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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2009
10. Jahrgang
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1. Von den Ermittlungsbehörden für Betäubungsmittelaufkäufe eingesetztes Kaufgeld unterliegt jedenfalls dann dem Wertersatzverfall gemäß § 73a Satz 1 StGB, wenn es nicht sichergestellt wurde. (BGHSt)
2. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB steht der Anordnung des Verfalls von eingesetztem Scheinkaufgeld nicht entgegen, weil der öffentlichen Hand eigenständige Ersatzansprüche, die eine Kompensation ihrer verletzten Interessen gewährleisten sollen, nicht zur Verfügung stehen. (BGHSt)
3. Beim Erlangen im Sinne von §§ 73 Abs. 1, 73a Satz 1 StGB handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang. Erlangt ist – unabhängig von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäftes – schon dann „etwas“, wenn der Gegenstand in irgendeiner Phase des Tatablaufs in die Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist und ihm so aus der Tat unmittelbar etwas wirtschaftlich messbar zugute kommt (BGHSt 51, 65, 68; BGH, Beschluss vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08). (Bearbeiter)
1. Wegen der schwer wiegenden Folgen, die mit der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nach einer Erledigungserklärung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für den Verurteilten verbunden sind, muss über das Beschlussverfahren der Strafvollstreckungskammer nach § 67d Abs. 6 StGB hinaus in der Hauptverhandlung nach § 66b StGB geprüft werden, ob die (mögliche) qualifizierte Gefährlichkeit des Verurteilten (weiterhin) auf der (dauerhaften) psychischen Störung des Verurteilten beruht, die in der Anlassverurteilung zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus geführt hat (vgl. hierzu BGHSt 50, 373, 385). Ist dies der Fall, so kommt – für § 66 b Abs. 1 und 2 StGB schon mangels neuer Erkenntnisse – eine Unterbringung nach § 66b StGB nicht in Betracht. Für eine etwaige „Rückverweisung“ des Verurteilten in den Maßregelvollzug nach § 63 StGB gibt es keine Rechtsgrundlage (vgl. BGH StV 2006, 413; NStZ-RR 2007, 301, 303).
2. Soweit die Revision geltend macht, § 66b StGB verstoße gegen europäisches Recht, teilt der Senat diese Auffassung nicht.
3. Es steht der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 3 StGB entgegen, wenn der Betroffene nach Erklärung der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 67 d Abs. 6 StGB) noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden ist. Für die Annahme neuer Tatsachen im Sinne des § 66b Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 StGB genügt es allerdings, dass vor dem Hintergrund der nicht (mehr) vorhandenen Voraussetzungen der Unterbringung nach § 63 StGB die qualifizierte Gefährlichkeit des Verurteilten auf abweichender Grundlage belegt werde.
1. Die äußerst belastende Maßregel der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung ist nur in außergewöhnlichen, seltenen Ausnahmefällen gegen verurteilte Straftäter berechtigt, bei denen aufgrund ihres bisherigen Werdegangs ein „hohes Maß an Gewissheit“ über die Gefahr besteht, dass sie besonders schwere Straftaten begehen werden.
2. Eine hohe Wahrscheinlichkeit kann nicht bereits dann angenommen werden, wenn (nur) überwiegende Umstände auf eine künftige Delinquenz des Verurteilten hindeuten. Es bedarf vielmehr unter Ausschöpfung der Prognosemöglichkeiten einer positiven Entscheidung über die Gefährlichkeit des Verurteilten.
3. Umso weniger begründet die fehlende Feststellbarkeit einer günstigen Kriminalprognose die erforderliche positive Feststellung einer vom Verurteilten ausgehenden gegenwärtigen erheblichen Gefahr schwerster Straftaten.
4. Der Tatrichter hat in den Urteilsgründen die vom Verurteilten zu erwartenden Taten hinreichend deutlich zu konkretisieren, um dem Revisionsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob es sich um – insoweit einzig bedeutsame – besonders schwere Straftaten handelt.
1. Die Bedrohung mit dem Tode kann für die Anordnung der Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ausreichen, wenn der Täter dadurch eine objektiv begründete Furcht bei den mit dem Tode bedrohten Personen vor einer Realisierung seiner Drohungen hervorruft.
2. Dies setzt jedoch eine gewisse berechtigte Befürchtung voraus, dass eine Realisierung der Drohungen tatsächlich erfolgen könnte. Nicht hinreichend begründete, letztlich rein gefühlsgeleitete Furcht der Bedrohten reicht nicht aus, vielmehr bedarf es mindestens konkreter Anhaltspunkte.
1. Eine Strafaussetzung zur Bewährung steht einer Einbeziehung einer früher erkannten Freiheitsstrafe auch dann nicht entgegen, wenn die neu zu bildende Gesamtstrafe nicht mehr aussetzungsfähig ist.
2. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn die Bewährungszeit aus den früheren Strafen abgelaufen ist. Allerdings hat der Tatrichter die Härten zu berücksichtigen, die sich aus dieser Gesamtstrafsituation ergeben. Denn ohne dass ein Widerrufsgrund nach § 56f StGB gegeben wäre, wird der Angeklagte im Ergebnis nach Ablauf der Bewährungszeit so gestellt, als wäre die Strafaussetzung widerrufen worden. Außerdem hat der Tatrichter in den Blick zu nehmen, wie lange die Taten bereits zurückliegen, für die auf die Strafe erkannt wurde, die nach Einbeziehung doch noch zur Vollstreckung ansteht.
Zwar muss die Strafe für jeden Mittäter „aus der Sache“ selbst gefunden werden, auch wenn mehrere Angeklagte in einem Verfahren abgeurteilt werden. Gleichwohl sollten gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen. Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn einer der Täter nach Jugendstrafrecht, der andere nach allgemeinem Strafrecht abgeurteilt wird. Unterschiede der Bestrafung müssen daher jedenfalls dann erläutert werden, wenn sie sich nicht aus der Sache selbst ergeben.
Solange die Verminderung der Einsichtsfähigkeit nicht das Fehlen der Einsicht ausgelöst und dadurch zu Straftaten geführt hat, ist auch die Sicherung der Allgemeinheit durch Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nicht veranlasst (vgl. u. a. BGH, Beschl. vom 12. Juli 2006 - 5 StR 215/06 m.w.N.; Senatsbeschl. vom 30. Juli 2003 - 2 StR 215/03). Allein auf die Feststellung einer erheblich verminderten Einsichtsfähigkeit kann eine Unterbringung nach § 63 StGB nicht gestützt werden (vgl. u. a. Senat, Beschl. vom 17. Oktober 2007 - 2 StR 462/07 m.w.N.).