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HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 609

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 443/07, Beschluss v. 10.04.2008, HRRS 2008 Nr. 609


BGH 4 StR 443/07 - Beschluss vom 10. April 2008 (LG Bielefeld)

Gesetzlicher Richter (Unabhängigkeit und Unparteilichkeit; Besorgnis der Befangenheit; Überdehnung des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO; Verschleppungsabsicht; Willkür; absoluter Revisionsgrund); rechtliches Gehör (unzulässige Verkürzung des Verteidigungsvortrags im Ablehnungsverfahren); Vorsatz bei der Hehlerei und Gewerbsmäßigkeit; Verschlechterungsverbot; redaktioneller Hinweis.

Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; Art. 103 Abs. 1 GG; Art. 6 EMRK; § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO; § 338 Nr. 3 StPO; § 358 Abs. 2 StPO; § 259 StGB; § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB; § 15 StGB; § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die Vorschrift des § 26 a StPO gestattet nur ausnahmsweise, dass ein abgelehnter Richter selbst über einen gegen ihn gestellten Befangenheitsantrag entscheidet. Voraussetzung für diese Ausnahme von dem in § 27 StPO erfassten Regelfall der Entscheidung ohne die Mitwirkung des abgelehnten Richters ist, dass keine Entscheidung in der Sache getroffen wird, vielmehr die Beteiligung des abgelehnten Richters auf eine echte Formalentscheidung oder die Verhinderung eines offensichtlichen Missbrauchs des Ablehnungsrechts beschränkt bleibt (BVerfG-Kammer - NJW 2005, 3410, 3412; BGH NStZ 2008, 46, 47). Die Anwendung des § 26 a StPO darf nicht dazu führen, dass der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten beurteilt und damit "Richter in eigener Sache" wird. Ist ein - wenn auch nur geringfügiges - Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet die Ablehnung als unzulässig aus (BVerfG NJW 2006, 3129, 3132).

2. Dies gilt auch für die Anwendung des § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO (vgl. BVerfG aaO S. 3133). Jedenfalls bei einer willkürlichen oder die Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erheblich missachtenden Überschreitung des durch § 26 a StPO abgesteckten Rahmens begründet bereits dies den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO (BGHSt 50, 216, 219; BGHR StPO § 26 a Unzulässigkeit 15).

3. Die genaue Kenntnis des Hehlers von der Vortat ist nicht erforderlich; vielmehr muss er sich lediglich eine strafbare Handlung vorstellen, die als Vortat für eine Hehlerei prinzipiell geeignet ist, also fremde Vermögensinteressen verletzt und eine rechtswidrige Vermögenslage schafft (vgl. BGH NStZ 1992, 84).

4. Die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei im Sinne von § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt stets eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraus. Dafür reicht es aber aus, wenn die Einnahmen dem Angeklagten mittelbar zufließen sollten (vgl. BGH NStZ 1998, 622, 623; BGH, Beschl. vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 9. März 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.

I.

Bei dem Urteil haben Richter mitgewirkt, die ein gegen sie gerichtetes Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit zu Unrecht gemäß § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO als unzulässig verworfen haben (§ 338 Nr. 3 StPO).

1. Der Verfahrensrüge liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:

Am 11. Verhandlungstag (9. März 2007) hat der Verteidiger den Vorsitzenden namens und in Vollmacht des Angeklagten wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:

"In der heutigen Hauptverhandlung hat der Vorsitzende Richter gegen den Widerspruch der Verteidigung, nachdem das Gericht alle gestellten Beweisanträge abgelehnt hat und der Verteidigung keine Zeit zugebilligt wurde, die Auswirkungen der Ablehnungsgründe für die Beweisführung zu prüfen - insbesondere die Frage zu klären, ob weitere Beweisanträge gestellt werden sollen und der Verteidigung keine Möglichkeit eingeräumt hat, auf seine an den Angeklagten gestellten Fragen Erklärungen abzugeben, sondern jedem Versuch entgegentrat - die Beweisaufnahme geschlossen. Er hat dadurch in unsachlicher, weil unangemessener Form die Rechte der Verteidigung eingeschränkt und zum Ausdruck gebracht, dass er um jeden Preis die Verhandlung heute zu Ende bringen wolle. Dadurch hat er das Vertrauen des Beschuldigten in seine Unvoreingenommenheit zerstört".

Die Kammer hat unter Vorsitz des abgelehnten Richters die Ablehnung mit folgender Begründung als unzulässig verworfen:

"Durch die Ablehnung soll offensichtlich das Verfahren nur verschleppt werden. Die Kammer hat über die Beweisanträge vom 27.2.07 durch den heute zunächst verkündeten Beschluss - nach entsprechender Ankündigung durch den Vorsitzenden nach dem letzten Sitzungstag - entschieden.

Über die weiteren sechs Beweisanträge ist anschließend - soweit nicht anders erledigt - beraten und der Beschluss nach der Vernehmung des Zeugen W. verkündet worden. Dieser Zeuge ist nach Anhörung der Prozessbeteiligten im allseitigen Einverständnis entlassen worden; anschließend wurde - nach der Mittagspause - ein Beweisantrag zur Verlesung von Urkunden, die von diesem Zeugen stammen, gestellt. Es wurde lediglich noch über zwei Beweisanträge befunden. Die Prozessbeteiligten haben zu den beiden ersten Beschlüssen jeweils sogleich einen Abdruck bzw. Kopien erhalten. Vor dem Hintergrund, dass seit dem Jahreswechsel durch die Verteidigung des Angekl. lediglich scheibchenweise Beweisanträge gestellt und diese sodann erledigt wurden, dass zu dem heutigen Termin nur der Zeuge W. geladen worden ist und - vorbehaltlich der Entscheidung über weitere Beweisanträge - mit dem Schluss der Beweisaufnahme zu rechnen war, entspricht die Feststellung des Schlusses der Beweisaufnahme, da keine Anträge mehr gestellt worden sind, dem Gesetz (§ 258 StPO). Eine weitere Unterbrechung war insbesondere zur Prüfung von weiteren Beweisanträgen offensichtlich nicht mehr erforderlich; denn solche Anträge hätten nunmehr nach 11 Tagen Hauptverhandlung und länger andauernden Pausen sogleich gestellt werden können."

Daraufhin hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger alle Mitglieder der Kammer als befangen abgelehnt. Die Begründung, mit der die Kammer das gegen den Vorsitzenden gerichtete Befangenheitsgesuch als unzulässig zurückgewiesen habe, sei "grob sachwidrig" und mache deutlich, "dass nicht nur der Vorsitzende, sondern auch die Kammer" das Verfahren noch an demselben Tage in jedem Falle zu Ende bringen wolle. Die beantragte Unterbrechung zur Prüfung der Ablehnungsbeschlüsse der Kammer habe nicht der Prozessverschleppung gedient. Vielmehr sei die Verteidigung ihrer Prozessförderungspflicht nachgekommen, indem sie dem Gericht gegenüber erklärt habe, die Prüfung unverzüglich - mithin bei Unterbrechung der Hauptverhandlung - zu Beginn der kommenden Woche vorzunehmen und dem Gericht vorab ihr Prüfungsergebnis zukommen zu lassen. Es sei "geradezu willkürlich", gegen den Widerspruch der Verteidigung die Beweisaufnahme zu beenden. "Erst recht willkürlich und prozessordnungswidrig" sei es, einen daraufhin gestellten Befangenheitsantrag unter dem Gesichtspunkt der offensichtlichen Prozessverschleppung abzulehnen.

Die Kammer hat dieses Befangenheitsgesuch ebenfalls als unzulässig verworfen und ausgeführt:

"Es geht - wie bereits ausgeführt - der Verteidigung offensichtlich nicht um eine sachgerechte Aufklärung, sondern nur darum, den Prozess weiter zu verschleppen. Insoweit kommt weder die gerichtliche Fürsorgepflicht noch der Grundsatz der Prozessfairness zum Zuge. Es soll lediglich im Ablehnungsverfahren ein Streit über das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme ausgetragen werden."

2. Der absolute Revisionsgrund gemäß § 338 Nr. 3 StPO liegt vor.

a) Die Rügen, mit denen die beiden erkennbar auf § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO gestützten Beschlüsse angegriffen werden, sind entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zulässig erhoben. Sie enthalten alle Tatsachen, die das Revisionsgericht benötigt, um die mit den beiden Ablehnungsgesuchen vom 9. März 2007 zusammenhängende Verfahrensweise nach § 26 a StPO zu überprüfen.

b) Jedenfalls das zweite Ablehnungsgesuch vom 9. März 2007 ist zu Unrecht als unzulässig verworfen worden. Die Kammer durfte die Verwerfung des gegen alle Mitglieder der Kammer gerichteten Ablehnungsgesuches weder darauf stützen, dass durch die Ablehnung das Verfahren im Sinne des § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO offensichtlich nur verschleppt werden soll, noch darauf, dass durch die Ablehnung im Sinne dieser Vorschrift nur verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen. Deshalb kommt es nicht mehr darauf an, ob die vorangegangene Verwerfung des allein gegen den Vorsitzenden gerichteten Ablehnungsgesuches allenfalls "schlicht fehlerhaft" gewesen ist, was revisionsgerichtlich die Überprüfung des Sachverhalts nach Beschwerdegrundsätzen auch in der Sache erlaubt hätte (vgl. BGH NStZ 2007, 161, 162 f.).

aa) Die Vorschrift des § 26 a StPO gestattet nur ausnahmsweise, dass ein abgelehnter Richter selbst über einen gegen ihn gestellten Befangenheitsantrag entscheidet. Voraussetzung für diese Ausnahme von dem in § 27 StPO erfassten Regelfall der Entscheidung ohne die Mitwirkung des abgelehnten Richters ist, dass keine Entscheidung in der Sache getroffen wird, vielmehr die Beteiligung des abgelehnten Richters auf eine echte Formalentscheidung oder die Verhinderung eines offensichtlichen Missbrauchs des Ablehnungsrechts beschränkt bleibt (BVerfG-Kammer - NJW 2005, 3410, 3412; BGH NStZ 2008, 46, 47). Die Anwendung des § 26 a StPO darf nicht dazu führen, dass der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten beurteilt und damit "Richter in eigener Sache" wird. Ist ein - wenn auch nur geringfügiges - Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet die Ablehnung als unzulässig aus (BVerfG NJW 2006, 3129, 3132). Dies gilt auch für die Anwendung des § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO (vgl. BVerfG aaO S. 3133). Jedenfalls bei einer willkürlichen oder die Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erheblich missachtenden Überschreitung des durch § 26 a StPO abgesteckten Rahmens begründet bereits dies den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO (BGHSt 50, 216, 219; BGHR StPO § 26 a Unzulässigkeit 15).

bb) Den dargestellten Vorgaben wird der Beschluss, mit dem das gegen alle Mitglieder der Kammer gerichtete Ablehnungsgesuch verworfen worden ist, nicht gerecht. Gemäß § 26 a Abs. 2 Satz 2 StPO bedarf es der Angabe der Umstände, die den Verwerfungsgrund - hier sowohl Verschleppungsabsicht als auch die Verfolgung verfahrensfremder Zwecke - ergeben. Nach der Begründung des Verwerfungsbeschlusses ist aber weder offensichtlich, dass das Verfahren durch die Ablehnung nur verschleppt werden sollte, noch ist offensichtlich, dass der Angeklagte nur verfahrensfremde Zwecke verfolgte. Es ging ihm vielmehr um eine sachliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Verwerfung der Ablehnung durch den Vorsitzenden als unzulässig "willkürlich und prozessordnungswidrig" gewesen ist. Diese Behauptung war nicht völlig haltlos, denn in dem Verwerfungsbeschluss hat die Kammer unter Mitwirkung des abgelehnten Vorsitzenden, der damit sein eigenes Verhalten beurteilt hat, die Schließung der Beweisaufnahme gerechtfertigt und ist dabei auf Ablauf und Gegenstand des Verfahrens eingegangen. Das gegen alle Mitglieder der Kammer gerichtete Ablehnungsgesuch hatte damit die Art und Weise des richterlichen Vorgehens im Hinblick auf das zuvor gegen den Vorsitzenden gestellte Ablehnungsgesuch des Angeklagten zum Gegenstand. Sein Vorbringen bedingte eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Gründen der Vorentscheidung, welche die abgelehnten Richter, ohne zwangsläufig in eigener Sache zu entscheiden, nicht leisten konnten (vgl. BVerfG-Kammer NStZ-RR 2007, 275, 277 f.). Soweit die Kammer darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte mit der Ablehnung aller Kammermitglieder ebenso wie mit der vorangegangenen Ablehnung des Vorsitzenden das Verfahren nur habe verschleppen wollen und dass im Ablehnungsverfahren lediglich ein Streit über das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme habe ausgetragen werden sollen (vgl. dazu BGHSt 50, 216, 221), hat die Kammer das Gesuch in unzulässiger Weise verkürzt. Sie hat damit den Anwendungsbereich des § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StPO in einer Weise überspannt, die den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht mehr genügt.

II.

Zur Begründetheit der Sachrüge bemerkt der Senat:

Die den Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung des Landgerichts ist für sich genommen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision vermögen die bisherigen Feststellungen jedenfalls eine Verurteilung gemäß § 259 Abs. 1 StGB wegen Hehlerei zu tragen. Dass der Angeklagte nicht wusste, dass die für die T. N.-GmbH und zum Teil für die Einzelfirma seiner Ehefrau von dem Zeugen H. M. erworbenen Baumaschinen von diesem gestohlen worden waren, steht nicht entgegen. Die genaue Kenntnis des Hehlers von der Vortat ist nicht erforderlich; vielmehr muss er sich lediglich eine strafbare Handlung vorstellen, die als Vortat für eine Hehlerei prinzipiell geeignet ist, also fremde Vermögensinteressen verletzt und eine rechtswidrige Vermögenslage schafft (vgl. BGH NStZ 1992, 84). Das ist hier der Fall, denn nach den Feststellungen rechnete der Angeklagte damit, dass entweder ein Insolvenzverwalter oder aber ein Insolvenzschuldner die Baumaschinen "an der Insolvenzmasse vorbei" an den Zeugen M. veräußert hatte und nahm dies billigend in Kauf. Danach stammten die Baumaschinen entweder aus als Untreue oder Unterschlagung strafbaren Straftaten eines Insolvenzverwalters oder aber aus gemäß § 283 StGB strafbaren Bankrotthandlungen, die ebenfalls eine hehlereitaugliche Vortat darstellen (BGH GA 1977, 145 f.).

Ob die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei im Sinne von § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch hinreichend belegt ist, kann dahinstehen, weil die Sache ohnehin neuer Verhandlung und Entscheidung bedarf. Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls zu beachten haben, dass Gewerbsmäßigkeit stets - im Unterschied zu den Voraussetzungen des Hehlereitatbestandes - eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen voraussetzt. Da die Baumaschinen vom Angeklagten entweder für die T. N.-GmbH oder aber für die Firma seiner Ehefrau erworben wurden, reicht dies für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit nur dann aus, wenn dem Angeklagten mittelbar - etwa über das Gehalt oder eine Beteiligung an Betriebsgewinnen - Einnahmen zufließen sollten (vgl. BGH NStZ 1998, 622, 623; BGH, Beschl. vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07).

III.

Im Hinblick darauf, dass das Landgericht auf die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung eine Kompensation durch die Verhängung niedriger Einzelstrafen (Abschlag von jeweils einem Monat) vorgenommen hatte, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass im Falle einer Verurteilung bei der Entscheidung über die Kompensation der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats vom 17. Januar 2008 (BGH NJW 2008, 860, 866 Rdn. 54 ff.) zu verfahren sein wird. Nach Auffassung des Senats ist zweifelhaft, ob es mit dem Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO vereinbar wäre, auf höhere als die in dem angefochtenen Urteil festgesetzten Einzelstrafen zu erkennen (vgl. aber BGH, Beschl. vom 18. Januar 2008 - 3 StR 388/07 und Beschl. vom 13. Februar 2008 - 3 StR 563/07). Jedenfalls verbietet es aber das Verschlechterungsverbot im vorliegenden Falle, eine nicht aussetzungsfähige Gesamtstrafe zu verhängen, weil dem Angeklagten damit die im angefochtenen Urteil angeordnete Strafaussetzung zur Bewährung genommen würde.


[Redaktioneller Hinweis: Zur unzulässigen Überdehnung des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO vgl. bereits Gaede HRRS 2005, 319 ff.]

HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 609

Externe Fundstellen: NStZ 2008, 523

Bearbeiter: Karsten Gaede