2019, 1470.
[2] Dieselbe JZ 2016, 478 (480).
[3] Bei Rolletschke/Steinhart NZWiSt 2015, 71 hieß es noch "Die steuerstrafrechtliche Konkurrenzlehre ist weitestgehend unstreitig. Sie wird auch in der Revisionsrechtsprechung gewissermaßen gebetsmühlenartig wiederholt"; im Jahr 2018 kam es dann zu einer grundlegenden Wende mit BGH 1 StR 535/17 – Beschluss vom 22. Januar 2018 = NStZ 2019, 154 = HRRS 2018 Nr. 1061; siehe zu dieser Änderung der Rechtsprechung Rolletschke wistra 2019, 133.
[4] Exemplarisch BGH HRRS 2018 Nr. 1061 Rn. 23: "Der bisherigen Rspr. ist zudem nicht zu Unrecht vorgeworfen worden, zufällig anmutende Ergebnisse hervorzubringen (etwa Rolletschke/Steinhart NZWiSt 2015, 71). So wäre materiell-rechtlich bei Versendung von drei verschiedenen Steuererklärungen über unterschiedliche Steuerarten und Veranlagungszeiträume in einem Briefumschlag unter den sonstigen Voraussetzungen (übereinstimmende unrichtige Angaben über Besteuerungsgrundlagen) von Tateinheit auszugehen, bei Übermittlung in jeweils einem gesonderten Brief dagegen an sich von Tatmehrheit. Für die Steuerhinterziehung als auf Steuerarten und Veranlagungszeiträume bezogenes Erklärungsdelikt ist die einheitliche oder getrennte Versendung aber ohne jede Bedeutung."
[5] Auch der 7. Karlsruher Strafrechtsdialog im Juni 2019 wird sich mit der strafrechtlichen Konkurrenzlehre beschäftigen.
[6] Beginnend mit ihrer Habilitationsschrift Idealkonkurrenz und Einzelverbrechen, 1979, S. 269 f.; 322 ff.; dieselbe GA 1982, 143 (160 f.); dieselbe, in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen (Hrsg.), Nomos-Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, 5. Aufl. (2017), vor § 52 Rn. 25, 49 ff.; 56 ff.
[7] NK-Puppe (Fn. 6 ) vor § 52 Rn. 56
[8] Siehe Puppe, Idealkonkurrenz und Einzelverbrechen S. 269 f.: "Der Staatsanwalt, der die Sachbeschädigung an der Kleidung neben dem Mord oder Totschlag anklagt, würde sich lächerlich machen und nicht etwa nur aus Gründen der Prozeßökonomie, die eben nicht allein die ratio der §§ 154 f. StPO bilden. Die §§ 154 f. bieten also die einzig adäquate Lösung dieser Fälle und haben insofern nicht nur formellrechtlichen Charakter." A.A. von Heintschell-Heinegg, Jakobs-FS, S. 131 (139): "Schon im Ansatz ist nicht zu erkennen, was das Prozessrecht für das materielle Recht und seine Konkurrenzen auszusagen vermag." Wenn er zugleich das "Fehlen jeglichen Kriteriums" rügt, wann das Unrecht eines mitverwirklichten Delikts als vernachlässigbar eingestuft werden könnte (aaO) und das diesbezügliche freie Ermessen der Staatsanwaltschaft und Gerichte fürchtet, so mutet diese Befürchtung aus der Feder eines hocherfahrenen Rechtspraktikers doch etwas skurril an – wenn halbwegs brauchbare Kriterien für die Einordnung als absolute Geringfügigkeiten, § 153 StPO, gefunden worden sind, warum dann nicht für relative? Siehe zu einer flagranten Überdehnung des § 153 StPO allerdings jüngst im sog. Loveparade-Verfahren Puppe/Grosse-Wilde, JZ 2019, 334 ff.
[9] Eschelbach, in Satzger/Schluckebier/Widmaier (Hrsg.): Strafgesetzbuch, 4. Aufl. (2019), § 52 Rn. 7; 21, 27.
[10] Eine solche Vorgehensweise des Gerichts wäre selbstwidersprüchlich, Beulke/Stoffer StV 2011, 442 (446): "Gelangt man allerdings (…) einerseits zu dem Ergebnis, dass eine zusätzliche Sanktionierung entbehrlich ist, weil sie nicht beträchtlich ins Gewicht fallen würde – und damit zur Anwendung der §§ 154, 154a StPO – so vermag sich andererseits nicht zu erschließen, warum später auf die Berücksichtigung der eingestellten Taten und Delikte im Rahmen der Strafzumessung nicht verzichtet werden kann."; krit. auch Stuckenberg StV 2007, 655 (657 "nicht leicht einzusehen"; zur Vereinbarkeit mit der Unschuldsvermutung 662, 663); SSW-Eschelbach (Fn. 9 ) § 46 Rn. 111.
[11] Siehe etwa für die hiesige Fallkonstellation der strafschärfenden Berücksichtigung von nach § 154a StPO eingestellten Sachbeschädigungen im Rahmen der Aburteilung von Diebstählen BGH 1 StR 157/10 – Beschluss vom 29. Juni 2010 = HRRS 2010, 658.
[12] Im Schrifttum ist zutreffend bemerkt worden, dass dies ebenso für den neuen Privatwohnungseinbruchsdiebstahl gemäß § 244 Abs. IV und erst recht für die Strafzumessungsregel des § 243 Abs. I 2 1 Var. 1 gelten wird (Jäger JA 2019, 386[388]), der BGH verweist in seinem Beschluss ausdrücklich auf § 243 Abs. I 2 Var. 1 (BGH HRRS 2019 Nr. 186, Rn. 17).
[13] Im Schuldspruch selbst werden die Rechtsgutsträger/Opfer ja ohnehin nicht individualisiert, allerdings wird über das Strafantragserfordernis des § 303c StGB bei Verurteilung wegen Idealkonkurrenz nunmehr nötig, die Eigentumsverhältnisse bzgl. der beschädigten Sachen aufzuklären; allerdings ist nach der Rechtsprechung trotz eines fehlenden Strafantrags die nicht verfolgbare Straftat dann strafzumessungsrelevant, wenn "wenn sich die nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung als straferschwerende Modalität des zu ahndenden Delikts darstellt. Sie hat als solche Modalität aber grundsätzlich ein geringeres Gewicht als eine verfolgbare Tatbestandsverwirklichung.", BGH NJW 1994 1165 (1166); krit. etwa Bosch, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 30. Aufl. (2019), § 77 Rn. 49; Jakobs Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1991) 32/47.
[14] Siehe nur Schmitz , in: MüKo, Band 4, 3. Auflage (2017), § 242 Rn. 120; Böse GA 2010, 249 (251, 257).
[15] Die h.L. spricht bei der gleichzeitigen Verletzung mehrerer höchstpersönlicher Rechtsgüter von sog. "gleichartiger Idealkonkurrenz" und will damit aufgrund ihres Gewichts und ihrer existenziellen Bedeutung für ihren Träger vermeiden, diese zu einem einzigen Unrechtserfolg zusammenzufassen. Puppe hält dies für eine "Scheinlösung" (Idealkonkurrenz und Einzelverbrechen, S. 241) und befürwortet sogar Realkonkurrenz. – Bei nicht-höchstpersönlichen Rechtsgütern (krit. zu dieser Unterscheidung SSW-Eschelbach[Fn. 9 ]§ 52 Rn. 61 – diese ist aber durchführbar, höchstpersönliche sind cum grano salis solche Rechte/Rechtsgüter, die nicht übertragbar oder zur Nutzung überlassbar sind, siehe Jakobs AT [Fn. 13 ]32/19 f.) erscheint hingegen eine Aufspaltung von Unrechtserfolgen nicht angebracht, so auch NK-Puppe (Fn. 6 ), § 52 Rn. 17, 22; Jakobs AT 32/20; a.A. Moore, Act and Crime, 1993, S. 364 f. etwa für den Fall des Diebstahls einer Tasche, in der sich zwei wertvolle Uhren unterschiedlicher Eigentümer befinden – "two victim-relative wrongs".
[16] Siehe zum Ausschöpfungsgebot als neben dem Doppelverwertungsverbot allgemeinen Prinzip der Konkurrenzlehre NK-Puppe (Fn. 6 ), vor § 52 Rn. 2, 4. Danach darf eine unrecht- oder schuldbegründende, also strafschärfende Tatsache, nicht um dessentwillen unberücksichtigt bleiben, weil der Täter noch anderes, insb. schwereres Unrecht begangen hat; dies ergibt sich nicht nur aus dem Schuldprinzip, sondern aus dem noch allgemeineren Grundsatz der Rechtsanwendung, dass niemand aus seinem eigenen Unrecht Vorteile ziehen soll; siehe auch Jakobs AT (Fn. 13 ) 33/4: "Keine deliktische Qualität verliert ihre Relevanz für die Strafzumessung, weil der Täter noch mehr an Quantität verwirklicht hat." – In der Sache spricht der Senat in den Rn. 36, 37 der zu besprechenden Entscheidung BGH HRRS 2019 Nr. 186 dieses Ausschöpfungsgebot gerade an – die Konsumtion widerspricht dem diametral.
[17] Auch Vogler, in: Arth. Kaufmann/Bemmann/Krauss/Volk (Hrsg.), Festschrift für Paul Bockelmann (1978), S. 715 (721 f.) spricht von dem Gedanken der unzulässigen Doppelbestrafung.
[18] Vgl. Puppe, Idealkonkurrenz und Einzelverbrechen, S. 131; Metapher übernommen von Grosse-Wilde, Erfolgszurechnung in der Strafzumessung, 2017, S. 174.
[19] Puppe , Idealkonkurrenz und Einzelverbrechen, S. 70; zustimmend Grosse-Wilde, Erfolgszurechnung (Fn. 16 ) S. 168; derselbe, HRRS 2009, 363 (365 f.); Giannoulis, Studien zur Strafzumessung, 2014, S. 63.
[20] Weder § 244 noch § 243 verlangen, dass es sich um eine "fremde Wohnung" oder einen "fremden umschlossenen Raum" handelt muss, sodass etwa der Vermieter oder Hotelier, der mit verbotener Eigenmacht rechtswidrig fremde Sachen des Mieters/Hotelgastes aus dessen Wohnung/Hotelzimmer stiehlt, einen Wohnungseinbruchsdiebstahl geht (vgl. RGSt 30, 389 [390]zu § 243: "Für die erhöhte Strafbarkeit dieses Diebstahls ist die besondere Geflissentlichkeit und Hartnäckigkeit des Diebes entscheidend, welche in der der gewaltsamen Öffnung des Behältnisses zu Tage tritt, in der die gestohlene Sache verwahrt ist. Darum ist begrifflich die Annahme des schweren Diebstahls dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Thäter Eigentümer oder Bewohner des Gebäudes ist, in welchem er auf die bezeichnete Art gestohlen hat."); vgl. zur Frage, ob man Hotelzimmer von § 244 umfasst ansieht, BGH StV 2001, 624; NK-Kindhäuser § 244 Rn. 53.
[21] Das dominant hinter der Strafschärfung des § 244 stehende Rechtsgut ist also nicht ein erhöhter Sacheigentumsschutz im Sinne eines materialistischen Verständnisses des Wohn-Eigentums (und wohl auch nicht der Schutz von in einer Wohnung – und damit besonders sicher – aufbewahrten Gegenständen, BGHSt 61, 285[288], sondern der Schutz der räumlichen Privat- und Intimsphäre des faktischen Wohnungsinhabers unabhängig etwa von der Frage, ob er dort rechtmäßig wohnt etc.; die (angereicherte, vervollständigte) Strafzumessungsnorm des § 244 kann freilich weitere Rechtsgüter aufnehmen, z.B. den Schutz des Sacheigentums vor Beschädigung und Zerstörung.
[22] Dass durch eine Ausweitung der Idealkonkurrenz eine gewisse Griffigkeit und laienhafte Anschaulichkeit des Urteilstenors verlorengeht, ist mit Puppe, Strafrecht Allgemeiner Teil im Spiegel der Rechtsprechung, 4. Aufl. 2019 § 33 Rn. 22 f. ("Das kann zur umständlichen Formulierung des Tenors führen") durchaus zu konzedieren, allerdings überwiegen die Vorteile einer solchen Vorgehensweise beiweiten ggü den Nachteilen einer schwereren laienpsychologischen Verständlichkeit des Urteilstenors; zudem – dringt der Verurteilte bis zu den Ausführungen seines Urteils zur Strafzumessung vor, wird er bemerken, dass mit der Länge des Urteilstenors keineswegs eine unfaire Doppelverwertung zu seinen Lasten einhergegangen ist.
[23] Derselbe NJW 2019, 1091; auch der 2. Strafsenat hat bzgl. der Unterscheidung von Gesetzes- und Idealkonkurrenz einmal von einem nur "optischen Effekt" gesprochen, BGH NStZ 1994, 430 (431); krit. hierzu NK-Puppe (Fn. 6 ), vor § 52 Rn. 49.
[24] Das gilt insbesondere für den Anklagesatz, da nach der Rechtsprechung des BGH Umstände, die ausschließlich für die Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind, nicht zum notwendigen Inhalt des Anklagesatzes gehören, BGHSt 29, 124 ( 126 ); 29, 274 ( 276 ); die Sachlage entschärft sich dadurch, dass wohl analog § 265 StPO auf eine im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängte und damit im Anklagesatz nicht genannte Norm hingewiesen werden müsste, sofern sie bei der Strafzumessung berücksichtigt werden soll, so auch Eschelbach, in: Graf (Hrsg.), Beck’scher Onlinekommentar zur Strafprozessordnung, § 265 Rn. 8 (33. Edition 1.4.2019).
[25] Diesen betont im Rahmen der Konkurrenzen und der Ablehnung der Konsumtion auch SSW-Eschelbach (Fn. 9 ), § 52 Rn. 7; NK-Puppe (Fn. 6 ), vor § 52 Rn. 4.
[26] Siehe näher Grosse-Wilde, Erfolgszurechnung (Fn. 16 ), S. 548 f. in Fn. 219 mit dem Beispiel einer aufgrund einer zuvor durchlittenen Vergewaltigung vorgenommenen Selbsttötung des Opfers (sofern die subjektiven Zurechnungsvoraussetzungen erfüllt sind, sollte § 222 neben § 177 aus Klarstellungsgründen tenoriert werden und nicht bloß als verschuldete Auswirkung der Vergewaltigung); auf den S. 517 ff. auch zur intrikaten Frage, ob der Fahrlässigkeitsmaßstab in der strafzumessungsrechtlichen Folgenzurechnung derselbe ist wie in der Strafbegründung.
[27] Vgl. zu einem solchen Fall der Ex-Geliebten des Moderators Kachelmann OLG Frankfurt, BeckRS 2016, 17169.
[28] Siehe Grosse-Wilde, Erfolgszurechnung (Fn. 16 ), S. 367 in Fn. 78: "Der Straftäter muss einen "Bonus" davon haben, dass er eine weitere Strafnorm nicht verletzt hat."; a.A. für die irrige Annahme von Konsumtion statt Idealkonkurrenz Fahl JR 2019, 114 (117) – bloße Schuldspruchberichtigung analog § 354 Abs. 1 StPO käme in Betracht – dagegen aber wiederum (zutreffend) Meyer-Goßner/Schmitt, 61. Aufl. 2018, § 354 Rn. 21: bei zusätzlicher Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Straftat müsse die Sache idR im Strafausspruch zurückverwiesen werden mit Verweis auf BGH NJW 1977, 1300 (1301).
[29] Derselbe NJW 2019, 1091.
[30] Puppe, Idealkonkurrenz und Einzelverbrechen, S. 193 f. mit Verweis auf Beling; dieselbe, ZIS 2007, 254 (258); zustimmend Grosse-Wilde (Fn. 16 ), S. 422 f.; a.A. wohl Jakobs, Theorie der Beteiligung (2014), S. 10: "Insbesondere gehört ein Verhalten im Vorbereitungsstadium nicht zum Unrecht des vorbereiteten Delikts (anders allerdings das Versuchsverhalten) und wird auch später nicht zu einem Unrecht. Unrecht ist, wenn keine Sonderregelungen eingreifen (und diese könnten allenfalls ein besonderes Unrecht konstatieren), allein die Tatbestandsverwirklichung".
[31] Siehe Puppe, Idealkonkurrenz und Einzelverbrechen, S. 174 f.; daher muss strenggenommen eine gemeinsame Strafzumesssungsnorm dreier Straftatbestände, §§ 244, 303, 123 (die somit alle unrechtsverwandt sind) gebildet werden – § 52 Abs. 1.
[32] Nur zur Klarstellung sei erwähnt, dass natürlich die (nicht-tatbestandlichen) Ziele des Täters nicht allein hinreichend sind, um verschiedene Tatbestandsverwirklichungen in Idealkonkurrenz aufgehen zu lassen – wer heute eine Sachbeschädigung begeht, um an einen Schlüssel zu gelangen und diesen unbefugt für einen Diebstahl aus einer Wohnung am nächsten Tag zu benutzen, begeht eine Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit § 242 (die §§ 243, 244 wären mangels des Vorliegens eines falschen Schlüssels nicht erfüllt).
[33] Puppe JuS 2017, 637 (639).
[34] Siehe Fahl JR 2019, 107 (117), der von einer leichtfertigen Aufgabe der Konsumtion spricht und diese mit dem "Brexit" vergleicht; indes, diese Rechtsprechung knüpft ja an eine 40jährige Diskussion (siehe oben, bei und in Fn. 6 ) an, in der die Argumente hinreichend klargestellt und ausgetauscht worden sind.
[35] So auch Puppe (Fn. 6 ); SSW-Eschelbach (Fn. 9 ) § 52 Rn. 7; 21, 27; siehe auch Jäger JA 2019, 386 (389): "Alles in allem wirft die Entscheidung des 2. Senats daher vielleicht bereits ein Licht voraus auf ein notwendiges grundsätzliches Umdenken und markiert damit möglicherweise den Anfang vom (weitgehenden) Ende des Rechtsinstituts der Konsumtion, obgleich der 2. Senat hiervon selbst noch nichts wissen will."
[36] So für die Strafzumessung im allgemeinen auch Hörnle ("untererforscht"), in: Dreier (Hrsg.), Rechtswissenschaft als Beruf, 2018, S. 183 (208).
[37] So auch grundsätzlich (wenn auch i.E. Puppes Lehre ablehnend) Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil Band II (2003), § 33 Rn. 79: "So muß es also bei der überlieferten Auffassung von der mindestens teilweisen Identität der Ausführungsakte bleiben. Puppes anregende Ideen zeigen jedoch die Notwendigkeit, die gesamte Konkurrenzlehre unter kriminalpolitischen und strafzumessungsrechtlichen Gesichtspunkten neu zu durchdenken."; neuerdings empfiehlt auch Stahl, Strafzumessungstatsachen zwischen Verbrechenslehre und Straftheorie, 2015, S. 143 in Fn. 550 der Wissenschaft, verstärkt ihr Augenmerk auf Puppes Arbeiten zu richten; siehe auch de Figueiredo Dias, Puppe-FS, S. 403 (415 f.).
[38] Abl. hierzu zu Recht unter einer Strafrechtsordnung, die allenthalben das Tatschuldprinzip betont Jakobs AT (Fn. 13 ) 31/10; NK-Puppe (Fn. 6 ), § 52 Rn. 6: "Unabhängig v. der Entsch. für oder gegen die Einheitsstrafe, steht fest, dass eine Strafrechtsdogmatik, die die Einheitsstrafe deshalb fordert, weil sie sich nicht in der Lage sieht, verschiedene Verbrechen eines Täters zu unterscheiden, das Tatschuldprinzip preisgegeben hat, denn was soll das Tatschuldprinzip noch bedeuten, wenn nicht bestimmbar ist, was eine Tat ist."; befürwortend hingegen u.a. Erb ZStW 117 (2005), 37 (41 ff. mwN).
[39] Stuckenberg, in: Fischer/Kreß/Lüder (Hrsg.), International and National Prosecution of Crimes Under International Law (2001), 559 (599) mit Verweis auf Puppe in Fn. 186.
[40] Stuckenberg , Criminal Law Forum 16 (2005), 361 f. mit Verweis u.a auf Donald Davidson, The Individuation of Events, in: Essays on Actions and Events, S. 163 ff. (2001); Michael S. Moore, Act and Crime, 1993; auf die Paralleldebatte habe ich auch hingewiesen in Grosse-Wilde, ARSP-Beiheft 135 (2012), 45 (47 f.).
[41] Darauf weist schon Stuckenberg hin, ZStW 112 (2001), 146 (173 in Fn. 125); für die Erfolgseinheit als "verkappte Form der Idealkonkurrenz" siehe näher Puppe, ZIS 2007, 254; zustimmend SSW-Eschelbach (Fn. 9 ) § 52 Rn. 2, 31, 49 f.
[42] So die Kritik bei Roxin, AT II (Fn. 34 ) § 33 Rn. 78; von Heintschel-Heinegg, in: MüKo, Band 2, 3. Aufl. (2016), § 52 Rn. 83.
[43] Nach den US Federal Sentencing Guidelines werden inhaltlich eng zusammenhängende Tatbestände zusammengefasst ("grouping together") und daher strafzumessungsrechtlich wie ein Tatbestand behandelt – Chapter 3 Part D Introductory Commentary: "Essentially, the rules in this Part can be summarized as follows: (…) When offenses are closely interrelated, group them together for purposes of the multiple-count rules, and use only the offense level for the most serious offense in that group.” §3D1.2 USSG (Stand 1.11.2018) lautet: "All counts involving substantially the same harm shall be grouped together into a single Group.” In den diesbezüglichen Erläuterungen zu §3D1.2 USSG heißt es: "For offenses in which there are no identifiable victims (e.g., drug or immigration offenses, where society at large is the victim), the »victim« for purposes of subsections (a) and (b) is the societal interest that is harmed. In such cases, the counts are grouped together when the societal interests that are harmed are closely related. Where one count, for example, involves unlawfully entering the United States and the other involves possession of fraudulent evidence of citizenship, the counts are grouped together because the societal interests harmed (the interests protected by laws governing immigration) are closely related. In contrast, where one count involves the sale of controlled substances and the other involves an immigration law violation, the counts are not grouped together because different societal interests are harmed .” – Puppe nennt entsprechend als Beispiel für die wenigen Fälle einer einheitlichen "natürlichen" Handlung, aber Unrechtsfremdheit den Fall eines Autofahrers, der unbefugt mit einem fremden Wagen und ohne Führerschein Rauschgift über die Grenze bringt; hierbei sei die Tatsache, dass es sich um ein und dasselbe Autofahren handele, kein Grund, die Gebrauchsanmaßung (§ 248 b Abs. 1 StGB), das Fahren ohne Führerschein (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) und das Rauschgiftdelikt (§ 29 Abs. I Nr. 1 BtMG) zu einer Einheit (§ 52 StGB) zusammenzufassen, Puppe, GA 1982, 143 (158 f.) ergo läge Tatmehrheit vor. – Weitere Ausführungen würden den Rahmen dieser Anmerkung sprengen.