HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 362
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: LG_Itzehoe, Jug_3 KLs 19/08, Beschluss v. 12.03.2009, HRRS 2009 Nr. 362
Das Verfahren wird ausgesetzt. Der § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB (BGBl. I 1998, 164) wird gem. Art 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - zur Entscheidung über seine Verfassungswidrigkeit vorgelegt.
Das vorlegende Gericht ist davon überzeugt, dass der § 306b Abs. 2 Nr. 2 des Strafgesetzbuchs, auf dessen Gültigkeit es bei der zu treffenden Entscheidung ankommt, das Grundgesetz verletzt.
Die Staatsanwaltschaft Itzehoe hat unter dem 23.07.2008 Anklage zum Landgericht Itzehoe - Jugendkammer - gegen die am geborene X, die am geborene Y (die zur Zeit der Anklageerhebung noch YY hieß) und den am geborenen Z erhoben. Mit der Anklage wird den drei Angeklagten unter Ziffer 1) eine gemeinschaftliche besonders schwere Brandstiftung zur Ermöglichung einer anderen Straftat - nämlich eines Betruges - gem. § 306b Abs. 2 Nr. 2, 306a Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB vorgeworfen. Der Angeklagten X wird darüber hinaus unter den Ziffern 2) und 3) in zwei Fällen tatmehrheitlich ein Betrug gem. § 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 5 StGB vorgeworfen, wobei es im Fall 3) beim Versuch geblieben sein soll. Konkret wird den Angeklagten in der Anklage der folgende Sachverhalt zur Last gelegt:
1.)
Die Angeschuldigte X betrieb in ihrem Wohnhaus ein Kinderheim, welches zur Tatzeit außer von ihr und ihrem Sohn von dem Erwachsenen A und den Kindern bzw. Jugendlichen B, C, und D bewohnt wurde. Nachdem der Träger der Einrichtung, der K-Verbund, die weitere Zusammenarbeit mit der Angeschuldigten X Ende August gekündigt hatte, so dass diese ab Schulhalbjahrsende 2007 keine Kinder mehr zur Betreuung erhalten hätte, geriet die Angeschuldigte X in finanzielle Schwierigkeiten, da sie die für die Betreuung der Kinder erhaltenen Gelder für die Tilgung der Hypothekendarlehen für das Grundstück benötigte. Wenige Tage vor dem 27. Oktober 2007 kamen die Angeschuldigten überein, in dem der Angeschuldigten X gehörenden Wohnhaus Feuer zu legen, so dass das Haus niederbrenne. Durch das Kassieren der Versicherungssummen aus dem vorgetäuschten Versicherungsfall sollten die finanziellen Schwierigkeiten der Angeschuldigten X behoben werden. Die Angeschuldigte X hatte nämlich bei der die Gebäudeversicherung und bei der die Hausratversicherung abgeschlossen. Im Einzelnen verabredeten die Angeschuldigten, dass die Angeschuldigten Y und Z das Feuer legen sollten, während die Angeschuldigte X Brandbeschleuniger bereitstellen und dafür sorgen sollte, dass sich die Kinder und Jugendlichen nicht in dem Haus aufhalten.
Dementsprechend schloss die Angeschuldigte X das Kinderheim für das letzte Wochenende im Oktober, so dass sich niemand im Haus aufhielt. Zudem stellte sie einen mit Benzin gefüllten Kanister am Haus bereit und überließ den Angeschuldigten Y und Z einen Haustürschlüssel. Um zu gewährleisten, dass bei dem Brand das Haus vollständig zerstört würde, stellte die Angeschuldigte X im Erdgeschoss eine gefüllte Propangas-Flasche auf. Während sich die Angeschuldigte X entsprechend dem zuvor gefassten Tatplan zu ihrem Vater nach Kiel begab, um auf diese Weise ein Alibi zu haben, suchten die Angeschuldigten Y und Z in der Nacht zum 27. Oktober 2007 das Wohnhaus der Angeschuldigten X auf, wo sie im Obergeschoss vier bis sechs Getränkeflaschen mit Benzin füllten, an den Flaschen jeweils Kerzen befestigten, die Flaschen wieder verschlossen und sodann in mehreren Räumen im Obergeschoss und zwei im Erdgeschoss des Hauses aufstellten. Der Angeschuldigte Z schüttete über mehreren Betten Benzin aus. Sodann entzündeten die Angeschuldigten Y und Z die an den Flaschen befestigen Kerzen, öffneten den Verschluss der im Erdgeschoss stehenden Propangas-Flasche und verließen sodann das Gebäude durch die Küche über die Terrassentür.
Wie von den Angeschuldigten beabsichtigt, brach das Feuer gegen 00:45 Uhr aus, griff gegen 3:48 Uhr auf den Dachstuhl über und ergriff schließlich das gesamte Gebäude, welches bis auf die Grundmauern niederbrannte. Zu der beabsichtigten Explosion der Propangasflasche kam es jedoch nicht.
2.)
Am 28. Oktober 2007 meldete die Angeschuldigte X ihrer Hausratversicherung, der , den angeblichen „Schadenfall“ und beantragte die vertragsgemäße Entschädigung. Anlässlich der Verhandlung am 16. November 2007 mit dem Sachverständigen S der verschwieg die Angeschuldigte X bewusst wahrheitswidrig, dass das Haus aufgrund der gemeinsam mit den Angeschuldigten Y und Z verübten Brandstiftung niedergebrannt war, und erklärte zudem bewusst wahrheitswidrig, dass der Vertrag mit dem Träger des Kinderheims ungekündigt sei. Mit Ausnahme einer Sofortzahlung von 5.000,- EUR erhielt die Angeschuldigte X jedoch keine Entschädigung durch die , die den Inventarschaden auf 70.000,- EUR geschätzt hatte.
3.)
Am 29. Oktober 2007 meldete die Angeschuldigte X über das Maklerbüro ihrer Gebäudeversicherung, der , den angeblichen „Schadenfall“ und beantragte die vertragsgemäße Entschädigung. Bei der Schadenaufnahme am 05.11.2007 verschwieg sie ebenfalls ihre Beteiligung an der vorangegangenen Brandstiftung. Der Sachverständige S schätzte den Schaden auf insgesamt 374.412,50 EUR, nämlich Neuwert 331.177,- EUR, Abbruch- und Aufräumkosten von 36.235,50 EUR und 7.000,- EUR Mietausfall. Zu einer Auszahlung ist es jedoch nicht gekommen, da der wahre Sachverhalt bekannt wurde.
Diese Anklage wurde den Verteidigern der drei Angeklagten jeweils am 11.08.2008, den Angeklagten Y und Z persönlich am 09.08.2008 und der Angeklagten X am 19.08.2008 zugestellt. Durch Beschluss der Kammer vom 06.01.2009 wurde die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor der 3. (Großen) Jugendkammer des Landgerichts Itzehoe eröffnet. Zugleich wurde beschlossen, dass die Kammer in der Hauptverhandlung mit zwei Berufsrichtern, einschließlich des Vorsitzenden, und zwei Schöffen besetzt sein werde.
Am 18.02.2009, 26.02.2009 und am 12.03.2009 hat die Kammer an insgesamt drei Verhandlungstagen die Hauptverhandlung durchgeführt. Am 12.03.2009 wurde die Beweisaufnahme geschlossen. Der Staatsanwalt beantragte für den Angeklagten Z wegen besonders schwerer Brandstiftung eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren, für die Angeklagte Y wegen besonders schwerer Brandstiftung eine Jugendstrafe von 2 Jahren und deren Aussetzung zur Bewährung sowie für die Angeklagte X für die Tat 1) der Anklage wegen besonders schwerer Brandstiftung eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren, für die Taten 2) und 3) jeweils wegen (im Fall 3) versuchten) Betruges im besonders schweren Fall eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten und eine aus diesen Einzelstrafen zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten. Die Verteidiger beantragten für ihre Mandanten jeweils milde Strafen.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
Vorgeschichte und Tatplanung
Im Jahr 2002 wurde die Angeklagte X von ihrer Mutter, die zu dieser Zeit selbst mehrere Kinderheime betrieb, gefragt, ob sie das ihr gehörende Haus in erwerben und dort gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten ein Kinderheim betreiben wolle. Die Angeklagte X, die eine Ausbildung zur Sozialpädagogin durchlaufen hatte, ging auf diesen Vorschlag ein und schloss mit ihrer Mutter schließlich einen Kaufvertrag, der im Jahr 2004 erfüllt wurde, nachdem die Angeklagte X zwei Banken gefunden hatte, über die sie den Kauf des Hauses finanzieren konnte. Zunächst betreute die Angeklagte X in dem Haus gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Kinder, die ihr von der A. zugewiesen worden waren. Im September 2004 wechselte sie den Träger und betreute fortan Kinder und Jugendliche für den K-Verbund, die gemeinsam mit der Angeklagten, ihrem Sohn und ihrem Lebensgefährten in dem Haus der Angeklagten X lebten. Vom K-Verbund erhielt die Angeklagte pro Tag für jedes Kind 70 EUR zzgl. Taschengeld und Bekleidungsgeld. Nachdem diese Tätigkeit und das Zusammenleben in der ersten Zeit weitgehend unproblematisch verlaufen waren, kam es Ende 2006 vermehrt zu Schwierigkeiten, da sich der Lebensgefährte der Angeklagten zurückzuziehen begann und den größten Teil der Zeit vor seinem PC verbrachte. Infolgedessen trennte sich die Angeklagte X im Mai 2007 von ihrem Lebensgefährten, der schließlich am 30.07.2007 aus dem Haus in auszog. Etwa drei Wochen später, nach dem Ende der Sommerferien, verstärkten sich die Probleme der Angeklagten, die das Haus zu dieser Zeit gemeinsam mit ihrem sechsjährigen Sohn, dem 19 Jahre alten A und den Kindern bzw. Jugendlichen B, C und D bewohnte. Insbesondere gelang es ihr immer weniger, sich gegenüber den ihr anvertrauten Kindern durchzusetzen, so dass sie schließlich nahezu vollständig die Kontrolle über diese verlor und es zu Sachbeschädigungen durch die Kinder bzw. Jugendlichen kam - u.a. wurde eine Hintertür des Hauses angezündet und Autoscheiben eingeschlagen - und ein Jugendlicher mit dem Messer auf den anderen losging. Auch gelang es der Angeklagten teilweise nicht mehr, die Kinder zum Schulbesuch zu veranlassen. Wenn sie sie morgens zur Bushaltestelle geschickt hatte, kamen sie zurück, schlugen gegen die Fensterscheiben und kletterten aufs Dach. Bisweilen verließen sie auch das Haus entgegen den Weisungen der Angeklagten zu beliebigen Tages- und Nachzeiten über eine Leiter. Als schließlich im September 2007 überdies in den persönlichen häuslichen Bereich der Angeklagten eingebrochen wurde, begann die Angeklagte mehr und mehr zu verzweifeln. Erschwerend kam in dieser Phase hinzu, dass ihr aufgrund einer Kontopfändung monatlich nur noch 2.000 EUR zur Verfügung standen, mit denen sie sämtliche Bewohner des Hauses ernähren musste. Da sie sich gegenüber den Kindern nicht mehr zu helfen wusste, blieb sie sowohl nachts als auch tagsüber teilweise stundenlang dem Haus fern und hielt sich beispielsweise in einem Imbiss auf, nur um nicht nach Hause zu müssen und den Kindern und Jugendlichen gegenüberzustehen. In dieser Phase begann die Angeklagte ernsthaft darüber nachzudenken, sich das Leben zu nehmen, sprach hiervon auch gegenüber der Angeklagten Y und schrieb Abschiedsbriefe. Sie verfiel in eine Stimmung, in der sie sich nicht mehr aufraffen konnte, irgendetwas zu verändern und aß nur noch wenig. Für ihre verzweifelte Lage, für alles, was sie belastete, macht die Angeklagte innerlich das Haus verantwortlich, das sie nur noch als „Horror-Haus“ ansah. Hierbei sah sie sich nicht in der Lage, sich Hilfe zu verschaffen, da sie meinte, mit dem K-Verbund nicht reden zu können und gegenüber ihrer Mutter den Gesichtsverlust fürchtete. Außerdem benötigte sie die für die Betreuung der Kinder erhaltenen Gelder dringend, um die Darlehensraten für das Haus bezahlen zu können. Nachdem der Angeklagten seitens des K-Verbunds bereits im Juli 2007 gesagt worden war, dass sich etwas ändern müsse und man sonst die Zusammenarbeit beenden werde, teilte der Zeuge E der Angeklagten am 18.10.2007 mit, dass der K-Verbund die Zusammenarbeit bis zum Schulhalbjahresende auslaufen lassen werde. Damit war für die Angeklagte klar, dass sie nunmehr definitiv nicht mehr in der Lage sein würde, die Darlehensraten für das Haus zu begleichen. In dieser Situation entwickelte sie den Gedanken, dass sie sich all ihrer Probleme mit einem Schlag entledigt hätte, wenn das Haus weg wäre. Hierüber sprach sie wiederholt mit ihrem Halbbruder, dem Angeklagten Z und dessen damaliger Verlobten und jetzigen Ehefrau Y, die mehrere Jahre im Heim der Angeklagten X gelebt hatte und für die die Angeklagte X eine Art „Ersatzmutter“ darstellte. Die Angeklagten Y und Z waren sich über den Zustand der Angeklagten X - im Groben auch über ihre finanzielle Lage - im Klaren. Im Verlauf dieser Gespräche verfielen die Angeklagten irgendwann auf den Gedanken, das Haus in Brand zu setzen, um so die Angeklagte X von ihren Problemen zu befreien und ihr zu ermöglichen, infolge der Anzeige des Schadensfalls die Versicherungssummen aus der Gebäude- und der Hausratsversicherung zu erlangen und hiermit die bei den Banken bestehenden Darlehen und Grundpfandrechte abzulösen. Die Angeklagte X hatte nämlich bei der die Gebäudeversicherung und bei der die Hausratsversicherung abgeschlossen. Dass eine derartige Versicherung bestand, die der Angeklagten X im Falle eines Brandes zugute kommen würde, war auch den Angeklagten Y und Z bekannt, da hierüber zwischen den Beteiligten im Zuge ihrer Überlegungen gesprochen wurde, wenn auch davon auszugehen ist, dass den Angeklagten Y und Z die genaue Höhe der Versicherungssummen nicht bekannt war. Die Angeklagten entwickelten die Idee, dass die Angeklagten Y und Z das Haus für die Angeklagte X anzünden könnten. Bereits bei den Vorbesprechungen waren sich die Angeklagten einig, dass dafür gesorgt werden müsse, dass bei dem Brand kein Mensch und auch kein Tier zu Schaden kommt.
Tatausführung
(1)
Als einziger geeigneter Zeitpunkt für die Tatbegehung erschien der Angeklagten X das letzte Wochenende im Oktober 2007. An diesem Wochenende sollten nämlich die in dem Haus wohnenden Kinder - wie grundsätzlich am letzten Wochenende des Monats - ihre Angehörigen besuchen. Die Angeklagte X wollte gemeinsam mit ihrem Sohn zu ihrem Vater nach Kiel fahren und dort nächtigen. Den Bewohner A überredete die Angeklagte X, das Wochenende bei seiner Freundin in F zu verbringen. Seine Bitte, im Haus in bleiben zu dürfen, lehnte die Angeklagte X ab. Sodann telefonierte die Angeklagte X mit dem Angeklagten Z und teilte ihm mit, dass sämtliche Bewohner des Hauses an diesem Wochenende weg seien und dieses Wochenende somit die einzige Gelegenheit sei, den Brand zu legen. Zudem ließ die Angeklagte X den Angeklagten Z wissen, dass sie den Haustürschlüssel unter der Fußmatte deponieren werde. Nachdem sämtliche anderen Bewohner außer der Angeklagten X, ihrem Sohn und A das Haus bereits verlassen hatten und - da sie nicht im Besitz eines Schlüssels waren - auch nicht ohne Weiteres zurückkehren konnten, fuhr die Angeklagte X am 26.10.2007 den A, der - ebenso wie die Kinder und Jugendlichen - etliche persönliche Gegenstände in dem von ihm bewohnten Zimmer in dem Haus in zurückgelassen hatte, nach F und sagte ihm eindringlich, dass sie jetzt noch eine halbe Stunde im Haus sei und er dann nicht mehr in das Haus gelangen könne. Unklar geblieben ist, ob die Angeklagte X sich von dem Angeklagten A außerdem einen Schlüssel für die Hintertür des Hauses herausgeben ließ oder ob A ohnehin nicht mehr über einen Schlüssel für eine Außentür verfügte und die Angeklagte X sich von ihm lediglich den Schlüssel für sein Zimmer aushändigen ließ. Jedenfalls verfügte A, nachdem er von der Angeklagten in F abgesetzt worden war, nicht mehr über einen Schlüssel für eine Außentür des Hauses. Anschließend begab sich die Angeklagte zurück in das Haus in , packte einige Sachen zusammen, schloss sämtliche Außentüren des Hauses ab, wobei sie an der Außentür der Küche den Schlüssel von innen stecken ließ, deponierte einen Haustürschlüssel unter der Fußmatte und fuhr gemeinsam mit ihrem Sohn zu ihrem Vater nach .
In der Nacht vom 26.10.2007 auf den 27.10.2007 etwa um Mitternacht begaben sich die Angeklagten Y und Z absprachegemäß zu dem Haus der Angeklagten X in , um dieses in Brand zu setzen. Mit der Brandlegung wollten die Angeklagten Y und Z der Angeklagten X, um deren Wohlergehen sie sich große Sorgen machten, entsprechend dem zuvor gemeinsam mit der Angeklagten X gefassten Tatplan helfen, indem sie sie von dem als Belastung empfundenen Haus „befreiten“ und ihr die Möglichkeit verschafften, die Versicherungssummen aus der Gebäudeversicherung und der Hausratsversicherung zu erlangen. Mittels des von der Angeklagten X unter der Fußmatte hinterlegten Schlüssels verschafften sie sich Zutritt zu dem Haus, das aus einem Erd- und einem ausgebauten Dachgeschoss sowie einem Flachdachanbau bestand und als Dachkonstruktion ein Walmdach mit einer Eindeckung aus Dachpfannen aufwies. In einem fensterlosen Raum im Obergeschoss befüllten die Angeklagten X und Y mehrere Plastikflaschen mit Benzin und befestigten sodann mit Klebeband Kerzen an den Flaschen. Während es sich bei dem Benzin um im Haus bzw. im dazugehörigen Schuppen vorhandenen Treibstoff für den Rasenmäher handelte, den die Angeklagte X in der Vergangenheit besorgt hatte und der nach den Absprachen der Angeklagten als Brandbeschleuniger benutzt werden sollte, hatte der Angeklagte Z die Kerzen am 26.10.2007 erworben und zum Zwecke der Brandlegung mitgebracht. Sodann verteilte der Angeklagte Z noch etwas Benzin im Obergeschoss des Hauses. Anschließend stellten die Angeklagten Y und Z die mit den Kerzen versehenen Flaschen verteilt in den Eingangsbereichen der Zimmer auf. In der Mitte des Wohnzimmers im Erdgeschoss stellten die Angeklagten eine Propangasflasche auf, die sie anschließend öffneten, um so eine schnelle Ausdehnung des Feuers im Erdgeschoss zu erreichen. Auch die Propangasflasche hatte sich bereits zuvor in dem Haus oder in dem dazugehörigen Schuppen befunden und war in der Vergangenheit von dem Angeklagten Z zur Unkrautbeseitigung verwendet worden. Vor dem Anzünden der Kerzen vergewisserten sich die Angeklagten durch einen Rundgang durch das Haus, dass sich niemand mehr darin aufhielt. Nachdem sie die Kerzen angezündet und die Gasflasche geöffnet hatten, verließen die Angeklagten Y und Z das Haus durch die Küchentür, die sie geschlossen, aber nicht abgeschlossen zurückließen.
Gegen 00:45 Uhr brach das Feuer zunächst im Dachgeschoss aus und erfasste dort schließlich die gesamte Dachkonstruktion, die durch den Brand praktisch vollständig zerstört wurde. Vom Dachgeschoss breitete sich das Feuer nach unten aus, wo es im Wohn- und Esszimmer - möglicherweise aufgrund der aus der Propangasflasche ausströmenden Gase - zu einem sog. Flash-over, einem sehr schnellen Übertritt der Flammen zwischen den betroffenen Einrichtungsgegenständen kam, so dass in diesem Raum die Vollbrandphase erreicht wurde und das Mobiliar weitgehend verbrannte. Auch die linksseitig von der Haupteingangstür liegenden Wohnräume im Erdgeschoss waren vom Schadensfeuer umfangreich und intensiv betroffen. Die Decke zwischen Erd- und Dachgeschoss fehlte vielerorts großflächig.
Nachdem sie das Haus verlassen hatten, fuhren die Angeklagten Y und Z nach , wobei sie unterwegs ihre gesamte Oberbekleidung wechselten und entsorgten. Auf der Rückfahrt aus verließen sie die Autobahn an der Abfahrt und konnten das Feuer von weitem sehen. Am nächsten Morgen ca. um 10 Uhr informierte der Angeklagte Z die Angeklagte X telefonisch darüber, dass ihr Haus abgebrannt sei.
Bei keinem der drei Angeklagten war im Tatzeitraum die Fähigkeit, das Unrecht seines Handelns einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aufgehoben oder erheblich vermindert. Auch wenn sich die Angeklagte X in einer verzweifelten Lage befand, litt sie weder unter einer psychischen Erkrankung noch unter einer der Schwere nach einer psychischen Krankheit gleichzusetzenden psychischen Störung.
(2)
Am 28.10.2007 meldete die Angeklagte X ihrer Hausratsversicherung, der , dass die versicherte Sache - das Inventar des Hauses in - am 27.10.2007 von einem Brandschaden betroffen worden sei, um hierdurch die Auszahlung der Versicherungssumme zu erreichen, auf die die Angeklagte - wie sie wusste - wegen ihrer Beteiligung an der Brandlegung keinen Anspruch hatte. Am 16.11.2007 fand in eine Verhandlung zwecks Schadenaufnahme statt, zu der eine von der Angeklagten X unterschriebene Niederschrift aufgenommen wurde. In der Verhandlung verschwieg die Angeklagte bewusst wahrheitswidrig, dass das Haus aufgrund der von ihr im Zusammenwirken mit den Angeklagten Y und Z verübten Brandstiftung niedergebrannt war und erklärte zudem bewusst wahrheitswidrig, dass der Vertrag mit dem Träger des Kinderheims ungekündigt sei. Aufgrund der Schadensmeldung erhielt die Angeklagte eine Sofortzahlung von 5.000 EUR. Der Schaden wurde aufgrund der von Frau eingereichten Aufstellungen seitens der auf 75.819 EUR geschätzt. Zu einer Auszahlung weiterer Beträge kam es jedoch nicht mehr.
(3)
Am 29.10.2007 meldete die Angeklagte X ihrer Gebäudeversicherung, der , dass das versicherte Haus abgebrannt sei, um hierdurch die Auszahlung der Versicherungssumme zu erreichen, auf die sie - wie sie wusste - keinen Anspruch hatte. Am 05.11.2007 fand in eine Verhandlung zwecks Schadensaufnahme statt, zu der eine von der Angeklagten X unterschriebene Niederschrift aufgenommen wurde. In der Verhandlung verschwieg die Angeklagte gegenüber dem Mitarbeiter der Versicherung bewusst wahrheitswidrig, dass das Haus aufgrund der gemäß dem gemeinsam mit ihr gefassten Tatplan und den von ihr getroffenen Vorbereitungen von den Angeklagten Y und Z durchgeführten Brandlegung niedergebrannt war. Außerdem behauptete sie, den einzigen Schlüssel für die Haupteingangstür im Besitz gehabt zu haben, obwohl ihr bewusst war, dass sie den Schlüssel unter der Fußmatte deponiert hatte, damit die Angeklagten Y und Z mit diesem die Haustür öffnen und den Brand legen konnten. Der Sachverständige S schätzte den Schaden auf insgesamt 374.412,50 EUR. Zu einer Auszahlung kam es nicht, da der wahre Sachverhalt bekannt wurde.
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Geständnissen der drei Angeklagten, die diese bereits unabhängig von Vorhalten aus den polizeilichen Vernehmungen in der Hauptverhandlung abgelegt haben. Auf die Frage der Verwertbarkeit der polizeilichen Vernehmungen der Angeklagten Y und Z kommt es somit nicht an. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die detaillierten Einlassungen der Angeklagten, die in allen wesentlichen Punkten miteinander in Einklang standen, das Geschehen zutreffend wiedergegeben haben. Insbesondere ist kein Grund zu der Annahme ersichtlich, dass sich die Angeklagten zu Unrecht belastet haben könnten. Zudem stehen die Einlassungen der Angeklagten Y und Z zur Brandlegung auch in Einklang mit den sich aus dem verlesenen Gutachten des LKA vom 19.12.2007 ergebenden Feststellungen zum Verlauf des Brandes und den durch diesen entstandenen Schäden.
Für die zu treffende Entscheidung ist die Frage der Gültigkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB erheblich.
Die Frage der Gültigkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB ist hinsichtlich aller drei Angeklagten für den Schuldspruch erheblich. Im Falle der Gültigkeit der Norm wäre jeder der drei Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung zu verurteilen, im Falle seiner Ungültigkeit lediglich wegen schwerer Brandstiftung.
Durch die Tat zu Ziffer 1) hat jeder der drei Angeklagten durch gemeinschaftliche Begehungsweise den Tatbestand der besonders schweren Brandstiftung gem. §§ 306b Abs. 2 Nr. 2, 306a Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB verwirklicht.
a) Voraussetzung des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB ist zunächst, dass es sich um eine Tat nach § 306a StGB handelt. Im vorliegenden Fall haben alle drei Angeklagten in Mittäterschaft den § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, nämlich ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen dient, in Brand gesetzt. Erforderlich und ausreichend für die Erfüllung dieser Alternative des § 306a Abs. 1 StGB ist, dass die Räumlichkeit zum Zeitpunkt der Tat tatsächlich zur Wohnung dient, also als Ort des Wohnens, insbesondere auch zum Übernachten (Fischer, StGB, 56. Auflage, § 306a Randziffer 4 m.w.N.). Hierbei kommt es nicht auf eine generelle Eignung oder auf eine Bestimmung durch den Eigentümer an, sondern allein darauf, ob es von Bewohnern zumindest vorübergehend als Mittelpunkt ihrer privaten Lebensführung benutzt wird (Fischer a.a.O. m.w.N.). Eine nur vorübergehende Abwesenheit ist bedeutungslos (Fischer, § 306a Randziffer 4 mit Nachweisen zur Rechtsprechung; Heine in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Auflage, § 306a Randziffer 5 m.w.N.).Bei dem Haus der Angeklagten X handelte es sich zur Tatzeit um ein Gebäude, das der Wohnung von Menschen diente, denn es wurde außer von der Angeklagten X und ihrem Sohn von den Personen A, B, C und D als ständige Wohnung genutzt. Zwar dürfte hinsichtlich der Angeklagten X und ihres Sohnes eine Aufhebung der Zweckbestimmung des Dienens zur Wohnung anzunehmen sein, nicht aber hinsichtlich der übrigen vier Personen. Diese hatten das Haus nur vorübergehend verlassen, um ihre Familien bzw. - im Fall des A - die Freundin zu besuchen, persönliche Gegenstände in dem Haus zurückgelassen und damit den Wohnzweck des Hauses, das auch im Bereich der Zimmer dieser vier Personen vom Feuer erfasst wurde, nicht aufgegeben. Auch die Tatsache, dass die betreffenden Personen das Haus nicht ohne Weiteres eigenständig wieder betreten konnten, da sie nicht über einen Haustürschlüssel verfügten, vermag nichts daran zu ändern, dass es ihnen nach ihrer Vorstellung weiterhin als Wohnung dienen sollte. Auch eine Aufhebung der Zweckbestimmung für die Personen A, B, C und D durch die Angeklagte X kommt nicht in Betracht. Grundsätzlich muss die Zweckbestimmung des Dienens zur Wohnung von allen tatsächlichen Bewohnern aufgegeben werden (vgl. Fischer § 306a Randziffer 4a). So kann ein Täter den Wohnzweck nicht von sich aus auch für Familienmitglieder oder andere Bewohner ohne deren Kenntnis aufgeben (Fischer a.a.O.). Eine andere Auslegung der Vorschrift des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB würde sowohl dem Wortlaut widersprechen, der - unabhängig von der zivilrechtlichen Rechtsstellung - nur darauf abstellt, dass ein Gebäude der Wohnung von Menschen dient. Zudem würde durch eine Auslegung, bei der etwa der Eigentümer auch für alle anderen Bewohner die Wohnung aufgeben könnte, der Schutzzweck des § 306a Abs. 1 StGB unterlaufen. Dieser ist nämlich als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet, wobei geschütztes Rechtsgut Leib und Leben von Menschen sind (Fischer § 306a Randziffer 1). Dies ist auch der Begründung der Bundesregierung zu dem im Gesetzgebungsverfahren zunächst eingebrachten Entwurf zu entnehmen, wo es heißt: „In Übereinstimmung mit dem bisherigen § 306 StGB und § 320 Abs. 1 E 1962 geht Absatz 1 davon aus, dass für Gebäude, die Menschen als Wohnung oder sonst zum Aufenthalt dienen, auf einen absoluten strafrechtlichen Schutz nicht verzichtet werden kann“ (BT-Drucks. 13/8587 Seite 47). Eine Ausnahme kann nach BGH NStZ 1992, 541 für die Aufgabe des Wohnzwecks durch Eltern für ihre minderjährigen Kinder gelten. Ein solcher Ausnahmefall kann jedoch im Hinblick auf den Wortlaut und das Schutzgut der Vorschrift nicht auf andere Fälle ausgedehnt werden, in denen der Täter befugt ist, über den Aufenthalt anderer Personen zu befinden. Zudem stand der Angeklagten X im vorliegenden Fall auch nicht etwa das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht hinsichtlich der vier weiteren Bewohner zu. Hinsichtlich A folgt dies bereits daraus, dass er zur Tatzeit volljährig war, und hinsichtlich der anderen drei Bewohner hatte die Angeklagte eine Verpflichtung gegenüber dem K-Verbund zu erfüllen und war überdies nicht gesetzliche Vertreterin der Kinder. Der Erfüllung des Tatbestandes des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB steht auch nicht entgegen, dass eine konkrete Gefährdung anderer Personen nicht eingetreten ist und aufgrund der Vorkehrungen der Angeklagten auch nicht zu erwarten war. Zwar kommt nach vielfach vertretener Ansicht eine teleologische Reduktion in Betracht, wenn der Täter sich vergewissert, dass eine konkrete Gefährdung ausgeschlossen ist (Fischer § 306a Randziffer 2a m.w.N.). Eine solche Einschränkung des Tatbestandes ist nach Überzeugung der Kammer jedoch allenfalls dann gerechtfertigt, wenn eine Gefährdung von Menschenleben nach der tatsächlichen Lage absolut ausgeschlossen ist (so schon BGHSt 26, 121, 124f zum alten § 306 StGB). Dies bedeutet, dass sich der Täter durch absolut zuverlässige lückenlose Maßnahmen vergewissert haben muss, dass die durch § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB verbotene Gefährdung mit Sicherheit nicht eintreten kann (BGH a.a.O.), was nur bei kleinen, insbesondere einräumigen Hütten oder Häuschen möglich ist, bei denen auf einen Blick übersehbar ist, dass sich Menschen dort nicht aufhalten können (BGH a.a.O.; BGH NJW 1982, 2329). Eine weitergehende Einschränkung des Tatbestandes dahin, dass § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB auch dann ausscheidet, wenn eine Gefährdung von Menschen nach den tatsächlichen Umständen nicht zu erwarten ist, liefe der gesetzlichen Konzeption der Vorschrift als abstraktes Gefährdungsdelikt zuwider und ist daher nicht gerechtfertigt. Auch im Gesetzgebungsverfahren wurde unter Bezugnahme auf die entsprechende Rechtsprechung des BGH eine Einschränkung des Tatbestandes für Fälle erörtert, in denen eine Gefährdung von Menschenleben mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, mit der klaren Positionierung, dass der Entwurf der Rechtsprechung folge und von einer tatbestandseinschränkenden Klausel absehe, weil Anwendungsbereich und Schutzzweck des § 306 Abs. 1 E (entspricht dem Gesetz gewordenen § 306a Abs. 1 StGB) erheblich beeinträchtigt würden, wenn die bloße - nicht zu widerlegende - Behauptung des Täters, er habe sich vor der Brandlegung vergewissert, dass in dem Gebäude keine Menschen anwesend waren und sich dort zur Tatzeit tatsächlich niemand aufhielt, eine Bestrafung nach § 306 (entspricht § 306a Abs. 1 StGB) ausschlösse (BT-Drucks. 13/8587 Seite 47). Die nach allem allenfalls denkbare teleologische Reduktion dahin, dass § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ausscheidet, wenn der Täter sich vergewissert, dass eine konkrete Gefährdung von Menschen nach der tatsächlichen Lage absolut ausgeschlossen ist, greift im vorliegenden Fall hinsichtlich aller drei Angeklagten nicht ein. Dies folgt schon daraus, dass es sich bei dem Tatobjekt um ein zweigeschossiges Haus mit Anbau gehandelt hat, das nicht auf einen Blick zu überschauen ist. Des Weiteren haben die Angeklagten auch nicht mit Sicherheit ausschließen können, dass einer der anderen Bewohner in das Haus zurückkehrt, zumal die Angeklagten Y und Z nach der Brandlegung die Küchentür nicht abgeschlossen haben, so dass sie von außen zu öffnen gewesen wäre.
b) Voraussetzung des § 306b Abs. 1 Nr. 1 StGB ist weiter, dass der Täter in der Absicht gehandelt hat, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. Nach dem Wortlaut des Gesetzes reicht es also aus, dass die Tat in irgendeiner Form eine andere Straftat - sei es des Täters selbst, sei es einer anderen Person - ermöglichen oder verdecken soll (vgl. Fischer § 306b Randziffer 8). Teilweise wird vertreten, der Tatbestand sei (nicht zuletzt im Hinblick auf die hohe Mindeststrafandrohung) restriktiv dahin auszulegen, dass eine nur allgemein kausal-funktionale Beziehung zwischen Brandstiftung und ermöglichter Straftat nicht ausreicht, sondern vorauszusetzen ist, dass in den Fällen des § 306a Abs. 1 StGB gerade die spezifischen Auswirkungen der Gemeingefahr (Verwirrung, Panik, Flucht aus Gebäuden unter Zurücklassung von Wertgegenständen, Unübersichtlichkeit der Situation etc.) die Begehung der anderen Tat begünstigen sollen (vgl. die Nachweise bei Fischer Randziffer 9). Eine solche Auslegung ist jedoch nach Überzeugung der Kammer nicht haltbar (so im Ergebnis auch BGHSt 45, 211, 216ff; BGH NStZ 2000, 197, 198; BGH NStZ 2008, 571). Ihr stehen der klare Wortlaut der Vorschrift und der deutlich erkennbare Wille des Gesetzgebers entgegen. Der Gesetzeswortlaut knüpft gerade nicht an eine durch den Brand als solches zu ermöglichende oder zu verdeckende Tat an, sondern lässt ganz allgemein ein Handeln in entsprechender Absicht genügen. Dass es sich bei dieser Formulierung nicht um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handelt, sondern um eine bewusste Ausweitung des Tatbestandes, ist schon an der vollständig neu gefassten Formulierung im Vergleich zum alten § 307 Nr. 2 StGB zu erkennen, der darauf abstellte, dass „der Täter in der Absicht handelt, die Tat zur Begehung eines Mordes (§ 211), eines Raubes (§§ 249, 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) auszunutzen“, wobei nach herrschender Auffassung mindestens ein enger zeitlicher, räumlicher und sachlicher Zusammenhang mit der Brandsituation bestehen musste (vgl. etwa Wolff in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Auflage, § 307 Randziffer 6 mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Auch aus der Begründung des ersten Entwurfs der Bundesregierung zum 6. Strafrechtsreformgesetz (StrRG) geht hervor, dass gegenüber § 307 Nr. 2 und 3 a.F. unter Herabsetzung des Strafrahmens eine Erweiterung des Qualifikationstatbestandes beabsichtigt war (BT-Drucks. 13/8587 Seite 49; vgl. auch die Ausführungen hierzu in BGHSt 45, 211, 217), hieran wurde im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens festgehalten (vgl. die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks. 13/8587 Seite 88 sowie die Stellungnahme des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages BT-Drucks. 13/9064 Seite 22). Da die teilweise vertretene einschränkende Auslegung des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB aus den vorstehenden Gründen abzulehnen ist, ist der Tatbestand auch dann erfüllt, wenn der Täter - wie hier die drei Angeklagten - den Brand legt, um sich selbst oder dem Eigentümer zu ermöglichen, von der Gebäude- oder Hausratsversicherung die Versicherungssumme dadurch zu erlangen, dass er den angeblichen Brandschaden anzeigt, ohne die vorsätzliche Brandlegung durch ihn (oder unter seiner Mitwirkung) zu erwähnen. So liegt es hier. Die Angeklagten haben gemeinsam geplant, das Haus der Angeklagten X niederzubrennen, um der Angeklagten X auf diese Weise zu ermöglichen, die Versicherungssumme zu erlangen und sodann die Tat arbeitsteilig in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken ausgeführt.
c) Die Anwendung des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB auf einen Fall des mit der Brandlegung beabsichtigten Versicherungsbetruges wird auch nicht durch die Neuregelung der §§ 265 und 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB ausgeschlossen; ein Vorrang dieser Tatbestände - etwa unter dem Gesichtspunkt der Exklusivität oder einer Gesetzeskonkurrenz - besteht nicht (BGHSt 45, 211, 218). Hiergegen spricht, wie der BGH zutreffend hervorgehoben hat, dass es sich bei § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB um keinen echten Straftatbestand, sondern um eine bloße Strafzumessungsregel handelt und dass dann angesichts des in § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB vorgesehenen Strafrahmens die Strafandrohung für die mit dem Ziel eines Versicherungsbetruges begangene schwere Brandstiftung in Umkehrung der gesetzgeberischen Wertung noch hinter dem Grundtatbestand des § 306a StGB zurückbliebe (BGH 45, 211, 219). Zudem ergibt sich aus der Stellungnahme des Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zum Entwurf der Bundesregierung, dass eine Einschränkung des § 306b Abs. 1 Nr. 2 StGB durch die §§ 265, 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 StGB nicht gewollt war, wenn es dort in Bezug auf die Strafandrohung des neuen § 265 Abs. 1 StGB heißt: „Dem gesteigerten Unrecht solcher Handlungen, die eine Gemeingefahr auszulösen vermögen, wird wie schon bisher durch die Anwendung des jeweils einschlägigen gemeingefährlichen Delikts Rechnung getragen“ (BT-Drucks. 13/9064 Seite 20).
d) § 306b Abs. 2 StGB setzt nicht voraus, dass auch der Tatbestand des § 306b Abs. 1 StGB erfüllt ist (Fischer § 306b Randziffer 6). Zum Einen bezieht sich der Gesetzeswortlaut in Abs. 2 ausdrücklich nur auf die Fälle des § 306a und nicht zusätzlich auf die Fälle des § 306b Abs. 1. Zum anderen ergibt sich aus den bereits zitierten Gesetzesmaterialien, wonach der Tatbestand des § 307 Nr. 2 und 3 StGB a.F. ausgeweitet werden sollte (BT-Drucks 13/8587 Seite 49) und in diesem Zusammenhang die Höhe der Mindeststrafe diskutiert wurde (BT-Drucks. 13/8587 Seiten 70 und 88) eindeutig, dass der Gesetzgeber den § 306b Abs. 2 StGB als von § 306b Abs. 1 StGB unabhängigen Qualifikationstatbestand ausgestalten wollte. Nach allem ist eine Auslegung dahin, dass Voraussetzung des § 306b Abs. 2 StGB nicht nur die Erfüllung des Tatbestandes des § 306a StGB, sondern auch des § 306b Abs. 1 StGB sei, ausgeschlossen.
Im Falle der Nichtigkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB würde die Tat zu Ziffer 1) hinsichtlich aller drei Angeklagten lediglich den Tatbestand der schweren Brandstiftung gem. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllen, da die Voraussetzungen des § 306b Abs. 1 StGB und der übrigen Ziffern des § 306b Abs. 2 StGB ersichtlich nicht erfüllt sind.
Jedenfalls hinsichtlich der Angeklagten X und Z ist die Frage der Gültigkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB auch unmittelbar für die Strafzumessung erheblich.
Im Falle der Gültigkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB wäre hinsichtlich der Angeklagten X und Z für Tat 1) der in dieser Vorschrift normierte Strafrahmen, der Freiheitsstrafe zwischen fünf und fünfzehn Jahren vorsieht, zu Grunde zu legen. Eine Milderung gem. § 49 StGB kommt nicht in Betracht. § 306b Abs. 2 StGB verweist nicht auf § 49 StGB. Auch eine - im Urteil des BGH vom 22.04.2004 (3 StR 428/03 (zitiert nach Juris)) erwähnte und vom 3. Senat offenbar für denkbar gehaltene - analoge Anwendung der auf § 49 Abs. 1 StGB verweisenden Vorschriften (z.B. §§ 13, 17, 21, 23 Abs. 2, 35 Abs. 1 Satz 2 StGB) in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zum Heimtückemord scheidet aus. Es fehlt nämlich insoweit an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke. Die für den Fall heimtückischer Tötung angenommene Möglichkeit einer Strafrahmenverschiebung gem. § 49 Abs. 1 StGB hat der Große Strafsenat des BGH in dem Beschluss vom 10.05.1981 (BGHSt 30, 105, 121) darauf gestützt, das Bundesverfassungsgericht habe auf Grund der Wertvorstellungen der Verfassung und des sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Regelungslücke festgestellt, die zwar nicht als ursprüngliche planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes angesehen werden könne, die aber einer solchen Unvollständigkeit auf Grund eines Wandels der Rechtsordnung gleichzuachten sei. Von einer derartigen einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes gleichzuachtenden Regelungslücke kann indessen in Bezug auf die neu gefassten Vorschriften der §§ 306 ff StGB und insbesondere im Hinblick auf den § 306b Abs. 2 StGB nicht ausgegangen werden. Wie sich aus den zitierten Gesetzesmaterialien ergibt, hat der Gesetzgeber bewusst den Tatbestand des § 306b Abs. 2 StGB gegenüber dem früheren § 307 Nr. 2 und 3 StGB a.F. unter Herabsetzung der Mindeststrafe erweitert und ebenfalls bewusst davon abgesehen, einen reduzierten Strafrahmen für minder schwere Fälle vorzusehen (BT-Drucks. 13/8587 Seite 80), wobei auch die Höhe des Strafrahmens diskutiert wurde (BT-Drucks. 13/8587 Seiten 70 und 88). Von einem Bewertungswandel der Rechtsordnung kann angesichts der vergleichsweise neuen Regelung aus dem Jahr 1998 keine Rede sein. Für eine Analogie zu den gesetzlich vertypten Milderungsgründen und eine Anwendung des § 49 Abs. 1 StGB bei Vorliegen gewichtiger sonstiger Milderungsgründe ist daher bei § 306b Abs. 2 StGB kein Raum.
Auch für eine Analogie zu anderen Straftatbeständen, die bei einer Mindeststrafe von fünf Jahren einen herabgesetzten Strafrahmen für minder schwere Fälle vorsehen, ist - ungeachtet der weiteren Voraussetzungen einer solche Analogie - schon deshalb kein Raum, weil der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet hat, einen herabgesetzten Strafrahmen für minder schwere Fälle des § 306b Abs. 2 StGB zu normieren (vgl. BT-Drucks. 13/8587 Seite 80), so dass es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.
Demnach würde die Kammer im Falle der Gültigkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB für den Angeklagten Z wegen der von ihm begangenen besonders schweren Brandstiftung auf die gesetzliche Mindeststrafe von fünf Jahren erkennen. Für die Angeklagte X würde die Kammer im Falle der Gültigkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB wegen der besonders schweren Brandstiftung ebenfalls auf eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren erkennen. Für die Betrugstaten würde die Kammer jeweils auf eine Einzelstrafe von sechs Monaten erkennen. Die aus diesen Einzelstrafen zu bildende Gesamtstrafe würde die Kammer mit fünf Jahren und sechs Monaten bemessen.
Im Falle der Unwirksamkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB käme hingegen hinsichtlich der Angeklagten X und Z für die Tat 1) der Strafrahmen des § 306a Abs. 1 StGB zur Anwendung, der Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren vorsieht. Dabei läge nach Auffassung der Kammer eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren weit oberhalb des schuldangemessenen Bereichs. Bei der konkreten Bemessung der Strafe ist zu Lasten beider Angeklagten zu berücksichtigen, dass sie ein Feuer erheblichen Ausmaßes gelegt haben, das auch umfangreiche Löscharbeiten erforderlich gemacht hat. Auch die von den Angeklagten bei der Tatausführung verfolgte Absicht, die Gebäude- und Hausratsversicherung zu betrügen, wäre im Falle der Unwirksamkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB strafschärfend zu berücksichtigen. Dem stehen jedoch bei beiden Angeklagten erhebliche mildernde Umstände gegenüber. Beide sind nicht vorbestraft und haben die Tat vollen Umfangs gestanden und hierdurch die Beweisaufnahme erheblich erleichtert. Eine konkrete Gefährdung anderer Menschen ist nicht eingetreten und war aufgrund der seitens der Angeklagten getroffenen Vorkehrungen auch nicht zu erwarten, wenn sie auch andererseits nicht gänzlich ausgeschlossen war. Hinzu kommt bei der Angeklagten X, dass sie sich in einer verzweifelten Lage und psychischen Ausnahmesituation befand und es nach Überzeugung der Kammer nur deshalb zu der Tat kommen konnte. Weiterhin ist bei der Angeklagten X zu berücksichtigen, dass eine hohe Haftstrafe in ihrem Fall voraussichtlich eine erheblich schwerer wiegende Wirkung haben wird, da in Anbetracht der Tatsache, dass die Angeklagte X allein erziehende Mutter eines sieben Jahre alten Kindes ist, von einer deutlich erhöhten Haftempfindlichkeit auszugehen ist. Auf den Angeklagten Z treffen die zuletzt genannten Umstände zwar nicht zu. Bei ihm ist aber strafmildernd zu berücksichtigen, dass er aus uneigennützigen Motiven gehandelt hat, um seiner in verzweifelter Lage befindlichen Schwester zu helfen. Unter Abwägung sämtlicher für und gegen die Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte würde die Kammer im Falle der Ungültigkeit des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB für die Angeklagte X für Tat 1) auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten erkennen und die mit den Einzelstrafen für die Betrugstaten von jeweils sechs Monaten zu bildenden Gesamtstrafe mit zwei Jahren bemessen und für den Angeklagten Z auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten erkennen.
Die vorlegende Jugendkammer ist davon überzeugt, dass der § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB gegen Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und Art 20 Abs. 3 GG, nämlich gegen das aus der in Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art.2 Abs. 1 GG verankerten Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen und dem in Art 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot schuldangemessenen Strafens verstößt. Dadurch schränkt der § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB in unzulässiger Weise das Recht auf persönliche Freiheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ein.
Grundsätzlich stellt das materielle Strafrecht ebenso wie das Strafverfahrensrecht im Hinblick auf die gewichtigen Gründe des Rechtsgüterschutzes eine zulässige Einschränkung der Freiheit der Person dar (Hofmann in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, Kommentar zum GG, 10. Auflage, Art. 2 Randziffer 54; Theune in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage, Vor §§ 46-50 Randziffer 31). Zulässiges oberstes Ziel des Strafens ist es, die Gesellschaft vor sozialschädlichem Verhalten zu bewahren und die elementaren Werte des Gemeinschaftslebens zu schützen (BVerfGE 45, 187, 254f). Allerdings unterliegt die Zulässigkeit staatlichen Strafens wiederum verfassungsrechtlichen Einschränkungen. Dies gilt auch für die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit (BVerfGE 45, 187, 223). So schützt Art 1 Abs. 1 GG vor unangemessener Bestrafung (Hofmann a.a.O. Art. 1 Randziffer 44; vgl. BVerfGE 1, 332, 348). Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt der Grundsatz nulla poene sine culpa (BVerfGE 25, 269, 285; Hofmann a.a.O. Art. 20 Randziffer 63). Aus diesem Grundsatz ergibt sich wiederum, dass die Strafe im gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen muss (BVerfGE 50, 125, 133; Hofmann a.a.O.; Theune a.a.O. Randziffer 32). Die Strafe ist somit nach dem Maß der Schuld und der Strafbedürftigkeit zu bestimmen (BVerfGE 92, 277, 326 ff; Theune a.a.O.). Insoweit deckt sich der Schuldgrundsatz in seiner die Strafe begrenzenden Auswirkung mit dem Verfassungsgrundsatz des Übermaßverbots (BVerfGE 86, 288, 313; Theune a.a.O.). Nach dem Schuldgrundsatz, der aus Art. 1 Abs. 1 und Art 2 Abs. 1 GG (Würde und Eigenverantwortlichkeit des Menschen) sowie aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, müssen damit auch Tatbestand und Rechtsfolge einer strafrechtlichen Norm - gemessen an der Idee der Gerechtigkeit - sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (BVerfGE 45, 187, 259f; BVerfGE 54, 100, 108). Bereits die angedrohte Strafe hat daher in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Maß der Schuld des Täters zu stehen; die verhängte Strafe darf die Schuld des Täters nicht übersteigen (BVerfGE 45, 187, 260; BVerfG Beschluss v. 07.10.2008 2 BvR 578/07 - zitiert nach Juris).
In der Regel ist die Einhaltung und Bemessung dieser Grundsätze Sache des Gesetzgebers (Dürig in: Maunz/Dürig, Kommentar zum GG, Art. 1 Abs. 1 Randziffer 32; vgl. BVerfGE 45, 187, 267f), von dessen grundlegenden Wertungen der Strafrichter bei der Prüfung der Schuldangemessenheit der gesetzlich angedrohten Strafe für den Täter und dessen konkrete Tat auszugehen hat (BVerfGE 54, 100, 113f). Einerseits richtet sich die Strafhöhe nach dem normativ festgelegten Wert des verletzten Rechtsgutes und der Schuld des Täters. Andererseits lässt sich das Gewicht einer Straftat, der ihr in der verbindlichen Wertung des Gesetzgebers beigemessene Unwertgehalt, in aller Regel erst aus der Höhe der angedrohten Strafe entnehmen (BVerfGE 25, 269, 286). Demnach hat der Strafgesetzgeber innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens erhebliche Spielräume, ob und in welchem Umfang er bestimmte Verhaltensweisen unter Strafe stellen will (Joeks in: Münchener Kommentar zum StGB, 1. Auflage 2003, Einl. Randziffer 18). Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung des Gesetzgebers nicht darauf prüfen, ob er dabei die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat; es hat lediglich darüber zu wachen, dass die Norm materiell im Einklang mit der Verfassung steht und den ungeschriebenen Verfassungsgrundsätzen und Grundentscheidungen des Grundgesetztes entspricht (BVerfGE 80, 244, 255; Joeks a.a.O. Randziffer 22).
Der Gesetzgeber darf aber keine Strafvorschriften erlassen, die unverhältnismäßig in den grundrechtlich geschützten Lebensbereich eingreifen (Weigend in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage Einl. Randziffer 15). Dem Richter muss von Gesetzes wegen die Möglichkeit offen bleiben, bei der Subsumtion konkreter Fälle unter die abstrakte Norm zu einer schuldangemessenen Strafe zu kommen, ihm muss hierfür ein hinreichender Spielraum verbleiben (BVerfG Beschluss v. 07.10.2008 2 BvR 578/07 - zitiert nach Juris; BVerfGE 105, 135, 154), er darf also nicht durch das Gesetz gezwungen sein, eine Strafe zu verhängen, die nach seiner aufgrund der getroffenen Feststellungen gewonnenen Überzeugung der Schuld des Täters nicht angemessen wäre (BVerfGE 54, 100, 109; BVerfGE 105, 135, 154). Wo die Tat verschiedene Grade des Verschuldens und der Schwere aufweisen kann, muss dem Richter demnach grundsätzlich die Möglichkeit gelassen werden, die Strafe dem anzupassen (BVerfGE 45, 187, 260; BVerfGE 54, 100, 108f; vgl. Dannecker in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Auflage, § 1 Randziffer 232). Das aus Art. 1 Abs. 1 und Art 20 Abs. 3 GG folgende verfassungsrechtliche Gebot einer sachgerechten Abstimmung von Tatbestand und Rechtsfolge, insbesondere eines gerechten Verhältnisses der angedrohten Strafe zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters, beinhaltet auch, dass der Täter nicht unter Verletzung seines verfassungsrechtlich geschützten sozialen Wertanspruchs und Achtungsanspruchs zum bloßen Objekt der Verbrechensbekämpfung gemacht werden darf (vgl. BVerfGE 50, 125, 133). Daraus folgt, dass die gesetzliche Androhung einer Verschärfung der Strafe typischerweise erhöhte Schuld voraussetzt, wobei die verschärfte Sanktion wiederum nicht außer Verhältnis zum Maß der vermehrten Schuld stehen darf (BVerfGE 50, 125, 133f; Joeks Einl. Randziffer 25). Dem muss der Gesetzgeber bei der Androhung einer gegenüber dem Regelstrafrahmen erhöhten Mindeststrafe Rechnung tragen (BVerfGE 50, 125, 134; Joeks a.a.O.).
Nach Überzeugung der Kammer hat der Gesetzgeber mit der Schaffung der Vorschrift des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB den ihm von Verfassungs wegen zustehenden Spielraum bei der Bestimmung der angedrohten Strafe überschritten. Tatbestand und Rechtsfolge sind insofern nicht sachgerecht aufeinander abgestimmt, als dem Richter in Ansehung der hohen Mindeststrafe und in Ermangelung eines herabgesetzten Strafrahmens für minder schwere Fälle kein ausreichender Spielraum verbleibt, um im Einzelfall zu einer schuldangemessenen Strafe kommen zu können. Jedenfalls in den Fällen, in denen erhebliche (nicht gesetzlich vertypte) Milderungsgründe zusammentreffen, ist der Richter durch § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB gezwungen, eine Strafe zu verhängen, die im Verhältnis zur Schuld des Täters unangemessen hoch ist. Die Unangemessenheit der den Richter- soweit nicht ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund eingreift - in allen Fällen bindenden Mindeststrafe ergibt sich dabei auch daraus, dass die Verschärfung der Strafe im Vergleich zum Grundtatbestand und den übrigen Qualifizierungen des § 306a StGB nicht mehr in einem sachgerechten Verhältnis zum Maß der vermehrten Schuld steht und sich jedenfalls in Ermangelung eines herabgesetzten Strafrahmens für minder schwerer Fälle nicht in sachgerechter Weise in das Sanktionssystem des Strafgesetzbuches einfügt.
Eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren oder darüber greift nachhaltig in den Lebensweg des Betroffenen ein und ist daher nur im Falle einer entsprechend gravierenden Schuld gerechtfertigt. Das tatbestandsmäßige Unrecht des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB besteht indessen lediglich in einer - wenn auch erheblichen - abstrakten Gefährdung mit überschießender Innentendenz. Dass, soweit § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB auf § 306a Abs. 1 StGB Bezug nimmt, bei einem abstrakten Gefährdungsdelikt allein wegen einer überschießenden Innentendenz - also ohne zwingende Erhöhung des Erfolgsunwerts der Tat - die Mindeststrafe um das fünffache angehoben wird, ist nicht nachvollziehbar und steht auch nicht mit anderen Wertungen des Strafgesetzgebers in Einklang. Zwar hebt der BGH insofern zutreffend hervor, der besondere Unwert der schweren Brandstiftung, „um eine anderen Straftat zu ermöglichen“, liege darin, dass sie der Begehung kriminellen Unrechts dienen soll, wobei sich die erhöhte Verwerflichkeit aus der Bereitschaft, zur Durchsetzung krimineller Ziel ein abstrakt (§ 306a Abs. 1 StGB) oder konkret (§ 306a Abs. 2) StGB gefährliches Brandstiftungsdelikt zu begehen, mithin aus der Verknüpfung von Unrecht mit weiterem Unrecht durch den Täter ergebe (BGH NJW 2000, 3581; BGHSt 45, 211, 217). Soweit der BGH jedoch hierdurch die hohe Mindeststrafe als gerechtfertigt ansieht (vgl. BGH NJW 2000, 3581, wo ebenso wie in BGH NStZ 2000, 197, 198 die Herabsetzung der Mindeststrafe von zehn Jahren im § 307 StGB a.F. auf fünf Jahre hervorgehoben wird), wird dies im Hinblick auf die - nach dem Gesetzeswortlaut unumgängliche - Einbeziehung der Fälle, bei denen es bei einer abstrakten Gefährdung verbleibt, von der Kammer nicht geteilt. Eine Steigerung der situationsbedingten Gemeingefährlichkeit (vgl. Heine in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Auflage, § 306b Randziffer 10) gegenüber dem Grundtatbestand des § 306a Abs. 1 StGB, ist mit den Fällen des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB allenfalls im Einzelfall, nicht aber typischerweise verbunden. Es ist der Kammer nicht ersichtlich, inwiefern eine Brandstiftung, die der Täter in der Absicht begeht, die Gebäudeversicherung zu betrügen, - es dürfte sich hierbei um den in der Praxis häufigsten Fall des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB handeln -, mit einer höheren Gemeingefahr verbunden sein sollte, als beispielsweise das nicht unter § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB fallende Inbrandsetzen eines kombinierten Wohn- und Geschäftshauses, durch das der Täter einen Konkurrenten ausschalten möchte. Als nicht mehr mit sachlichen Gründen zu rechtfertigen erscheint dabei insbesondere das Verhältnis zum § 306b Abs. 1 StGB, der für die Fälle des § 306a StGB, in denen der Täter durch die Brandstiftung eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht - in denen sich also in den Fällen des § 306a Abs. 1 StGB die dort unter Strafe gestellte abstrakte Gefährdung in erheblichem Maße realisiert hat -, lediglich Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht.
Auch die Gesetzgebungsgeschichte und die Materialien zum 6. StrRG lassen die Mindeststrafe des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht als sachgerecht erscheinen. Richtig ist zwar, dass im Zuge der Erweiterung des Qualifizierungstatbestandes des § 307 StGB a.F. die Mindeststrafe von zehn auf fünf Jahre herabgesetzt wurde. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass für einen großen Teil der von § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB erfassten Taten die Mindeststrafe ganz erheblich erhöht wurde. So begründete nämlich die Absicht, die Versicherung zu betrügen, beim Inbrandsetzen eines Wohngebäudes nach dem alten Recht keine Qualifizierung des § 306 a.F., so dass die Tat lediglich mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bedroht war. Der tateinheitlich verwirklichte Versicherungsbetrug gem. § 265 StGB a.F. sah lediglich Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor. Zwar ist es zweifellos verfassungsrechtlich noch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber einen Qualifizierungstatbestand geschaffen hat, durch den die schwere Brandstiftung in den Fällen, in denen der Täter in der Absicht handelt, eine andere Straftat zu verdecken oder zu ermöglichen, mit schwererer Strafe bedroht ist. Für eine Anhebung der Mindeststrafe um das fünffache lassen sich hingegen nach Auffassung der Kammer keine sachgerechten Gründe mehr erkennen. Auch in den Gesetzesmaterialien findet sich keine spezifizierte Begründung für diese Erhöhung der Mindeststrafe in den Fällen des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB, soweit diese nicht von dem früheren § 307 StGB a.F. erfasst waren. Es findet sich dort lediglich die Feststellung, die Herabsetzung der Mindeststrafe im Vergleich zum § 307 StGB a.F. sei geboten, weil die Qualifikationsmerkmale in § 306a Nr. 2 und 3 des Entwurfs der Bundesregierung (entspricht dem Gesetz gewordenen § 306b Abs. 2 Nr. 2 und 3 StGB) weiter gefasst seien als im bisherigen § 307 Nr. 2 und 3 StGB und der neue Qualifikationstatbestand in § 306a Nr. 1 E (entspricht § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB) anderen vergleichbaren Vorschriften angepasst werden müsse (so die Begründung der Bundesregierung zu dem von ihr vorgelegten Entwurf, BT-Drucks. 13/8587 Seite 49; siehe auch BT-Drucks. 13/7164, Seite 49 (Entwurf der Fraktionen von CDU/CSU und FDP)). Das erhöhte Mindestmaß in § 306a E (entspricht dem Gesetz gewordenen § 306b Abs. 2 StGB) sei im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit der in § 306 Abs. 1 E (entspricht § 306a Abs. 1 StGB) aufgeführten Räumlichkeiten gerechtfertigt (BT-Drucks. 13/8587 Seite 49). Der Bundesrat hat die vorgeschlagene Mindeststrafe von fünf Jahren als unangemessen hoch angesehen (BT-Drucks. 13/8587 Seite 70), woraufhin die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung lediglich ausgeführt hat, diese Auffassung des Bundesrates teile sie nicht (BT-Drucks. 13/8587 Seite 88). Das Argument der besonderen Schutzbedürftigkeit der in § 306a StGB genannten Gebäude vermag aber ersichtlich die Anhebung der Mindeststrafe um das Fünffache in den Fällen des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB gegenüber § 306a StGB nicht zu rechtfertigen, da die Tathandlung des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB gerade nicht typischerweise eine Erhöhung der Gefährdung dieser Gebäude im Vergleich zu sonstigen Taten nach § 306a StGB zur Folge hat. Zudem bleibt bei diesem Argument auch das Verhältnis zwischen Absatz 1 und Absatz 2 des § 306b StGB unerklärt. Die Erhöhung der Mindeststrafe für die zuvor nicht von § 307 Nr. 2 und 3 StGB a.F. erfassten Fälle fügt sich auch nicht in die dem Gesetzesvorhaben des 6. StrRG zu Grunde liegende Konzeption ein. So heißt es im Gesetzesentwurf der Bundesregierung - insoweit in Übereinstimmung mit dem vorherigen Entwurf der Fraktionen (BT-Drucks. 13/7164 Seiten 1 und 18-20) -, Schwerpunkt sei das Anliegen, höchstpersönlichen Rechtsgütern wie Leben, körperlicher Unversehrtheit, Freiheit und sexueller Selbstbestimmung gegenüber materiellen Rechtsgütern wie Eigentum, Vermögen und Sicherheit des Rechtsverkehrs ein größeres Gewicht zu verleihen (BT-Drucks. 13/8587 Seite 1; siehe auch BT-Drucks. 13/8991 Seite 2 und BT-Drucks. 13/9064 Seite 7). Hierauf ziele die von dem Entwurf verfolgte Harmonisierung der Strafrahmen in erster Linie ab (BT-Drucks. 13/8587 Seite 18). Die Wertordnung des Grundgesetzes, insbesondere der hohe verfassungsrechtliche Rang des menschlichen Lebens und der körperlichen Unversehrtheit lege es nahe, Wertungswidersprüche zwischen Eigentums- und Vermögensdelikten einerseits und Körperverletzungsdelikten andererseits aufzuheben (BT-Durcks. 13/8587 Seite 19). Diese Konzeption beinhaltet keine Erklärung für den Strafrahmen des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB. Darüber hinaus scheint die Gewichtung des § 306b Abs. 1 StGB einerseits, in dem für eine schwere Brandstiftung nach § 306a StGB im Falle einer schweren Gesundheitsschädigung eines Menschen oder im Falle der Gesundheitsschädigung einer Vielzahl von Menschen - also einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit - nur eine Erhöhung des Mindeststrafe auf zwei Jahre vorgesehen ist, und des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB andererseits, durch den nicht notwendigerweise die körperliche Unversehrtheit von Menschen betroffen ist und dessen die Tat qualifizierende Absicht sich häufig auf ein Vermögensdelikt bezieht, zu der gesetzgeberischen Grundkonzeption in Widerspruch zu stehen.
Die aufgezeigten Wertungswidersprüche und Systemwidrigkeiten bewegen sich nicht mehr im Rahmen des dem Gesetzgeber bei der Bemessung sachgerechter Strafrahmen zustehenden Spielraums, der der verfassungsrechtlichen Überprüfung entzogen ist. Denn die gegenüber dem Grunddelikt verschärfte Sanktion steht nach Überzeugung der Kammer aus den genannten Gründen im Falle des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB außer Verhältnis zum Maß der vermehrten Schuld, so dass hierdurch das verfassungsrechtliche Gebot schuldangemessenen Strafens verletzt ist (vgl. BVerfGE 50, 125, 134).
Ein derartiger Verfassungsverstoß ergibt sich, selbst wenn man ihn entgegen den obigen Ausführungen im Hinblick auf den Regelstrafrahmen als solchen noch verneinen sollte, nach Überzeugung der Kammer jedenfalls daraus, dass der § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB keinen herabgesetzten Strafrahmen für minder schwere Fälle vorsieht. Hierdurch wird der Strafrichter in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen gezwungen, eine Strafe festzusetzen, die in verfassungswidriger Weise das Maß der Schuld des Täters übersteigt. Insbesondere ist hier an die Fälle zu denken, in denen eine konkrete Gefährdung von Menschen nicht eingetreten ist (und auch nicht zu erwarten war) und weitere gewichtige Milderungsgründe hinzutreten. Denn anders als bei anderen Tatbeständen, die eine Mindeststrafe in diesem oder in einem höheren Bereich androhen, ohne eine minder schweren Fall vorzusehen (etwa §§ 211 (lebenslange Freiheitsstrafe), 176b, 178, 251 (Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslange Freiheitsstrafe), § 176a Abs. 5 StGB (Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren)), erfasst § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB eine nicht unerhebliche Anzahl von Fällen, die einen Unwertgehalt, durch dessen Ausmaß auch gewichtige Milderungsgründe so weit in den Hintergrund treten könnten, dass eine derart hohe Freiheitsstrafe gerechtfertigt wäre, schlechterdings nicht mehr erkennen lassen. In den Fällen, in denen eine konkrete Gefährdung von Menschen nicht eingetreten ist, auch nicht zu erwarten war und das abgebrannte Haus im Alleineigentum des einen Versicherungsbetrug erstrebenden Täters stand, beschränkt sich der Unwertgehalt auf eine in Betrugsabsicht begangene abstrakte Gefährdung. Wenn in dieser Konstellation der Erhöhung des Unrechts durch die kriminelle Absicht (zur Ermöglichung einer anderen Straftat) wiederum gewichtige Milderungsgründe gegenüberstehen, steht eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren oder darüber, die in gravierender Weise in den Lebensweg des Täters eingreift, nach Überzeugung der Kammer nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zur Schuld. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es dem Gesetzgeber, insbesondere in Anbetracht des Ausmaßes der von einer Brandstiftung ausgehenden Gefahr, grundsätzlich unbenommen bleiben muss, für derartige Konstellationen eine hohe Strafe anzudrohen. Gerade unter Berücksichtigung des Verhältnisses zu den übrigen Strafandrohungen, insbesondere zum Grundtatbestand des § 306a Abs. 1 StGB, durch den die abstrakte Gefährdung bereits abgedeckt ist und der als Mindeststrafe lediglich eine Freiheitsstrafe von einem Jahr vorsieht und einen reduzierten Strafrahmen für minder schwere Fälle enthält, und zum Strafrahmen des § 306b Abs. 1 StGB erscheint es in den genannten Fällen nicht mehr sachlich begründbar, den Täter auch bei Vorliegen gewichtiger Milderungsgründe mindestens zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilen zu müssen. Insofern kann eine solche Strafe auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nicht mehr als schuldangemessen angesehen werden. Auch eine Auswertung der Materialien des Gesetzgebungsverfahrens macht das Fehlen eines herabgesetzten Strafrahmens für minder schwere Fälle in Bezug auf § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht nachvollziehbar. So hat die Bundesregierung in der Begründung des von ihr eingebrachten Entwurfs, bezogen auf den Tatbestand der schweren Brandstiftung (jetzt § 306a Abs. 1 StGB) selbst ausgeführt, der Einwand des Täters, er habe sich vor der Tat vergewissert, dass kein Menschenleben gefährdet werde, könne für die Strafzumessung bedeutsam sein und insbesondere zur Anwendung des Strafrahmens für minder schwere Fälle führen (BT-Drucks. 13/8587 Seite 47 und Seite 48, wo dieser Fall als Beispiel eines minder schweren Falles der schweren Brandstiftung angeführt wird). Auf den Einwand des Bundesrates, die dem Fehlen minder schwerer Fälle in einigen Vorschriften - u.a. bei § 306a des Entwurfs der Bundesregierung (entspricht § 306b Abs. 2 StGB) - zugrunde liegenden Überlegungen würden nicht deutlich (BT-Drucks. 13/8587 Seite 56), hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung lediglich geantwortet, bei Tatbeständen mit Mindeststrafandrohungen von fünf und mehr Jahren Freiheitsstrafe würden Strafzumessungsregeln für minder schwere Fälle nur ausnahmsweise normiert und im Übrigen entziehe sich die Frage einer schematisierenden Regelung (BT-Drucks. 13/8587 Seite 80). Damit lässt die Bundesregierung eine Erklärung dafür, weshalb gerade im Fall des später Gesetz gewordenen § 306b Abs. 2 StGB eine Regelung für minder schwere Fälle fehlen soll, vermissen. Darüber hinaus trifft die Aussage, minder schwere Fälle würden bei Mindeststrafandrohungen von fünf Jahren Freiheitsstrafe nur ausnahmsweise normiert, nicht zu. Nach der derzeitigen Gesetzeslage ist vielmehr das Gegenteil der Fall. Minder schwere Fälle mit einer Absenkung der Mindeststrafe von fünf Jahren auf ein Jahr Freiheitsstrafe sind z.B. vorgesehen für die besonders schwere sexuelle Nötigung (§ 177 Abs. 4 und 5 StGB), für den Totschlag (§§ 212, 213 StGB), für den erpresserischen Menschenraub (§ 239a Abs. 1 und 2 StGB), für die Geiselnahme (§ 239b Abs. 1 und 2 StGB i.V.m. § 239a Abs. 2 StGB), für den besonders schweren Raub (§ 250 Abs. 2 und 3 StGB). In § 30a BtMG ist die Mindeststrafe für minder schwere Fälle von fünf Jahren auf sechs Monate herabgesetzt.
Da die gegenüber dem Grundtatbestand erhöhte Sanktion des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB außer Verhältnis zum Maß der vermehrten Schuld steht und da § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB den Richter in vielen Fällen dazu zwingt, eine Strafe zu verhängen, die in verfassungswidriger Weise das Gebot schuldangemessenen Strafens verletzt, ist diese Vorschrift mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Die verfassungswidrigen Auswirkungen der Norm können nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung vermieden werden. Zwar ist es grundsätzlich geboten, eine gesetzliche Vorschrift zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Resultats - soweit möglich - verfassungskonform auszulegen (vgl. BVerfGE 90, 145, 193). Die verfassungskonforme Auslegung ist aber nicht unbegrenzt möglich. Sie darf insbesondere nicht so weit gehen, dass sie mit dem Wortlaut der interpretierten Norm nicht mehr vereinbar ist (Weigend a.a.O. Einl. Randziffer 15). Die Kammer sieht sich außerstande, § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB in einer Weise verfassungskonform auszulegen, durch die dessen verfassungswidrige Resultate vermieden werden könnten. Bereits unter Ziffer II.1. wurde die Auffassung der Kammer zur Auslegung des Grundtatbestandes des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB und des Tatbestandes des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB dargelegt. Andere, hiervon abweichende Auslegungsmöglichkeiten hält die Kammer trotz der hierzu in Teilen der Literatur vertretenen Auffassungen auch unter dem Blickwinkel einer zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Resultats vorzunehmenden verfassungskonformen Auslegung aus den bereits unter Ziffer II. 1 dargelegten Gründen, auf die Bezug genommen wird, nicht für gegeben. Noch einmal hervorgehoben sei an dieser Stelle, dass eine weitergehende teleologische Reduktion des § 306a Abs. 1 StGB dahingehend, dass bereits der Umstand, dass eine Gefährdung anderer Menschen aufgrund der Vorkehrungen des Täters nicht zu erwarten ist, zum Ausschluss des Tatbestandes führt, nach Auffassung der Kammer schon an der Wortlautgrenze scheitert, da die Vorschrift gerade nicht auf den aktuellen Aufenthalt von Menschen abstellt, sondern nur allgemein auf das Dienen zur Wohnung. Einer solchen Auslegung stehen ferner der aus den Gesetzesmaterialien deutlich erkennbare Wille des Gesetzgebers und der Schutzzweck des § 306a Abs. 1 StGB zwingend entgegen (vgl. BT-Drucks. 13/8587 Seite 47). Auch der teilweise vertretenen einschränkenden Auslegung des § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB dahingehend, dass eine allgemein kausal-funktionale Beziehung zwischen Brandstiftung und ermöglichter Straftat nicht ausreicht, sondern vorauszusetzen ist, dass in den Fällen des § 306a Abs. 1 StGB gerade die spezifischen Auswirkungen der Gemeingefahr die Begehung der anderen Tat begünstigen sollen, steht der Wortlaut des Gesetzes unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsgeschichte entgegen. Auf die Ausführungen unter II.1.b) wird insoweit Bezug genommen.
Auch einschränkende verfassungskonforme Auslegungen auf der Rechtsfolgenebene - etwa durch Analogien zu anderen eine Herabsetzung des Strafrahmens ermöglichenden Vorschriften - kommen wegen der Eindeutigkeit der gesetzlichen Regelung und des Fehlens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer II.2. verwiesen.
HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 362
Bearbeiter: Karsten Gaede