HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Februar 2010
11. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Die Beteiligung an Mord und Totschlag in der neueren Rechtsprechung des 4. BGH-Strafsenats

Von Assessor Jan Dehne-Niemann, Heidelberg/Freiburg, und Rechtsreferendarin Annkatrin Wegemund, Freiburg

Der BGH hat kürzlich zur Beantwortung der Frage, wann einem Teilnehmer ein Haupttatmord aus niedrigen Beweggründen zuzurechnen ist, bereits zum wiederholten Male auf die (hier sog.) "Alternativenformel" abgestellt. Der Beitrag nimmt diese merkwürdige Modifikation der bisherigen Rechtsprechung zur akzessorischen Zurechnung von Mordmerkmalen unter die Lupe. Außerdem wird die vom BGH in einer Folgeentscheidung im Anschluss an BGHSt 36, 231 bekräftigte Möglichkeit der "Mittäterschaft von Mörder und Totschläger" untersucht.

I. Sachverhalt und Inhalt der Entscheidung BGH HRRS 2008 Nr. 53

Dem BGH lag im Wesentlichen der folgende Sachverhalt zur Entscheidung vor: Der Angeklagte S und der Geschädigte C waren befreundet und standen miteinander in Geschäftsbeziehungen aus Drogengeschäften. Weil C bei S knapp 25.000 € Schulden hatte und diesen immer wieder hinhielt, kam es vermehrt zu Streitigkeiten zwischen C und S. In der Tatnacht fuhr S mit O zur Wohnung des C, wo sich O dem C als ein Gläubiger des S vorstellte. C, der mit einem Angriff seitens des S rechnete, empfing O an der Tür mit einer geladenen Pumpgun; zu Gewalttätigkeiten kam es zunächst nicht. O, der deshalb für den Fall des Scheiterns der Geldeintreibung mit der (zu diesem Zeitpunkt von S schon geplanten) Tötung des C rechnete, ermöglichte S in der Folgezeit den unbemerkten Zutritt zur Wohnung des C. Als C den S bemerkte, rechnete er endgültig mit einem Angriff des S. Es kam zu einer hitzigen Diskussion, in deren Zuge S die Aussichtslosigkeit seiner Beitreibungsversuche erkannte. Um ihn zu bestrafen, tötete S den C. Das LG Saarbrü­cken verurteilte den O, dessen Strafbarkeit hier allein zu behandeln ist, wegen Beihilfe zum Tot­schlag zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren.

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger hat der 4. Strafsenat des BGH dieses Urteil größtenteils mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen (§ 354 Abs. 2 StPO). Zwar habe das LG eine heimtückische Tatbegehung durch S rechtsfehlerfrei verneint, weil sich C im Zeitpunkt des Angriffsbeginns bereits eines Angriffs versehen hatte. Rechtsfehlerhafter Weise sei aber die Erörterung des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe unterblieben; bei einer Hinrichtung zu Bestrafungszwecken liege die Tatbegehung aus niedrigen Beweggründen nahe. [1] Wenn man die Beteiligung des O nur als gehilfenschaftlich (§ 27 StGB) einordne, müsse das LG für die neue Hauptverhandlung bedenken, dass "eine Verurteilung von Teilnehmern an dieser Tat wegen Beihilfe zum Mord (aus niedrigen Beweggründen) nur dann möglich ist, wenn diese selbst als Gehilfen ihre Tatbeiträge entweder ebenfalls aus niedrigen Beweggründen oder in Kenntnis der niedrigen Beweggründe des (Haupt‑)Täters erbracht haben" [2]. Diese (nicht neue [3] ) Wendung, die im Folgenden als "Alternativenformel" bezeichnet werden soll, überrascht, hatte der BGH doch bislang die bloße Kenntnis des Teilnehmers vom Vorliegen eines Mordmerkmals beim Haupttäter ausgereicht, um dem Teilnehmer das Mordmerkmal streng akzessorisch zuzurechnen.

Bevor die Behandlung der Beihilfestrafbarkeit durch den 4. Senat kritisiert wird (unten III.), wird in Kürze gezeigt, wie unproblematisch sich die Lösung des Falls auf der Grundlage der heute praktisch einhelligen Literatur gestaltet und wie die bisherige Rechtsprechung den Fall streng akzessorisch hätte lösen müssen (sogleich II.) Den Abschluss bildet ein Blick auf eine Folgeentscheidung des BGH, mit der der Senat die erneute Verurteilung des O – diesmal als Mittäter – im Schuldspruch korrigiert und im Übrigen aufgehoben hat (unten IV.).

II. Die Lösung des Falls nach dem Schrifttum und der bisherigen Rechtsprechung

1. Die Literatur: Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB

Nach heute herrschender Meinung im Schrifttum steht der Mord (§ 211 StGB) zum Totschlag (§ 212 StGB) im Verhältnis eines unrechtssteigernden Qualifikationstatbestandes zum Grundtatbestand. Deshalb seien die Mordmerkmale der ersten und der dritten Gruppe des § 211 Abs. 2 StGB als strafschärfende besondere persönliche ("täterbezogene") Merkmale i.S. des § 28 Abs. 2 StGB zu behandeln. [4] Die Mordmerkmale der zweiten Gruppe hingegen werden von dieser herrschenden Meinungsgruppe als nicht-"persönliche" ("tatbezogene") Merkmale angesehen, so dass § 28 StGB auf sie von vornherein und unabhängig von dem Streit um das Verhältnis von Mord und Totschlag keine Anwendung finden könne. [5] Da § 28 Abs. 2 StGB seinem Wortlaut nach sowohl auf Täter [6] (§ 25 StGB) als auch auf Teilnehmer (§§ 26, 27 StGB) Anwendung findet und weil nur bei S niedrige Beweggründe vorlagen, O selbst jedoch kein besonderes persönliches Merkmal aufwies, wäre nach der Literatur aus der Perspektive des O nur auf Totschlag als beteiligungsfähige Tat des S zu erkennen, und zwar unabhängig davon, ob man den Tatbeitrag des O als mittäterschaftsbegründend oder lediglich als gehilfenschaftlich ansieht.

2. Die streng akzessorische Lösung nach der bisherigen Rechtsprechung

Bis zum heutigen Tage ordnet der BGH den Mord nicht als Qualifikation des Totschlages ein, sondern versteht die §§ 212, 211 StGB als "selbständige, voneinander

unabhängige Delikte mit verschiedenem Unrechtsgehalt" [7] und zieht daraus die Schlussfolgerung, dass die persönlichen ("täterbezogenen") Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 StGB nicht strafschärfend, sondern strafbegründend i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB wirken sollen. [8] Danach würde die Kenntnis des O von den niedrigen Beweggründen des Haupttäters S für eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Mord schon nach allgemeinen Akzessorietätsgrund­sätzen ausreichen. [9] Das Vorliegen eines eigenen täterbezogenen Mordmerkmals in der Person des O wäre also für den Schuldspruch wegen Mordteilnahme irrelevant. [10] Gemessen an der bisherigen Rechtsprechung ist es also durchaus konsequent, dass der BGH im zweiten Halbsatz der Alternativformel ("in Kenntnis der niedrigen Beweggründe des[Haupt-]Tä­ters") bei O Vorsatz (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB) im Hinblick auf das Vorliegen der niedrigen Beweggründe bei S verlangt.

III. Die Behandlung täterbezogener Mordmerkmale bei der Teilnahme am Mord: BGH HRRS 2008 Nr. 53 und die "Alternativenformel"

Die Ausführungen des 4. Senats in der hier behandelten Entscheidung betreffen nicht erst den Strafausspruch, sondern bereits den Schuldspruch ("Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord"). Vergegenwärtigt man sich, dass die Rechtsprechung zur Mordteilnahme die Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB und damit die Berücksichtigung eigener täterbezogener Mordmerkmale des Teilnehmers für den Schuldspruch bisher außen vorgelassen hat, so wirkt der erste Halbsatz der "Alternativenformel" umso er­staunlicher. Denn hier bekommt das jeweilige besondere persönliche Mordmerkmal des Gehilfen O nun offenbar doch eine eigene Bedeutung, was die Beihilfe zum Mord anbelangt. Der BGH bringt es im ersten Halbsatz ("als Gehilfen ihre Tatbeiträge entweder ebenfalls aus niedrigen Beweggründen … er­bracht haben") der "Alternativenformel" in Spiel. Einen eigenständigen Anwendungsbereich hat dieser erste Halbsatz, den der BGH als Alternative ("oder") zum zweiten Halbsatz einordnet, offensicht­lich nur, wenn nicht schon die Voraussetzungen des zweiten Halbsatzes erfüllt sind – wenn also der Gehilfe nichts von dem täterbezogenen Mordmerkmal des Haupttäters weiß (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB) und damit keine Zurechnung des Mordmerkmals nach allgemeinen Akzessorietätsgrundsätzen möglich ist. Folglich kann der Teilnehmer gleichwohl wegen Mordteilnahme strafbar sein, wenn ihm der Vorsatz hinsichtlich des Mordmerkmals beim Haupttäter fehlt, solange er nur selbst das entsprechende Mordmerkmal aufweist. Umgekehrt formuliert wird der Teilnehmer an einem Mord, den der Haupttäter beispielsweise aus niedrigen Beweggründen begeht, nur dann nicht als Mordteilnehmer, sondern lediglich als Totschlagsteilnehmer bestraft, wenn er weder Kenntnis von den niedrigen Beweggründen des Haupttäters hat noch selbst an der Haupttat aus niedrigen Beweggründen teilnimmt. Im vom BGH entschiedenen Fall blieb die praktische Anwendung des ersten Halbsatzes dieser "Alternativenformel" allerdings hinter den Kulissen, reichte doch bereits die Kenntnis des O von den niedrigen Beweggründen des S aus, dem O die niedrigen Beweggründe des S nach allgemeinen Akzessorietätsgrundsätzen zuzurechnen.

1. Die "Alternativenformel" im Lichte der bisherigen akzessorietätsorientierten Rechtsprechung

a) Akzessorietätsdurchbrechendes in der "Alternativenformel"

Die Etablierung der im ersten Halbsatz genannten Alternative widerspricht der vom BGH auf Ebene des Teilnehmertatbestandes bislang strikt angewendeten Akzessorietät der Mordmerkmale bzw. des Fehlens von Mordmerkmalen. Danach war es nicht möglich, das Fehlen eines auf täterbezogene Mordmerkmale gerichteten Teilnehmervorsatzes durch ein vom Teilnehmer selbst verwirklichtes Mordmerkmal zu kompensieren. [11] Indem der 4. Senat nun mit dem ersten Halbsatz der "Alter­nativenformel" Beihilfe zum Mord auch dann annimmt, wenn der Gehilfe das täterbezogene Mord­merkmal der niedrigen Beweggründe in persona verwirklicht, gestattet er in der Sache eine Akzessorietätsdurchbrechung auf Tatbestandsebene, verfährt also insoweit wie das einhellige Schrifttum im Wege der Tatbestandsverschiebung nach § 28 Abs. 2 StGB.

Diese Vorgehensweise mutet zunächst schon deshalb ungereimt an, weil unklar bleibt, nach welcher Norm die Zurechnung der Haupttat zum Teilnehmer über das Maß von dessen Vorstellung bzw. Kenntnis (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB) hinaus zulässig sein soll, woher also die jahrzehntelang höchst­richterlich (fast [12] ) durchweg abgelehnte Berücksichtigungsfähigkeit von persönlichen Mordmerkmalen in der Person des Teilnehmers kommen soll – unter dem Regime des § 28 Abs. 2 StGB können nur strafschärfende besondere persönliche, nicht aber strafbegründende Merkmale akzessorietätsdurchbrechend-tatbestandsverschiebend beim Teilnehmer in Ansatz gebracht werden. Dagegen lässt die vom BGH bisher auf den Teilnehmerstrafrahmen angewandte Norm des § 28 Abs. 1 StGB eine solche Durchbrechung der Akzessorietät gerade nicht zu, weil unter dem Regime der Strafzu-

messungsvorschrift des § 28 Abs. 1 StGB – anders als bei der Tatbestandsverschiebung nach § 28 Abs. 2 StGB – für eine Berücksichtigung eigener beim Gehilfen vorliegender Mordmerkmale grundsätzlich kein Raum ist. Während § 28 Abs. 2 StGB die Akzessorietätsdurchbrechung beidseitig, nämlich sowohl beim Haupttäter als auch beim Teilnehmer zulässt, indem die beim jeweiligen Beteiligten vorliegenden besondere persönliche Merkmale nur für dessen Strafbarkeit veranschlagt werden, lockert § 28 Abs. 1 StGB die Akzessorietät auf Strafrahmenebene nur einseitig, nämlich ausschließlich zugunsten des Teilnehmers. Deshalb war der BGH bislang daran gehindert, eigene persönliche Mordmerkmale des Teilnehmers für dessen Strafbarkeit in Ansatz zu bringen.

b) Das Verhältnis der "Alternativenformel" zu den "gekreuzten Mordmerkmalen"

Gleichwohl ist eine Lockerung der strikten Akzessorietät in einer den Teilnehmer belastenden Richtung für den BGH nichts völlig Neues. In der Konstellation der sog. "gekreuzten Mordmerkmale" entspricht es – wenn auch nur auf Ebene der Strafrahmenwahl – ständiger Rechtsprechung, dass das Fehlen eines bestimmten täterbezogenen Mordmerkmals beim Teilnehmer, das der Haupttäter aufweist, sich nicht gemäß § 28 Abs. 1 StGB strafrahmenmildernd auswirkt, wenn beim Teilnehmer selbst ein anderes täterbezogenes Mordmerkmal vorliegt. [13] Diese Vorgehensweise ist zwar nicht wegen der von ihr produzierten Ergebnisse, zu denen man regelmäßig auch bei Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB auf Tatbestandsebene gelangt, [14] wohl aber wegen ihrer methodischen Unzulänglichkeiten zu kritisieren; wie erwähnt lässt § 28 Abs. 1 StGB eine Akzessorietätslockerung nur zugunsten des Teilnehmers zu, gestattet also keine "einseitige" Belastung des Teilnehmers mit einem allein in seiner Person vorliegenden Mordmerkmal. Im Grunde wendet die Rechtsprechung mit der Berücksichtigung eines "gekreuzten Mordmerkmals" beim Teilnehmer entgegen ihren eigenen Prämissen § 28 Abs. 2 StGB auf der Strafzumessungsebene an. [15] Die Behandlung "gekreuzter Mordmerkmale" läuft darauf hinaus, dass täterbezogene Mordmerkmale zugleich (in puncto Schuldspruchrelevanz) als strafbegründend und – im Widerspruch zu den Prämissen der Rechtsprechung – als strafschärfend (soweit es um die Strafrahmenbestimmung geht) behandelt werden.

Ähnlich verhält es sich nun mit der "Alternativenformel": Indem der BGH einerseits die Kenntnis des Gehilfen vom Vorliegen des persönlichen Mordmerkmals beim Haupttäter für Beihilfe zum Mord ausreichen lässt, entzieht er das Mordmerkmal zunächst dem Anwendungsbereich des § 28 Abs. 2 StGB, um es im ersten Halbsatz der "Alternativenformel" doch akzessorietätsdurchbrechend zum Einsatz zu bringen, wenn dem Teilnehmer der Vorsatz hinsichtlich des Mordmerkmals beim Haupttäter fehlt, er es aber in eigener Person aufweist.

Das mit der "Alternativenformel" verbundene Schwanken der Rechtsprechung zwischen den beiden Absätzen des § 28 StGB sollte nun nicht zu dem Fehlschluss verleiten, der BGH habe sich mit jenem Teil der Literatur versöhnen wollen, der § 28 Abs. 2 StGB erst auf Strafzumessungsebene anwenden will. Die Vertreter dieser Auffassung begreifen § 28 Abs. 2 StGB nicht als Durchbrechung der Teilnahmeakzessorietät auf Tatbestandsebene, sondern im Sinne größtmöglicher Harmonisierung mit § 28 Abs. 1 StGB vielmehr als bloße Strafzumessungsregel auf akzessorischer Grundlage. Für die Strafbarkeit wegen der Haupttatteilnahme (also für den Schuldspruch) entscheiden danach die allgemeinen Akzessorietätsregeln, für den Strafausspruch sollen hingegen die besonderen persönlichen Merkmale i.S. des § 28 Abs. 2 StGB von Bedeutung sein. [16] Die Ergebnisse dieser Auffassung entsprechen denen der bisherigen Rechtsprechung immerhin insoweit, als beim Haupttäter S ein täterbezogenes Mordmerkmal vorliegt, nicht aber beim Teilnehmer O, weil in einem der­artigen Fall keine Tatbestands-, sondern – via § 28 II StGB – lediglich eine Strafrahmenverschiebung stattfände. Im Schuldspruch bliebe es bei einer Verurteilung wegen Teilnahme am Mord; der Unterschied besteht aber darin, dass in einem solchen Modell den Teilnehmer nicht die Deliktsfolgen der §§ 211, 49 I, sondern des § 212 StGB treffen. [17] Von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Ergebnisse bringt die Einordnung des § 28 Abs. 2 StGB als einer Strafzumessungsvorbestimmung jedoch in der reziproken Situation hervor, in der beim Haupttäter kein Mordmerkmal vorliegt, [18] wohl aber beim Teilnehmer ein täterbezogenes. Verstünde man § 28 Abs. 2 StGB als Strafzumessungsregel, so wäre wegen Teilnahme am Totschlag zu verurteilen, den Totschlagsteilnehmer träfen aber die Deliktsfolgen des (gegebenenfalls nach §§ 27 Abs. 2, 49 StGB gemilderten) § 211 StGB. [19] Diesen letzten Schritt zu einer vollinhaltlichen Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB ist die Rechtsprechung auch

auf Ebene der Strafrahmenwahl bislang nicht gegangen – die Berücksichtigung eines persönlichen Mordmerkmals beim Teilnehmer auch dann, wenn der Täter ein solches oder sonst ein persönliches Mordmerkmal nicht aufweist, hat der BGH bislang ausdrücklich abgelehnt. [20] Insoweit wurde schon von der bisherigen akzessorietätsorientierten Rechtsprechung die Haupttat dem Teilnehmer strikt akzessorisch nur als Totschlag zugerechnet. Daran, dass nach Meinung der Rechtsprechung auch bei Vorliegen eines Mordmerkmals allein in der Person des Teilnehmers dieser nur wegen Totschlagsteilnahme schuldig zu sprechen und die Strafe dem Strafrahmen des § 212 StGB (gegebenenfalls gemildert nach §§ 27 Abs. 2, 49 StGB) zu entnehmen wäre, hat auch die "Alternativenformel" nichts geändert (sogleich 2. a]).

2. Analyse und Kritik der "Alternativenformel"

a) Das Verhältnis des "Alternativenformel" zur Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB

Zwar kann nach der "Alternativenformel" auch derjenige Teilnehmer, der vom täterbezogenen Mordmerkmal beim Haupttäter nichts weiß, aber selbst ein täterbezogenes Mordmerkmal aufweist, entgegen dem Akzessorietätsdogma der bisherigen Rechtsprechung [21] wegen Mordteilnahme bestraft werden, was bislang nur der herrschenden Literatur mittels einer Tatbestandsverschiebung via § 28 Abs. 2 StGB gelang. Jedoch geht die "Alternativenformel" über das Verständnis des herrschenden Schrifttums von § 28 Abs. 2 StGB als einer Durchbrechung des Akzessorietätsprinzips einerseits sogar deutlich hinaus: Im Falle des Fehlens des täterbezogenen Mordmerkmals beim Teilnehmer lässt sie dessen Vorsatz als akzessorische Zurechnungsvoraussetzung ausreichen und ermöglicht damit die akzessorische Zurechnung eines Mordmerkmals allein kraft Teilnehmervorsatzes. Andererseits bleibt die "Alternativenformel" hinter der von der Literatur befürworteten Tatbestandsverschiebung nach § 28 Abs. 2 StGB zurück, indem sie überhaupt nur Anwendung finden soll, wenn beim Haupttäter ein (täterbezogenes [22]) Mordmerkmal vorliegt. Der 4. Strafsenat hat nämlich im ersten Halbsatz der "Alternativenformel" ausdrücklich darauf abgestellt, ob der Gehilfe O "ebenfalls aus niedrigen Beweggründen" seine Hilfeleistung erbracht hat. [23] Ausgenommen von der akzessorietätsdurchbrechenden Wirkung des ersten Halbsatzes der "Alternativenformel" sind also diejenigen Fälle, in denen beim Haupttäter nur ein Totschlag vorliegt. In solchen Fällen will der BGH offenbar an der strikten Teilnahmeakzessorietät festhalten. Wegen der nur partiellen Durchbrechung der akzessorischen Zurechnung von persönlichen Mordmerkmalen lässt sich die Wirkung der "Alternativenformel" – cum grano salis – als "limitierte Akzessorietätsdurchbrechung" beschreiben.

b) Kritik

Wir haben gesehen, dass sich die Zurechnung eines Haupttatmordes gemäß der "Alternativenformel" offenbar nach einem anderen Zurechnungsmechanismus vollzieht als die eines Haupttattotschlages. Mit der Kreation dieses gemischten Zurechnungsmodells entfernt sich der 4. Senat von dem nach der lex lata zur Verfügung stehenden numerus clausus der Zurechnungsformen: strikt akzessorische Zurechnung auf Schuldspruchebene und Akzessorietätslockerung auf Rechtsfolgenebene einerseits, tatbestandsrelevante Akzessorietätsdurchbrechung bereits auf Schuldspruchebene anderseits. In der Sache hat der 4. Senat mit der "Alternativenformel" eine merkwürdige "Hybridform" aus strikter Teilnahmeakzessorietät und Akzessorietätsdurchbrechung produziert, an deren Tragfähigkeit durchgreifende Zweifel schon deshalb bestehen, weil es für eine so unterschiedliche Handhabung der Akzessorietät je nach Haupttat (Mord einerseits, Totschlag andererseits) keine gesetzliche Grundlage gibt. Dass sich die Zurechnung der Haupttat nach unterschiedlichen Zurechnungsmechanis­men vollziehen soll, je nachdem, ob es sich bei der Haupttat um einen Mord handelt oder um einen Totschlag, lässt sich nicht plausibel erklären.

Darüber hinaus impliziert die "Alternativenformel" auch unter dem Gesichtspunkt der Reichweite des ihr zugrunde liegenden Zurechnungssystems unerklärliche Widersprüche: Existiert als Haupttat nur ein Totschlag, so findet nach der "Alternativenformel" (ebenso wie nach bisheriger Rechtsprechung) ein allein in der Person des Teilnehmers vorliegendes persönliches Mordmerkmal für dessen Strafbarkeit keine Beachtung, weshalb eine akzessorietätsdurchbrechende Zurechnung der Haupttat zum Teilnehmer als Teilnahme am Mord von vornherein nicht in Betracht kommt. Anders liegt es nach der "Alternativenformel" jedoch, wenn beim Haupttäter ein persönliches Mordmerkmal vorliegt und sich die Haupttat damit als Mord darstellt: Nach dem ersten Halbsatz der "Alternativenformel" wäre nun auch dann Mordteilnahme anzunehmen, wenn der Teilnehmer das Mordmerkmal des Haupttäters zwar nicht kennt (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB), es aber in eigener Person selbst aufweist. Aber auf Ebene des subjektiven Teilnehmertatbestandes steht in beiden soeben genannten Konstellationen (entweder mangels Vorliegen einer Mordhaupttat oder mangels Kenntnis des Teilnehmers vom Haupttatmordmerkmal) zunächst nur Teilnahme am Totschlag im Raum (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB). [24] Einer Rechtfertigung bedarf deshalb, dass das beim Teilnehmer selbst vorliegende persönliche Mordmerkmal nun gerade und nur einen subjektiven Mangel im Teilnehmervorsatz kompensieren, aber dort keine Rolle spielen soll, wo gleichsam aus objektiven Gründen auf Tatbestandsebene beim Haupttäter

nur ein Totschlag als zuzurechnende Haupttat zur Verfügung steht. Eine solche, allein das Fehlen des Teilnehmervorsatzes durch das eigene persönliche Mordmerkmal beim Teilnehmer kompensierende Wirkung hat insbesondere § 28 Abs. 2 StGB nicht, denn dieser durchbricht die Akzessorietät nicht nur in Ansehung des Teilnehmervorsatzes, sondern vollinhaltlich. Ein Merkmal – auch ein personenbezogenes – ist nun einmal entweder akzessorisch und wird nach allgemeinen Teilnahmeregeln nur, aber auch immer dann zugerechnet, wenn es beim Haupttäter vorliegt und der Teilnehmer dies weiß – oder es ist nichtakzessorisch und wird dem Teilnehmer nur, aber dann auch immer zugerechnet, wenn der Teilnehmer es selbst erfüllt. Tertium non datur.

Um mit einem Beispiel nahe am vom BGH entschiedenen Sachverhalt zu bleiben: Unterstellt, es hätten wie im Ausgangsfall bei S niedrige Beweggründe vorgelegen, O habe von diesem nichts gewusst und selbst aus niedrigen Beweggründen dem S Hilfe geleistet, so ist, wenn man auf die niedrigen Beweggründe des O nicht § 28 Abs. 2 StGB anwendet, bei O auf der Ebene des subjektiven Tatbestandes nur Totschlagsbeihilfe gegeben (§§ 212, 27 StGB). Auf welchem Wege und vor allem mit welcher Berechtigung der BGH nun die niedrigen Beweggründe des O gleichwohl für dessen Schuldspruch berücksichtigen will, ist unerklärlich, [25] wenn man sich eine Vergleichskonstellation vergegenwärtigt: Fiele O schon deshalb nur Totschlagsbeihilfe zur Last, weil als Haupttat nur ein Totschlag des S zur Verfügung stünde, so würde der BGH nach der "Alternativenformel" die niedrigen Beweggründe des O nicht für der Schuldspruch berücksichtigen und O wegen Mordesbeihilfe zu bestrafen. Weder eine gesetzliche Grundlage noch einen sachlichen Grund gibt es aber dafür, nur das Fehlen des Vorsatzes des O im Hinblick auf das Mordmerkmal des S durch die eigenen niedrigen Beweggründe auszugleichen.

3. Die "Alternativenformel" – ein bloßer lapsus linguae?

Die gravierenden dogmatischen Mängel der Alternativformel lassen die Frage aufkommen, ob es sich bei der "Alternativenformel" möglicherweise nur um einen höchstrichterlichen Formulierungsfehler handelt. [26] Der zweite Halbsatz der Formel gäbe dann nur das ohnehin in der Rechtsprechung seit jeher strikt obwaltende Akzessorietätsprinzip auf Schuldspruchebene wieder, der erste Halbsatz der Formel ließe sich als Zusammenfassung der Rechtsprechung zu den "gekreuzten Mordmerkmalen" deuten, beträfe mithin allein die Strafrahmenwahl. Dafür müsste die Äußerung des 4. Senats, eine Verurteilung des O "wegen Beihilfe zum Mord" setze das Vorliegen einer der beiden im Alternativverhältnisse stehenden Halbsätze voraus, untechnisch dahin verstanden werden können, dass sich der Senat damit nicht nur zum Schuldspruch, sondern auch zugleich zu der zu verhängenden Strafe verhalten möchte. Dies ist in Anbetracht des Umstandes, dass es bei der vom Senat an dieser Stelle problematisierten Beihilfestrafbarkeit ohnehin zu einer Strafmilderung zu kommen hat (§ 27 Abs. 2 S. 2 StGB), eine eher spekulative Lesart der "Alternativenformel". Vor allem aber passt damit die vom BGH gewählte Reihenfolge der Halbsätze logisch nicht zusammen: Verstünde der BGH den ersten Halbsatz der "Alternativenformel" wirklich als Strafzumessungsaussage, so müsste er dem zweiten Halbsatz, der ja zwanglos als schuldspruchrelevante Bekräftigung des strikten Akzessorietätsprinzips verstanden werden kann, nachfolgen und nicht vorangehen; als Strafrahmenbestimmung wäre er dem zweitem Halbsatz der "Alternativenformel" logisch nachgelagert. Angesichts der bestehenden Unklarheiten muss man bedauern, dass der BGH die Anwendung des virulenten ersten Halbsatzes der "Alternativenformel" auch diesmal hinter den Kulissen lassen konnte, weil O die niedrigen Beweggründe des S kannte und selbst nicht aus niedrigen Beweggründen handelte. Zur Rechtssicherheit insbesondere an den Instanzengerichten trägt die "Alternativenformel" gewiss nicht bei.

4. Fazit

Ob man die "Alternativenformel" als bloßen lapsus linguae oder als gravierenden beteiligungsdogmatischen Missgriff einordnet, in jedem Fall macht das Bemühen des BGH, auf O als Gehilfen nicht § 28 Abs. 2 StGB anwenden zu müssen, einen konfusen Eindruck. Dass der Senat in Kenntnis der an der "Alternativenformel" geübten Kritik [27] gleichwohl an ihrer Verwendung festgehalten hat, rechtfertigt Puppes [28] Annahme, der Grund dafür, dass der BGH Fälle wie den vorliegende nicht einfach unter Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB entscheidet, liege darin, dass es der BGH seit knapp 50 Jahren nicht getan hat.

IV. Der weitere Gang des Strafverfahrens: BGH HRRS 2009 Nr. 806 zum mittäterschaftlichen Totschlag des O

Der BGH hat es nicht dabei belassen, die Verurteilung des O wegen Totschlagsbeihilfe zu kritisieren. Bezüglich O hielt der Senat eine Verurteilung nur wegen Beihilfe zum Totschlag auf der Grundlage der Feststellungen des LG Saarbrücken für rechtsfehlerhaft: O habe Tatherr-

schaft gehabt; ein etwa fehlendes eigenes Interesse am Gelingen der Tat schließe die Annahme von Mittäterschaft hinsichtlich des O nicht aus. [29] Daher müsse das Tatgericht in der neuen Hauptverhandlung bei gleichbleibenden Feststellungen von mittäterschaftlicher Tatbegehung des O ausgehen.

Nach der Zurückverweisung hat das LG Saarbrücken den Angeklagten O im Wesentlichen auf der Grundlage der ursprünglichen Feststellungen nunmehr wegen mittäterschaftlichen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die Revision des O hin hielt der abermals zuständige 4. Strafsenat des BGH die Rechtsauffassung des Tatgerichts, dass sich O die bei S "vorliegenden sonstigen niedrigen Beweggründe" schon deshalb mittäterschaftlich (§ 25 Abs. 2 StGB) "zurechnen lassen müsse, weil er seinen Tatbeitrag in Kenntnis der niedrigen Beweggründe des Angeklagten S erbracht habe", für fehlerhaft. Weil es sich bei dem Merkmal der niedrigen Beweggründe um ein persönliches Mordmerkmal handelt, könne "nur derjenige als Mittäter eines Mordes verurteilt werden, der selbst aus derartigen Beweggründen handelt." Somit reiche die bloße Kenntnis des O von den niedrigen Beweggründen des S nicht für eine Strafbarkeit wegen mittäterschaftlichen Mordes aus. Weil den Feststellungen nichts dafür zu entnehmen war, dass sich O die niedrigen Beweggründe des S zu eigen gemacht hatte, änderte der BGH bezüglich des Angeklagten O den Schuldspruch in mittäterschaftlich begangenen Totschlag und wies die Sache nochmals – diesmal nur zur Neufestsetzung des Strafausspruchs – an das LG Saarbrücken zurück. [30]

1. Mittäterschaftliche Totschlagsbegehung durch Mörder und Totschläger?

Ob sich das Handeln des O wirklich als funktional tatherrschaftlich einordnen lässt, mag dahin­stehen. Das eigentlich Bemerkenswerte an der Folgeentscheidung des BGH ist, dass der Senat einmal mehr die mittäterschaftliche Begehung eines Totschlages durch Mörder (S) und Totschläger (O) für möglich gehalten hat. Völlig unproblematisch ist diese Annahme nicht, begreift doch der BGH bis zum heutigen Tage § 211 StGB gegenüber dem Totschlag nicht als Qualifikation, sondern fasst die §§ 212, 211 StGB als "selbständige, voneinander unabhängige Delikte mit verschiedenem Unrechtsgehalt" [31] auf. Ein solches Verständnis vom Verhältnis der §§ 211, 212 StGB schließt – entgegen zahlreichen Stimmen im Schrifttum, die dem BGH unterstellen, von "artverschiedenen", "eigen­ständi­gen", oder gar "exklusiven" Tatbeständen auszugehen [32] – jedoch die mittäterschaftlichen Begehbarkeit eines Totschlags durch Mörder und Totschläger nicht aus: [33] Zum einen hat der BGH selbst immer nur von Selbständigkeit des Mordes gegenüber dem Totschlag gesprochen und Begriffe wie Eigenständigkeit, Artverschiedenheit oder Exklusivität stets vermieden. [34] In der Sache hat er sogar ausdrücklich anerkannt, dass unbesehen der "Selb­ständigkeit" des § 211 StGB bei Begehung eines Mordes das Unrecht des Totschlages stets mitverwirklicht wird (also im Mordunrecht gleichsam "enthalten" ist) und dass deshalb "Mittäterschaft zwischen Mörder und Totschläger" möglich ist. [35] Die in § 212 StGB enthaltene Wendung "ohne Mörder zu sein", aus welcher bisweilen die Unmöglichkeit mittäterschaftlicher Begehung eines Mordes durch einen Totschläger neben einem Mörder gefolgert wird, [36] kann entweder als heutzutage bedeutungs- und funktionslose, auf den nationalsozialistischen Gesetzgeber des Jahres 1941 und seine Tätertypenlehre zurückgehende Fehlleistung [37] ignoriert oder als deklaratorische Konkurrenzenregelung verstanden werden, die nur das zwischen Mord und Totschlag bestehende Spezialitätsverhältnis zum Ausdruck bringen soll. Insofern enthält die Entscheidung Folgeentscheidung des BGH zur Mittäterschaft des O also keine revolutionäre Neuerung, sondern nur eine (begründungslose) Bekräftigung eines bereits eingenommenen Standpunkts. [38]

Zum anderen geht die Annahme der besagten Teile des Schrifttums fehl, aus der Kennzeichnung des Mordes als eines gegenüber dem Totschlag selbständigen Delikts folge, dass § 212 StGB nicht mittäterschaftlich von Mörder und Totschläger begangen werden könnten. Die Annahme einer "Selbständigkeit" des Mordes gegenüber dem Totschlag schließt noch nicht die Anwendbarkeit des Zurechnungsinstituts der Mittäterschaft auf zwei Komplizen aus, von denen der eine mangels eines eigenen Mordmerkmals nur den Tatbestand des § 212 StGB erfüllt hat, der andere aber darüber hinaus noch ein persönliches Mordmerkmal aufweist. [39] Das StGB kennt etliche "selbständige" Straftatbestände, die zueinander im Verhältnis von Grundtatbestand und Qualifikation stehen (etwa §§ 242, 249 StGB oder §§ 223, 340 Abs. 1 StGB), ohne dass jemals die mittäterschaftliche

Begehbarkeit des Grunddelikts – etwa eines Diebstahls durch Dieb und Räuber oder einer Körperverletzung durch Privatmann und Amtsträger – in Zweifel gezogen worden wäre. Das zeigt, dass der BGH in der Folgeentscheidung eine Strafbarkeit des O aus §§ 212, 25 Abs. 2 StGB zu Recht nicht schon daran hat scheitern lassen, dass O seinen Tatbeitrag neben einem Mörder erbracht hat.

2. Zur Bedeutung des § 28 StGB bei der mittäterschaftlichen Begehung des § 212 StGB durch Mörder und Totschläger

a) Strafbarkeit des O nur wegen Totschlags – Folge der Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB?

Mit der Einsicht, dass Mord und Totschlag keine exklusiven Tatbestände sind und mittäterschaftliche Begehung des § 212 StGB nicht am Selbständigkeitsdogma der Rechtsprechung scheitern muss, ist noch nicht entschieden, welche Konsequenzen das Fehlen eines besonderen persönlichen Mordmerkmals bei einem Totschlagsmittäter für dessen Strafbarkeit hat. Warum ist nicht auch derjenige als Mörder zu bestrafen, der ohne eigenes personenbezogenes Mordmerkmal mittäterschaftlich am Totschlag beteiligt ist und von dem personenbezogenen Mordmerkmal beim Haupttäter weiß? Für eine solche Vorgehensweise spräche immerhin die nach bisheriger Rechtsprechung im Teilnahmebereich bestehende Parallele, wonach Voraussetzung für Teilnahme am Mord nur die Kenntnis (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB) des Teilnehmers vom personenbezogenen Mordmerkmal des Haupttäters ist und bei Fehlen des besonderen persönlichen Merkmals nur eine Strafrahmenmilderung (§§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB) Platz greift. Der 4. Senat hat zur Begründung seiner Ansicht, es könne "nur derjenige als Mittäter eines Mordes verurteilt werden, der selbst aus derartigen Beweggründen handelt", lediglich vorgetragen, dass es sich bei dem Merkmal der niedrigen Beweggründe um ein persönliches Mordmerkmal handelt, dass der jeweilige Beteiligte selbst aufweisen müsse. Einen Grund dafür, dass nicht schon die bloße Kenntnis des Mittäters O von den niedrigen Beweggründen des S für einen mittäterschaftlichen Mord auch des O hinreicht, hat der BGH nicht weiter genannt. [40]

Nicht kritisiert werden kann zunächst, dass der 4. Senat auf den Mittäter O nicht § 28 Abs. 1 StGB angewendet hat, denn diese Strafzumessungsnorm bezieht sich ausweislich ihres klaren Wortlauts nur auf Teilnehmer, nicht auf Mittäter. Dass der BGH den Mittäter O nicht zu einer nach §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB zu gemilderten Strafe wegen Mordes verurteilt hat, ist demnach nicht zu beanstanden. [41] Steht damit § 28 Abs. 1 StGB a priori nicht zur Anwendung, so scheint es, als habe der BGH stillschweigend die ihrem Wortlaut nach auch auf Mittäter anwendbare Vorschrift des § 28 Abs. 2 StGB herangezogen und O, der ja selbst kein personenbezogenes Mordmerkmal aufwies, mittels einer "Tatbestandsverschiebung" nur nach § 212, 25 Abs. 2 StGB bestraft. Sieht man näher zu, so erweist sich indes, dass man die Vorschrift des § 28 Abs. 2 StGB im Bereich täterschaftlicher Beteiligung nicht benötigt: Um O als Totschlagsmittäter bestrafen zu können, bedarf es nur dann einer Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB, wenn der auf mittäterschaftlichen Totschlag lautende Schuldspruch gerade und nur aus § 28 Abs. 2 StGB folgt. Lässt sich das Ergebnis – mittäterschaftlicher Totschlag des O – aber auf andere Weise gewinnen, etwa durch Anwendung eines allgemeinen dogmatischen Prinzips, so ist die Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB nicht erforderlich, um zu einem mittäterschaftlichen Totschlag des O zu gelangen. Die damit angesprochene konkurrierende Erklärung der Rechtsfolge des § 28 Abs. 2 StGB findet sich in dem allgemeinen Zurechnungsprinzip, dass Täter und damit auch Mittäter nur sein kann, wer die persönlichen Merkmale der Straftat ihrem Charakter entsprechend selbst ("individuell-unmittelbar" [42] zurechenbar) aufweist; (Mit‑)Täterschaft ist (jedenfalls insofern) nicht akzessorisch. Zurechnungstheoretisch formuliert sind persönliche Merkmale nicht Gegenstand der Zurechnung, sondern gehören zur Grundlage der mittäterschaftlichen Zurechnung und sind damit der Zurechnung entzogen. [43] Bei den täterschaftlichen Beteiligungsformen kommt es somit auf eine Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB nicht an; dass die Vorschrift auch auf "Täter" verweist, hat nur deklaratorischen Charakter.

b) Widerspruch zur Teilnahme

Mit der Einsicht, dass persönliche Mordmerkmale bei der Mittäterschaft unbestreitbar nichtakzessorisch sind, ohne dass es auf § 28 Abs. 2 StGB ankäme, lässt sich schließlich auch der schwer hinnehmbare Widerspruch erklären, den das (zur Mittäterschaft zutreffende) Ergebnis des BGH aufweist: Wäre, wovon das LG zunächst ausgegangen war und wozu sich der BGH in seiner oben (III.) besprochenen Entscheidung ausführlich verhalten hat, das Handeln des O nur als gehilfenschaftlich zu qualifizieren gewesen, so würde ihm nach Auffassung der Rechtsprechung (und im Ergebnis auch unter dem Regime der neuen "Alternativenformel") das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe des S akzessorisch zugerechnet. Es mutet merkwürdig an, dass die akzessorische Zurechnung des frem­den persönlichen Mordmerkmals nun deshalb nicht mehr möglich sein soll, nur weil sich der Tatbeitrag des O nicht als nur gehilfenschaftlich,

sondern als mittäterschaftlich darstellt; denn damit muss das besondere persönliche Merkmal bei S "erst durch eine bestimmte … Begehungsform vermittelt werden, damit es seine persönliche Wirkung entfalten kann" [44] . Für persönliche Merkmale ist die Abhängigkeit von einer bestimmten Beteiligungsform ein missliches Ergebnis. [45]

Diese unbefriedigende Diskrepanz in der Zurechnung eines besonderen persönlichen Merkmals je nach Beteiligungsform trifft jedoch nicht das vom BGH zur Mittäterschaft des O erzielte (völlig richtige) Ergebnis, sondern dasjenige zur Beihilfe. Anders als das Zurechnungsinstitut der Mittäterschaft ist dasjenige der Beihilfe (wie auch das der Anstiftung) akzessorisch, weshalb dem Teilnehmer das gesamte Unrecht der Haupttat zugerechnet wird. [46] Um die Teilnehmerstrafbarkeit von der strafrechtlichen Beurteilung der Haupttat zu lösen, bedarf es anders als im Täterschaftsbereich somit einer besonderen gesetzlichen Anordnung, die das Gesetz in § 28 Abs. 2 StGB mit (im Teilnahmebereich) konstitutiver Wirkung trifft. Allein indem der BGH diese Vorschrift auf die Mord- und Totschlagsteilnahme nicht anwendet, sondern einem Teilnehmer ein beim Haupttäter vorliegendes besonderes persönliches Mordmerkmal schon kraft Vorsatzes zurechnen will (§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB), kommt es zu der beschriebenen beteiligungsdogmatischen Schieflage, die sich leicht durch die Anwendung des § 28 Abs. 2 StGB im Teilnahmebereich beseitigen ließe.


[1] BGH NStZ 2008, 273, 275 = HRRS 2008 Nr. 53 m. Anm. Kudlich JA 2008, 310.

[2] BGH HRRS 2008 Nr. 53 Rn. 28.

[3] Vgl. bereits BGH NStZ 1996, 384, 385; anders ausdrücklich BGH NJW 1982, 2738.

[4] Vgl. etwa LK-Jähnke, 11. Aufl. (Stand November 2001), Vor § 211 Rn. 39 ff., 45 ff.; Schönke/Schröder-Eser, StGB, 27. Aufl. (2006), Vorbem §§ 211 ff. Rn. 3 ff., 5; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl. (2007), Vor § 211 Rn. 22; MüKo-StGB-Schneider (2003), Vor §§ 211 ff. Rn. 132 ff., 135 ff.

[5] Dasselbe Ergebnis erzielt man mit einer weiteren Schrifttumsansicht, wonach der Erfüllung der Mordmerkmale keine Unrechts-, sondern eine Schuldsteigerung zugrundeliegt, weshalb auf die Mordmerkmale § 29 StGB anzuwenden sei, vgl. Engisch GA 1955, 161, 166. Andere ordnen nur die persönlichen ("täterbezogenen") Mordmerkmale der Schuld und damit § 29 StGB, die nichtpersönlichen ("tatbezogenen") Mordmerkmale hingegen dem Unrecht zu, vgl. etwa Schönke/Schröder-Lenckner/Eisele, StGB, Vorbem §§ 13 ff. Rn. 122.

[6] Zur nur deklaratorischen Bedeutung des § 28 II StGB im Bereich der Täterschaft s. aber unten im Text IV. 2. a).

[7] Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGHSt 1, 368, 370 ff.; 50, 1, 5 f.

[8] BGHSt 1, 368, 370; 2, 251, 254 f.; 22, 375, 377; 24, 106, 108 ff.; BGH NStZ 1981, 299; StV 1984, 69.

[9] So verfuhr die Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen: BGHSt 22, 375, 377 ff.; BGH NStZ 1981, 299; NJW 1982, 2738; StV 1987, 386; NStZ 1989, 19.

[10] So ausdrücklich BGH NJW 1982, 2738, wonach das Vorliegen von täterbezogenen Mord­merkmalen beim Anstifter für dessen Mordanstiftung gleichgültig sein soll, es vielmehr allein auf den Vorsatz ("die Kenntnis") des Anstifters von den niedrigen Beweggründen des Haupttäters ankommen soll.

[11] Zu Recht krit. Küper JZ 1991, 862, 863 ("sachlich unbegründete Privilegierung gegenüber dem normalen Totschlagsteilnehmer"); Arzt JZ 1973, 681, 682; ähnl. Jäger JR 2005, 477, 479 f.

[12] Eine Ausnahme bildet allein das vorsichtige obiter dictum des 5. Strafsenats BGH JZ 2006, 629, 632; dazu Küper, JZ 2006, 608, 612 f.

[13] BGHSt 23, 39 f.; 50, 1, 9; BGH NJW 1982, 2378. – Ob die "Alternativenformel" auch Anwendung finden soll, wenn der Teilnehmer nicht dasselbe persönliche Mordmerkmal aufweist wie der Haupttäter, ob also die Grundaussage der Rechtsprechung zu den "gekreuzten Mordmerkmalen" auch auf die mit der "Alternativenformel" verbundene partielle Akzessorietätsdurchbrechung übertragen werden kann, hat der BGH bislang noch nicht geäußert.

[14] Küper JZ 1991, 862, 865.

[15] Küper JZ 2006, 1157, 1166; ders. JZ 1991, 862, 866; Arzt JZ 1973, 861; Arzt/Weber/Heinrich/Hilgendorf, Strafrecht Besonderer Teil, 2. Aufl. (2009), § 2 Rn. 37.

[16] Cortes Rosa ZStW 90 (1978), 413, 429 ff., 433; Bloy, Die Beteiligungsformen als Zurechnungstypus im Strafrecht (1985), S. 187; Hake, Beteiligtenstrafbarkeit und "besondere persönliche Merkmale" (1994), S. 141 ff.; Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil II (2003), § 27 Rn. 18 ff.; LK-Roxin, 11. Aufl. (1994), § 28 Rn. 3 ff.; Hirsch, in: Festschrift für Schreiber (2003), S. 153, 161 ff; durchschlagende Kritik bei Küper JZ 2006, 1157, 1163 ff.; ders., in: Festschrift für Jakobs (2007), S. 311, 318 ff.

[17] Küper JZ 2006, 1157, 1164.

[18] Auch kein tatbezogenes, ansonsten ja die Mordstrafe nach der Rechtsprechung schon aus den allgemeinen Akzessorietätsregeln folgt! Vgl. BGHSt 24, 106, 108; dazu Küper JZ 1991, 862, 864.

[19] SK-StGB-Horn, 6. Aufl. 50. Lfg. (2000), § 211 Rn. 26. – Küper JZ 2006, 1157, 1164 f., moniert mit Recht den Verlust der akzessorischen Begrenzungsfunktion der Haupttat; aus diesem Grund will Hake a.a.O. (Fn. 16), S. 177 in dieser Konstellation § 28 Abs. 2 StGB unangewendet lassen. Doch damit wird § 28 Abs. 2 StGB entgegen seinem Wortlaut zu einer reinen Strafmilderungsnorm degradiert.

[20] BGHSt 1, 368, 370 ff. (371: Teilnahme am Mord sei ein "sonderbares Ergebnis"); BGH StV 1987, 386.

[21] Vgl. BGH JZ 2006, 629, wo von Beihilfe zum (scil. im Mord des Haupttäters aus niedrigen Beweggründen enthaltenen) Totschlag ausgegangen wurde; dazu eingehend Küper JZ 2006, 608, 612.

[22] Und nur ein solches, andernfalls ja ohnehin mangels Anwendbarkeit des § 28 StGB bei entsprechendem Vorsatz des Teilnehmers alles unstreitig seinen akzessorischen Gang geht.

[23] Vgl. BGH NStZ 2008, 273, 275 = HRRS 2008 Nr. 53 Rn. 28 (kursive Hervorhebung von den Verfassern).

[24] Engländer JA 2004, 410, 411; Kudlich JA 2008, 310, 313.

[25] Kudlich JA 2008, 310, 313, verweist darauf, dass in der (von BGH NStZ 1996, 384, 385 fälschlicherweise bemühten) Entscheidung BGHSt 23, 29, 40 der Teilnehmer das besondere persönliche Merkmale des Haupttäters gerade kannte. – Darüber hinaus geht es in dieser Leitentscheidung zu den gekreuzten Mordmerkmalen nicht um eine den Schuldspruch betreffende Akzessorietätsdurchbrechung, sondern lediglich um die Versagung einer Strafmilderung (§§ 28 Abs. 1, 49 StGB) auf ohnehin akzessorischer Basis.

[26] Also gerade nicht, wie BGHSt 50, 1, 5 meint, um einen Verstehensfehler Ottos (JK 2/1997, StGB § 211/30) und Engländers (JA 2004, 410, 411), die den BGH richtig, nämlich im hiesigen Sinne gedeutet haben. Der von BGHSt 50, 1, 5 in Bezug genommenen Entscheidung BGH NJW 1982, 2738 lässt sich für die "Alternativenformel" gerade nichts entnehmen. Küper JZ 2006, 1157, 1159 f. m. Fn. 15 versteht denn die "Alternativenformel" auch nur als eine irreführende sprachliche Fehlleistung.

[27] Vgl. die undifferenzierte Zurückweisung der Kritik in BGHSt 50, 1, 5.

[28] Puppe JZ 2005, 902, 904.

[29] BGH NStZ 2008, 273, 275 = HRRS 2008 Nr. 53 Rn. 33.

[30] BGH NStZ 2009, 627 = HRRS 2009 Nr. 806 Rn. 4-8 (kursive Hervorhebung von den Verfassern).

[31] Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGHSt 1, 368, 370 ff.; 50, 1, 5 f.

[32] So – mit Unterschieden im – Detail Hirsch, in: Festschrift für Tröndle (1989) S. 34; Welzel JZ 1952, 72; Schünemann Jura 1980, 568, 580; Puppe JR 1984, 229, 233; dies. JZ 2005, 902, 903; Schröder JZ 1969, 132, 133; Beulke NStZ 1990, 278 f.; ders./Hillenkamp JuS 1975, 309, 312 f.; Geppert JK 3/1990, StGB § 211/18; ders./Schneider Jura 1986, 108.

[33] So aber noch – obiter dictu – BGHSt 6, 329, 330: Es fehle im Verhältnis von Mord und Totschlag an der für Mittäterschaft erforderlichen Verwirklichung zumindest desselben Grundtatbestands. Anders nunmehr BGHSt 36, 231, 233 ff.

[34] Eingehend Küper JZ 1991, 761 ff., 862 ff. (zur Mittäterschaft 866 ff.), 910 ff.

[35] BGHSt 36, 231, 233 ff. m. Anm. Beulke NStZ 1990, 278; Geppert JK 3/1990, StGB § 211/18; Timpe JZ 1990, 97; Hassemer JuS 1990, 148; Küpper JuS 1991, 639.

[36] Vgl. etwa Sax ZStW 64 (1952), 393, 394; Puppe JR 1984, 229, 233.

[37] Küper JZ 1991, 910, 912; Puppe JR 1984, 229, 231, 233; dies. JZ 2005, 902, 903; Welzel JZ 1952, 72, 73; eingehend zur nationalsozialistischen Provenienz des § 211 StGB in der heute geltenden Form Frommel JZ 1980, 559 ff.

[38] Vgl. BGH HRRS 2009 Nr. 806 Rn. 7 mit ausdrücklichem Verweis auf BGHSt 36, 231.

[39] Dazu eingehend aus argumentationstheoretischer Warte Neumann, in: Festschrift für Lampe (2003), S. 643 ff.; verkannt von Maurach/Gössel/Zipf, Strafrecht Allgemeiner Teil 2, 7. Aufl. (1989), § 53 Rn. 172 f.; Baumann/We­ber/Mitsch, Strafrecht Allgemeiner Teil, 11. Aufl. (2003), § 32 Rn. 22; Otto JK 2/1997, StGB § 211/30.

[40] BGH HRRS 2009 Nr. 806 Rn. 7 a.E.: "Allein die Tatsache, dass er in Kenntnis der Beweggründe des Angeklagten S. an der Verwirklichung des Tatplans mitwirkte, reicht hierfür nicht aus."

[41] Eine "quasiakzessorische" Verurteilung des O wegen mittäterschaftlichen Mordes unter Anwendung der Strafrahmenmilderung des § 28 Abs. 1 StGB wäre auch wegen des auf den Bereich der echten Sonderdelikte beschränkten Regelungszwecks der Vorschrift fehl am Platze; dazu näher Küper JZ 1991, 862, 869; 910, 914 f.

[42] Küper JZ 2006, 1157, 1166.

[43] Hingegen bilden tatbezogene Mordmerkmale zugerechnet – entsprechend ihrer nichtpersönlichen Natur – nicht die Grundlage, sondern den Gegenstand der mittäterschaftlichen Zurechnung. Deshalb hätte, wenn S im Fall heimtückisch gemordet hätte, beispielsweise O Mittäter eines Heimtückemordes auch ohne eine eigene heimtückische Handlung sein können, sofern er nur die Heimtücke des S kannte (§§ 15, 16 StGB).

[44] Küper JZ 1991, 862, 868 f.; 910, 914.

[45] Möglicherweise hat diese Misslichkeit Beulke NStZ 1990, 278, 279 – unter den Prämissen der Rechtsprechung – dazu bewogen, neben mittäterschaftlichem Totschlag auch noch (merkwürdigerweise hinter den mittäterschaftlichen Totschlag zurücktretende) Beihilfe zum (dem anderen Beteiligten akzessorisch zuzurechnenden) Mord in Erwägung zu ziehen. Dagegen mit Recht Küper JZ 1991, 862, 869 m. Fn. 78: Mittäterschaft lässt sich nicht in einen Täteranteil (bezüglich § 212 StGB) und einen Beihilfeanteil (hinsichtlich § 211 StGB) aufspalten.

[46] Zur Unterscheidung von Handlungszurechnung i.S. der Täterschaftsvorschriften des § 25 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2 StGB und Unrechtszurechung i.S. der Teilnahmevorschriften der §§ 26, 27 StGB s. SK-StGB-Hoyer, 7. Aufl., 34. Lieferung (Stand: Oktober 2000), Vor § 26 Rn. 3 ff.; ders. GA 2006, 298, 299 f.