HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Aug./Sept. 2014
15. Jahrgang
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V. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

700. BGH 2 StR 616/12 - Urteil vom 5. März 2014 (LG Frankfurt a. M.)

Betrug durch ein verschleiert kostenpflichtiges Routenplanerangebot im Internet (Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung des Strafrechts; Normativierung von Täuschung und Irrtum; Tatvorsatz; Verstoß gegen die Preisangabenverordnung; Vermögensschaden und persönlicher Schadenseinschlag; Gewerbsmäßigkeit: Konkurrenzen; Absicht, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen); Verbotsirrtum bei einem vorliegenden Gutachten eines Rechtsanwaltes; Vorabentscheidungsverfahren (Vorlagepflicht; acte-claire-Doktrin).

§ 263 StGB; § 17 StGB; PAngV; Richtlinie 2005/29/EG; Art. 4 Abs. 3 EUV; Art. 288 Abs. 3 AEUV; Art. 267 AEUV

1. Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. (BGHSt 47, 1, 3). Dies ist der Fall, wenn ein scheinbar unentgeltlicher Routenplaner im Internet angeboten wird und die Kostenpflicht für ein nicht ersichtliches Abonnement nur über eine Sternchenfußnote in AGBs erklärt wird, die in der statistisch am häufigsten verwendeten Bildschirmgröße und -auflösung erst nach vorherigem „Scrollen“ wahrgenommen werden konnte.

2. Es ist zwar nicht Aufgabe des Strafrechts (und des Betrugstatbestands), allzu sorglose Menschen vor den Folgen ihres eigenen unbedachten Tuns zu schützen. Doch lassen Leichtgläubigkeit des Opfers oder Erkennbarkeit einer auf die Herbeiführung eines Irrtums gerichteten Täuschungshandlung weder aus Rechtsgründen die Täuschungsabsicht entfallen noch schließen sie eine irrtumsbedingte Fehlvorstellung aus. An dieser Rechtsprechung ist auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) festzuhalten. Die Richtlinie erfordert keine strafbarkeitseinschränkende Auslegung des Betrugstatbestands.

3. Die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung unterliegt Grenzen. Sie setzt grundsätzlich erst dann ein, wenn der Inhalt der Richtlinie insgesamt oder im angewendeten Bereich eindeutig ist. Dies gilt auch für den Bereich des Strafrechts. Ein absoluter Vorrang der richtlinienkonformen Auslegung im Bereich des materiellen Strafrechts liefe Gefahr, in Konflikt mit der eingeschränkten Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union auf dem Gebiet des Strafrechts und dem Grundsatz der möglichst weitgehenden Schonung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu geraten. Richtlinienvorgaben können aus diesem Grund nicht in jedem Fall vorbehaltlos in das Strafrecht übertragen werden. Es bedarf der Prüfung, ob der Regelungsinhalt der Richtlinie nach deren Sinn und Zweck auf die Strafnorm durchschlägt. Dabei ist zu beachten, dass der normative Gehalt einer nationalen Vorschrift im Wege der richtlinienkonformen Auslegung nicht grundlegend neu bestimmt werden darf.

4. Der Irrtum des Betrugstatbestandes ist als Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung und der Wirklichkeit eine psychologische Tatsache, sein Vorliegen ist Tatfrage. Es kommt daher nicht darauf an, was der Getäuschte hätte verstehen müssen, sondern was er tatsächlich verstanden hat. Mit diesen Grundsätzen wäre eine Auslegung des Betrugstatbestands nicht in Einklang zu bringen, die – ungeachtet eines bestehenden Täuschungsvorsatzes – Fehlvorstellungen von Verbrauchern, die dem Leitbild des durchschnittlichen Verbrauchers nicht entsprechen, dem strafrechtlichen Rechtsgüterschutz entzieht.

5. Verstößt die Gestaltung einer Internetseite gegen die Vorschriften der Preisangabenverordnung (PAngV), kommt dem in Fällen, in denen ein Kostenhinweis lediglich an versteckter Stelle enthalten ist, für die Beurteilung einer Täuschungshandlung und eines darauf gerichteten Vorsatzes indizielle Bedeutung zu. Soweit auf einer

Internetseite lediglich ein Sternchen auf eine Fußnote verweist, in der das zu zahlende Entgelt ausgewiesen war, genügt dies den Anforderungen der PAngV nicht.

6. Wird ein Verbraucher, der einmalig einen kostenlosen Routenplaner-Service in Anspruch nehmen will, durch Täuschung zu einem „Abonnement“ über drei Monate in der Absicht verleitet, hierdurch ein Entgelt zu erlangen, liegt daher hierin ein auf einen Vermögensschaden gerichteter Betrugsversuch, ohne dass es darauf ankäme, ob das Abonnement (mit seinen Zusatzleistungen) möglicherweise nach objektiven Maßstäben seinen Preis wert war.


Entscheidung

733. BGH 2 StR 437/13 – Urteil vom 28. Mai 2014 (LG Darmstadt)

Betrug (konkludente Täuschung durch wahre Angaben: Darstellung eines Angebots als Kostenforderung; richtlinienkonforme Auslegung; EU-Richtlinie 2005/29/EG); Verfall (Feststellung von Ansprüchen Dritter im Urteil, wenn das Erlangte nicht mehr im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist).

§ 263 Abs. 1 StGB; RL 2005/29/EG; § 73 StGB; § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB; § 111i Abs. 1 StPO

1. Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen. Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Dabei kann die Täuschung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent erfolgen, wenn der Täter die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, sie aber durch sein Verhalten miterklärt. Ein solches Verhalten wird dann zur tatbestandlichen Täuschung, wenn der Täter die Eignung einer - inhaltlich richtigen - Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, wenn also die Irrtumserregung nicht die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist (vgl. BGHSt 47, 1, 5).

2. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch die äußere Gestaltung eines Angebotsschreibens gezielt der Eindruck erweckt werden soll, es handele sich um eine amtliche Kostenforderung (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 110).

3. Der Umstand, dass die Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung erkennbar war, lässt weder die Täuschungshandlung noch eine darauf beruhende Fehlvorstellung der Adressaten entfallen (vgl. BGHSt 34, 199, 201 f), wenn durch die äußere Gestaltung des Angebotsschreibens gezielt die Irrtumserregung und Schädigung des Adressaten verfolgt wird.

4. An dieser Rechtsprechung ist auch mit Blick auf die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken; Abl. 2005 L149 S. 22) festzuhalten. Dabei kann dahinstehen, ob die Richtlinie 2005/29/EG auch dann gilt, wenn sich die irreführende Geschäftspraktik an einen Unternehmer richtet. Denn die Richtlinie führt nicht zu einer Einschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes.

5. Die Vorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB, die auch im Rahmen des § 111i Abs. 2 StPO anwendbar ist (vgl. BGH NStZ 2014, 32) eröffnet dem Tatrichter die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen ganz oder teilweise vom Verfall abzusehen, wenn und soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist (vgl. BGHSt 48, 40, 41 f.). Diese von dem Tatgericht unterlassene Ermessensausübung kann durch das Revisionsgericht nicht nachgeholt werden (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 94).


Entscheidung

754. BGH 4 StR 223/13 - Beschluss vom 22. Mai 2014

Vorlage an den Großen Senat für Strafsachen; unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Begriff des Handeltreibens; Verhältnis zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Verklammerungswirkung).

§ 132 Abs. 2 GVG; § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG

1. Dem Großen Senat für Strafsachen wird gemäß § 132 Abs. 2 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Verbindet eine – infolge tateinheitlicher Verknüpfung mehrerer Bewertungseinheiten – einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mehrere zu deren Verwirklichung vorgenommene Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge?

2. Die Annahme von Tateinheit kommt in Betracht, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, Tateinheit zu begründen (vgl. BGHSt 43, 317, 319).

3. Voraussetzung für die Annahme von Tateinheit durch Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier an sich selbständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbständigen Delikte und dem sie verbindenden Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (st. Rspr). Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der Wertevergleich nicht nach einer abstrakt-generalisierenden Betrachtungsweise, sondern anhand der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist (vgl. BGHSt 33, 4, 6 ff.).

4. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGHSt 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit bilden. Eine solche auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete Tätigkeit liegt auch darin, dass sich der Zwischenhändler zu der Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor abgesprochene, zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäubungsmittellieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll.

5. Dem – weit auszulegenden – Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Übertragung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. Tatbestandlich erfasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde auf Seiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist (vgl. BGHSt 43, 158, 162).


Entscheidung

792. BGH 5 StR 182/14 - Beschluss vom 2. Juli 2014 (LG Berlin)

Untreue (Reichweite der Vermögensbetreuungspflicht des Notars); Betrug (Vermögensschaden: subjektiver Schadenseinschlag, Vorrang der objektiven Bewertung von Leistung und Gegenleistung, „Aliud“, Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit).

§ 263 StGB; § 266 StGB

1. Der Notar ist als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) und unparteiischer Betreuer der an dem zu beurkundenden Rechtsgeschäft Beteiligten (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO) i.S.d. § 266 StGB verpflichtet, deren Vermögensinteressen wahrzunehmen. Dies umfasst die Pflicht, die Beteiligten insoweit zu belehren, als er annehmen muss, sie würden die Bedeutung und Tragweite der zu beurkundenden Erklärungen nicht erkennen. Zwar erstreckt sich die Belehrungspflicht des Notars in der Regel nicht auf die wirtschaftlichen Folgen des zu beurkundenden Geschäftes. Anders verhält sich dies jedoch, wenn es nach den besonderen Umständen des Einzelfalles naheliegt, dass eine Schädigung eines Beteiligten eintreten kann, und der Notar nicht mit Sicherheit annehmen kann, dass sich der Gefährdete dieser Lage bewusst ist oder dass er dieses Risiko auch bei einer Belehrung auf sich nehmen würde.

2. Bei wirtschaftlich ausgeglichenen Verträgen können Gesichtspunkte eines persönlichen Schadenseinschlags einen Vermögensnachteil bei der Untreue bzw. einen Vermögensschaden beim Betrug nur in engen Ausnahmefällen begründen, etwa wenn der Vermögensinhaber durch deren Abschluss zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt oder wenn er durch die Verfügung sonst in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit weitgehend beeinträchtigt wird. Vorrangig ist jedoch stets zunächst der sich aus dem Vergleich des Vermögens vor und nach der Verfügung bzw. Pflichtverletzung ergebende Saldo zu ermitteln. Nur soweit sich hiernach kein Negativsaldo ergibt, kann bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte in einem zweiten Schritt zu prüfen sein, ob im Hinblick auf eine weitgehende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit gleichwohl unter dem Aspekt des persönlichen Schadenseinschlags ein Vermögensnachteil anzunehmen ist.

3. Ein solcher Vermögensnachteil/-schaden unter Rückgriff auf die Figur des persönlichen Schadenseinschlags setzt indessen voraus, dass ein objektiver Wert des Erlangten für den Erwerber nicht realisierbar ist, da es ihm unmöglich (oder unzumutbar) ist, diesen letztlich in Geld umzusetzen.

4. Ob die Rechtsfigur des persönlichen Schadenseinschlags angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG HRRS 2010 Nr. 656; 2012 Nr. 27), nach der normative Gesichtspunkte bei der Bewertung von Schäden zwar eine Rolle spielen, die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen dürfen, in Teilen einer Korrektur bedarf, muss der Senat hier nicht entscheiden.


Entscheidung

730. BGH 2 StR 354/13 - Beschluss vom 27. Mai 2014 (LG Bonn)

Unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln (Abgabe durch einen Arzt im Rahmen einer Substitutionsbehandlung; Strafzumessung).

§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG; § 13 Abs. 3 BtMG; § 5 BtMVV; § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO; § 46 StPO

1. Auch ein Substitutionsarzt macht sich der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln strafbar, wenn er sich nicht an die Voraussetzungen der § 13 BtMG, § 5 BtMVV hält (vgl. BGHSt 52, 271, 273).

2. Gemäß § 13 Abs. 1 BtMG darf der Arzt Betäubungsmittel lediglich verschreiben, verabreichen oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen. Die Abgabe von Betäubungsmitteln ist dagegen nur im Rahmen des Betriebs einer öffentlichen Apotheke erlaubt. Dementsprechend lässt auch die auf der Grundlage des § 13 Abs. 3 BtMG erlassene Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung, die in § 5 BtMVV die Voraussetzungen für eine ärztliche Substitutionsbehandlung normiert, eine Abgabe von Betäubungsmitteln durch den Arzt nicht zu.

3. Erfolgt die Abgabe von Betäubungsmitteln im Rahmen einer Substitutionsbehandlung, stellt dies jedenfalls dann einen bestimmenden Strafmilderungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO dar, wenn feststeht oder nicht auszuschließen ist, dass die Behandlung medizinisch indiziert war (vgl. BGH NStZ 1995, 85, 86).


Entscheidung

758. BGH 3 StR 137/14 - Beschluss vom 27. Mai 2014 (LG Aurich)

Voraussetzungen der mittäterschaftlichen Begehung einer Einfuhr von Betäubungsmitteln (fehlende unmittelbare Beteiligung am Einfuhrvorgang; hervorgehobene Bedeutung der Tatherrschaft; Unbeachtlichkeit des reinen Interesses am Gelingen des Einfuhrvorgangs); Bedeutung einer Einziehungsentscheidung für die Strafzumessung .

§ 29 BtMG; § 25 Abs. 2 StGB

Mittäter einer Einfuhr im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB kann ein Beteiligter grundsätzlich auch dann sein, wenn das Rauschgift von einer anderen Person in das Inland verbracht wird. Ob ein täterschaftlicher Beitrag gegeben ist, hat der Tatrichter – allgemeinen Grundsätzen entsprechend – auf der Grundlage einer umfassenden wertenden Betrachtung festzustellen, wobei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu von Bedeutung sind. Entscheidender Bezugspunkt bei allen diesen Merkmalen ist der Einfuhrvorgang selbst. Keine ausschlaggebende Bedeutung kann dabei indes dem Interesse eines mit der zu beschaffenden Betäubungsmittelmenge Handel Treibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs zukommen, selbst wenn dieser den Übergabevorgang am Mobiltelefon „begleitet“; in einem solchen Falle gewinnt vielmehr insbesondere die Tatherrschaft bei der Einfuhr oder der Wille hierzu an Gewicht.