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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2019
20. Jahrgang
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1. Die steuerrechtliche Erklärungspflicht ist ein besonderes persönliches Merkmal bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen. (BGHSt)
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird zwischen täterbezogenen persönlichen Merkmalen, die als besondere persönliche Merkmale im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB behandelt werden, und tatbezogenen persönlichen Merkmalen, auf welche die Vorschrift keine Anwendung findet, unterschieden (vgl. BGHSt 39, 326, 327 f.). Die Abgrenzung hängt davon ab, ob das betreffende Merkmal im Schwergewicht die Tat oder die Persönlichkeit des Täters kennzeichnet (st. Rspr.). Umstände, die eine besondere Gefährlichkeit des Täterverhaltens anzeigen oder die Ausführungsart des Delikts beschreiben, sind in der Regel tatbezogen (vgl. BGHSt 41, 1, 2 mwN). Subjektive Umstände, wie die Absicht bei § 242 StGB, können tatbezogen sein, wenn sie das Bild der Tat prägen (vgl. BGHSt 55, 229, 232). Objektive Umstände, wie die Vermögensbetreuungspflicht in § 266 StGB (st. Rspr.), die Arbeitgebereigenschaft bei § 266a StGB sowie die für die täterschaftliche Begehung des § 283 StGB erforderliche Pflichtenstellung als Schuldner, können täterbezogen sein, wenn sie eine besondere Pflichtenstellung höchstpersönlicher Art umschreiben. Die Einordnung erfolgt unter Beachtung der Schutzrichtung des jeweiligen Straftatbestandes (vgl. BGHSt 41, 1, 5 mwN). (Bearbeiter)
3. Im Bereich der durch Pflichten gekennzeichneten Merkmale ist für die Abgrenzung letztlich maßgeblich, welche Art von Pflicht das Merkmal umschreibt. Umschreibt es eine vorstrafrechtliche Sonderpflicht, wird eher die Persönlichkeit des Täters gekennzeichnet, ist das Merkmal täterbezogen. Handelt es sich dagegen um ein strafrechtliches, an Jedermann gerichtetes Gebot, wird eher die Tat gekennzeichnet, ist das Merkmal tatbezogen (vgl. BGHSt 41, 1, 4 f. mwN). (Bearbeiter)
4. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter – auch Mittäter – einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur
Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. BGHSt 58, 218, 227). Den Verpflichteten trifft damit – ungeachtet dessen, dass die steuerrechtlichen Erklärungsvorschriften potentiell viele treffen können – im konkreten Fall jedenfalls eine Sonderpflicht, die – ebenso wie die Pflichtenstellung eines Schuldners in § 283 StGB – höchstpersönlicher Art ist (vgl. BGHSt 58, 115, 117 f.). (Bearbeiter)
1. Der Senat hat die für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG erforderliche Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des verbotenen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG in der vom 13. August 2013 bis zum 17. Dezember 2015 gültigen Fassung nicht gewonnen.
2. Dies gilt auch angesichts der vom 3. Strafsenat im Beschluss vom 7. August 2018 – in nicht tragenden Entscheidungsgründen – geäußerten Bedenken, ob die in § 95 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 6a Abs. 1 und 2 AMG aF enthaltene Verweisung auf die jeweils geltende Fassung des Anhangs des Übereinkommens gegen Doping mit der nach Art. 103 Abs. 2 GG gebotenen gesetzgeberischen Rechtssetzungshoheit in Einklang zu bringen ist.
1. Erfolgt die Aufzucht von Marihuanapflanzen zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Absatzes der geernteten Pflanzen, geht der Anbau als unselbständiger Teilakt in der Bewertungseinheit des Handeltreibens auf. Gesonderte Anbauvorgänge sind dann grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten.
2. Es kommt nicht darauf an, ob die Pflanzen sukzessive oder gleichzeitig in einer oder mehreren Plantagen angebaut werden. Maßgeblich ist allein der jeweilige Verkaufsvorgang. Dieser stellt die Zäsur des Anbaus dar. Mit ihm konkretisiert sich die Tat des Handeltreibens und trennt die zur Erzeugung des verkauften Betäubungsmittels notwendigen Anbauvorgänge von denen ab, die der Herstellung der nächsten Lieferung und damit der nächsten Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dienen.
3. Nichts anderes gilt, wenn Betäubungsmittel aus einer Plantage mit Pflanzen unterschiedlicher Reifungsgrade, die sukzessiv nach ihrer Reife geerntet werden, verkauft werden oder die Aufzucht der Pflanzen aus dem nachfolgenden Anbauvorgang noch vor der Ernte der zuvor gezüchteten Pflanzen begonnen wurde. Denn daraus folgt nur eine Gleichzeitigkeit der Anbauvorgänge im Sinne einer zeitlichen Überschneidung, die für eine tateinheitliche Verbindung als solche nicht ausreicht. Der bloße gleichzeitige Besitz der bereits abgeernteten, zum Verkauf bei Erreichen einer entsprechenden Menge bereitliegenden Blüten einerseits und der noch auf dem Halm befindlichen Blüten hat nicht die Kraft, die getrennten Handelstätigkeiten zur Tateinheit zu verbinden.
4. Die Mitgliedschaft in einer Bande bedeutet nicht automatisch ein täterschaftliches bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln; die Frage nach einer Bandenmitgliedschaft ist streng von der Frage nach der Beteiligungsform zu trennen. Die Feststellung der Bandenmitgliedschaft vermag daher konkrete Feststellungen, welche die Annahme mittäterschaftlicher Mitwirkung an der einzelnen Bandentat tragen, nicht zu ersetzen. Zu den wesentlichen Anhaltspunkten für die Beurteilung, ob ein Tatbeteiligter beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Mittäter oder nur Gehilfe ist, zählt auch der Umfang der Tatbeteiligung, wobei vor allem darauf abzustellen ist, welche Bedeutung dem konkreten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt.
5. Die bandenmäßige Begehung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse der im Gesetz genannten Betäubungsmitteldelikte zu begehen. Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich allein nach der deliktischen Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede. Die Begründung der Mitgliedschaft folgt nicht aus der Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus. Mitglied einer Bande kann auch derjenige Tatbeteiligte sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen. Dass sämtliche Angeklagten sich untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren, ist dafür ebenso wenig erforderlich wie ein bestimmender Einfluss eines jeden auf die Aufzucht der Pflanzen sowie den An- und Verkauf. Auch bei untergeordneten Hilfstätigkeiten kann das wiederholte deliktische Zusammenwirken – wenn auch nicht ohne Weiteres – für eine zumindest stillschweigende Bandenabrede sprechen. Kauft allerdings ein am Betäubungsmittelhandel Beteiligter das von anderen geerntete und verkaufsfertig verpackte Marihuana „auf Kommission“, bedarf die Annahme einer mit diesem getroffenen Bandenabrede regelmäßig näherer Feststellungen. Gleiches
gilt für die Mitgliedschaft eines Beteiligten in einer Bande, von der er lediglich Setzlinge für die Aufzucht in einer anderen Plantage abholt.
6. Der Verbrechenstatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es vereinzelt zu Ernteausfällen kommt. Der Tatbestand ist verwirklicht, wenn mit der Aufzucht der Pflanzen eine nicht geringe Menge des Betäubungsmittels erzielt werden soll.
7. Leistet ein Mittäter oder Gehilfe bei einer Deliktsserie, an der mehrere Personen beteiligt sind, einen nur bestimmte Einzeltaten fördernden Tatbeitrag, so sind ihm nur diese Taten – tateinheitlich oder tatmehrheitlich – zuzurechnen.
8. Bei der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c StGB) ist in den Blick zu nehmen, dass zwar die Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften einzuziehen sind, soweit der Täter selbst wenigstens faktische Mitverfügungsgewalt erlangt hat, dass aber nur ein durch die Straftat tatsächlich erlangter, nicht indes ein aus sichergestellten Ernten lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs der Einziehung unterliegt.
1. Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt unter anderem voraus, dass der Täter den bei der Tat mit sich geführten Gegenstand, wenn es sich bei diesem nicht um eine Schusswaffe handelt, zur Verletzung von Personen bestimmt hat. Um dieses Qualifikationsmerkmal zu verwirklichen, bedarf es einer darauf gerichteten Zweckbestimmung des Täters, die vom Tatrichter grundsätzlich näher festgestellt und begründet werden muss. Nähere Feststellungen zur subjektiven Bestimmung des Verwendungszwecks sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber entbehrlich, wenn der Täter einen Gegenstand mit sich führt, der als Waffe im technischen Sinne gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2a WaffG anzusehen ist oder zu den gekorenen Waffen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2b WaffG gehört. Denn bei diesen Waffen liegt eine subjektive Bestimmung zur Verletzung von Personen so nahe, dass keine weiteren Darlegungen hierzu im tatrichterlichen Urteil erforderlich sind.
2. Nicht verbotene Springmesser nach Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2.1.1 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG gehören zu den gekorenen Waffen gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2b WaffG.
1. Gesonderte Anbauvorgänge, die auf eine gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, sind grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten. Eine Bewertungseinheit kann nicht alleine durch den Besitz verschiedener zum Handeltreiben bestimmter Rauschgiftmengen aus verschiedenen Liefer- oder Anbauvorgängen begründet werden, soweit die Betäubungsmittel nicht zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat vereint wurden.
2. Mehrere Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln stehen jedoch unabhängig von einer Bewertungseinheit zueinander dann in Tateinheit, wenn ihre tatbestandlichen Ausführungshandlungen sich (teilweise) überschneiden. Der gleichzeitige Besitz zweier für den Verkauf bestimmter Vorräte vermag insoweit jedenfalls dann Tateinheit in diesem Sinne zu begründen, wenn die Art und Weise der Besitzausübung über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass – etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs – die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die Ausübung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die andere darstellt.
Mit Erlass einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe von nicht mehr als zwei Jahren wird auch der Strafmakel als beseitigt erklärt (§ 100 Satz 1 JGG). Dies hindert den Tatrichter jedoch nicht an der strafschärfenden Berücksichtigung dieser erlassenen Vorstrafe. Ein Verwertungsverbot entsteht gemäß § 51 Abs. 1 BZRG erst, wenn die Verurteilung im Bundeszentralregister getilgt oder zu tilgen ist.