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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2010
11. Jahrgang
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1. Enthalt ein Antrag eine konkrete und bestimmte Behauptung einer Tatsache, über die benannte Zeuginnen nach dem Inhalt der Anträge auch aus eigener Wahrnehmung Angaben machen konnten, liegen die Voraussetzungen für förmliche Beweisanträge im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 StPO vor (vgl. BGHSt 37, 162, 164 f.; 43, 321, 329). Über sie ist nicht nach Maßgabe der gerichtlichen Aufklärungspflicht zu entscheiden, sondern die dürfen nur aus einem der in § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO genannten Gründe abgelehnt werden.
2. Nach dem Erfordernis der sog. Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung muss im Fall des Zeugenbeweises der Antrag, um als förmlicher Beweisantrag gewertet zu werden, neben einer konkreten und bestimmten Behauptung einer aufgrund eigener Wahrnehmung des Zeugen zu bekundenden Tatsache erkennen lassen, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema angeben können soll (vgl. BGHSt 43, 321, 329 f. m.w.N.).
3. Wenn es sich jedoch angesichts der Beweisbehauptungen von selbst versteht, dass die benannten Zeuginnen
zum Inhalt der betreffenden, von ihnen geführten Telefonate aus eigenem Wissen bekunden sollten und konnten, sind keine Darlegungen zur vorhandenen Konnexität erforderlich. Die Behandlung eines Antrags als förmlicher Beweisantrag kann dann auch nicht unter Einbeziehung der Ergebnisse der bisher durchgeführten einschlägigen Beweisaufnahme abgelehnt werden.
4. Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob er der Auffassung des 5. Strafsenats in der Entscheidung BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 – 5 StR 38/08, allgemein zu folgen vermöchte, soweit sich danach die Anforderungen an die Konkretisierung der Beweisanträge mit fortschreitender Beweisaufnahme erhöhen. Jedenfalls darf der Tatrichter die Beweiswürdigung nicht in einer Weise vorwegnehmen, dass er die Beweiserheblichkeit mit der Begründung verneint, das Gegenteil sei bereits erwiesen, auch wenn der Zeuge die Behauptung bestätigen sollte.
1. Liegen einem Angeklagten zahlreiche Vermögensdelikte zur Last, die einem einheitlichen modus operandi folgen, genügt der konkrete Anklagesatz den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO und des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO, wenn dort – neben der Schilderung der gleichartigen Tatausführung, die die Merkmale des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt – die Tatorte, die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum und der Gesamtschaden bezeichnet werden und im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklage oder einer Anlage zur Anklage die Einzelheiten der Taten, d. h. die konkreten Tatzeitpunkte, die Tatopfer und die jeweiligen Einzelschäden, detailliert beschrieben sind.
2. Der 4. Strafsenat gibt seine Rechtsprechung auf, die dem vorgenannten, von ihm geteilten Leitsatz entgegen stand.
1. Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann.
2. Entgegen der Auffassung der Revision kann sich ein solches Misstrauen in die Unvoreingenommenheit eines Vorsitzenden grundsätzlich nicht daraus ergeben, dass er einen Zeugen, der berechtigt von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, ergänzend belehrt. Zwar kann ein Zeuge, dem ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO zusteht, nach seinem eigenen freien Ermessen darüber entscheiden, ob er hiervon Gebrauch machen will. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass der Richter einen Zeugen im Rahmen der gemäß § 55 Abs. 2 StPO gebotenen Belehrung über Umstände unterrichtet, die für die vom Zeugen zu treffende Entscheidung von Bedeutung sein können (vgl. BGHSt 21, 12, 13 zu § 52 StPO; BGH, Urteil vom 30. Juni 1988 – 1 StR 150/88, BGHR StPO § 52 Abs. 3 Satz 1 Belehrung 2).
3. Dies gilt auch dann, wenn der Richter den Zeugen fehlerhaft dahingehend belehrt, „er könne im Falle der Auskunftsverweigerung in dem gegen ihn gerichteten Verfahren Probleme bekommen“. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es unzulässig, Schlüsse zum Nachteil des Angeklagten daraus zu ziehen, dass dieser sich als Zeuge in einem anderen, den gleichen Tatkomplex betreffenden Strafverfahren auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen hat, wenn er sich bis zur Verweigerung der Auskunft nicht zur Sache geäußert hatte (BGHSt 38, 302, 305).
4. Dass ein Richter eine vom BGH nicht geteilte Rechtsmeinung geäußert hat, rechtfertigt in der Regel nicht die Annahme der Befangenheit. Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Allerdings gilt dieser Maßstab dann nicht, wenn die vom Richter geäußerte Rechtsauffassung abwegig ist oder sogar den Anschein der Willkür erweckt (vgl. BGHSt 48, 4, 8).
5. Wie das Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO dient auch das Recht eines Zeugen, in einem solchen Fall einen Beistand hinzuzuziehen, allein dem Schutz des Zeugen, nicht aber auch dem des Angeklagten (vgl. BGHSt 11, 213, 216/217 [GSSt]).
6. Dass der Angeklagte nicht eigenhändig bei der Herstellung der unechten Urkunden mitgewirkt hat, steht seiner mittäterschaftlichen Beteiligung gemäß § 267 StGB nicht von vornherein entgegen. Die Tatbestandsvariante des Herstellens einer unechten Urkunde ist kein eigenhändiges Delikt. Demgemäß kommt auch eine Beteiligung des Auftraggebers als Mittäter an der Herstellung der unechten Urkunden durch einen Anderen in Betracht.
7. Mehrere Beteiligte können eine Tat auch dann gemeinschaftlich begehen, wenn sie einander nicht kennen, sofern sich jeder bewusst ist, dass andere mitwirken und alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. RGSt 58, 279).
8. Der Senat lässt offen, ob es für die mittäterschaftliche Herstellung einer unechten Urkunde allein nicht reicht, wenn Personalien und Passfotos zur Anfertigung der Falsifikate weitergeleitet werden und der Weiterleitende wegen des erhofften finanziellen Vorteils aus der Veräu-
ßerung der Falsifikate ein erhebliches eigenes Interesse an der Durchführung gehabt hat (so BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08 Rn. 9).
Es verbietet sich aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes, Kopien von Lichtbildern pornographischen Inhalts in die Urteilsgründe aufzunehmen (BGH NStZ 2006, 394, 395).
1. Innerhalb der Frist zur Begründung des Rechtsmittels ist ein den Anforderungen des § 344 Abs. 1 StPO genügender Revisionsantrag zu stellen. Dies kann auch bereits in der Revisionseinlegungsschrift (§ 341 Abs. 1 StPO) mit der Erhebung der allgemeinen Sachrüge geschehen. Das setzt allerdings voraus, dass die Rüge der Verletzung materiellen Rechts angesichts der Umstände des Einzelfalles geeignet ist, den Umfang der Anfechtung zweifelsfrei festzulegen.
2. Besondere Bedeutung erlangt diese Einschränkung, wenn das Urteil mehrere Angeklagte und/oder mehrere Taten betrifft. Richtet sich die Revision gegen ein Urteil mit mehreren selbständigen Tatvorwürfen, bleibt der Umfang des Revisionsangriffs unklar, wenn ohne konkretisierende Zusätze lediglich die allgemeine Sachrüge erhoben wird (vgl. BGH NJW 2003, 839). Dies gilt erst recht, wenn es sich im Falle teilweiser Verurteilung und teilweisen Freispruchs um eine Revision der Staatsanwaltschaft handelt, die sowohl zugunsten als auch zu Lasten des Angeklagten eingelegt sein kann.