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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2009
10. Jahrgang
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1. Für die Einordnung der gemäß § 30 StGB beabsichtigten Tat als Verbrechen oder Vergehen kommt es auch in Fällen des Sich-Bereiterklärens zur Anstiftung gemäß § 30 Abs. 2 StGB nicht auf die Person des Anstifters, sondern auf die des Anzustiftenden an (im Anschluss an BGHSt 6, 308). (BGHSt)
2. Die Verbrechensverabredung nach § 30 Abs. 2 StGB setzt die vom ernstlichen Willen getragene Einigung mehrerer Personen voraus, an der Verwirklichung eines bestimmten Verbrechens mittäterschaftlich, also nicht nur als Gehilfen, mitzuwirken (BGH NStZ 1988, 406; 1993, 137, 138; NStZ-RR 2002, 74, 75). (Bearbeiter)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe durch Unterlassen zur Tat eines aktiv Handelnden die innere Haltung des Unterlassenden zur Tat bzw. dessen Tatherrschaft maßgebend. War seine aufgrund einer wertenden Betrachtung festzustellende innere Haltung – insbesondere wegen des Interesses am Taterfolg – als Ausdruck eines sich die Tat des anderen zu eigen machenden Täterwillens aufzufassen, so liegt die Annahme von Mittäterschaft nahe. War sie dagegen davon geprägt, dass er sich dem Handelnden – etwa weil er dessen bestimmenden Einfluss unterlag – im Willen unterordnete und ließ er das Geschehen ohne innere Beteiligung und ohne Interesse am drohenden Erfolg lediglich ablaufen, spricht dies für eine bloße Beteiligung als Gehilfe (BGH NStZ 1992, 31 m.w.N.). Zum anderen kommt Mittäterschaft des Unterlassenden in Betracht, wenn dieser – neben dem aktiv Handelnden – „Herr des Geschehens“ war, er also die Tatherrschaft hatte (vgl. BGHSt 11, 268, 272; 37, 289, 293).
Beteiligen sich mehrere an – ggf. nicht einmal lebensgefährlichen – Misshandlungen eines Opfers und zielen die weiteren Tathandlungen eines Tatgenossen auf die Tötung des Opfers ab, so kann ein zuvor lediglich an den Gewalttätigkeiten Beteiligter als Garant anzusehen sein, der zur Abwendung des drohenden Todeserfolges verpflichtet ist, wenn durch sein Vorverhalten die nahe Gefahr des Eintritts des tatbestandsmäßigen Erfolges besteht. Diese Gefahr kann dadurch bewirkt werden, dass der zur Tötung des Opfers bereite Tatgenosse durch die übrigen Tatbeteiligten in seinen, die Misshandlung des Opfers übersteigenden und nunmehr auf dessen Tötung gerichteten Handlungen bestärkt wird.
1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ist zur Feststellung des Schadens auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Geschädigten eingetretenen Vermögensnachteil abzustellen. Allein hierauf muss sich das voluntative Element des Vorsatzes beim Täter beziehen. Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es insoweit nicht an. (BGHSt)
2. Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene Vermögensschaden ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung bestimmt. Dies stellt hinsichtlich des Straftatbestands einen endgültigen Schaden dar und nicht nur eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach wirtschaftlichen Maßstäben zu bewerten. Ist eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe nicht möglich, sind hierzu Mindestfeststellungen zu treffen. Dies kann durch Schätzung geschehen. Dem Tatrichter steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu. (BGHSt)
3. Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung (hier die vertragsgemäße Bezahlung der Anlagesumme an den Angeklagten beziehungsweise eines seiner Unternehmen) unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. BGHSt 45, 1, 4; 51, 10, 15). (Bearbeiter)
4. Der Begriff der konkreten Vermögensgefährdung ist entbehrlich. Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung kein qualitativer, sondern nur ein quantitativer Unterschied. (Bearbeiter)
5. Auch die Absicht des späteren Ausgleichs der Vermögensminderung ist für die Tatbestandsverwirklichung ohne Bedeutung. (Bearbeiter)
6. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 41 Satz 1 StGB) haben solche Vermögenswerte außer Betracht zu bleiben haben, die dem Verfall gemäß §§ 73, 73a StGB bzw. der Rückgewinnungshilfe nach § 111i StPO unterliegen. (Bearbeiter)
1. Im Rahmen der Strafbarkeit des § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB rührt bei der Bestechung nach § 334 StGB als Vortat auch das Bestechungsgeld, das der Bestechende zahlt, aus der Tat her. (BGHSt)
2. Bei der Beurteilung, ob der Täter der Geldwäsche sich zugleich wegen der Vortat strafbar i.S.d. § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB gemacht hat, ist allein auf das deutsche Recht abzustellen. (BGHSt)
3. Das Verbot der Doppelbestrafung nach Art. 103 Abs. 3 GG ist jedoch auf die Verurteilungen durch denselben Staat beschränkt und gilt daher - soweit keine bi- oder multilateralen Übereinkommen bestehen - bei ausländischen Verurteilungen nicht. (Bearbeiter)
4. Ein Gegenstand ist dann als bemakelt i.S. der § 261 Abs. 1 StGB anzusehen, wenn er sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise im Sinne eines Kausalzusammenhangs auf die Vortat zurückführen lässt. (Bearbeiter)
1. Die vorlegende Jugendkammer ist überzeugt, dass der Tatbestand der besonders schweren Brandstiftung (§ 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB) gegen das Gebot schuldangemessenen Strafens verstößt, das seinerseits aus der in Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerten Würde
und Eigenverantwortlichkeit des Menschen und dem in Art 20. Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip folgt.
2. § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB schränkt in verfassungswidriger Weise das Recht auf persönliche Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ein. Tatbestand und Rechtsfolge sind insofern nicht sachgerecht aufeinander abgestimmt, als dem Richter in Ansehung der hohen Mindeststrafe und mangels herabgesetzten Strafrahmens für minder schwere Fälle kein ausreichender Spielraum verbleibt, um im Einzelfall zu einer schuldangemessenen Strafe kommen zu können. Jedenfalls in den Fällen, in denen erhebliche Milderungsgründe zusammentreffen, ist der Richter durch § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB gezwungen, eine Strafe zu verhängen, die im Verhältnis zur Schuld des Täters unangemessen hoch ist.
3. Die Verschärfung der Strafe gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB steht im Vergleich zum Grundtatbestand und den übrigen Qualifizierungen des § 306a StGB nicht mehr in einem sachgerechten Verhältnis zum Maß der vermehrten Schuld und fügt sich - jedenfalls in Ermangelung eines herabgesetzten Strafrahmens für minder schwerer Fälle - nicht in sachgerechter Weise in das Sanktionssystem des StGB ein.
1. Macht der Angeklagte um seine Missachtung auszudrücken mit nahezu geschlossenem Mund ein einem starken Ausatmen ähnliches Geräusch, wodurch zugleich Speichel in Form einer Art „Sprühregens“ aus etwa 20 cm Abstand im Gesicht des Opfers auftritt, erfüllt diese spürbare körperliche Einwirkung auf das Opfer den objektiven Tatbestand einer tätlichen Beleidigung.
2. Gemäß § 55 Abs. 1 StGB ist eine nachträgliche Gesamtstrafe zu bilden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Einer Vorverurteilung kommt diesbezüglich dann keine Zäsurwirkung zu, wenn sämtliche in ihr abgeurteilten Taten schon in eine frühere Vorverurteilung einzubeziehen sind (BGH, Beschluss vom 20. September 2007 - 4 StR 431/07).
Gewerbsmäßig handelt ein Angeklagter beim Betrug nur dann, wenn ihm aus den betrügerisch erlangten Geldern eigene Vorteile zufließen sollten.
1. Für den Tatbestand der räuberischen Erpressung kommt es in Fällen einer fremdnützigen Tatbegehung darauf an, ob der Angeklagte eine Zahlung an einen Dritten erreichen wollte, um diesen oder eine andere Person zu Unrecht zu bereichern. Die Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils ist ein (normatives) Tatbestandsmerkmal, das vom - zumindest bedingten - Vorsatz des Täters umfasst sein muss (BGH StV 1991, 20; Senat, Beschl. vom 9. Oktober 2008 - 1 StR 359/08).
2. Die Frage nach der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Forderung richtet sich gemäß § 253 StGB nicht danach, ob sie unbestritten ist oder vor Gericht durchgesetzt werden muss, sondern allein nach der materiellen Rechtslage (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 6 f.; Senat, Beschl. vom 9. Oktober 2008 - 1 StR 359/08).
1. Gelangt der Tatrichter zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte eine Tat unter den Voraussetzungen des § 21 StGB begangen hat, so hat er sich zwingend mit der Möglichkeit einer Milderung nach § 49 Abs. 1 StGB auseinanderzusetzen.
2. Das Tatgericht kann zur Durchführung des Härteausgleichs von einer unter Einbeziehung der bereits vollstreckten Strafe gebildeten „fiktiven Gesamtstrafe“ ausgehen und diese dann um die vollstreckte Strafe mindern oder den Umstand, dass eine Gesamtstrafenbildung mit der früheren Strafe nicht mehr möglich ist, unmittelbar bei der Feststellung der neuen Strafe berücksichtigen. Erforderlich ist jedoch, dass ein angemessener Härteausgleich vorgenommen wird und dies den Urteilsgründen hinreichend deutlich zu entnehmen ist
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats fallen unter den Begriff Vorfahrt im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a StGB die Verkehrsvorgänge im öffentlichen Straßenverkehr, bei denen die Fahrlinien zweier Fahrzeuge (bei unveränderter Fahrweise) zusammentreffen oder einander gefährlich nahe kommen würden. Dazu gehören alle Fälle, in denen eine straßenverkehrsrechtliche Vorschrift einem Verkehrsteilnehmer den Fahrtvorgang einräumt (sog. erweiterter Vorfahrtbegriff; vgl. BGHSt 11, 219, 223; 13, 129, 134: jew. zu § 315 a Abs. 1 Nr. 4 StGB
a.F.; VRS 38, 100, 102: zu § 315 c Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a StGB).
Die Prüfung der Anwendung des Sonderstrafrahmens des § 227 Abs. 2 StGB (minder schwerer Fall der Körperverletzung mit Todesfolge) erfordert eine Gesamtabwägung, bei der alle relevanten Strafzumessungstatsachen heranzuziehen sind.