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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2014
15. Jahrgang
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1. Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat auch dann verpflichtet ist, illegal aufhältige Drittstaatsangehörige grundsätzlich in einer speziellen Hafteinrichtung dieses Staates in Abschiebungshaft zu nehmen, wenn er föderal strukturiert ist und die nach nationalem Recht für die Anordnung und Vollziehung einer solchen Haft zuständige föderale Untergliederung über keine solche Hafteinrichtung verfügt. (EuGH)
2. Die in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115 vorgesehene Verpflichtung, die Haft grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen zu vollziehen, obliegt den Mitgliedstaaten als solche und zwar unabhängig von ihrer jeweiligen Verwaltungs- oder Verfassungsstruktur. Die nationalen Behörden, die die zur Umsetzung von Art. 16 der Richtlinie 2008/115 erlassenen nationalen Rechtsvor-
schriften anzuwenden haben, müssen daher in der Lage sein, die Haft in speziellen Hafteinrichtungen zu vollziehen. (Bearbeiter)
3. Diese Auslegung von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115 bedeutet aber nicht, dass ein Mitgliedstaat, der wie die Bundesrepublik Deutschland föderal strukturiert ist, verpflichtet wäre, in jeder föderalen Untergliederung spezielle Hafteinrichtungen zu errichten. (Bearbeiter)
1. In Artikel 6 Abs. 3 lit. d EMRK ist der Grundsatz verankert, dass vor einer Verurteilung eines Beschuldigten alle ihn belastenden Beweismittel grundsätzlich während einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Beschuldigten beigebracht werden müssen, um eine kontradiktorische Befragung zu ermöglichen. Das zugrunde liegende Prinzip ist, dass der Angeklagte in einem Strafprozess eine wirkungsvolle Gelegenheit haben soll, die gegen ihn vorgebrachten Beweise anzufechten. Ausnahmen hiervon sind möglich, dürfen aber die Rechte der Verteidigung nicht verletzen; diese Rechte erfordern in der Regel nicht nur, dass der Angeklagte weiß, wer ihn beschuldigt, damit er die Redlichkeit und Glaubwürdigkeit der betreffenden Personen in Zweifel ziehen kann, sondern auch, dass ihm in angemessener und hinreichender Weise Gelegenheit gegeben wird, einen Belastungszeugen entweder während dessen Zeugenaussage oder zu einem späteren Verfahrenszeitpunkt zu konfrontieren und zu befragen.
2. Bestimmungen, mit denen Familienangehörigen des Beschuldigten vor Gericht ein Zeugnisverweigerungsrecht eingeräumt wird, um sie davor zu schützen, in ein moralisches Dilemma zu geraten, stehen an sich nicht im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 und 3 lit. d EMRK.
3. Die Verwertung von im Ermittlungsstadium erlangten Aussagen als Beweismittel steht an sich nicht im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 und 3 lit. d EMRK, soweit dem Angeklagten noch immer eine angemessene Gelegenheit gegeben wurde, die Aussagen in Zweifel zu ziehen. Dies bedeutet, dass bei der Verwertung von Beweismitteln, die vom Tatgericht zugelassen wurden, die Rechte der Verteidigung gewahrt werden müssen, besonders wenn der Angeklagte in keinem Stadium des Verfahrens zuvor Gelegenheit hatte, die Personen zu befragen, deren Aussagen in den Prozess eingeführt werden, und diese Aussagen das alleinige oder entscheidende Beweismittel für eine Verurteilung durch das Tatgericht oder eine damit verbundene Entscheidung dieses Gerichts darstellen. Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass, wenn eine Verurteilung allein oder entscheidend auf Aussagen einer Person gestützt wird, die der Beschuldigte weder im Ermittlungsverfahren noch in der Hauptverhandlung Gelegenheit hatte zu befragen oder befragen zu lassen, die Rechte der Verteidigung in einem Maß eingeschränkt sein können, das mit den nach Artikel 6 vorgesehenen Garantien nicht vereinbar ist (die sogenannte „allein-oder-entscheidend“-Regel).
4. In Fällen, in denen eine Verurteilung allein oder entscheidend auf den Aussagen nicht anwesender Zeugen beruht, prüft der EGMR das Verfahren mit größtmöglicher Gründlichkeit. Die Frage ist in jedem Fall, ob hinreichende kompensierende Faktoren vorliegen, einschließlich Maßnahmen, die eine faire und angemessene Einschätzung der Verlässlichkeit dieser Aussagen ermöglichen. Danach könnte eine Verurteilung nur dann auf solche Aussagen gestützt werden, wenn sie in Anbetracht ihrer Bedeutung für die Sache hinreichend verlässlich sind. 5. Verletzung der Art. 6 Abs. 1, Abs. 3 lit. d EMRK trotz einer unstreitigen besonders vorsichtigen Beweiswürdigung in einem Einzelfall, in dem die verwerteten, keinem Kreuzverhör unterzogenen Zeugenaussagen zwar nicht die alleinigen, wohl aber die entscheidenden bzw. ausschlaggebenden Beweismittel waren und die vom Tatgericht herangezogenen bestätigenden Beweise entweder selbst in Hörensagen oder in Indizienbeweisen bestanden und in dem zuvor die gebotene Bestellung eines Verteidigers im Ermittlungsverfahren unterblieben war und dem Beschwerdeführer eine eigene Aussage unmöglich war.
1. Die Verwerfung einer Revision ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss und ohne Begründung (§ 349 Abs. 2 StPO) ist im Grundsatz verfassungs- und konventionsrechtlich unbedenklich.
2. Ein Anspruch auf eine mündliche Revisionshauptverhandlung folgt weder aus dem Recht auf rechtliches Gehör, noch aus dem Recht auf ein faires Verfahren. Das rechtliche Gehör ist im Revisionsverfahren auch bei einer Entscheidung nach § 349 Abs. 2 StPO ausreichend durch die Möglichkeiten einer schriftlichen Äußerung gewährleistet. Dass Revisionen der Staatsanwaltschaft im Allgemeinen
nicht durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen werden, führt bei Revisionen des Angeklagten nicht generell zu einer verminderten Rechtsschutzqualität.
3. Eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung bedarf von Verfassungs wegen regelmäßig keiner Begründung. Die Gründe, auf denen ein Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO beruht, ergeben sich hinreichend aus dem erforderlichen begründeten Antrag der Staatsanwaltschaft, von dem anzunehmen ist, dass ihn sich das Revisionsgericht zu eigen gemacht hat, soweit es nicht in den Beschluss einen Zusatz zu seiner eigenen Rechtsauffassung aufgenommen hat.
4. Aus Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, deren Gewährleistungen bei der Auslegung der Grundrechte und der rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes zu berücksichtigen sind, folgt ebenfalls kein Anspruch auf eine mündliche Revisionshauptverhandlung. Dies ergibt sich angesichts der maßgeblichen Auslegung der EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte insbesondere daraus, dass in der Vorinstanz mündlich verhandelt worden ist, dass der Angeklagte eine reformatio in peius nicht zu befürchten hat, dass Gegenstand der Prüfung ausschließlich Rechtsfragen sind und dass es sich bei § 349 Abs. 2 StPO um die einem Annahmeverfahren vergleichbare Möglichkeit zur vereinfachten Erledigung aussichtsloser Rechtsmittel handelt.
5. Auch das Absehen von der Begründung einer Entscheidung nach § 349 Abs. 2 StPO ist mit Art. 6 EMRK in seiner Auslegung durch den EGMR vereinbar, weil es um die Rechtsmittelentscheidung eines übergeordneten Gerichts geht und bereits das angefochtene Urteil und die Antragsschrift der Staatsanwaltschaft eine Begründung enthalten.
1. Der in Art. 103 Abs. 2 GG niedergelegte Bestimmtheitsgrundsatz schließt jede Rechtsanwendung aus, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht. Unzulässig sind danach auch strafrechtliche Verurteilungen, die auf der Anwendung eines materiellen Strafgesetzes beruhen, welches das Bundesverfassungsgericht zuvor mit Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 BVerfGG) für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt hat.
2. In Gesetzeskraft erwächst unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BVerfGG nur der Tenor einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung; den Entscheidungsgründen kommt hingegen nur hinsichtlich der Auslegung des Tenors Bedeutung zu.
3. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Dezember 1985 (BVerfGE 71, 206 ff.) entfaltet nur hinsichtlich der im Tenor enthaltenen Feststellung Gesetzeskraft, dass § 353d Nr. 3 StGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit die unter Strafe gestellte öffentliche Mitteilung der Anklageschrift oder anderer amtlicher Schriftstücke ohne oder gegen den Willen des von der Berichterstattung Betroffenen erfolgt ist. Eine Feststellung, dass die Norm in Fällen verfassungswidrig ist, in denen die Veröffentlichung mit dem Willen des Betroffenen erfolgt ist, lässt sich dem nicht entnehmen.
4. Der Eingriff in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch § 353d StGB ist angesichts des Gesetzeszwecks der Strafnorm gerechtfertigt, die primär darauf gerichtet ist, eine Beeinträchtigung von Laienrichtern und Zeugen in ihrer Unbefangenheit zu verhindern. Daneben dient die Norm auch dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der durch das Verfahren Betroffenen sowie der Aufrechterhaltung der Unschuldsvermutung.
5. Aufgrund dieser mehrfachen Schutzrichtung des § 353d Nr. 3 StGB entfällt die Zwecktauglichkeit der Vorschrift nicht dadurch, dass sich ein durch das Verfahren Betroffener durch die verfrühte Veröffentlichung amtlicher Schriftstücke (nur) derjenigen Rechte begibt, die seinem Schutz dienen und damit zu seiner Disposition stehen können. Bedeutung und Tragweite des durch die Veröffentlichung auch berührten materiellen Schuldprinzips und der Neutralität des Gerichts für das rechtsstaatliche Strafverfahren rechtfertigen auch isoliert betrachtet die Strafbarkeit seines Handelns.
1. Art. 19 Abs. 4 GG verbietet eine Anwendung von Verfahrensvorschriften in einer Art und Weise, die die Beschreitung des eröffneten Rechtswegs in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert.
2. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG erfordert eine zureichende Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts. Dies gilt auch für prozessrechtlich entscheidungserhebliche Umstände. Ist eine Entscheidung nach Beweislastregeln erforderlich, so darf die Beweislastverteilung nicht zum Leerlaufen von Rechtspositionen führen.
3. In Strafvollzugssachen haben die Fachgerichte auch der spezifischen Situation des Strafgefangenen und den besonderen Beweisproblemen, die sich daraus ergeben können, Rechnung zu tragen. Im Falle unvereinbarer Sachverhaltsdarstellungen von Gefangenem und Justizvollzugsanstalt dürfen die Gerichte nicht einseitig die Beweislast dem Gefangenen zuweisen, ohne zu berücksichtigen, ob und wie der Gefangene die Möglichkeit hat, dieser Beweislast zu genügen.
4. Behauptet ein Strafgefangener, anlässlich einer Blutentnahme aus anderen Gründen sei ohne sein Wissen und ohne seine Einwilligung auch ein HIV-Test durchgeführt worden, so darf die Strafvollstreckungskammer nicht mit der Erwägung von einer Einwilligung des Gefangenen in den Test ausgehen, ein Widerspruch sei in den Akten nicht dokumentiert.
5. Sieht das Beschwerdegericht nach § 119 Abs. 3 StVollzG von einer Begründung der Beschwerdeentscheidung ab, so ist dies mit Art. 19 Abs. 4 GG nur vereinbar, wenn dadurch die Beschwerdemöglichkeit nicht leer läuft. Letzteres ist bereits dann anzunehmen, wenn erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidung mit Grundrechten bestehen, weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abweicht.
1. Wenngleich das Grundgesetz den Staat verpflichtet, Grundrechte des Einzelnen zu schützen, so besteht doch regelmäßig kein grundrechtlich begründeter Anspruch auf eine Strafverfolgung Dritter.
2. Anderes kann allerdings gelten, soweit der Einzelne nicht in der Lage ist, erhebliche Straftaten gegen seine höchstpersönlichen Rechtsgüter – wie etwa das Recht auf Leben – abzuwehren und ein Verzicht auf die effektive Verfolgung solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in das Gewaltmonopol des Staates und zu einem allgemeinen Klima der Rechtsunsicherheit und der Gewalt führen kann.
3. Ein Anspruch auf eine effektive Strafverfolgung kann auch in Betracht kommen, wenn der Vorwurf im Raum steht, dass Amtsträger bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben Straftaten begangen haben oder wenn sich die Opfer möglicher Straftaten in einem strukturell asymmetrischen Rechtsverhältnis zum Staat befindet und diesem – wie etwa im Maßregel- oder Strafvollzug – eine spezifische Fürsorge- und Obhutspflicht obliegt.
4. Aus Art. 2 i. V. m. Art. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention, deren Gewährleistungen bei der Auslegung der Grundrechte des Grundgesetzes zu berücksichtigen sind, folgt eine Pflicht der Unterzeichnerstaaten, wirksame amtliche Ermittlungen anzustellen, wenn ein Mensch durch Gewalteinwirkung zu Tode gekommen ist. Nach der maßgeblichen Auslegung der EMRK durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte müssen die Ermittlungen prompt, umfassend, unvoreingenommen, gründlich und außerdem geeignet sein, zur Identifizierung und Bestrafung der verantwortlichen Person zu führen. Konventionsrechtlich relevant sind Ermittlungsfehler allerdings nur dann, wenn sie den Untersuchungszweck gefährden.
5. Die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen tödlicher Schüsse von Polizeibeamten auf einen mit einem Küchenmesser Bewaffneten ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Ermittlungen unter Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten ergeben haben, dass der Getötete, der die Beamten im Rahmen eines dynamischen Geschehens aus kurzer Entfernung mit dem Messer bedroht hatte, weder für verbale Aufforderungen noch für Zwangsmittel empfänglich war und sich von Warnschüssen und nicht tödlichen Schussverletzungen unbeeindruckt weiter drohend auf die Beamten zubewegt hatte.
1. Das von Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Recht auf effektiven Rechtsschutz verbietet es, einen von der jeweiligen Verfahrensordnung eröffneten Rechtsbehelf durch eine überstrenge Handhabung prozessualer Vorschriften ineffektiv zu machen.
2. Die erhöhten Darlegungsanforderungen im Klageerzwingungsverfahren sind auf das Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG nicht übertragbar, weil es hier, wie bei der verwaltungsprozessualen Anfechtungsklage, um die Abwehr der Verletzung eines subjektiven Rechts durch staatliches Handeln geht.
3. Der Zugang zu gerichtlichem Rechtschutz ist in verfassungswidriger Weise beschränkt, wenn ein Gericht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG die inhaltliche Prüfung eines Vorbringens mit der formalen Begründung verweigert, ein Sachverhalt sei unzulässigerweise nur durch Beifügung und Inbezugnahme eines Schriftstücks dargelegt worden.
4. Das Oberlandesgericht überspannt die Darlegungsanforderungen im
Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG auch dann, wenn es den Antrag hinsichtlich eines behaupteten behördlichen Ermessensfehlers mangels ausreichend tiefgehender Begründung bereits als unzulässig einstuft, obwohl der Antragsteller den geltend gemachten Ermessensfehler konkret benannt, sich mit den Erwägungen des Bescheides auseinandergesetzt und auch nicht lediglich seine eigene Gewichtung der Ermessenserwägungen an die Stelle der behördlichen Bewertung gesetzt hat.
1. Ist zu der mit einer Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragestellung bereits Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorhanden, so ist die Verfassungsbeschwerde nur dann hinreichend substantiiert, wenn der behauptete Grundrechtsverstoß in Auseinandersetzung mit den entwickelten Maßstäben begründet wird.
2. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht Verstöße gegen Transparenz-, Dokumentations- und Belehrungspflichten nach dem Verständigungsgesetz in die Nähe absoluter Revisionsgründe gerückt (Bezugnahme auf BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a. - [= HRRS 2013 Nr. 222]). Hieraus ergibt sich jedoch gerade nicht, dass eine fehlerhafte Verfahrensverständigung, die allein Mitangeklagte betrifft, einen Angeklagten in eigenen Grundrechten – insbesondere in seinem Recht auf ein faires Verfahren – verletzt.
1. Das Erfordernis einer ausreichenden Begründung der Verfassungsbeschwerde umfasst auch die Sachentscheidungsvoraussetzungen – wie etwa die Einhaltung der Frist nach § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG –, soweit nicht aus sich heraus erkennbar ist, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Im Falle mehrfacher Bekanntmachungen einer strafprozessualen Entscheidung richtet sich der Beginn der Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde nicht nach § 37 Abs. 2 StPO; vielmehr ist auf die zuerst bewirkte Zustellung oder die zuerst eingegangene Mitteilung abzuheben. Zu berücksichtigen sind dabei alle Zustellungen an einen zustellungsbevollmächtigten Verteidiger und an den Beschuldigten sowie auch die Unterrichtungen nach § 145a Abs. 3 StPO über die Zustellung an eine andere Person.
3. Zur Darlegung der fristgerechten Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist die Mitteilung des Eingangsdatums aller zugestellten oder sonst übermittelten Ausfertigungen der angegriffenen Entscheidung erforderlich. Dies gilt insbesondere in Zweifelsfällen, wie etwa dann, wenn das Zustellungsdatum auf der eingereichten Entscheidungsausfertigung handschriftlich verändert worden ist, zwischen diesem Datum und dem Datum der Entscheidung mehrere Monate liegen und die Verfassungsbeschwerde erst kurz vor dem danach berechneten Fristablauf erhoben worden ist.