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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2011
12. Jahrgang
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1. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach deutschem Recht verstößt gegen Art. 5 EMRK. Sie ist durch keinen der enumerativen Rechtfertigungstatbestände des Art. 5 Abs. 1 EMRK gerechtfertigt.
2. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung verstößt jedoch auch bei älteren Inhaftierten nicht prinzipiell gegen das Verbot der unmenschlichen Behandlung oder Bestrafung des Art. 3 EMRK.
1. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, wenn also eine innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen tatsächlich stattgefunden hat, der Lieferer jedoch bei der Lieferung die Identität des wahren Erwerbers verschleiert hat, um diesem zu ermöglichen, die Mehrwertsteuer zu hinterziehen, kann der Ausgangsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Lieferung aufgrund der ihm nach dem ersten Satzteil von Art. 28c Teil A Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2000/65/EG des Rates vom 17. Oktober 2000 geänderten Fassung zustehenden Befugnisse die Mehrwertsteuerbefreiung für diesen Umsatz versagen. (EuGH)
2. Die Mitgliedstaaten müssen bei der Ausübung ihrer Befugnisse die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, die Bestandteil der Rechtsordnung der Union sind und zu denen insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit sowie des Vertrauensschutzes zählen. Der Gerichtshof hat insbesondere in Bezug auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bereits für Recht erkannt, dass nach diesem Grundsatz die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten demnach erlassen dürfen, nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung der Ziele, eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, erforderlich ist.
3. Das Unionsrecht verwehrt es den Mitgliedstaaten nicht, die Ausstellung unrichtiger Rechnungen als Steuerhinterziehung anzusehen und in einem solchen Fall die Befreiung zu verweigern. In bestimmten Fällen, in denen ernsthafte Gründe zu der Annahme bestehen, dass der mit der fraglichen Lieferung zusammenhängende innergemeinschaftliche Erwerb im Bestimmungsland trotz gegenseitiger Amtshilfe und Zusammenarbeit zwischen den Finanzbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten der Zahlung der Mehrwertsteuer entgehen könnte, muss der Ausgangsmitgliedstaat sogar grundsätzlich dem Lieferer der Gegenstände die Befreiung verweigern und ihn verpflichten, die Steuer nachzuentrichten, um zu vermeiden, dass der fragliche Umsatz jeglicher Besteuerung entgeht. (Bearbeiter)
4. Weder die Grundsätze der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Rechtssicherheit noch der Grundsatz des Vertrauensschutzes stehen der Versagung der Steuerbefreiung entgegen. Ein Steuerpflichtiger, der sich vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt und das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet, kann sich nicht mit Erfolg auf diese Grundsätze berufen. (Bearbeiter)
1. Durch ein für den Beschwerdeführer mit Nachteilen verbundenes Ausweichen (vorliegend die Ersatzbeschaffung für einen bereits vorhandenen persönlichen Gegenstand über die Vollzugsanstalt) entfällt das Rechtsschutzinteresse nicht (vgl. BVerfGE 34, 165, 180).
2. Bei gewichtigen Grundrechtsverstößen – wie vorliegend der beharrliche Verstoß gegen das rechtliche Gehör – besteht das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verfassungsbeschwerde fort, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich typischerweise auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen kann (vgl. BVerfGE 110, 77; 117, 244, 268).
3. Nach Art. 103 Abs. 1 GG hat der Einzelne Anspruch darauf, vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort zu kommen, um als Subjekt Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. BVerfGE 107, 395, 409). Dementsprechend darf das Gericht nur Tatsachen verwerten, zu denen die Beteiligten vorher Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 20, 347, 349; 101, 106, 129). Der bei einer Entscheidung berücksichtigte Tatsachenvortrag eines Verfahrensbeteiligten muss den anderen Verfahrensbeteiligten vor der Entscheidung durch Übersendung der betreffenden Schriftsätze zur Kenntnis gebracht worden sein. Die Verfahrensbeteiligten müssen grundsätzlich Gelegenheit haben, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32, 36; 49, 325, 328).
1. Zwar kann ein Betroffener grundsätzlich auch gegen eine gesetzliche Regelung Verfassungsbeschwerde erheben, deren Adressat er nicht ist. Das setzt jedoch voraus, dass er vom Anwendungsbereich der Vorschrift unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz ausgenommen ist (BVerfGE 29, 268, 273).
2. Zu einer unsubstantiierten Verfassungsbeschwerde gegen die Begrenzung des Anwendungsbereichs des Therapieunterbringungsgesetzes auf sogenannte Altfälle.
1. Es bleibt offen, ob es Art. 19 Abs. 4 GG gebietet, dass für den Fall der Nichtbeachtung gerichtlicher Entscheidungen durch die Vollzugsbehörde eine Vollstreckungsmöglichkeit im Strafvollzugsgesetz vorzusehen ist.
2. Dem Beschwerdeführer einer Verfassungsbeschwerde, der geltend macht, die Vollzugbehörde habe ihre Pflicht zu unverzüglicher Befolgung einer erstrittenen gerichtlichen Entscheidung verletzt, kann jedenfalls abverlangt werden, dass er die Frage, ob ein Verstoß der geltend gemachten Art überhaupt vorliegt, zunächst mit einem Antrag nach § 113 Abs. 1 StVollzG fachgerichtlicher Klärung zuführt.