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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2008
9. Jahrgang
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1. Zum Erfordernis der Konnexität zwischen Beweisbehauptung und Beweismittel in einem Beweisantrag bei
fortgeschrittener Beweisaufnahme, welche die Wahrnehmungssituation des benannten Zeugen eingeschlossen hat. (BGHSt)
2. Ein Gericht ist nur dann zur Behandlung eines Antrags gemäß § 244 Abs. 6 StPO veranlasst, wenn die Konnexität der aufgestellten bestimmten Beweisbehauptung mit dem benannten Beweismittel gegeben ist (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 9; BGHSt 43, 321, 329 f.; vgl. auch BVerfG – Kammer –, Beschluss vom 10. Mai 2005 – 2 BvR 2144/04). (Bearbeiter)
3. Bei fortgeschrittener Beweisaufnahme kann sich der Anspruch auf weitere Beweiserhebung nur auf eine Ausweitung oder Falsifizierung, nicht aber auf eine bloße nicht weiter ergiebige Wiederholung (vgl. BGHSt 46, 73, 80 m.w.N.) des bisher erhobenen Beweisstoffs beziehen. In Abhängigkeit von der bei Antragstellung vorgefundenen und darin einzubeziehenden Beweislage muss die Wahrnehmungssituation des benannten Zeugen in einem Beweisantrag konkret genug bezeichnet werden, soweit sich diese nicht von selbst versteht. (Bearbeiter)
4. Bei Hilfsbeweisanträgen kann es der Fairnessgrundsatz gebieten, die Antragsteller auf die nicht ausreichend dargelegte Konnexität hinzuweisen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 38). (Bearbeiter)
1. Zur Verlesung von schriftlichen Erklärungen des Angeklagten durch das Gericht und zur Behandlung hierauf gerichteter Beweisanträge. (BGHSt)
2. Der Angeklagte hat keinen Anspruch darauf, dass das Gericht seine schriftliche Einlassung in der Hauptverhandlung verliest (vgl. BGH NJW 1994, 2904, 2906; BGH NStZ 2000, 439; 2004, 163, 164; StV 2007, 622). Ist ein Angeklagter bereit, Angaben zur Sache zu machen, so ist er gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2, § 136 Abs. 2 StPO zu vernehmen. Die Vernehmung erfolgt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem Zweck der Vorschrift durch eine mündliche Befragung mit mündlichen Antworten und kann nicht dadurch umgangen werden, dass der Angeklagte seine Stellungnahme zur Anklage in einem Schreiben an das Gericht niederlegt und nach dessen Eingang einen Antrag auf Verlesung des Wortlauts im Urkundsbeweis stellt. (Bearbeiter)
3. Wenn das Gericht einer nach dem Inhalt einer schriftlichen Einlassung des Angeklagten sich aufdrängenden Beweistatsache nicht nachgeht oder ein sich danach aufdrängendes Beweismittel nicht verwendet, verletzt es seine Aufklärungspflicht. Mit der Aufklärungsrüge kann dann aber nicht die unterlassene Verlesung der Einlassung als solche gerügt werden, sondern nur die unterlassene Erhebung von Beweisen, die sich aufgrund der zum Akteninhalt gewordenen schriftlichen Erklärung aufdrängte. (Bearbeiter)
4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur für den Fall zu gewähren sein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO), nicht aber zur formgerechten Wiederholung einer zunächst – innerhalb der Frist zur Begründung der Revision – nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge, es sei denn, dass dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint. (Bearbeiter)
1. Zwar kann nicht jedes Beweismittel durch ein anderes ersetzt werden; so ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, sich eines anderen Zeugen oder einer Urkunde zu bedienen, wenn es mit Rücksicht auf das Beweisthema auf die individuelle Wahrnehmung und damit auf die vom Gericht zu beurteilende Glaubwürdigkeit des im Beweisantrag bezeichneten Zeugen ankommt. Das Gericht darf jedoch das Beweismittel austauschen und die Bescheidung eines Beweisantrages unterlassen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls das gewählte Beweismittel gegenüber dem angebotenen eine gleich sichere oder bessere Erkenntnisquelle darstellt. Dies kann sogar im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und der Sachaufklärung geboten sein.
2. Niederschriften von Vernehmungen können zum Zwecke des Beweises der äußeren Umstände der Vernehmungen – etwa der Uhrzeit – als „Protokolle [...] über Ermittlungshandlungen, soweit diese nicht eine Vernehmung zum Gegenstand haben“ im Sinne des § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesen werden.
1. Die Vorschrift des § 26 a StPO gestattet nur ausnahmsweise, dass ein abgelehnter Richter selbst über einen gegen ihn gestellten Befangenheitsantrag entscheidet. Voraussetzung für diese Ausnahme von dem in § 27 StPO erfassten Regelfall der Entscheidung ohne die Mitwirkung des abgelehnten Richters ist, dass keine Entscheidung in der Sache getroffen wird, vielmehr die Beteiligung des abgelehnten Richters auf eine echte Formalentscheidung oder die Verhinderung eines offensichtlichen Missbrauchs des Ablehnungsrechts beschränkt bleibt (BVerfG-Kammer - NJW 2005, 3410, 3412; BGH NStZ 2008, 46, 47). Die Anwendung des § 26 a StPO darf nicht dazu führen, dass der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten beurteilt und damit „Richter in eigener Sache“ wird. Ist ein - wenn auch nur geringfügiges - Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet die Ablehnung als unzulässig aus (BVerfG NJW 2006, 3129, 3132).
2. Dies gilt auch für die Anwendung des § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO (vgl. BVerfG aaO S. 3133). Jedenfalls bei einer willkürlichen oder die Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erheblich missachtenden Überschreitung des durch § 26 a StPO abgesteckten Rahmens begründet bereits dies den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO (BGHSt 50, 216, 219; BGHR StPO § 26 a Unzulässigkeit 15).
3. Die genaue Kenntnis des Hehlers von der Vortat ist nicht erforderlich; vielmehr muss er sich lediglich eine strafbare Handlung vorstellen, die als Vortat für eine Hehlerei prinzipiell geeignet ist, also fremde Vermögensinteressen verletzt und eine rechtswidrige Vermögenslage schafft (vgl. BGH NStZ 1992, 84).
4. Die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei im Sinne von § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt stets eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraus. Dafür reicht es aber aus, wenn die Einnahmen dem Angeklagten mittelbar zufließen sollten (vgl. BGH NStZ 1998, 622, 623; BGH, Beschl. vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07).
1. Zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung einer Durchsuchung wegen des Verdachts, eine Sendeanlage ohne Frequenzzuteilung genutzt zu haben, ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Verfolgungsbehörde oder ihre den Antrag stellende Zweigstelle ihren Sitz hat. (BGHSt)
2. § 127 Abs. 6 TKG, wonach Durchsuchungen nur auf Anordnung des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll, vorgenommen werden können, gilt lediglich für Durchsuchungen, die der Durchsetzung des in den Absätzen 1 bis 5 der Vorschrift geregelten Auskunfts-, Einsichts- und Prüfungsrechts der Bundesnetzagentur dienen. (Bearbeiter)
1. Widersprüche zwischen dem Inhalt des Urteils und den Akten sind revisionsrechtlich unerheblich, wenn sie sich nicht aus dem Urteil selbst ergeben.
2. Ergibt sich ein Widerspruch nicht aus dem Urteil selbst, so läuft die darauf bezogene Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht auf die unzulässige Rüge der Aktenwidrigkeit hinaus.
3. Auch ein Unschuldiger kann sich einem Strafverfahren mit einem für ihn ungewissen Ausgang entziehen wollen. Daher lässt die Flucht eines Angeklagten regelmäßig keinen tragfähigen Schluss darauf zu, was sich wirklich ereignet hat.
Zwar trifft es zu, dass ein Zeuge nicht schon dann ein völlig ungeeignetes Beweismittel ist, wenn er zum Beweis innerer Tatsachen benannt worden ist (vgl. BGH StV 1987, 236, 237). Grund hierfür ist aber der Umstand, dass ein solcher Zeuge möglicherweise äußere Umstände bekunden kann, die Schlussfolgerungen auf innere Tatsachen zulassen (vgl. BGH StV 1984, 61). Ist eine derartige Möglichkeit aber auszuschließen, kann ein Zeuge wegen Ungeeignetheit abgelehnt werden, wenn er innere Tatsachen bekunden soll.
1. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – nämlich die Frist zur Begründung der Revision – kommt nicht allein deswegen in Betracht, weil eine Verfahrensrüge innerhalb der Frist zwar erhoben ist, dabei jedoch die gesetzliche Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht gewahrt wurde.
2. Die Aussetzung eines Zivilverfahrens gemäß § 149 ZPO beendet die Hemmung der Verjährung nicht.