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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2018
19. Jahrgang
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Von Prof. Dr. Frank Meyer, LL.M. (Yale), Zürich
Hinweisgebersysteme haben in vielen Bereichen des Wirtschaftslebens und der öffentlichen Verwaltung Einzug gehalten. Man deutet sie einerseits als wichtiges Mittel der corporate self-governance und/oder andererseits als vielversprechendes Instrument effektiver Rechtsdurchsetzung. Demgegenüber ist der Schutz von Hinweisgebern international höchst unterschiedlich und national nicht selten defizitär ausgestaltet.[1] Spezielle Regelungen findet man nur selten, u.a. im Kartellrecht, Kapitalmarktrecht oder im Geldwäschegesetz.[2] Bemühungen um Ausweitung und Vereinheitlichung von Whistleblower-Regelungen scheiterten (nicht zuletzt in Deutschland und der Schweiz) regelmäßig an politisch einflussreichen Interessenverbänden. Seit einigen Jahren hat die Reformdiskussion jedoch an Momentum gewonnen.[3] Finanzkrise, Dieselaffäre, vor allem aber auch die Massenüberwachung des Kommunikationsverkehrs durch Geheimdienste lassen die gesellschaftliche wie verfolgungstechnische Bedeutung von Hinweisgebern in einem anderen Licht erscheinen. Vielerorts wird ein verbesserter Hinweisgeberschutz gefordert, um zur Aufdeckung von Missständen zu ermutigen und Whistleblower vor Repressalien zu schützen. Denn in vielen Staaten Europas sehen sich Hinweisgeber erheblichen arbeitsrechtlichen und strafrechtlichen Risiken ausgesetzt.[4]
Lanciert werden Initiativen sowohl international[5] als auch national, bezogen auf einzelne Delikte wie auch auf Missstände allgemein, unter Einbeziehung der staatlichen Verwaltung oder konzentriert auf die Privatwirtschaft. Auch der EGMR hatte sich bereits mit dem Whistleblowing unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit gem. Art. 10 EMRK zu befassen.[6] Verfolgen Hinweisgeber ein Anliegen im öffentlichen Interesse, sollen sie Schutz vor Kündigung und Strafverfolgung genießen, vorausgesetzt, sie haben sich zuvor intern um Abhilfe bemüht und Rechte Dritter erfordern keine Einschränkung.[7] Haupttriebkraft der aktuellen Rechtsentwicklung sind aber nicht die Menschenrechte (konkret: die bürgerliche Verantwortung des Hinweisgebers) oder der Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber klandestinen Handlungen staatlicher Behörden. Dominant ist der Gedanke der wirksamen Verfolgung von Rechtsverletzungen in besonders neuralgischen Bereichen. So ermittelte eine öffentliche Vernehmlassung der EU-Kommission den größten Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von Betrug und Korruption, bei Steuerhinterziehung und -vermeidung und beim Schutz der Umwelt, des Gesundheitswesens und der öffentlichen Sicherheit.[8]
In diese Richtung forderte bereits die 2009 OECD Anti-Bribery Recommendation rechtlichen Schutz gegen "discriminatory or disciplinary action for employees” für jeden, der "in good faith and on reasonable grounds wrongdoing of whatever kind in the context of their workplace” an die zuständigen Autoritäten meldet.; sie hatte dabei aber primär die Bekämpfung von Korruption im Blick. Eine aktuelle Studie der OECD bestätigt die Wichtigkeit von Hinweisgeberschutz zur Aufklärung von Betrug und Bestechung im Wirtschaftsleben und erneuert die Forderung nach entsprechenden Reformen.[9]
Breiter angelegt ist das Schutzkonzept des Europäischen Parlaments, das Hinweisgeberschutz allen angedeihen lassen will, die im öffentlichen Interesse rechtswidriges oder fehlerhaft-schädliches (wrongful) Verhalten oder Gefahren für öffentliche Interessen melden.[10] Die Grünen verstehen Hinweisgeber als Personen, die auf Missstände in Behörden und Unternehmen aufmerksam machen.[11] Transparency International legt seinen rechtspolitischen Vorschlägen ebenfalls eine weite Definition zugrunde, wonach Hinweisgeber ist, wer Informationen über wahrgenommenes Fehlverhalten in einer Organisation oder das Risiko eines solchen Verhaltens gegenüber Personen oder Stellen offenlegt, von denen angenommen werden kann, dass sie in der Lage sind, Abhilfe zu schaffen oder sonst angemessen darauf zu reagieren.
Jüngst hat auch die EU-Kommission nach langem Drängen des Parlaments einen Gesetzgebungsvorschlag vorgelegt.[12] Dieser geht von einem weiten Begriff des Whistleblowing aus und soll jegliche Information über Fehlverhalten erfassen, die in einem beschäftigungsbezogenen Kontext sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor erlangt wurde und bei der Verhinderung von Schäden und dem Aufspüren von Gefahren für öffentliche Interessen helfen kann. Der Kommissionsvorschlag gilt jedoch nur für ausgesuchte Bereiche des Unionsrechts und ist insofern anders gelagert als andere Vorhaben. Seine Hauptstoßrichtung ist die wirksame Durchsetzung des Unionsrechts.
Whistleblowing wird im Kommissionsvorschlag doppelt instrumentell betrachtet. Auf struktureller Ebene wird den Mitgliedstaaten ein konkretes Element für das dezentrale Enforcement von Unionsrecht oktroyiert, das sie in ihre Rechtspflegesysteme einbauen müssen. Auf Anwendungsebene fungiert Whistleblowing als Mittel, um Vollzugsbehörden auf nationaler und europäischer Ebene mit den nötigen Anhaltspunkten für (zu verfolgende) Rechtsverletzungen und Missbräuche zu versorgen. Der Hinweisgeberschutz ist dadurch als strukturelles und prozessuales Vehikel fest in eine Strategie zur Verbesserung der Durchsetzung von Unionsrecht eingebunden.[13]
Dies spiegelt sich auch in der materiell-rechtlichen Reichweite der Richtlinie wider. Art. 1 Abs. 1a nennt mit Vergaberecht, Finanzdienstleistungen, Produkt- und Transportsicherheit, Umweltschutz, nuklearer Sicherheit, Lebensmittel- und Futtersicherheit, Tierschutz, öffentlicher Gesundheit, Verbraucherschutz, Wettbewerb, Datenschutz, Schutz von Netzwerken sowie dem Schutz der Finanzinteressen der Union[14] klassische Anwendungsfelder des Effektivitätsgrundsatzes (als Vollzugsprinzip des Unionsrechts). Gem. Art. 1 Abs. 2 soll die Richtlinie ebenso ergänzend zu denjenigen EU-Rechtsakten Anwendung finden, die bereits jetzt Vorschriften zum Whistleblowing enthalten.
Dieser bemerkenswerte und womöglich richtungsweisende Schritt ist mehr als Anlass genug, um die Whistleblowerproblematik theoretisch stärker zu durchdringen. Schon der erste kursorische Überblick legt offen, dass sich Vorhaben und Vorschläge stark unterscheiden können und den Schutz von Whistleblowern weit über Hinweise auf strafbares oder zumindest unrechtmäßiges Verhalten hinaus erstrecken wollen. Dieser naheliegende rechtspolitische Schachzug wirft jedoch Fragen grundsätzlicher Art auf. Die Whistleblowing-Konstellationen können sich tatsächlich und normativ stark unterscheiden, ohne dass sich dieser Umstand in Konzeption und Architektur der Regelungen und Meldestrukturen nachhaltig niederschlagen würde. Es gilt daher, die verschiedenen rechtlichen Dimensionen und Verortungen des Whistleblowing aufzuzeigen und die hinter den Vorschlägen und Positionen stehenden Regulierungsansätze zu erläutern. Erst auf dieser Grundlage ist eine differenzierte und fundierte Auseinandersetzung mit den Implementierungsmodellen möglich. Anhand des aktuellen Kommissionsvorschlags sollen unter Fruchtbarmachung kartellrechtlicher Einsichten und Einbeziehung empirischer Studien einige grundsätzliche Erwägungen ange-
stellt werden, wie ein effektives, friktionsfreies Implementierungsmodell aussehen könnte.
Whistleblowing kann nach dem bisher Gesagten sowohl vom Hinweisgeber, seinem Arbeitgeber oder von Staat und Gesellschaft aus betrachtet werden. Zu erkennen gilt es, dass mit diesen unterschiedlichen Perspektiven auch Funktion und rechtliche Bedeutung des Whistleblowing variiert. Die rechtlichen Implikationen dieser Varianz werden in der rechtlichen Debatte nicht ausreichend beachtet, was dazu führt, dass sie unterkomplex ausfallen kann und einheitliche Lösungsmodelle für ganz unterschiedliche Konstellationen ersonnen werden. So wird die Thematik nicht selten verkürzt als arbeitsrechtlicher Konflikt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer behandelt. Auch verlangen Hinweise zu Straftaten oder Rechtsverletzungen qualitativ nach einer anderen Behandlung als die Preisgabe von Fehlverhalten nach (wessen?) ethischen Maßstäben oder selbstgesetzten unternehmensinternen Standards. Wiederum anders liegen Berichte über legale behördliche oder geschäftliche Praktiken, die (zumindest aus der Sicht von Teilen der Gesellschaft) illegitim erscheinen oder Regelungslücken zutage treten lassen, z.B. Zustände in der Pflege, Standards der Arbeitssicherheit, Lebensmittelproduktion und -etikettierung, Anstellungs- und Bezahlungsusancen im Niedriglohnsektor, Steuervermeidung, Gewinnumlagerung. Schon der Schutzumfang in Bezug auf die Meinungsfreiheit des Hinweisgebers dürfte hier changieren, weil das öffentliche Interesse an den betroffenen Informationen nicht identisch ist. Erst recht gilt das für die staatlichen Interessen an effektiver Rechtspflege und Durchsetzung des Rechts. Umgekehrt ist das Interesse von Unternehmen, dass Missstände (zunächst) nicht extern gemeldet werden, bei Rechtsverletzungen oder gar Straftaten weit weniger schutzwürdig als bei legalen, aber gesellschaftlich fragwürdigen Aktivitäten. Dies wird besonders wichtig für die Frage, ob gesetzliche Hinweisgeberschutzsysteme geschaffen werden und ob diese ein externes Whistleblowing vorsehen sollen.
Diese Erwägungen sollen im Folgenden für Hinweise auf Rechtsverletzungen präzisiert werden. Für Hinweise auf Straftaten und andere Rechtsverletzungen in Unternehmen oder Behörden muss der Hinweisgeberschutz aus der Ebene des Parteienstreits zu einem Problem der Rechtspflege "hochgezont" werden. Insbesondere muss beleuchtet werden, welche Pflichten den Staat in diesem Kontext treffen. Aus staatlicher Sicht ist Whistleblowing zuallererst ein Mittel zur Strafverfolgung bzw. zum public enforcement.[15] Studien und Statistiken internationaler Organisationen aus den letzten Jahren identifizieren "underreporting" als massives Problem[16] bei der Durchsetzung der Rechtsgeltung und sehen im Hinweisgeberschutz daher ein Schlüsselelement im Kampf gegen Korruption, Betrug u.a.[17] Aus staatlicher Sicht erscheint Whistleblowing damit als verlockende Mehrzweckwaffe zur Aufklärung und Prävention (Abschreckung) von Rechtsbrüchen. Über den praktischen Verheißungen darf aber die rechtliche Tiefendimension nicht vergessen werden.
Whistleblowing hilft, die Wirksamkeit des Rechts zu garantieren. Es dient der Rechtsdurchsetzung als zentraler staatlicher Aufgabe und lässt sich daher verfassungsrechtlich im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankern.[18] Darüber hinaus lässt sich das Erfordernis effektiver Rechtsdurchsetzung auch aus dem Demokratieprinzip herleiten.[19] Der demokratische Souverän hat einen Anspruch darauf, dass sein Selbstbestimmungsrecht durch wirksame Befolgung der in seinem Namen geschaffenen Normen geachtet wird. Hinzu treten u.U. noch etwaige staatliche Schutzpflichten in Bezug auf die von den jeweiligen Rechtsverletzungen betroffenen Güter.[20] Dieser Gedanke effektiver Rechtsdurchsetzung als verfassungsrechtliches Vollzugsprinzip ist im EU-Recht
als Effektivitätsprinzip seit langem bekannt.[21] Auch die bisherigen EU-Rechtsakte, die zum Hinweisgeberschutz verpflichten, stellen ebenso wie die aktuellen rechtspolitischen Vorstöße von Europaparlament und Kommission einen entsprechenden Legitimationszusammenhang her.[22] Im Bereich des indirekten Vollzugs von Unionsrecht ist mithin sogar von einer Pflicht zur Einführung von Hinweisgebersystemen auszugehen.
Die zuständigen staatlichen Organe treffen danach echte Rechtspflichten (aus unterschiedlichen Quellen) zur Durchsetzung des Rechts. Bei der Erfüllung dieser Pflichten genießen die zuständigen Gewalten zwar grundsätzlich relative Freiheit bei der Auswahl der Mittel. Der staatliche Gestaltungsspielraum erfährt aber nicht nur durch künftige EU-Vorgaben Einschränkungen. Er dürfte sich schon jetzt erheblich reduzieren, wenn man die Wechselwirkungen mit dem Grundrechtsschutz des Whistleblowers, aber auch der betroffenen Arbeitgeber und ihrer verdächtigen Angestellten in den Blick nimmt, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass nicht jeder Hinweisgeber, der arbeitsbezogene Informationen preisgibt, zwingend Arbeitnehmer sein muss. Auf Seiten des Whistleblowers kommt mit den Worten des BVerfG ein "staatsbürgerliches Recht" zum Tragen, als nützliches, sich sorgendes Mitglied der Gesellschaft Hinweise auf Missstände zu geben.[23] Die verfassungsrechtliche Dignität dieses Rechts ist freilich noch nicht zweifelsfrei geklärt.[24]
In jedem Fall darf sich der Hinweisgeber verfassungs- und konventionsrechtlich auf die Meinungsfreiheit berufen.[25] Das gilt für alle Facetten seiner Berufstätigkeit, die von öffentlichem Interesse sind. Die Zeiten, in denen der Mensch am Fabriktor vom Bürgerstatus in ein Aliud des Arbeitnehmerstatus wechselt, sind vorbei. Arbeitnehmer sind Bürger mit entsprechenden Rechten und Interessen. Damit wird nicht negiert, dass Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag oder Dienstverhältnis (als Nebenpflicht) zur Rücksichtnahme verpflichtet sind[26] und bei ihrer Tätigkeit Rechte des Arbeitnehmers und ihrer Kollegen[27] nicht verletzen dürfen. Vielmehr besteht sogar eine arbeitsrechtliche Nebenpflicht, dem Arbeitgeber oder Vorgesetzten erhebliche Rechtsverletzungen oder drohende Schäden anzuzeigen.[28] Der eigentliche Konfliktherd liegt darin, dass das BAG Arbeitnehmern bis zur Grenze der Unzumutbarkeit untersagt, Hinweise auf Rechtsverstöße nach außen weiterzugeben.[29] Diese Linie wird der rechtlichen Bedeutung von Whistleblowing nicht gerecht. Das oben grob skizzierte multipolare Grundrechtsverhältnis ist zu einem Ausgleich zu bringen, der interessengerecht allen vorgenannten rechtlichen Dimensionen des Whistleblowing Achtung schenkt. Die Meinungsfreiheit und das Recht des Staatsbürgers, auf Missstände im öffentlichen Interesse hinweisen zu dürfen, werden durch Loyalitätspflicht und Geheimnisschutz nicht ausgeschlossen. Die Loyalitätspflicht bändigt den böswilligen, verleumderischen oder grob fahrlässigen Hinweisgeber und verlangt von ihm ein Mindestmaß an Rücksichtnahme. Ein schützenswertes Interesse, Informationen über rechtswidriges Verhalten nicht offenzulegen, kann und darf die Rechtsordnung dagegen von vornherein nicht anerkennen, wie jetzt auch die EU-Geheimnisschutzrichtlinie feststellt.[30] Vielmehr verstärken sich das Recht auf freie Meinungsäußerung zu Fragen öffentlichen Interesses und die Pflicht des Staats zu effektivem Enforcement seiner Rechtsvorschriften wechselseitig. Bei der Auflösung des mehrpoligen Grundrechtsverhältnisses müssten daher die Schwerpunkte anders gesetzt werden als bisher, sowohl was die Wertigkeit der Rechte des Whistleblowers anbelangt, als auch hinsichtlich seiner zivilgesellschaftlich-rechtsstaatlichen Funktion.
Auch die Pressefreiheit darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, denn ein effektiver Hinweisgeberschutz steht in direktem Zusammenhang mit investigativem Journalismus, der nicht nur gesellschaftlich gewünscht ist, sondern auch Rahmenbedingungen vorfinden muss, die seine Arbeit nicht unverhältnismäßig behindern.
Den Gesetzgeber dürfte im Hinblick auf die Wichtigkeit der betroffenen Grundrechte und angesichts der Komplexität der Entscheidungssituation sogar eine positive grundrechtliche Schutzpflicht dahingehend treffen, einen verlässlichen Rahmen für Whistleblowing zu schaffen.
Der Ausgleich der vielfältigen involvierten Interessen darf nicht der individuellen Aushandlung oder Abmischung im Rahmen eines konkreten Parteienstreits überlassen werden. Ein legislatives Tätigwerden scheint auch deshalb erforderlich, weil das öffentliche Interesse ein ebenso schillernder wie unscharfer Begriff ist und man es zum Zeitpunkt des Hinweises immer mit einer Ex-ante Bewertung auf limitierter Tatsachengrundlage und damit notwendig einhergehenden Beurteilungsunsicherheiten zu tun hat.
Der jetzige Rechtszustand wird dieser Ausgangslage nicht einmal im Ansatz gerecht. Abgesehen von punktuellen oder sektoralen Regelungen von Meldeverfahren[31] fehlt es an einem kohärenten Melde- und Schutzsystem wie es z.B. im Vereinigten Königreich[32] oder Irland besteht. Initiativen in den zurückliegenden Legislaturperioden wurden wiederholt zum Erliegen gebracht. Auch wenn sich in der neuen Koalitionsvereinbarung kein Bekenntnis zur Verbesserung des Hinweisgeberschutzes findet, bieten die grundrechtlichen Implikationen und die jüngsten Vorschläge der EU allen Anlass, sich erneut ernsthaft mit der Einführung von Hinweisgebersystemen zu befassen. Dazu gilt es, sich die Konstruktionsanforderungen zu vergegenwärtigen, die ein solches System erfüllen muss. Es muss ein effektiver Informationsfluss zu abhilfefähigen und -willigen Institutionen gesichert sein und das Problem des underreporting bewältigt werden. Dies kann nur gelingen, wenn man sich dezidiert mit der Entscheidungssituation möglicher Informanten und den sie beeinflussenden Faktoren auseinandersetzt. Mit derart geschärftem Blick wird dann zum Abschluss der neue Unionsvorschlag unter die Lupe genommen.
Um effektiv zu sein, müssen künftige Regelungen der Melde- und Schutzvoraussetzungen den Zwängen und Konflikten der Entscheidungs- und Abwägungssituation ex ante angemessen Rechnung tragen.[33] Der Hinweis erfolgt oft in einer Situation der Unsicherheit und ist mit Irrtumsrisiken behaftet.[34] Viele Vorschläge kranken daran, dass sie ein Ex-ante-Problem mit Normen behandeln, die aus der Ex-post-Perspektive konzipiert sind. Eine vollständige Auflösung dieses Problems ist allerdings unmöglich. Es bedarf letztlich einer Richtungsentscheidung, wie das Risiko, dass sich die Verdachtsmomente als Irrtum oder anderweitig substanzlos erweisen, zwischen den Grundrechtsträgern verteilt wird. Dies betrifft nicht nur das "Ob" der Meldung, sondern auch das "An wen". Um Rechtssicherheit zu schaffen, muss der Gesetzgeber berechenbare Voraussetzungen formulieren und Meldestrukturen festlegen, damit potenzielle Hinweisgeber hinreichende Klarheit darüber gewinnen können, an welchen Adressaten sie sich (ggf. in welcher Abfolge) wenden dürfen. Andernfalls droht wegen der gravierenden Rechtsfolgen einer irrtümlichen Meldung ein "chilling effect" die Grundrechtsausübung zu lähmen.
Die angemahnte Richtungsentscheidung muss im Einklang mit dem verfolgten Regulierungsansatz stehen. Soll ein Hinweisgeber ein wirksames Rechtsdurchsetzungsinstrument sein, darf er nicht mit Irrtumsrisiken belastet werden, solange er in gutem Glauben an die Richtigkeit der Information handelt.[35] Insbesondere externe Meldeverfahren würde ein Hinweisgeber unter solchen Bedingungen kaum wählen, mit entsprechenden negativen Folgen für die Wirksamkeit der Rechtsdurchsetzung. Zu diskutieren bliebe, welchen Grad an persönlicher Überzeugung man verlangt und in welchem Umfang sich dieser auf objektiv nachweisbare Anzeichen stützen muss. Kontrovers diskutiert wird in diesem Kontext auch, ob die Motivation des Whistleblowers relevant ist.[36] Die Antwort sollte wiederum entscheidend vom verfolgten Regulierungsansatz und seiner zentralen Ratio her gesucht werden. Der EGMR lässt das Vorliegen von "good faith" als Abwägungsfaktor in die Prüfung einfließen, ob ein Eingriff in die Meinungsäußerungsfreiheit rechtmäßig war.[37] Das Äußerungsmotiv beeinflusst (hier: reduziert) den menschenrechtlichen Schutzanspruch. Diese individualrechtliche Komponente ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtsdurchsetzung indessen weitgehend irrelevant. Demokratische Verantwortlichkeit und Rechtsstaatlichkeit leiden nicht, wenn Behörden Informationen von rachsüchtigen oder frustrierten Menschen aufgreifen, solange die Angaben belastbar sind; genauso verfährt die Strafrechtspflege von jeher mit Beweisen, die von privater Seite (u.U. sogar rechtswidrig erlangt) geliefert werden. Auch Principle 22 der Europaratsempfehlung schließt die Motivlage des Whistleblowers bei der Anzeige daher bewusst aus.[38] Ihre Berücksichtigung, namentlich unter Rückbindung an den Aspekt der Meinungsäußerungsfreiheit, führte mithin zu einer Verwässerung der rechtsprinzipiellen Grundlagen des Regulie-
rungsansatzes. Bei objektivem Fehlverhalten spielen unlautere Motive keine Rolle, zumal der Wille, im öffentlichen Interesse zu handeln, regelmäßig auch in mehr oder weniger starker Ausprägung vorhanden sein dürfte. Eine andere, mit Umsicht zu behandelnde Frage ist, ob bei sachfremden Motiven die Genauigkeit oder Verlässlichkeit der Information (und damit die Effektivität der Rechtsdurchsetzung) leidet bzw. intrinsisch zweifelhaft erscheint. Empirisch handfeste Belege dafür, dass böswillige Whistleblower in signifikantem Umfang schlechtere Informanten sind, liefern die bekannten Studien nicht. Dennoch wäre zu überlegen, ob die Motivation bei der Behandlung von Bewertungsunsicherheit ex ante (konkret: beim Gutglaubensnachweis) einzubeziehen ist. Bei Grenzfällen erscheint es nicht abwegig, eine Ungleichbehandlung gegenüber Gutgläubigen vorzunehmen. Ein völliger Ausschluss von der Risikoverlagerung wäre aber schon deshalb in der Sache nicht überzeugend, weil es um das Vertrauen (bzw. plausibel vertrauen dürfen) in die Wahrheit geht. Auch wer Böses will, kann dennoch an die Richtigkeit der Information glauben. Die Berufung auf eine bestehende faktische Gutgläubigkeit sollte nicht aus normativen Gründen abgeschnitten werden. Hier überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der Aufdeckung von Verdachtsmomenten.
Das Irrtumsrisiko ist aber nur ein Entscheidungsfaktor. Wichtig erscheinen auch die klare Feststellung des Schutzumfangs (Strafverfolgungs- und Kündigungsschutz, Schadensersatz, Maßregelungsverbot) sowie korrespondierender Beweislastfragen in arbeits- und zivilrechtlichen Verfahren.[39] Da der Whistleblower seinerseits an der Rechtsverletzung beteiligt (gewesen) sein kann, muss auch der Frage des Schutzes der Selbstbelastungsfreiheit und der Verwendbarkeit der Informationen in einem späteren Strafverfahren nachgegangen werden.
Als weitere Faktoren werden finanzielle Anreize[40] und Rationalisierungstechniken (zur persönlichen und unternehmensinternen "Rechtfertigung" des verdächtigen Verhaltens resp. von Hinweisen auf dieses)[41] gehandelt. Hinweisgeber müssen in ihrem konkreten Entscheidungsumfeld stimuliert werden, sich primär durch das öffentliche Interesse zu Hinweisen motivieren zu lassen. Auch die öffentliche Bekanntmachung der Schutzstandards und die Ermutigung zum Whistleblowing in der Allgemeinheit können insofern eine wesentliche Rolle spielen.[42] Die Liste von Einflussfaktoren ist damit freilich nicht zu Ende.[43] An dieser Stelle muss aber der Hinweis genügen, dass deren erwünschte Stimulierungswirkung stets im Zusammenhang mit dem Regulierungsansatz gesehen werden muss und keine Friktionen mit dessen Steuerungserfordernissen erzeugen darf. Als Schwierigkeit dürfte sich dabei erweisen, dass es nur wenig sozialwissenschaftlich gesichertes Wissen hierzu gibt und sich für die verfügbaren Erkenntnisse rechtskulturell die Frage der Übertragbarkeit stellt.[44]
Ein Dauerstreitpunkt ist, ob eine gesetzliche Regelung neben einem internen Berichtsweg einen (ggf. subsidiären) externen Kommunikationskanal vorsehen sollte. Auch diesbezüglich verspricht eine Betrachtung der rechtlichen Tiefendimension des Whistleblowing Aufschluss. Vom Standpunkt effektiver Rechtsdurchsetzung her betrachtet erscheint es inakzeptabel, internen Prozeduren und damit letztlich den Unternehmen die Entscheidung darüber zu belassen, ob ein Hinweis über eine Rechtsverletzung nach außen dringt. Dieser Erwägung werden primär von Unternehmensvertretern zwei Argumente entgegengehalten.[45] Erstens seien unternehmensinterne Whistleblowerregelungen bereits heute standardmäßiger Bestandteil von Criminal Compliance und als solcher effektiv.[46] Sie trügen den individuellen Bedürfnissen des Falles und der Betriebsstruktur adäquat Rechnung. Externe Whistleblowingkanäle gefährdeten die Effizienz interner Regelungen und setzten falsche
Anreize. Zweitens sei der aktuelle gesetzliche Rahmen zum Schutz der Whistleblower ausreichend. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, welche über die internen Regelungen implementiert wird, Kündigungsschutz und das gesetzliche Maßregelungsverbot böten Hinweisgebern die benötigte Sicherheit für die Entscheidungsfindung und Rechtswahrnehmung.
Bei näherer Betrachtung schlagen diese Argumente weder gegen eine externe Meldeoption noch gegen eine gesetzliche Verpflichtung (zur Einführung von Hinweisgebersystemen) insgesamt durch.
Auf den ersten Blick mag es sachgerecht erscheinen, Unternehmen die Möglichkeit regulierter Selbstregulierung und interner Abhilfe zu eröffnen. Damit wird der zentralen Rolle von Unternehmen als Hauptakteuren des Wirtschaftssystems Rechnung getragen und ihre gesellschaftliche Verantwortung für den Schutz der Rechtsordnung betont. Daneben können sich Staat und Gesellschaft an dieser Stelle auch das Eigeninteresse des Unternehmens zunutze machen. Hinweisgeberschutzsysteme erleichtern dem Risikomanagement das Aufspüren von rechtlich kritischen Praktiken und mithin die Einhaltung der Rechtspflichten, die das Unternehmen treffen. Der Staat machte sich also interne Überwachungsstrukturen und Frühwarnsysteme zunutze, die er selbst nicht ohne obrigkeitsstaatliche Exzesse einrichten könnte. Schon rein praktisch scheint es aus mehreren Gründen eines funktionierenden internen Kanals zu bedürfen. Erstens machen empirische Erhebungen deutlich, dass Whistleblower in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle zuerst intern Hinweise geben (und die Unternehmen dann die Informationen ggf. an Behörden herantragen).[47]
Zweitens fällt die Prüfung der gemeldeten Vorgänge der betroffenen Entität naturgemäß leichter. Sie kann die Angaben besser kontextualisieren und hat zudem besseren Zugang zu weiteren sachdienlichen Informationsquellen. Zudem lassen sich auf dieser internen Stufe schutzwürdige Berufs- und Geschäftsgeheimnisse sowie die Reputation von Unternehmen und belasteten Personen besser gegenüber Risiken abschirmen, die bei vorzeitigem Bekanntwerden von irrtümlichen Vorwürfen in der Öffentlichkeit zu befürchten wären. Es liegt daher nahe, ein internes Hinweissystem (zumindest für Unternehmen ab einer bestimmten Größe) gesetzlich vorzuschreiben und mit Anreizen wie Strafmilderung oder Zurechnungsausschlüssen zu versüßen. Die Einführung eines solchen Systems darf aber nicht auf Kosten eines externen Kanals gehen. Man überginge sonst folgenschwer, dass es sich bei öffentlicher Rechtsdurchsetzung und korporativer Selbstkontrolle um völlig unterschiedliche Regulierungsansätze handelt. Sie komplementieren sich nicht, sondern sind in nicht geringem Umfang inkompatibel. Dies tritt klar zutage, sobald man kritisch hinterfragt, worum es bei der Betonung des Vorrangs interner Meldeverfahren eigentlich geht. Im Vordergrund stehen nicht primär das Outsourcing von öffentlichen Funktionen und die Verteilung der Verantwortung für die Bearbeitung von Hinweisen. Vielmehr will man Bearbeitungsexklusivität. Es soll den Unternehmen überlassen bleiben, ob Hinweise nach außen dringen oder nicht.[48] Es geht also um die Sicherung der eigenen Kontrollhoheit über den Informationsfluss (um Reputation, Börsenwert und Unternehmensorgane schützen zu können oder auch Unternehmensmitarbeiter ggf. nach Vorbereitung durch externe Rechtsberater gezielt ans Messer liefern zu können).
Dies mag man schon für fragwürdig halten, wenn das Unternehmen selbst Opfer der Tat ist, denn der Schutz der Rechtsordnung und ihrer Rechtsgüter obliegt auch dann weiterhin grundsätzlich dem Staat. Er behält auch bei regulierter Selbstregulierung eine Residualverantwortung und muss die effektive Möglichkeit behalten, zur Rechtsdurchsetzung einschreiten zu können. Kommt die Information dazu nicht vom Unternehmen, muss sie von einem Hinweisgeber kommen können. Erst recht unhaltbar ist diese Position, wenn Straftaten für das Unternehmen oder durch Unternehmensvertreter im Rahmen ihrer Tätigkeit begangen werden. Es kann kaum dem (mutmaßlichen) Straftäter oder seinem Arbeitgeber überlassen bleiben, ob der Staat Kenntnis von möglichen Rechtsverletzungen erhält. Für derartige Konstellationen muss ein externer Kanal eingerichtet sein, um die zuständigen staatlichen Organe in den Stand zu versetzen , ihren verfassungsmäßigen Aufgaben wirksam nachzukommen.[49] Dies hieße auch, dem Public-enforcement-Regulierungsansatz den Vorrang einzuräumen. Will man Whistleblowing systematisch als regulatorische Strategie stimulieren, muss das kohärent und friktionsfrei geschehen. Die laufende Debatte sollte daher in diesen regulatorischen Kontext eingebettet werden.
Der Verweis auf die vermeintlich ausreichende arbeitsgerichtliche Rechtsprechung geht gleich mehrfach fehl. Das maßgebende Fallrecht stammt aus verschiedenen Quellen mit jeweils unterschiedlichen rechtsdogmatischen Ansatzpunkten (namentlich BVerfG, EGMR, BAG).[50] Vor allem die Arbeitsgerichte sehen sich in Ermangelung klarer gesetzlicher Vorschriften zu diffizilen multifaktoriellen Einzelfallentscheidungen gezwungen. Sie bemühen sich um die Auflösung des Konflikts über eine Interessenabwägung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter ausgeprägter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falls. Das Resultat ist (soweit es nicht ohnehin zum Vergleich kommt) eine schwer kalkulierbare Einzelfalljudikatur.[51] Diese befindet sich normativ schon grundsätzlich in Schieflage, weil die arbeitsgerichtliche Abwägung das öffentliche Interesse an effektiver Rechtsdurchsetzung (sowie sektoriell ein entsprechendes Un-
ionsinteresse) nicht einpreist.[52] Die zivilgesellschaftlich-rechtsstaatliche Sachwalterfunktion des Whistleblowers schlägt sich in der gegenwärtigen Praxis nicht nieder.
Im Übrigen betrifft die arbeitsgerichtliche Praxis, die einen erheblichen Teil der Aufmerksamkeit für sich beansprucht, nicht den Umgang mit sog. outsider whistleblowers (oder: bell ringers). Dies können u.a. Freiwillige, unbezahlte Praktikanten oder Personen sein, die unter der Aufsicht und Leitung von Auftragnehmern, Unterauftragnehmern und Lieferanten arbeiten und sich nicht in einer vergleichbaren Pflichtenstellung befinden.
Schafft man externe Meldeverfahren, schließt sich die Frage an, wie das Verhältnis zu internen Verfahren auszugestalten ist. Nationale und europäische Rspr., aber auch jüngere Gesetzgebungsvorschläge folgen einem sog. Stufen- oder Kaskadenmodell. Dieses Konzept verdient bereits als solches Kritik, da es sehr komplex, einzelfallabhängig und mithin schwer prognostizierbar ist.[53] Nicht nur aus der Sicht von Rechtslaien sind die Übergänge zwischen den Stufen unklar und nicht verlässlich handhabbar. Was in der Theorie gut klingen mag, ist praktisch illusorisch. Es fehlt aktuell schon an Strukturen, die mittels Feedback-Mechanismen und verständlichen Rückmeldungen an Hinweisgeber diesen überhaupt die faktische Grundlage für die Beurteilung verschaffen könnten, ob das Unternehmen seine Hausaufgaben ernsthaft gemacht hat.[54] Beratung für das weitere Vorgehen steht zumeist nicht zur Verfügung. Und selbst wenn, stellte sich die Frage, nach welchen materiellen Maßstäben zu bewerten ist, ob die Reaktion eines Arbeitgebers oder Unternehmens ausreicht. Verlässliche Standards existieren nicht. Klar ist nur, dass der Whistleblower das Risiko von Kündigung, Strafbarkeit und Schadensersatz trägt.[55]
Diese Unsicherheit gefährdet die Effektivität der Weitergabe von Hinweisen und letztlich die effektive Durchsetzung des Rechts. An dieser Stelle aktualisiert sich wiederum die Gewährleistungsverantwortung des Staates. Der Gesetzgeber hat die Übergänge von internem zu externem Whistleblowing klar und anwendungssicher aus Sicht des Hinweisgebers festzulegen.[56] Im Interesse effektiven Grundrechtsschutzes und wirksamer Rechtsdurchsetzung müssen Entscheidungsvoraussetzungen und Irrtumsverteilung (ggf. differenziert nach laufenden oder beendeten Taten) auch in dieser Hinsicht rechtssicher fixiert werden. An diesen Erwartungen sollte auch der Kommissionsvorschlag vom 18. April 2018 gemessen werden.
Gem. Art. 2 schützt die künftige Richtlinie potenziell alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit (work-related context) Zugang zu Informationen über Rechtsverletzungen haben, die zu erheblichen Schäden für öffentliche Interessen führen können oder geführt haben (serious harm to public interest).[57] Der im Vorschlag verwendete Begriff der "reporting person" umfasst auch solche Personen, die nicht in einer engeren Verbindung mit der betroffenen Organisation oder Unternehmung stehen. Geschäftsführer sind danach ebenso erfasst wie Eigner, Praktikanten oder Geschäftspartner und deren Angestellte. Gegenstand der geschützten Informationen muss nach den Definitionen in Art. 3 die Verletzung von Unionsrecht durch unrechtmäßiges Verhalten, aber auch missbräuchliches (nicht notwendig unrechtmäßiges) Verhalten sein. In den Art. 4 ff. werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, für die Einrichtung effektiver Hinweisgeberschutzsysteme mit internen und externen Meldekanälen zu sorgen. Dies gilt nach dem Regelungsvorschlag sowohl für den öffentlichen als auch den privatwirtschaftlichen Sektor. Er nimmt lediglich kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Angestellten oder unter 10 Mio. € Jahresumsatz aus, mit der Gegenausnahme von Finanzdienstleistern (Art. 3 Abs. 2).[58] Im öffentlichen Bereich sind die gesamte Bundes- und Landesverwaltung, Gemeinden über 10000 Einwohnern und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts betroffen.
Art. 4 und 5 begründen Pflichten (mit erheblichen Gestaltungsspielräumen; vgl. Art. 5 Abs. 2) zur Einführung interner Meldewege für den öffentlichen und privaten Sektor. Als Mindestanforderungen müssen die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers (Art. 5 Abs. 1)[59] und die umgehende Bearbeitung der Meldung gesichert sein (Art. 5 Abs. 1 lit. d: binnen 3 Monaten). Über diese Meldemechanismen muss offen und verständlich informiert werden. Art. 6 ff. verpflichten darüber hinaus zur Einrichtung (in Art. 7 grob skizzierter) externer Anzeigemöglichkeiten. Informationen müssen vertraulich an unabhängige Stellen gelangen können. Die Empfänger haben dem Hinweisgeber in angemessener Zeit Rückmeldung zu Sachstand und Ausgang der Prüfung zu geben (Art. 6 Abs. 2 lit. b; Art. 9 Abs. 1 lit. b: bis zu 3 Mo-
nate; unter besonderen Umständen bis zu 6 Monate). Die Sichtung von Meldungen durch qualifiziertes Personal muss gesichert sein (Art. 8).
Nach dem Konzept der Kommission stehen diese Meldekanäle nicht gleichberechtigt nebeneinander. Hinweisgebern wird kein Wahlrecht eingeräumt. Sie müssen zuerst den internen Weg beschreiten. Die Kommission begründet diesen Vorrang damit, dass die Informationen so schnell wie möglich an die Stelle gelangen sollen, wo die Gefahren sich am schnellsten und effektivsten beheben und zugleich Risiken von Reputationsschäden durch unberechtigte (externe) Meldungen sich besser beherrschen lassen.[60]
Hiervon lässt Art. 13 im öffentlichen Interesse aber Ausnahmen zu. In diesem Artikel legt die Richtlinie allgemein fest, unter welchen Voraussetzungen Hinweisgeber Schutz genießen. Ein Hinweisgeber muss zum Zeitpunkt der Weitergabe vernünftige Gründe dafür gehabt haben, die Information gestützt auf objektiv nachvollziehbare Hinweise für wahr zu halten (Art. 13 Abs. 1). Entsprechendes gilt, wenn er begründeten Anlass hatte, davon auszugehen, dass das Verhalten in den materiell-rechtlichen Anwendungsbereich der Richtlinie fällt. Damit stellt die Richtlinie auf einen objektiv-subjektiven Ex-ante-Maßstab ab, d.h. darauf, wie ein objektiver Betrachter in der Situation des Hinweisgebers die Sachlage vor Weitergabe der Information beurteilt hätte. Auf diese Weise wird versucht, einen Ausgleich zwischen der Bewertungsunsicherheit beim Hinweisgeber und dem Schutz vor bösgläubigen oder missbräuchlichen Meldungen zu schaffen. Art. 13 steckt mithin die Grenzen der Schutzwürdigkeit aus Unionssicht ab. Hält sich der Hinweisgeber in den Grenzen von Art. 13, trägt er nicht mehr das Irrtumsrisiko. Er ist auch dann geschützt, wenn sich die Meldung später als inhaltlich unzutreffend erweist.[61]
Eine Weitergabe nach außen kommt unter den besonderen Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 in Betracht, d.h. vor allem dann, wenn konkret nicht erwartet werden kann, dass eine interne Meldung zu einer effektiven Prüfung der Vorwürfe führt. Nach Art. 13 Abs. 2 darf ein Hinweisgeber extern melden, wenn intern keine Rückmeldung in angemessener Zeit erfolgt (lit. a), kein interner Weg verfügbar ist (lit. b), dessen Nutzung in der konkreten Angelegenheit nicht erwartet werden konnte (lit. d) oder er berechtigten Grund zur Annahme hatte, dass eine interne Meldung die Effektivität der Ermittlungen gefährden würde (lit. e). Die Gesetzesbegründung präzisiert, dass damit Fälle gemeint sind, in denen aus berechtigten Gründen nicht erwartet werden konnte, dass interne Berichtswege den Richtlinienvorgaben entsprechend funktionieren. Dies kann der Fall sein, wenn nachvollziehbar Vergeltungsmaßnahmen oder Verletzungen der Vertraulichkeit zu befürchten waren, Unternehmensverantwortliche in die Rechtsverletzungen involviert sein könnten, Beweisvernichtung oder sonstige Verdeckungshandlungen drohen oder wenn unverzügliches Handeln geboten ist, z.B. um eine unmittelbare und substantielle Gefahr für Leben, Gesundheit und Sicherheit anderer Menschen oder die Umwelt abzuwenden.
In letzter Konsequenz darf auch eine Meldung an die Medien erfolgen (Art. 13 Abs. 4), dies aber erst, wenn interne und externe Kanäle nicht zu einer angemessenen Reaktion innerhalb des vorgeschriebenen Zeitrahmens geführt haben (lit. a)[62] oder eine vorherige anderweitige Meldung wegen drohender unmittelbarer Gefahr für öffentliche Interessen, wegen drohender irreversibler Schäden oder nach den besonderen Umständen des Falles nicht erwartet werden konnte (lit. b). Externe staatliche Kanäle müssen sich insofern gleichfalls als insuffizient erwiesen haben.[63] Der Staat konzentriert externe Meldungen mit diesen strengen Vorgaben in seiner Sphäre und verschafft sich die prioritäre Zugriffsmöglichkeit. Von der Warte eines Rechtsdurchsetzungsansatzes ist dies aber plausibel. Die Anzeige soll an eine abhilfezuständige Stelle erfolgen. Diese Prioritätensetzung schlägt sich in der Kanalisierung der Informationen nieder. Sind die Voraussetzungen von Art. 13 erfüllt, genießt der Hinweisgeber nach Art. 15 Schutz gegen Repressalien, der vom Ausschluss der rechtlichen Haftung für die Folgen einer Meldung, über das Verbot von (namentlich in Art. 14 aufgezählten) Vergeltungsmaßnahmen inkl. hinweisgeberfreundlicher Beweislastegeln bis zum Zugang zu Rechtsbehelfen gegen Vergeltungsmaßnahmen reicht. Der Hinweisgeber dürfte danach Kündigungsschutz ohne weitere Interessenabwägungen genießen. Schutz vor Strafverfolgung wegen Beteiligung an dem gemeldeten Verhalten (z.B. durch Verwendungssperren) böte die Richtlinie dagegen nicht. Der Hinweisgeber ist kein Kronzeuge. Relativen Schutz verspricht allenfalls die Vertraulichkeit.
Zur Ergreifung entsprechender Maßnahmen werden die Mitgliedstaaten in Art. 15 Abs. 1 verpflichtet. Art. 17 setzt ergänzend Sanktionsnormen, die auf nationaler Ebene gegenüber Personen, welche die Wirksamkeit der Kanäle beeinträchtigen und Repressalien zu verantworten haben (Abs. 1), aber auch gegen unredliche (bösgläubige oder missbräuchlich handelnde) Hinweisgeber (Abs. 2) vorzuhalten sind. Hiervon verspricht man sich eine Abschreckungswirkung in beide Richtungen. Erstaunen mag, dass keine Regelungen zur transnationalen Wirksamkeit bzw. Anwendung der Schutzvorschriften vorgesehen sind, geht es doch stets um Fälle, die im gemeinsamen Interesse der Union liegen und denen
aufgrund dieses Interesses stellvertretend für die Union nachzugehen ist.
Wie schon im Kartellrecht schickt sich die EU erneut an, eine Vorreiterrolle zu spielen. Aus Sicht der EU ist die Beschränkung auf Hinweise zu Rechtsverletzungen konsequent.[64] Eine Ausweitung auf "Fehlverhalten" insgesamt oder ethisch fragwürdige Praktiken bereitet im Vergleich erhebliche zusätzliche Begründungs- und Konstruktionsschwierigkeiten. Breiter angelegte nationale Initiativen werden sich diesen aber stellen müssen. Der Richtlinienvorschlag wird den oben identifizierten Anforderungen in wichtigen Punkten gerecht. Er enthält die elementaren Bausteine eines Hinweisgebersystems, namentlich Definition von Whistleblowing, Definition des Gegenstandes von Whistleblowing, zulässige Adressaten der Informationen, Kommunikationswege, Schutzmechanismen sowie die Bekanntmachung der Rahmenbedingungen und Funktionsweise des Systems. Die Schutzwirkung knüpft am auf belastbare tatsächliche Anzeichen gründenden guten Glauben des Hinweisgebers an und nicht an der objektiven Richtigkeit der Informationen.[65] Die Voraussetzungen sind sachdienlich aus objektiv-subjektiver Ex-ante-Sicht formuliert. Gleiches gilt für den deliktischen Anwendungsbereich und den Stufenübergang. Das Irrtumsrisiko soll durch den Vorrang interner Meldeverfahren reguliert werden.
Damit bleibt auch die EU beim sog. Stufenmodell. Hierin könnte ein struktureller Widerspruch liegen, weil das Modell Zielkonflikte zwischen konfligierenden Regulierungsansätzen produziert. Effektiv können Hinweisgebersysteme aber nur sein, wenn sie Whistleblowing in systematisch und strategisch schlüssiger Weise stimulieren. Der Vorrang interner Meldeverfahren ist vorliegend jedoch nicht Ausdruck eines Primats unternehmerischer Self-Governance, sondern notwendiger privatwirtschaftlicher Anteil am Public Enforcement. Die Mitgliedstaaten sollen privatrechtliche und öffentliche Entitäten regulatorisch für die Rechtsdurchsetzung in die Verantwortung nehmen. Der Vorrang begründet sich rein funktionalistisch damit, dass staatliche Stellen meist nur unvollständige Informationen erhalten, es ihnen aber regelmäßig am Zugriff auf Informationsquellen fehlt, um Angaben zu verifizieren, Spuren nachzugehen und das Bild zu vervollständigen. Bei außenstehenden Hinweisgebern leuchtet das nicht unbedingt ein. Auch für diese müsste der Vorrang interner Hinweise mit einer zu erwartenden besseren Aufklärung begründet werden. Denn für diese Gruppe kann ein Vorrang von vornherein nur aus dem Rechtsdurchsetzungsansatz, nicht aber über arbeitsrechtliche Nebenpflichten, hergeleitet werden. Selbst wenn ein Outsider berichtet, ginge es immer noch um Geschehen im Unternehmen, sodass es nicht abwegig erscheint, aus Effektivitätsgründen zunächst eine interne Abklärung anzustoßen.
Die Realisierung des Durchsetzungsansatzes ist in dieser Konstellation aber erheblich beeinträchtigt. Das Stufenmodell kann nur mit implementierten Feedback-Mechanismen funktionieren. Bei externen Hinweisgebern ist es nicht ohne weiteres vorstellbar, dass Unternehmen interne Informationen für diese zugänglich machen bzw. dies angesichts von Geheimhaltungspflichten und Datenschutz überhaupt dürfen. Um darüber befinden zu können, ob die Reaktion im Unternehmen ausreichend war, müssen derartige Informationen aber zugänglich sein. Bei externen Hinweisgebern müsste daher ein erleichterter und schnellerer Übergang zur Meldung nach außen möglich sein. Dies vertrüge sich auch gut mit dem präventiven Ansatz, den die Kommission verfolgt.
In Anbetracht der Zwiespältigkeit der vorstehenden Erwägungen wäre zu hinterfragen, ob der Vorrang in dieser Strenge angebracht oder doch letztlich der Rechtsdurchsetzung nicht mehr dienlich ist. Der gewählte Regulierungsansatz sollte daher wenigstens bei der Umsetzung und Anwendung der Vorgaben konsequent beherzigt werden und nicht durch übermäßig strenge Handhabung der Schutzvorschriften unterlaufen werden. Weiter zu präzisieren bleibt, wann eine Reaktion auf interne oder externe Meldungen unzureichend ist, sowie insbesondere auch, ob und wann nach offiziellem staatlichen Verfahrensabschluss noch eine Information der Medien erfolgen darf.
Zu den zentralen stimulierenden Faktoren der Richtlinie gehören die Schutz- und Sanktionsvorschriften. Der Kündigungs- und Maßregelungsschutz wird durch eine Beweislastumkehr abgesichert. Von komplexen Einzelfallabwägungen hängt der Schutz nicht mehr ab. Auf monetäre Anreize verzichtet der Vorschlag wohl zu Recht, da deren Motivationskraft empirisch nicht bewiesen ist. Der Fokus liegt überzeugend auf der Freiheit von Repressionen und der Bestärkung in der Erwartung, dass ein Hinweis tatsächlich Wirkung entfaltet.[66] Ein Schutz der Selbstbelastungsfreiheit ist nicht vorgesehen. Es bleibt abzuwarten, ob dies nachteilige Auswirkungen auf die Funktionsweise der Hinweiskanäle hat. Gleiches gilt in Bezug auf das Fehlen einer Regelung für transnationale Fälle. Mit Hinweis-, Schulungs- und Rückmeldepflichten enthält die Richtlinie dagegen echte Novitäten, um Zugänglichkeit und Berechenbarkeit der Hinweisgebersysteme abzusichern.
Der Kommission scheint sich bewusst zu sein, dass Bekanntmachung und Transparenz der Meldeverfahren ein wichtiger Motivationsfaktor für Personen sind, die über relevante Informationen verfügen. Ebenso bedarf es der Gewährleistung hinreichender Sachkunde im Umgang mit Whistleblower-Hinweisen. Als Kehrseite bringen die institutionellen und strukturellen Vorschläge erhebliche Kosten vor allem für Unternehmen und Gemeinden mit
sich. Die Kommission bemüht sich um einen Kompromiss, indem sie kleinere Unternehmen und Gemeinden ausnimmt. Hieran sind die Mitgliedstaaten freilich nicht gebunden. Ohnehin ergibt sich ein indirekter Anreiz zur Schaffung solcher Strukturen daraus, dass Hinweisgeber aus solchen kleineren Unternehmen direkt externe Kanäle nutzen dürften und auch in den Genuss der Schutzwirkungen der Richtlinie kommen können.[67]
Kritisieren ließe sich, dass der Entwurf keine gezielten Anreize in Gestalt eines Bußgelderlasses oder einer abgestuften Sanktionsmilderung schafft, um der Privatwirtschaft einen verlässlichen Zusatznutzen zu bieten, der wie im Kartellrecht auch mit dem Regulierungsansatz kompatibel wäre. Probleme könnte einigen Staaten auch die geforderte Vertraulichkeitsgarantie bereiten. Nationaler Datenschutz kann Modellen mit strengem Identitätsschutz sehr kritisch gegenüberstehen.[68] Kompromisse ermöglichen Meldesysteme wie das BKMS-Hinweisgebersystem. Unbehandelt bleibt schließlich das neuralgische Sonderproblem der Preisgabe von Informationen, welche die nationale Sicherheit berühren. Derartige Informationen sollen offenbar weiterhin eine Sonderbehandlung erfahren. An das große Spannungsverhältnis zwischen Geheimnisschutz und Informations-, Presse- und Meinungsfreiheit traut sich die Kommission nicht heran.
Die Regierungen der Mitgliedstaaten sollten den Vorschlag als Chance begreifen, die unbefriedigende Rechtslage in vielen Rechtsordnungen zu beseitigen, und daher konstruktiv im Gesetzgebungsprozess mitwirken. Sie sollten dabei nicht bei der Verletzung von Unionsrecht stehen bleiben, sondern den Vorschlag als Impuls für eine umfassende nationale Regelung sehen, die sich nach dieser Blaupause friktionsfrei modellieren lässt. Grundvoraussetzung ist freilich, sich die Bedeutung des Whistleblowing zu vergegenwärtigen und einen entsprechend konsequenten Regulierungsansatz zu wählen. Damit verbinden sich zugleich ein klares gesamtgesellschaftliches Bekenntnis zum Whistleblower und eine Anerkennung der gewichtigen zivilgesellschaftlichen Funktion, die von ihm bei der Bewältigung zentraler öffentlichen Anliegen wahrgenommen wird. Hinweisgebersysteme sind gesellschaftlich zulässig und wünschenswert. Der Whistleblower ist kein anarchisch subversiver Gegner des Staates und kein Schrecken des ökonomischen Establishments und er ist auch nicht zwingend ein Denunziant. Die Tätigkeit des Whistleblowing ist zweierlei. Sie ist einerseits Grundrechtsausübung eines Bürgers zur Wahrnehmung eigener zivilgesellschaftlicher Verantwortung und andererseits ein Rechtspflegeinstrument zum Schutz öffentlicher Interessen. Diese Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts entspricht dem Verständnis eines selbstbewussten, liberalen Bürgertums. Es fördert wirksame Selbstbestimmung und Selbstregierung.
[1] OECD-Report "Committing to Effective Whistleblower Protection”, 2016, S. 133 ff.; Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg., Annex 6; Kölbel, Whistleblowing in Europe, in: van Erp/Huisman/Vande Walle (Hrsg.), Routledge Handbook of White-Collar and Corporate Crime in Europe, London 2015 (zitiert als: Kölbel, in: van Erp/Huisman/Vande Walle (Hrsg.)), S. 418, 419 f.; Haumüller , Whistleblowing in der Schweiz und im internationalen Vergleich – ein Bestandteil einer effektiven internen Kontrolle ?, Zürich, 2011, S. 104 ff.; OECD-Report "Committing to Effective Whistleblower Protection”, 2016, S. 133 ff.
[2] Vgl. Schiemann, Braucht Deutschland ein Whistleblower-Schutzgesetz?, in: Ahlbrecht/Dann/Wessing/Frister/Bock, Festschrift Wessing, München 2015, S. 569, 570, 574; z.B. im § 25a Abs. 1 S. 6 Nr. 3 KWG; § 53 Abs. 5 GWG § 4d Abs. 6 FinDAG, §§ 16 Abs. 1, 17 Abs. 2 ArbSchG, § 84 BetrVG, § 13 AGG; § 37 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BeamtStG, § 67 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BBG.
[3] Zu Reformbemühungen in Deutschland Schiemann, in: FS Wessing, S. 569, 580 ff.
[4] Schiemann, in: FS Wessing, S. 569, 571 ff., 580 ff.; s. ferner instruktive Länderüberblicke im OECD-Report "Committing to Effective Whistleblower Protection”, 2016, S. 105 ff.
[5] Zu Maßnahmen von UN, Europarat und OECD Groneberg, Whistleblowing: eine rechtsvergleichende Untersuchung des US-amerikanischen, englischen und deutschen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des Entwurfs eines neuen § 612a BGB, Berlin, 2011 (zitiert als: Groneberg), S. 47 ff.
[6] EGMR, Heinisch v. Deutschland, Urteil v. 21.07.2011, 28274/08 = HRRS 2011 Nr. 1081.
[7] Der EMGR wägt dies im Einzelfall ab, wobei Verlässlichkeit und öffentliches Interesse an der Information, Motivation des Whistleblowers, drohende materielle und ideelle Schäden bei Arbeitgeber und gemeldeten Personen einzubeziehen sind.
[8] Kommission, Summary Results of the Public Consultation on Whistleblower Protection, Bl. 9. Statistisch ist den Ergebnissen aber zumindest insofern mit Vorsicht zu begegnen, als es sich nicht um eine repräsentative Befragung handelte. Rückmeldungen kamen in überproportionalem Ma ß e aus Deutschland und Frankreich, vor allem von Einzelpersonen. Sie finden aber Abstützung in separaten Impact Assessments.
[9] OECD-Report "Committing to Effective Whistleblower Protection”, 2016, S. 13.
[10] Europaparlament, Legitimate measures to protect whistle-blowers acting in the public interest, P8_TA-Prov(2017)0402, Erwägungsgrund 14.; in Erwägungsgrund 17 werden öffentliche Interessen enumeriert.
[11] Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Transparenz und zum Diskriminierungsschutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern, BT-Drs 18/3039, 9.
[12] Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg.
[13] Hochinteressant und erhellend ist insofern der Schwerpunkt, den die Proportionalitätsbewertung setzt. Dreh- und Angelpunkt ist nicht der Grundrechtsschutz des Whistleblowers, sondern die wirksame Durchsetzung des Unionsrechts und das öffentliche Interesse an der Einhaltung der unionsrechtlichen Vorschriften; Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law , KOM(2018) 218 endg., Explanatory Memorandum, Bl. 6.
[14] Rechtsgrundlagen des Richtlinienvorschlags sind daher auch folgerichtig die Kompetenznormen aus diesen Politikbereichen und nicht diejenigen für die strafrechtliche Zusammenarbeit; Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law , KOM(2018) 218 endg., Erwägungsgrund 81. Der gegenwärtige Rechtszustand in Europa spiegelt sich auch in den Erwägungen zur Subsidiarität wider. Die Fragmentierung der Rechtslandschaft und das Durcheinander von unterschiedlichen Schutzhöhen und -lücken machten eine unionsrechtliche Einführung von kohärenten Mindestregeln so erforderlich wie selten.
[15] Mit dieser Schwerpunktsetzung auch Kreis, Whistleblowing als Beitrag zur Rechtsdurchsetzung, Tübingen, 2017 (zitiert als: Kreis) S. 3 ff., 85 ff., 225 ff.
[16] Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg., Explanatory Memorandum, Bl. 2.
[17] In der Tat steht Whistleblowing auffallend häufig am Anfang der Verfolgung von Wirtschaftskriminalität; OECD-Report "Committing to Effective Whistleblower Protection”, 2016, S. 116 f., 122.
[18] Vgl. BVerfGE 77, 65 (76); 80, 367 (375). Nicht ignoriert werden soll das prinzipieninterne Spannungsverhältnis, das sich bei der Ausgestaltung des Hinweisgeberschutzes einstellt. Das Rechtsstaatsprinzip speist einerseits als Quelle ein Vollzugsprinzip, das auf Steigerung der staatlichen Rechtsdurchsetzungsmacht gerichtet ist, während es andererseits als Instrument par excellence zur Begrenzung staatlicher Macht dienen soll. Die staatliche Rechtsdurchsetzung kann nicht um ihrer selbst willen angeführt werden, um alle rechtsstaatlichen Fesseln zu sprengen. Ein solcher Argumentationsstrang wäre hoffnungslos zirkular. Jedoch ist es unabweisbar legitim, die Rechtsstaatsdimension und damit das Span-nungsverhältnis als solches aufzuzeigen, damit beim Bemühen, dieses aufzulösen, die richtigen rechtlichen Parameter in das Kalkül einbezogen werden.
[19] "Protection of Whistleblowers”, Recommendation CM/Rec(2014)7 adopted by the Committee of Ministers of the Council of Europe on 30 April 2014, Explanatory Memorandum, Nr. 52 (zu Principle 8).
[20] Diese grundrechtliche Schutzdimension wird auch von der Kommission ausdrücklich erwähnt, Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg., Explanatory Memorandum, Bl. 9, wenn sie primär über die Durchsetzungs- und Sanktionsvorschriften mitrealisiert wird. Meldemöglichkeiten sollen von Grundrechtsverletzungen abschrecken. Dabei geht es der Kommission nicht vorrangig um die Rechte des Whistleblowers, sondern um die Rechte der vom Unionsrecht materiell geschützten Personen, namentlich deren Recht auf faire und gerechte Arbeitsbedingungen (Art. 30 und 31 GRC), Recht auf Privatleben, Schutz persönlicher Daten, Umweltschutz, Gesundheitsversorgung, Verbraucherschutz (Art. 7, 8, 35, 37, 38 GRC) und Recht auf gute Verwaltung (Art. 41 GRC) .
[21] Verankert im Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit; vgl. Meyer, wistra 2017, 249, 252.
[22] S. Übersicht in Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg., Annex 5.
[23] BVerfG, 1 BvR 2049/00, Beschl. v. 02.07.2001, Rn. 20. Tragend war vorliegend aber nicht diese Erwägung , sondern die passive staatsbürgerliche Zeugenpflicht im Verfahren. Zumindest obiter wurde aber ein Rechtsstaatsbezug der aktiven Anzeigeerstattung bestätigt.
[24] Vgl. in diesem Zusammenhang Kreis, S. 47 f.
[25] EGMR, Heinisch v. Deutschland, Urteil v. 21.07.2011, 28274/08; EMGR (GK), Guja v. Moldawien, Urteil v. 12.02.2008, 14277/04,; EGMR, Marchenko v. Ukraine, Urteil v. 19.02.2009, 4063/04. Eine parallele Garantie findet sich in Art. 11 GRC.
[26] BAG NZA 2007, 502, 503 f.; allg. zu Nebenpflichten Becker, Whistleblowing, Anzeigerecht und Anzeigepflicht des Arbeitsnehmers in der Privatwirtschaft, Frankfurt am Main, 2012 (zitiert als: Becker), S. 26 ff.; Kreis, S. 66 ff.
[27] V.a. Recht auf Schutz des Privatlebens und personenbezogener Daten, Art. 7 resp. 8 GRC; Unschuldsvermutung und Verteidigungsrechte, Art. 47, 48 GRC; unternehmerische Freiheit, Art. 16 GRC.
[28] BAG NZA 2007, 502, 503 f.; BAG NJW 2004, 1547, 1548 f.; Kania, in: Küttner (Hrsg.), Personalbuch, 25. Auflage, München, 2018 (zitiert als: Kania, in: Küttner (Hrsg.)) Rn. 11.
[29] Vgl. BAG NZA 2004, 427, 430; BAG NZA 2007, 502, 503 f.; der externe Weg darf danach erst beschritten werden, wenn eine schwere Straftat droht, eine Straftat vom Arbeitgeber bzw. seinen gesetzlichen Vertretern begangen wurde, wenn der Arbeitgeber nach internem Hinweis nicht für Abhilfe sorgt oder wenn ein Arbeitnehmer sich durch die Nichtanzeige selbst strafbar machen würde; s.a. Rotsch/Wagner, Whistleblowing aus strafrechtswissenschaftlicher Sicht, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance, Baden-Baden, 2015 (zitiert als: Rotsch/Wagner, in: Rotsch (Hrsg.)), § 34 Rn. 37 ff.
[30] Art. 5 lit. b EU-Richtlinie über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen (2016/943); dazu auch Reinbacher, Die Strafbarkeit des Whistleblowings nach § 17 UWG im Lichte der Geheimnisschutzrichtlinie, KriPoZ 2018, 115, 118 f.; von Busekist/Racky, Hinweisgeber- und Geschäftsgeheimnisschutz – ein gelunger Referentenentwurf?, ZRP 2018, 135.
[31] S. Fn. 6.
[32] Zum Public Interest Disclosure Act Groneberg, S. 70 ff., 92 ff., 115 ff., 131 ff., 145 ff., 165 ff.
[33] Kommission, Summary Results of the public consultation on whistleblower protection, Bl. 17; Bündnis 90/Die Grünen, Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Transparenz und zum Diskriminierungsschutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern, BT-Drs 18/3039, 15; vgl. a. Verlaufsmodelle bei Herold, Whistleblower: Entscheidungsfindung, Meldeverhalten und kriminologische Bewertung, Baden-Baden, 2016 (zitiert als: Herold), S. 193, 312; ferner S. 330, 332 ff.
[34] Die Situation ist insofern anders im Kartellrecht, weil die Kronzeugen dort genau wissen, dass Regeln gebrochen wurden.
[35] "Protection of Whistleblowers”, Recommendation CM/Rec(2014)7 adopted by the Committee of Ministers of the Council of Europe on 30 April 2014, Principle 22: "Protection should not be lost solely on the basis that the individual making the report or disclosure was mistaken as to its import or that the perceived threat to the public interest has not materialised, provided he or she had reasonable grounds to believe in its accuracy.”.
[36] Herold, S. 44 f.; zur englischen Rechtslage Groneberg, S. 148 f. Der mit dem Enterprise and Regulatory Reform Act 2013 revidierte englische Employment Rights Act stellt in Art. 17 ff. verstärkt auf den Begriff des "reasonable belief" ab.
[37] EMGR (GK), Guja v. Moldawien, Urteil v. 12.02.2008, 14277/04, Rn.69 ff.
[38] Protection of Whistleblowers, Recommendation CM/Rec(2014)7 adopted by the Committee of Ministers of the Council of Europe on 30 April 2014, Explanatory Memorandum, Nr. 85 (zu Principle 22).
[39] Kommission, Summary Results of the public consultation on whistleblower protection, 2017, Bl. 6, 12 f.
[40] Zu den Regelungen in den USA, Groneberg, S. 155 ff., 268 f.; der revidierte englische ERA sieht bei fehlendem good faith die Reduzierung von Entschädigungsleistungen vor; insg. kritisch Fleischer/Schmolke, Finanzielle Anreize für Whistleblower im Europäischen Kapitalmarktrecht, NZG 2012, 361, 364 f.
[41] Zum sog. "Whistleblowing triangle" Smaili/Arroyo, Categorization of Whistleblowers Using the Whistleblowing Triangle, Journal of Business Ethics 2017, Tables 1, 3 u. 8 sowie Figure 2.
[42] Kommission, Summary Results of the public consultation on whistleblower protection, Bl. 11.
[43] Vgl. Kölbel, S. 418, 425 ff.; Kreis, S. 170 ff.; Groneberg, S. 234 ff. Herold hebt die Relevanz von Art und Ausmaß der durch den Verstoß verursachten Rechtsgutsverletzung und die "Beeinträchtigung der persönlichen Integrität des Insiders" durch den Missstand hervor, S, 314.
[44] Kölbel, S. 418, 425; zum Stand der Forschung auch Herold , S. 85 ff.
[45] Stereotyp Moosmayer, Whistleblowing aus unternehmenspraktischer Sicht, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance, Baden-Baden, 2015 (zitiert als: Moosmayer, in: Rotsch (Hrsg.)), § 34 Rn. 107; vgl. auch Verbandsstellungnahmen gegenüber der EU, Summary Results of the public consultation on whistleblower protection , 2017, Bl. 24.
[46] Laut OECD verfügt eine Mehrheit der (befragten) Unternehmen über einen Mechanismus, um verdächtiges Verhalten zu melden, OECD-Report " Committing to Effective Whistleblower Protection ”, 2016, S. 119. Whistleblower-Schutz ist eine Standardkomponente des aktienrechtlich geforderten Risikomanagements und der Criminal Compliance im Besonderen; Süße, Whistleblowing aus Sicht des externen Compliance-Beraters, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance, Baden-Baden, 2015 (zitiert als: Süße, in: Rotsch (Hrsg.)), § 34 Rn. 109; ausf. Schemmel/Ruhmanseder/Witzigmann, Hinweisgebersysteme, Heidelberg, 2012. Unternehmen können dabei über unternehmensinterne Compliance- oder Ethikrichtlinien Pflichten begründen, die deutlich über das allgemeine Arbeitsrecht hinausgehen; Kania, in: Küttner (Hrsg.), Rn. 12; zur Zulässigkeit zusätzlicher qualifizierter Meldepflichten und zur Reichweite des Weisungs- bzw Direktionsrecht s. Rn. 13; zum Umfang der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung, Rn. 15; dazu auch Becker, S. 185 ff. Der Umgang mit Verstößen gegen geltendes Recht im eigenen Unternehmen wird zudem als Frage der Nachhaltigkeit behandelt und daher auch als Aspekt der Corporate Social Responsibility gesehen; Vandekerckhove, Whistleblowing and Organizational Social Responsibility : A Global Assessment, 2007.
[47] OECD-Report "Committing to Effective Whistleblower Protection”, 2016, S. 116.
[48] Ehrlich Sü ße , in: Rotsch (Hrsg.), § 34 Rn. 120.
[49] Dies zeigt auch die Vernehmlassung der EU-Kommission, Summary Results of the public consultation on whistleblower protection, 2017, Bl. 13. Einen engeren Ansatz vertritt Kreis, die den Schutz auf Verstöße gegen Normen beschränkt, die im Gemeininteresse liegen, S. 187, und für deren Durchsetzung es eine zuständige Aufsichtsbehörde gäbe, S. 169. Damit sollen rein zivilrechtliche Pflichtverletzungen ausgeschlossen werden, S. 166. Das überzeugt jedenfalls dann nicht, wenn bzgl. dieser Normen grundrechtliche Schutz- und Gewährleistungspflichten bestehen.
[50] Vgl. Kreis , S. 33 ff.
[51] Kritik bei Kreis, S. 34 ff.; Groneberg, S. 222 ff.
[52] Kreis, S. 188 ff.
[53] Krit. daher Herold, S. 337 ff., 342; Schiemann, in: FS Wessing, S. 569, 571.
[54] Für auß enstehende Hinweisgeber gilt das umso mehr, weil sie in der Regel nicht in Rückmeldemechanismen eingebunden sind.
[55] Dazu Rotsch/Wagner, in: Rotsch (Hrsg.), § 34 Rn. 29 ff., 52 ff.
[56] Dies hat regulatorisch konsequent zu geschehen. Ein Grundleiden von Diskussion und Rechtsprechung liegt darin, dass über das Stufenmodell in seiner gegenwärtigen Form gänzlich unterschiedliche Regulierungsansätze miteinander verquickt werden. Auf Inkompatibilitäten weist auch Kölbel hin, S. 418, 423.
[57] Das Verhalten muss nicht zwingend rechtswidrig sein , Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg., Erwägungsgrund 29.
[58] Ein indirekter Anreiz zur Schaffung solcher Strukturen ergibt sich allerdings daraus, dass Hinweisgeber aus solchen kleineren Unternehmen direkt externe Kanäle nutzen dürften und zugleich in den Genuss der Schutzwirkungen der Richtlinie kommen, Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law , KOM(2018) 218 endg., Erwägungsgrund 40.
[59] Diese Vorgabe reflektiert die Ergebnisse einer aktuellen Kommissionsuntersuchung, Summary Results of the public consultation on whistleblower protection , Bl. 15.
[60] Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg., Erwägungsgrund 37.
[61] Art. 16 dient dem Schutz der von Hinweisen betroffenen Personen; insb. Identitätsschutz und Verfahrensrechte.
[62] Offen bleibt aber, was letztlich unter "appropriate" zu verstehen ist. Reagiert z.B. eine Aufsichtsbehörde rechtzeitig, stellt sich nach Abschluss des Prüfungsverfahrens die Frage, unter welchen Bedingungen der Hinweisgeber dies hinzunehmen hat oder ob er bei Unzufriedenheit mit der staatlichen Entscheidung die Medien informieren darf. Schlüssig wäre es zumindest, wieder auf einen objektiv-subjektiven Ex-ante-Maßstab abzustellen.
[63] Beispielweise wenn der Hinweisgeber begründeten Anlass hatte, den angeblichen Rechtsverletzer und die zuständige Stelle der Kollusion zu verdächtigen, Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg., Erwägungsgrund 64.
[64] Manche mögen die Aussagekraft der empirischen Vorstudien in Zweifel ziehen. Sie decken sich aber im Ergebnis mit denjenigen anderer internationaler Organisationen. Umgekehrt sollte man sich vor übertriebenen Erwartungen hüten.
[65] Gegen Whistleblowing aus Rache oder Geltungsdrang schützt das nicht. Im Interesse effektiver Rechtsdurchsetzung kann die Motivation hinter der Meldung von für wahr gehaltenen Informationen über Straftaten auch grundsätzlich keine Rolle spielen; ähnlich Herold, S. 44 f.
[66] Zur großen Bedeutung dieser Faktoren Herold, S. 313. Ihr Vorliegen kann die Bereitschaft zu internen Anzeigen erhöhen.
[67] Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on the protection of persons reporting on breaches of Union law, KOM(2018) 218 endg., Erwägungsgrund 40. Dies ist ein weiterer Beleg für den durchsetzungsorientierten Regulierungsansatz der Kommission.
[68] Becker, S. 210 ff.