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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2019
20. Jahrgang
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Die Haupttat einer Beihilfe muss in den Urteilsgründen hinreichend genau, vor allem auch hinsichtlich der Tatzeit, festgestellt sein.
1. Erweist sich das auf Erfolgsabwendung gerichtete Handeln des Versuchstäters als erfolgreich und für die Verhinderung der Tatvollendung ursächlich im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative StGB, so kommt es nicht darauf an, ob dem Täter schnellere oder sichere Möglichkeiten der Erfolgsabwendung zur Verfügung gestanden hätten; das Erfordernis eines „ernsthaften Bemühens“ gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt für diesen Fall nicht.
2. Verschleierungsbemühungen schließen einen Rücktritt nicht aus, wenn die Verhinderung der Tatvollendung Teil dieser Bemühungen ist; anders ist dies nur, wenn die Tatvollendung im Rahmen der Verschleierungshandlung lediglich aus Versehen verhindert wird.
3. Zwar ist es nach § 267 StPO nicht angezeigt, sondern regelmäßig sogar verfehlt, dass die Einlassung des Angeklagten in allen Einzelheiten in den Urteilsgründen wiedergegeben wird. Um die Beweiswürdigung des Tatrichters auf sachlich-rechtliche Fehler überprüfen zu können, ist es allerdings geboten, dass jedenfalls zum eigentlichen Tatvorwurf eine geschlossene und zusammenhängende Wiedergabe der wesentlichen Grundzüge der Einlassung erfolgt.
1. Fehlgeschlagen ist ein Versuch nur dann, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt, oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Scheidet ein Fehlschlag aus, kommt es auf die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an.
2. Ein unbeendeter Versuch eines Tötungsdelikts, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, liegt vor, wenn der Täter nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich ist. Ein beendeter Tötungsversuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen, wenn er zu diesem Zeitpunkt den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.
3. Allen Fällen aber ist gemeinsam, dass das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung von maßgebender Bedeutung ist. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Voraussetzung für eine strafbare Verantwortung im Wege der sukzessiven Mittäterschaft ist, dass jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als
Mittäter eingreift und er sich – auch stillschweigend – mit dem anderen vor Beendigung der Tat zu gemeinschaftlicher weiterer Ausführung verbindet. Daran fehlt es, wenn für die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolgs bereits alles getan oder das Geschehen vollständig abgeschlossen ist, selbst wenn die hinzutretende Person dessen Folgen kennt, billigt und ausnutzt.
2. Hat ein Angeklagter durch seine Angaben wesentlich dazu beigetragen, die verübte Tat über seinen eigenen Beitrag hinaus aufzuklären, ist zu prüfen, ob von der gegebenenfalls eröffneten Milderungsmöglichkeit nach § 49 StGB Gebrauch gemacht oder unter Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes ein minder schweren Fall bejaht werden kann. Dass der Angeklagte seine Tatbeteiligung bestritten hat, steht der Anwendung des § 46b Abs. 1 StGB nicht entgegen.
1. Das zur Erfüllung des Tatbestands der Hehlerei erforderliche einvernehmliche Handeln zwischen Vortäter und Hehler liegt auch in Fällen vor, in denen das Einverständnis des Vortäters auf einer Täuschung beruht. (BGHSt)
2. Ein „Sich-Verschaffen“ im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB ist gegeben, wenn der Täter eigene Verfügungsgewalt über die Sache erlangt, so dass er über sie zu eigenen Zwecken verfügen kann und dies auch will. Die Tat ist vollendet, wenn der Täter eigene Verfügungsgewalt über die Sache begründet und der Vortäter die Möglichkeit verloren hat, auf sie einzuwirken. (Bearbeiter)
3. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt § 259 Abs. 1 StGB in diesen und allen anderen Tatvarianten als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einvernehmliches Handeln zwischen Hehler und Vortäter voraus. An dem zur Tatbestandserfüllung erforderlichen Einvernehmen fehlt es, wenn der Hehler die eigene Verfügungsgewalt über die Sache durch Wegnahme begründet oder dem Vortäter die Verfügungsgewalt über die Sache abnötigt; deshalb ist nicht wegen Hehlerei strafbar, wer die Verfügungsgewalt über die gestohlene Sache durch Nötigung des Vortäters herstellt. Das zur Erfüllung des Tatbestands der Hehlerei erforderliche einvernehmliche Handeln zwischen Vortäter und Hehler liegt jedoch auch in Fällen vor, in denen das Einverständnis des Vortäters auf einer Täuschung beruht. Hehlerei in der Variante des Sich-Verschaffens begeht daher auch derjenige, der die Verfügungsgewalt über die gestohlene Sache durch Betrug des Vortäters erlangt. (Bearbeiter)
1. Zahlungen auf eine Nichtschuld bewirken einen Vermögensschaden i.S.d. § 263 StGB in entsprechender Höhe (im Anschluss an BGH HRRS 2013 Nr. 185). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Leistungsanspruch verwirkt (vgl. § 654 BGB) und die Leistung – hier: Zahlungen einer Landesjustizverwaltung für Sachverständigengutachten an eine formal nicht qualifizierte Person – vom Leistungsempfänger aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückzugewähren ist.
2. § 654 BGB enthält den allgemeinen – für privat- wie für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse anwendbaren – Rechtsgedanken, dass ein Dienstverpflichteter einen an sich bestehenden Vergütungsanspruch verwirken kann, wenn das Dienstverhältnis besondere Treuepflichten begründet und er gegen diese in schwerwiegender, insbesondere strafrechtlich relevanter Weise verstößt. Diese Voraussetzungen sind bei der Erschleichung von Gerichtsaufträgen durch die Täuschung über die Qualifikation als gerichtlicher Sachverständiger regelmäßig erfüllt.
3. Eine Verwirkung des Vergütungsanspruchs kann selbst dann eintreten, wenn die vorgetäuschte Qualifikation (hier: Titel als Diplom-Psychologe) keine zwingende Voraussetzung für die Übernahme der Sachverständigentätigkeit war. Denn die Täuschung stellt nicht notwendig die fachliche Eignung in Frage, sondern die persönliche Zuverlässigkeit und Integrität. Diese persönliche Ungeeignetheit führt regelmäßig dazu, dass eine Verwertbarkeit der Gutachten grundsätzlich ausscheidet; diese sind vielmehr wertlos und mit „Null“ anzusetzen.
4. Als Sachverständigen im familiengerichtlichen Verfahren gemachten Angaben zur Person – und damit auch die
zur beruflichen Stellung – unterfallen § 153 StGB. Denn nach § 30 Abs. 1 FamFG, §§ 402, 395 Abs. 2 S. 1 ZPO sind auch die Angaben zur Person Teil der Vernehmung des Sachverständigen und somit von der Wahrheitspflicht umfasst. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Sachverständigeneid nach § 410 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht auf die Angaben zur Person des Sachverständigen bezieht. Denn § 153 StGB schließt auch den Teil der Vernehmung ein, der nicht von einer etwaigen Eidesleistung umfasst ist.
1. Tatsachen sind alle gegenwärtigen oder vergangenen Ereignisse oder Zustände, die dem Beweis zugänglich sind. Bloße Werturteile wie Rechtsauffassungen, Meinungsäußerungen oder reklamehafte Anpreisungen sind demgegenüber grundsätzlich keine Tatsachen im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB. Etwas anderes gilt dann, wenn sie zugleich einen greifbaren, dem Beweis zugänglichen Tatsachenkern enthalten. Welcher Inhalt einer Erklärung zukommt, hat der Tatrichter anhand des Empfängerhorizonts und der Erwartungen der Beteiligten zu ermitteln und festzustellen.
2. Auch in der Geltendmachung einer Forderung, auf die kein Anspruch besteht, kann eine schlüssige Täuschung über Tatsachen liegen. Dies ist der Fall, wenn mit dem Einfordern der Leistung ein Bezug zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder das Vorliegen eines den Anspruch begründenden Sachverhalts behauptet wird. Wann der Rechtsverkehr der Geltendmachung einer Forderung schlüssig zugleich die Behauptung bestimmter Tatsachen beimisst, ist Tatfrage.
3. Ein Schaden im Sinne des § 263 StGB entsteht, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Ein solcher Vermögenszuwachs tritt auch ein, soweit durch die Verfügung das Vermögen des Verfügenden von einer Verbindlichkeit befreit wird.
4. Ein Schaden in diesem Sinne kann auch vorliegen, wenn ein geltend gemachter Erstattungsanspruch nicht in voller Höhe besteht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes im Zusammenhang mit einem anwaltlichen Mahnschreiben lediglich eine Geschäftsgebühr für ein einfaches Schreiben gemäß Nr. 2301 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG mit einem Gebührensatz von 0,3 rechtfertigt, aber eine 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV gefordert wird.
5. Der Rechtsverkehr dürfte dem Einfordern einer konkreten anwaltlichen Gebühr die Erklärung beilegen, die tatsächlichen Voraussetzungen ihrer Entstehung seien erfüllt. Aufgrund der konkreten Geltendmachung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG dürfte anwaltlichen Mahnschreiben die schlüssige Erklärung zu entnehmen sein, die Rechtsanwälte seien über das einfache Schreiben hinaus auch mit einer weiter gehenden rechtlichen Prüfung oder Beratung beauftragt worden.
6. Die Abgrenzung zwischen anwaltlicher und reiner Inkassotätigkeit hängt davon ab, ob die dem Rechtsanwalt eigentümliche Aufgabe, rechtlichen Beistand zu leisten, so in den Hintergrund tritt, dass seine Dienste als reine Inkassotätigkeit zu werten sind. Ein Rechtsanwalt, der mittels seiner Büroorganisation vollautomatisiertes Mengeninkasso in Form des massenhaften Versendens standardisierter Mahnschreiben betreibt, übt ein rein kaufmännisches Inkasso aus.
7. Die Zahlung der Kosten sowohl für die Mahnungen der Inkassounternehmen als auch für diejenigen der Rechtsanwälte dürfte bereits für sich genommen einen Schaden der Schuldner herbeigeführt haben. Ein Gläubiger kann als Verzugsschaden die Kosten der außergerichtlichen Beitreibungsbemühungen eines Inkassobüros und eines Rechtsanwalts nicht kumulativ ersetzt verlangen.
Personenmehrheiten als solche können nicht Subjekt eines Irrtums (vgl. § 263 StGB) sein. Vielmehr müssen bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen oder Organisationen die Urteilsgründe regelmäßig darlegen, wer im konkreten Fall auf welcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen die Entscheidung über die Erbringung der vom Täter erstrebten Leistung getroffen und damit die Verfügung vorgenommen hat. Dies ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, dass alle als Verfügende in Betracht kommenden Personen dem täuschungsbedingten Irrtum erlegen waren.
1. Als erheblich im Sinne von § 184h Nr. 1 StGB sind solche sexualbezogenen Handlungen anzusehen, die nach Art, Intensität und Dauer eine sozial nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung des im jeweiligen Tatbestand geschützten Rechtsguts darstellen. Die Feststellung der Erheblichkeit erfordert eine Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände hinsichtlich der Gefährlichkeit der Handlung für das betroffene Rechtsgut. Belanglose Handlun-
gen scheiden aus. Bei Tatbeständen, die dem Schutz von Kindern dienen, sind an das Merkmal der Erheblichkeit zwar geringere Anforderungen zu stellen als bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung Erwachsener. Allerdings reichen auch insoweit kurze, flüchtige oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen grundsätzlich nicht aus.
2. Nach diesem Maßstab ist der einmalige, kurzzeitige und wenig intensive Griff an die bedeckte kindliche Brust eines neunjährigen Mädchens keine sexuelle Handlung von einiger Erheblichkeit.
3. Zwar sind nach der Rechtsprechung bei der notwendigen Gesamtwürdigung auch die Begleitumstände der sexuellen Handlung sowie die Beziehungen zwischen Täter und Opfer zu berücksichtigen, allerdings nur als konstellative Faktoren. Daher vermag die persönliche Beziehung zwischen dem Angeklagten und dem Kind zur Tatzeit hier nichts an der fehlenden Erheblichkeit der Berührung der kindlichen Brust im Sinne von § 184h Nr. 1 StGB zu ändern.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt für eine Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 223 StGB eine Einwirkung, die lediglich das seelische Wohlbefinden berührt, nicht.
2. Freilich kann auch eine psychische Beeinträchtigung den krankhaften Zustand hervorrufen, der für eine Gesundheitsbeschädigung im Sinne der Körperverletzungstatbestände erforderlich ist. Jedoch müssen die psychischen Folgen jedenfalls den Körper im weitesten Sinne in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzen. Dies versteht sich für sog. Flashbacks nicht von selbst.
1. Unter einem Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB ist grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten – wenngleich nicht unbedingt maßgebend – erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt. Der Begriff geht über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus und bezieht sich gleichermaßen auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss.
2. Fördert der Außenstehende die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung des Unterstützens in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Organisation. Da als Folge des Unterstützens ein irgendwie gearteter Vorteil für die Vereinigung ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung darstellt, grundsätzlich bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufgabe durch ein Mitglied fördert, die diesem von der Vereinigung aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen Vereinigung dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen.
3. Das Gericht beschließt die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist. Das Beschwerdegericht hat dieses Wahrscheinlichkeitsurteil sowie die rechtliche Bewertung in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbständig zu würdigen.
1. Für eine vollendete Wegnahme (§ 242 StGB) ist erforderlich, dass der Täter hinsichtlich Tatobjekts fremden Gewahrsam gebrochen und neuen begründet hat. Für die Frage des Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft ist insoweit entscheidend, dass der Täter diese derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben kann und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu brechen. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens.
2. Für die Bestimmung der Gewahrsamsverhältnisse ist es von entscheidender Bedeutung, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich schwere Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkei-
ten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht. Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie etwa bei Geldscheinen sowie Geld- und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen. Steckt der Täter einen Gegenstand in Zueignungsabsicht in seine Kleidung, so schließt er allein durch diesen tatsächlichen Vorgang die Sachherrschaft des Bestohlenen aus und begründet eigenen ausschließlichen Gewahrsam auch dann, wenn er sich noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet.
3. Für ohne Weiteres transportable, handliche und leicht bewegliche Sachen kann jedenfalls dann nichts anders gelten, wenn der Täter sie in einem Geschäft in Zueignungsabsicht in eine von ihm mitgeführte Hand-, Einkaufs-, Akten- oder ähnliche Tasche (hier: Sporttasche bzw. Rucksack) steckt; hierdurch bringt er sie in ebensolcher Weise in seinen ausschließlichen Herrschaftsbereich wie beim Einstecken in seine Kleidung. Ob er hierbei die Aussicht hat, den Gewahrsam längere Zeit aufrechtzuerhalten, ist für die Frage, ob die Wegnahme vollendet ist, ohne Belang, denn die Tatvollendung setzt keinen gesicherten Gewahrsam voraus.
1. Nach dem Wortlaut des § 239a Abs. 1 Var. 2 StGB scheidet eine sukzessive Mittäterschaft desjenigen, der an der Bemächtigung des Geschädigten nicht beteiligt ist und lediglich eine von Dritten zuvor begründete und weiter aufrechterhaltene Bemächtigungslage zu erpresserischen Handlungen ausnutzt, grundsätzlich aus. Der später Hinzutretende kann § 239a Abs. 1 StGB allenfalls in anderer Weise verwirklichen, etwa weil er eigenständig Gewalt über das Opfer erlangt, indem er durch sein Eingreifen die Situation des Opfers qualitativ ändert und über das Fortbestehen der Bemächtigungslage nunmehr maßgeblich selbst bestimmt.
2. Auch wenn eine – psychische – Beihilfe durch Anwesenheit im Sinne eines „Dabeiseins“ oder „Zugegenseins“ bei der Haupttat geleistet werden kann, falls dadurch die Tatbegehung gefördert oder erleichtert wird, so setzt jede Beihilfe durch positives Tun – auch die so genannte psychische – doch immer einen durch aktives Handeln erbrachten Tatbeitrag des Gehilfen unabdingbar voraus. Fehlt es hieran, kommt allenfalls eine Beihilfe durch Unterlassen in Betracht.
3. Mit der Verlesung einer vorbereiteten schriftlichen Einlassungserklärung des Angeklagten durch diesen oder seinen Verteidiger wird nicht der Wortlaut des Schriftstücks zum Inbegriff der Hauptverhandlung, sondern allein der Inhalt des mündlichen Vortrags, dessen wesentliche Punkte das Tatgericht in den Urteilsgründen festzustellen hat. Allein diese Feststellungen sind Grundlage der revisionsgerichtlichen Prüfung. Anders liegt es nur, wenn der Wortlaut der schriftlichen Einlassung durch das Gericht im Wege des förmlichen Urkundsbeweises (§ 249 StPO) in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Nur in diesem Falle ist dem Revisionsgericht eine Kenntnisnahme des genauen Wortlauts des Schriftstücks und damit der Einlassung ohne unzulässige Rekonstruktion der Hauptverhandlung möglich.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Verfahrensrüge nur dann gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO zulässig erhoben, wenn die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen so genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht das Vorhandensein – oder Fehlen – eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden. Dabei sind bestimmte Tatsachen vorzutragen.
Der bloße Wille, über eine fremde Sache (hier: ein Mobiltelefon) verfügen zu wollen, begründet auch in Verbindung mit der unberechtigten Verweigerung der Herausgabe dieser Sache an den Berechtigten regelmäßig noch keine i.S.d. § 246 StGB tatbestandsmäßige Manifestation des Zueignungswillens. Eine solche liegt vielmehr erst bei einer Verheimlichung des Standorts der Sache oder bei einer erheblich den Sachwert mindernden Nutzung vor.
Die räuberische Erpressung erfordert ebenso wie der Raub einen finalen Zusammenhang zwischen dem Nötigungsmittel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung. Eine konkludente Drohung genügt; sie kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass der Täter dem Opfer durch sein Verhalten
zu verstehen gibt, er werde zuvor zu anderen Zwecken angewendete Gewalt nunmehr zur Erzwingung der jetzt erstrebten vermögensschädigenden Handlung des Opfers fortsetzen oder wiederholen. Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung enthält dagegen für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich hierfür ist vielmehr, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht, mithin die Nötigungslage durch ein im Urteil gesondert festzustellendes Verhalten aktualisiert aufrechterhält.