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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2015
16. Jahrgang
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Bei der Bewertung sonstiger strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ohne gesonderte Anklage – bei Beachtung der Unschuldsvermutung und der Vermeidung einer Doppelbestrafung – kann es in aller Regel nur darum gehen, Umstände festzustellen, die wegen ihrer engen Beziehung zur Tat als Anzeichen für Schuld oder Gefährlichkeit des Täters verwertbar sind. Diese durch Sinn und Zweck von § 46 Abs. 2 StGB gezogene Grenze ist jedenfalls dann überschritten, wenn es an dem notwendigen inneren Zusammenhang mit dem angeklagten Tatvorwurf fehlt (vgl. BGH NStZ 2014, 202 mwN).
1. Das sog. „Bruttoprinzip“ im Verfallsrecht bedeutet, dass nicht bloß der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erhalten hat, für verfallen zu erklären ist. Wirtschaftlich erlangt ist ein Gegenstand oder Wert im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB dabei, sobald dieser unmittelbar aus der Tat in die eigene Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist.
2. Erlangt der Täter im Zuge seiner Entlohnung für die Begehung einer Straftat – hier: Einschleusen von Ausländern – die Verfügungsgewalt über einen Geldbeitrag, so ist dieser regelmäßig insgesamt für verfallen zu erklären, selbst wenn nach den Abreden der Beteiligten letztlich nur ein geringer Teil des Geldes beim Täter verbleiben soll. Dies kann allenfalls im Rahmen einer Härtefallprüfung nach § 73c StGB zu berücksichtigen sein.
1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB ist eine den Betroffenen außerordentlich beschwerende Maßnahme. Nur Störungen des Rechtsfriedens, die zumindest in den Bereich der mittleren Kriminalität hineinragen, rechtfertigen eine Unterbringung gemäß § 63 StGB (vgl. BVerfGE 70, 297, 312). Auch muss aufgrund einer umfassenden Würdigung von Tat und Täter eine höhere oder doch bestimmte, jedenfalls über die bloße Möglichkeit hinausreichende Wahrscheinlichkeit zu bejahen sein, dass der schuldunfähige Täter infolge seines Zustandes weitere erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
2. Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstat(en) zu entwickeln (st. Rspr.).
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus setzt unter anderem die positive Feststellung voraus, dass der Beschuldigte eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen hat. Hierfür muss vom Tatgericht im Einzelnen dargelegt werden, wie sich die festgestellte, einem Merkmal von §§ 20, 21 StGB unterfallende Erkrankung in der jeweiligen Tatsituation auf die Einsichts- oder die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat und warum die Anlasstaten auf den entsprechenden psychischen Zustand zurückzuführen sind (vgl. BGH NStZ-RR 2012, 306, 307). Insoweit ist insbesondere zu untersuchen, ob in der Person des Beschuldigten oder in seinen Taten letztlich nicht nur Eigenschaften und Verhaltensweisen hervortreten, die sich im Rahmen dessen halten, was bei schuldfähigen Menschen anzutreffen und übliche Ursache für strafbares Verhalten ist (vgl. BGH NStZ 1997, 383).
Treffen allgemeine Milderungsgründe und ein vertypter Milderungsgrund zusammen, ist zunächst zu prüfen, ob allein die allgemeinen Milderungsgründe zur Annahme eines minder schweren Falls führen, da der vertypte Milderungsgrund dann für eine Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB noch nicht verbraucht ist. Erst wenn nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungstatsachen das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen ist, ist bei der weiter gehenden Prüfung, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt, der gesetzlich vertypte Strafmilderungsgrund zusätzlich heranzuziehen.
Bei der Prüfung der Frage, inwieweit sich ein Beteiligter im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB als Mittäter an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, begrenzt die Reichweite des gemeinsamen Tatplanes auch den Umfang der gesamtschuldnerischen Haftung nach § 840 Abs. 1 BGB. Erweist sich im Rahmen einer räuberischen Erpressung der Einsatz von Gewalt daher als Exzess eines Mittäters, so kann dies bei der Bemessung der Höhe des von den übrigen Mittätern zu zahlenden Schmerzensgeldes nicht berücksichtigt werden.
Die straferschwerende Berücksichtigung später begangenen Straftaten ist rechtlich nur dann unbedenklich, wenn der Angeklagte bereits zum Zeitpunkt der Tat zur Begehung weiterer Straftaten entschlossen war oder wenn die spätere Tatbegehung auf seine besondere Rechtsfeindlichkeit schließen ließe (vgl. BGH wistra 2002, 21).