HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Mai 2009
10. Jahrgang
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III. Strafzumessungs- und Maßregelrecht


Entscheidung

453. BGH 4 StR 53/09 - Beschluss vom 19. März 2009 (LG Hagen)

Strafzumessung bei Tötungsdelikten (Doppelverwertungsverbot; Differenzierung zwischen direktem und bedingtem Vorsatz).

§ 46 Abs. 1, Abs. 3 StGB; § 212 StGB; § 15 StGB

1. Dass der Täter eines Tötungsdeliktes von einem tatprägenden „unbedingten Vernichtungswillen“ angetrieben, dem Opfer bewusst keine Überlebenschance lässt, verwertet lediglich erneut zu Lasten des Angeklagten das Tatbestandsmerkmal des Tötungsvorsatzes (vgl. Senat BGHR StGB § 46 Abs. 3 Tötungsvorsatz 1; Beschluss vom 3. Februar 2004 - 4 StR 403/03 -). Ein Verstoß hiergegen kann nur durch weitere Formulierungen verneint werden, die zweifelsfrei zeigen, dass in einer Strafschärfung tatsächlich eine Anknüpfung an zulässige Straferschwerungsgründe liegt.

2. Im Verhältnis zu dem gesetzlichen Regelfall einer Tötung kommt der Tat mit bedingtem Vorsatz eine geringere Tatschwere zu. Nicht aber weist eine Tötung mit direktem Tötungsvorsatz einen gesteigerten Unrechtsgehalt auf.


Entscheidung

402. BGH 5 StR 7/09 - Beschluss vom 25. März 2009 (LG Hamburg)

Unterbringung in der Sicherungsverwahrung; Wahrscheinlichkeit weiterer schwerer Straftaten (Prognose; konkrete Erkenntnisse; abstrakte Statistiken).

§ 66 StGB

1. Rein statistische Erkenntnisse – etwa eine bestimmte abstrakte Rückfallwahrscheinlichkeit bei einer Deliktsgruppe – tragen die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung alleine nicht, zumal gegen einen bisher nicht bestraften Angeklagten. Gleiches gilt für die Feststellung bestimmter Neigungen beim Angeklagten, wenn sie vor der Anlasstat nicht bereits zu entsprechenden Straftaten geführt haben.

2. Vielmehr bedarf jeweils im Einzelfall näherer Darlegung, weshalb bestimmte Neigungen gerade beim Angeklagten die erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit in Bezug auf weitere Taten begründen.


Entscheidung

429. BGH 2 StR 37/09 - Beschluss vom 4. März 2009 (LG Aachen)

Fehlerhafte Gesamtstrafenbildung zur Anwendung von § 35 BtMG (Drogenentwöhnungstherapie); Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

§ 54 StGB; § 35 BtMG; § 64 StGB

Liegen die Voraussetzungen des § 64 StGB vor, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diese Maßregel anzuordnen; hiervon darf nicht im Hinblick auf § 35 BtMG abgesehen werden (BGH NStZ-RR 2003, 12; BGH StraFo 2004, 359; BGH StV 2008, 405, 406).


Entscheidung

431. BGH 2 StR 42/09 - Beschluss vom 11. März 2009 (LG Marburg)

Schwere Vergewaltigung (Beisichführen eines Mittels, mit dem Widerstand mit Gewalt überwunden werden kann: Fessellung mit Handschellen); Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (unzureichende Darlegung der Voraussetzungen: Tatbegehung im Zustand zumindest verminderter Schuldfähigkeit, Gefährlichkeitsprognose).

§ 177 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 StGB; § 63 StGB

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Sie darf deshalb nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen (BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 11 und 26). Eine lediglich latente Gefahr und die bloße Möglichkeit zukünftiger Straftaten reicht nicht aus (Senat, Beschluss vom 10. September 2008 - 2 StR 291/08).