HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

November 2007
8. Jahrgang
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Schrifttum

René Börner : Die Zueignungsdogmatik der §§ 242, 246 StGB. (Schriften zum Strafrecht; Bd. 157) Duncker & Humblot, 313 S., € 86,00, Berlin 2004.

I. Der Straftatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB) wurde durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts im Jahr 1998 in dreifacher Weise geändert: das tatbestandsbeschränkende Besitz- bzw. Gewahrsamserfordernis wurde gestrichen, der Tatbestand um die Möglichkeit einer Drittzueignung erweitert und eine Subsidiaritätsklausel eingefügt. Kurzum: der Gesetzgeber schuf einen allgemeinen Zueignungstatbestand. Zugleich wurde unter anderem auch der Tatbestand des Diebstahls (§ 242 StGB) um die Möglichkeit einer (beabsichtigten) Drittzueignung erweitert. Wurde die Diskussion um den Inhalt des strafrechtlichen Zueignungsbegriffs vor der Reform nur noch ermüdet geführt, so ist das wissenschaftliche Interesse nach der Neufassung der Tatbestände so sehr geweckt worden, dass neben der älteren auch die jüngere Literatur unübersehbar zu werden droht.

Börner kommt das Verdienst zu, dass er in seiner bereits 2004 erschienenen Dissertation die ältere (von der Mitte des 19. bis ins frühe 20. Jahrhundert), die neuere (bis 1998) und die jüngste (seit 1998) Diskussion gründlich und grundsätzlich monografisch aufarbeitet und bereits so einen wertvollen Beitrag zur Debatte um den strafrechtlichen Zueignungsbegriff leistet. Hinzukommt, dass er eine "grundlegende Neuordnung der abstrakten Zueignungsdogmatik" (S. 291) wagt und nicht nur die Auswirkungen der einzelnen Änderungen in bereits bestehende Zueignungsmodelle einzupassen versucht. Nicht zuletzt aufgrund seines Mutes, rigoros alte Zöpfe abschneiden und neue Strukturen einführen zu wollen, ist seine durchgängig auf hohem Niveau geschriebene und durch klare Gedanken geleitete Arbeit von der ersten bis zur letzten Seite die Lektüre wert.

Aufgrund der Komplexität von Börners Herleitung und der Ausformung seines Zueignungsbegriffs können im Rahmen dieser Besprechung nur die Kernthesen beleuchtet werden, die mich allerdings nicht so überzeugt haben, als dass man die Diskussion um den strafrechtlichen Zueignungsbegriff nicht beherzt weiterführen und nach anderen Lösungen suchen müsste. Insbesondere gelingt es Börner meines Erachtens nicht, seinen Zueignungsbegriff überzeugend in das Spannungsfeld zwischen Zueignung, Sachbeschädigung, Sachentziehung und Gebrauchsanmaßung einzupassen. Und gerade dieses Spannungsfeld ist der praktische Ursprung der Auseinandersetzung um den Zueignungsbegriff.

II. 1. a) Ihren Ausgangspunkt nimmt Börners Bestimmung der Zueignung in der Festlegung eines zivilrechtlichen Bezugspunktes, da Börner von einer strengen Zivilrechtsakzessorietät der Merkmale "beweglich", "fremd" und "Sache" ausgeht (S. 37 ff.). Dazu stünden aber weder das Eigentum als dingliches Recht noch die dinglichen Ansprüche zur Verfügung. Der Bestand des Eigentums als dingliches Recht sei von vornherein ein untauglicher Bezugspunkt, da mit den meisten der allgemein als Zueignung anerkannten Fälle kein Verlust des Eigentums einhergehe (S. 45). Aber auch um die Beeinträchtigung eines dinglichen Anspruchs, der das dingliche Recht verwirkliche, könne es nicht gehen, da das vom dinglichen Anspruch Erstrebte der Wesenskern des dinglichen Rechts sei. Mithin gehe es darum, worauf §§ 985, 1004 BGB gerichtet seien. Dieses sei im Idealfall der ungestörte unmittelbare Eigenbesitz des Berechtigten. Hierin verwirkliche sich das dingliche Recht Eigentum (S. 53). Der tatsächliche Kern des zivilrechtlichen Eigentums, das hinter der Rechtsposition stehende Leitbild, sei somit das selbstbestimmte tatsächliche Haben der Sache (S. 62) und nicht, wie immer behauptet, der Umgang mit der Sache. Die Herrschaftsausübung (§ 903 BGB) sei nur die regelmäßige Folge des Eigentumsbildes, wie es sich auf der Grundlage des BGB bestimme. Das Interesse an dem einzelnen Verfügungsakt an die Stelle eines garantierten Herrschaftsbereichs zu setzen, sei eine dem zivilrechtlichen Eigentum fremde Vorstellung (S. 58). Auf Grundlage dieses "tatsächlichen Kerns des Eigentums aus Sicht des BGB", zu dessen Begründung er zusätzlich noch auf einen vorrechtlichen Eigentumsbegriff zurückgreift (S. 50 ff.), entwickelt Börner seine weitere Zueignungssystematik der §§ 242 und 246 StGB (Zueignungsbegriff [S. 113 ff.]; Selbst- und Drittzueignung[S. 225 ff.]; Verhältnis zu Sachbeschädigung, Sachentziehung und Gebrauchsanmaßung [S. 269 ff.]; Zueignung durch Unterlassen[S. 281 ff.]) und gelangt, auf dieser Grundlage durchaus stringent, dazu, dass § 246 Abs. 1 StGB den Grundtatbestand für alle Zueignungen bildet.

b) In objektiver Hinsicht gehe es bei der zueignungsspezifischen Eigentumsverletzung nicht um Entzug und Zuführung des Habens, sondern um die Auseinandersetzung um das Haben. Das Substrat der Zueignung bestehe daher im Obsiegen des Zueignungssubjekts in dem zwischen ihm und dem Eigentümer hinsichtlich der Sachherrschaft aufgetretenen Spannungsfeld (S. 184). Das Obsiegen des Zueignungssubjekts könne auf vier Weisen ("Angriffstypen") geschehen: bei noch nicht bestehender Sachherrschaft durch Begründung der Sachherrschaft (S. 185), bei bestehender Sachherrschaft durch erfolgreiche Abwehr eines konkreten oder noch ausstehenden Herausgabeverlangens (S. 185 ff.), durch einen sachverändernden Akt (S. 188 f.) und durch Eigentumserwerb wie etwa Vermischung und Verarbeitung (S. 189).

Subjektiv müsse die vom Zueignungssubjekt objektiv gegen den Eigentümer durchgesetzte Sachherrschaft vom Willen zur Selbstbestimmtheit getragen sein. Dieses sei dann der Fall, wenn das Zueignungssubjekt seine Sachherrschaft weder dem Eigentümer noch einem Dritten unterordnen wolle (S. 191).

c) Allerdings lässt sich bereits Börners Ausgangsthese zum zivilrechtlichen Kern des Eigentums anzweifeln, weil das selbstbestimmte tatsächliche Haben der Sache m. E. nicht den Kern-, sondern nur einen verkürzten (Teil-)Bereich des zivilrechtlichen Eigentumsbegriffs erfasst. Fordert man Zivilrechtsakzessorietät, so wird man festhalten müssen, dass das BGB gerade nicht nur Formen des ungestörten tatsächlichen Eigenbesitzes des Eigentümers, sondern eben auch nicht-tatsächlichen, nämlich mittelbaren Besitz (§ 868 BGB) des Eigentümers kennt. Insbesondere im stetig wachsenden Bereich der Kreditsicherung (Sicherungseigentum), den Börner – leider sogar bewusst (S. 22 Fn. 11) ‑ vollständig ausklammert, spielt das tatsächliche Haben der Sache keine Rolle mehr. Berücksichtigt man dieses, so kann das selbstbestimmte tatsächliche Haben allein für den Kern des Eigentums nicht ausschlaggebend sein mit der Folge, dass wieder die Vorschrift des § 903 BGB in den Vordergrund rückt, um den Kernbereich des Eigentums zu bestimmen bzw. zu vervollständigen, nämlich dass der Eigentümer mit seiner Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen kann.

2. a ) Mit § 903 BGB als Anknüpfungspunkt (oder anderen Anknüpfungspunkten wie Sachsubstanz, Sachfunktion, Sachwert o. ä.) ist man natürlich wieder allen Unwägbarkeiten ausgesetzt, die ein solcher zwangsläufig etwa im Hinblick auf die Abgrenzung zu Sachbeschädigung, Sachentziehung und vorübergehendem Sachgebrauch mit sich bringt und die die Diskussion um Gegenstand, Inhalt und objektive Seite der Zueignung seit jeher beschäftigt. Zwar verwirft Börner diese Lehren durchgängig im weiteren Verlauf seiner Untersuchung mit zum großen Teil nicht von der Hand zu weisenden Argumenten (S. 113 ff.). Mit seinem Verständnis von Zueignung steht Börner aber auch (in vielen Teilbereichen) vor identischen Problemen. Unter Börners Zueignungsbegriff lassen sich nämlich auch Sachbeschädigung, Sachentziehung und vorübergehender Sachgebrauch subsumieren. Was nach ganz herrschender Ansicht bereits den Umfang des Zueignungsbegriffs selbst betrifft und begriffsimmanent über die Elemente der (wenigstens vorübergehenden) An- und (dauernden) Enteignung zu lösen gesucht wird, will Börner auf einem anderem Wege erreichen. Die von ihm im Grundsatz abgelehnten Elemente der An- und Enteignung als Begriffsteile der Zueignung leben jetzt (terminologisch von Börner als "An- und Enteignung im engeren Sinn" gekennzeichnet) außerhalb des Zueignungsbegriffs in dem Sinne fort, dass nicht strafbare Zueignung sei, was sich in seinem materiellen Gehalt in strafrechtssystematisch anders kategorisierten Verhaltensweisen, nämlich bloßer Beschädigung, Entziehung oder reinem Sachgebrauch, erschöpfe (S. 269 ff.).

b) Die Aneignung im engeren Sinne liege dann nicht vor, wenn dem Handelnden nichts an der Sache selbst gelegen sei, sich der Sinn also in bloßer Beschädigung oder Entziehung erschöpfe (S. 276 f.) Die Enteignung im engeren Sinne scheide aus, wenn die Vorstellung des Zueignungssubjekts nicht über eine Gebrauchsanmaßung hinauskomme. Diese Grenze sei erst überschritten, wenn die Sache gemessen an den Zwecken des Eigentümers so maßgeblich beeinflusst sei, dass sich der Sinn der Zueignung nicht mehr in einer bloßen Gebrauchsanmaßung erschöpfe (S. 270). Dies sei jedenfalls immer dann der Fall, wenn die vom Eigentümer zurückerlangte Sache nicht mehr "dieselbe" sei. Zur näheren Bestimmung ist nach Börner eine Abwägung anhand der gleichberechtigten Kriterien "wirtschaftlicher Wert", "Sachfunktionen" und "Affektionsinteresse" erforderlich, denen je nach Art der Interessen des Eigentümers an der konkreten Sache ein verschiedenes Gewicht zukommen könne (S. 272 ff.).

c) Ohne die von Börner gegebenen Abgrenzungskriterien im Einzelnen kritisieren zu wollen, so ist doch offensichtlich, dass auch er keine trennscharfen Abgrenzungskriterien an die Hand geben kann, um eine Zueignung (Sieg im Kampf gegen den Eigentümer um die selbstbestimmte tatsächliche Sachherrschaft) dem strafbaren Bereich der Zueignung nach §§ 242, 246 StGB oder dem Bereich der mit niedrigerer Strafe bedrohten Sachbeschädigung oder nur unter engen Voraussetzungen strafbaren Sachentziehung (etwa § 133 StGB) und Gebrauchsanmaßung (etwa §§ 248b, 290 StGB) zuzuweisen. Im Gegensatz zur herrschenden Ansicht der begriffsimmanenten Beschränkung müsste Börner aber erklären, warum sich die von ihm als Sachbeschädigung, Sachentziehung oder Gebrauchsanmaßung klassifizierten Zueignungen sich vom strafrechtlichen Zueignungsunwert von denen in §§ 242, 246 StGB abheben, obwohl sie den von ihm herauspräparierten zivilrechtlichen Kern des Eigentums, das selbstbestimmte tatsächliche Haben der Sache, wie etwa im Falle der Sachzerstörung stärker und dauerhaft beeinträchtigen können als ein bloßes (ggf. nur vorübergehendes) Obsiegen im Kampf um das selbstbestimmte tatsächliche Haben der Sache.

3. a ) Für den Tatbestand des Diebstahls nach § 242 StGB hat Börners Verständnis von Zueignung im Übrigen zur Folge, dass auch der Diebstahl objektiv stets eine vollendete Zueignung enthält, nämlich Obsiegen des Zueignungssubjekts hinsichtlich der Sachherrschaft durch Wegnahme ("Einheitsthese"). Der Unterschied zu § 246 StGB liegt nach Börner lediglich in einem stärkeren subjektiven Element ("Absicht"). Das Absichtserfordernis bestehe dabei hinsichtlich des objektiven Tatbestandes

im direkten Vorsatz ersten Grades auf die Gewahrsamsbegründung und im Rahmen einer "sinnbeseelten Tendenz" (S. 192 f.) in einem gesteigerten Willen zur Selbstbestimmtheit und zur Aneignung im engeren Sinn (S. 193). Diebstahl sei nur ein besonderer Fall der Zueignung nach § 246 StGB (S. 182). Dieses sei im Übrigen auch mit dem Wortlaut des § 242 Abs. 1 StGB vereinbar: Ebenso wie der Satz "er reist in der Absicht, (um) sich zu erholen" nicht eine Erholung nach der Reise meine, so sei die Formulierung "er nehme weg in der Absicht, sich die Sache zuzuzeignen" nicht im Sinne künftiger Zueignung zu verstehen (S. 181).

b) Der Wortlaut des § 242 StGB und die Wortlautsystematik der §§ 242, 246 StGB sind m. E. aber näher liegend anders auszulegen. Wegen Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer eine fremde bewegliche Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zueignet. Wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten zuzueignen. Der Unterschied zwischen § 246 Abs. 1 und § 242 Abs. 1 StGB liegt nach dem Wortlaut des Gesetzes somit darin, dass die Zueignung bei der Unterschlagung vollendet, beim Diebstahl hingegen nur beabsichtigt, also versucht sein muss. Die Unterschlagung ist nach dieser Formulierung im Vergleich zum Diebstahl ein Zueignungserfolgsdelikt, der Diebstahl hingegen ein Delikt mit überschießender Innentendenz, bei dem der Zueignunsgerfolg nur angestrebt sein muss (erfolgskupiertes Delikt). Andernfalls hätte der Gesetzgeber § 242 Abs. 1 StGB auch formulieren können: "Wer sich eine fremde bewegliche Sache absichtlich durch Wegnahme rechtswidrig zueignet".

III. Auch wenn ich Börners Zueignungsmodell nicht überzeugend finde, so hat er im Rahmen seiner Untersuchung aufgezeigt, dass auch die anderen Zueignungsmodelle sich nicht ohne Reibungsverluste in die Gesamtzueignungssystematik einfügen lassen. Börner hat verdeutlicht, dass die Diskussion um den Zueignungsbegriff noch lange nicht am Ende angelangt ist. Ich halte Börners Arbeit für anregend und lesenswert. An Börners Zueignungsdogmatik wird niemand, der sich mit dem Zueignungsbegriff auseinandersetzen will, vorbeikommen.

Akad. Rat Dr. Sascha Mikolajczyk, Kiel

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Quedenfeld , Dietrich; Füllsack, Markus: Verteidigung in Steuerstrafsachen; 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage; Reihe Praxis der Strafverteidigung, 479 Seiten, ISBN 3-8114-3058-0, 50 €, C.F.Müller, Heidelberg 2005.

Das Steuerstrafrecht ist einer der besten "Beweise" dafür, dass das so genannte Nebenstrafrecht in der (anwaltlichen) Praxis alles andere als nebensächlich ist. Im Gegenteil macht das Steuerstrafrecht einen zunehmend bedeutsamen Teil des Wirtschaftsstrafrechts aus. Seine Beherrschung ist indes nichts, das gleichsam nebenbei abfällt, wenn man das allgemeine Strafrecht und Strafverfahrensrecht theoretisch und praktisch erlernt: Der für das Steuerstrafrecht weitgehend konstitutive Bezug zum Steuerrecht und zum Besteuerungsverfahren verlangt dem verteidigenden Rechtsanwalt zusätzliche und spezielle Kenntnisse ab. Gemeint sind nicht die vielen praktischen Fähigkeiten, die der Verteidiger fernab rechtlicher Argumentationskraft sein eigen nennen muss. Schon eher ist das Verhandlungsgeschick bei Verfahrensabsprachen gemeint, da Absprachen im Steuerstrafrecht die primäre "Erledigungsform" darstellen dürften. Gemeint sind vor allem die besonderen steuerrechtlichen und steuerverfahrensrechtlichen Kenntnisse, die mindestens solide und mit wirtschaftlichem Verständnis gepaart sein müssen.

Quedenfeld/Füllsack setzen an diesem besonderen Wissensbedarf des Steuerstrafrechts an. Die Autoren erheben zwar auch in ihrer 3. Auflage nicht den Anspruch, en passant das Steuerrecht vollständig zu erklären. Sie haben aber eine Einführung in die Verteidigung in Steuerstrafsachen und damit in die besonderen steuerstrafrechtlichen Regelungen geschrieben, die durchgängig die nötige Dualität von strafrechtlicher und steuerrechtlicher Betrachtung betont. Die besonderen rechtlichen Phänomene der §§ 369 ff. AO werden vor dem Hintergrund der steuerrechtlichen Optionen und Folgen dargestellt. Hierbei wird an den jeweiligen Anknüpfungspunkten des Strafrechts in nicht unerheblichem Umfang auch originär steuerrechtliches und steuerverfahrensrechtliches Wissen ergänzend vermittelt, was für die Verteidigungspraxis von großem Wert ist.

Übersichtlich und gut lesbar werden in dem Werk zunächst im ersten Teil Grundfragen des Steuerstrafrechts behandelt, indem die Beteiligten des Steuerstrafverfahrens und die wesentlichen Besonderheiten des Besteuerungsverfahrens erläutert werden. Im zweiten Teil werden die steuerstrafrechtlichen Tatbestände und die Ordnungswidrigkeiten sowie ihre Eingliederung in die Regeln des allgemeinen Strafrechts (bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts) dargestellt. Die Voraussetzungen der Selbstanzeige und die Beratung hinsichtlich derselben nehmen mit dem gesamten dritten Teil einen besonders breiten Raum ein (gemeinsam mit den Ausführungen zum StraBEG rund 100 Seiten). Dies folgt dem großen praktischen Bedarf und ist auch in der Umsetzung gelungen. Im vierten Teil greifen die Autoren Fragestellungen auf, die sich bei der Verteidigung im Ermittlungsverfahren, im Zwischenverfahren und im Hauptverfahren des Steuerstrafverfahrens ergeben. Ebenso behandeln sie hier die typischen Ermittlungsanlässe und das Verfahren bei Steuerordnungswidrigkeiten. Im fünften Teil widmen sich Quedenfeld/Füllsack vornehmlich den (Rechts-)Folgen beider Ahndungsverfahren. Abschließend nehmen sie im sechsten Teil als praktische Arbeitshilfen einen Strafmaßkatalog, Fahndungsstatistiken und vor allem Mustertexte auf. Dies umfasst zum Beispiel Muster zur Selbstanzeige insbesondere bei der heiklen "Selbstanzeige dem Grunde nach" (vgl. Rn. 1088, siehe auch zur problematischen Ankündigung der Selbstanzeige Rn. 404) und typische offizielle Anschreiben der StraBu (BuStra) nach Ermittlungen bei Banken (Einleitung des Strafverfahrens Rn. 1091 und Auskunftsverlangen, Rn. 1092). Zudem arbeiten die Autoren oft mit umfangreicheren Fallbeispielen aus der Praxis (vgl. etwa Rn. 229, 357 ff., 412, 442 ff., 492 f .), welche die Anschaulichkeit der Darstellung erhöhen und ebenfalls als Arbeitshilfe wirken.

Mit der Neuauflage, die den Stand Anfang 2005 erreicht, nehmen die Autoren eine geboten kritische Analyse zu dem so problematischen Verbrechenstatbestand § 370a AO auf. Sie halten den Tatbestand mit dem BGH und der herrschenden Literatur für verfassungswidrig (vgl. Rn. 230 ff. und BGH wistra 2005, 30 ff.). Auch über § 370a AO hinaus wurde den "Umsatzsteuerkarussellen" viel Aufmerksamkeit gewidmet. Vertieft wird die Problematik der Beihilfe zur Steuerhinterziehung bei "neutralen Handlungen" (vgl. Rn. 287 ff. und BGHSt 46, 107 ff.). Gleiches gilt – der Praxis abermals entsprechend – zum dinglichen Arrest und zur Rückgewinnungshilfe. Zur problematischen Wechselwirkung von Korruptions- und Steuerstrafrecht wurden gesonderte hilfreiche Erläuterungen aufgenommen (vgl. Rn. 367 – 369), wenngleich an dieser Stelle auch Rechtsprobleme auf der Seite des Schmiergeldempfängers hätten Erwähnung finden können (vgl. etwa BGH StV 2004, 578 = HRRS 2004 Nr. 602 und Wulf wistra 2006, 89 ff.; vgl. aber auch Rn. 121). Die zunehmenden Mitteilungsverpflichtungen kommen als Ermittlungsanlässe vertieft zur Sprache (vgl. Rn. 624 ff.). Zu Recht kritisch betrachten die Autoren den praktischen Schutz der Selbstbelastungsfreiheit im Steuerstrafverfahren etwa gegenüber Strafschätzungen (vgl. Rn. 76 ff., 123 ff.).

Das Handbuch von Quedenfeld/Füllsack bietet eine sehr gute Einführung in das Steuerstrafrecht, die nicht bei bloßen Grundkenntnissen stehen bleibt. Die Besonderheiten der Steuerstrafsachen werden souverän erläutert. Die Verzahnung mit dem allgemeinen Strafrecht und dem allgemeinen Strafverfahrensrecht gelingt gut. Dazu werden die wesentlichen Informationen unterbreitet, so dass auch ganz allgemein für die Strafverteidigung wichtige und nicht nur im Steuerstrafverfahren wissenswerte Themen aufgegriffen sind (beispielhaft: Bedeutung der Akteneinsicht für eine wirksame Verteidigung). Als einzig verwendete Einführung in die Strafverteidigung wird das Buch aber wohl nicht herangezogen werden können, was jedoch auch nicht "nebenbei" erreicht werden konnte ohne das eigentliche Ziel der Einführung in die steuerstrafrechtliche Verteidigung zu verfehlen (vgl. dafür aber etwa Barton, Einführung in die Strafverteidigung – 2007 mit Rezension Mangold HRRS 2007, 371 ff.). Schließlich stehen die Leistungen des Buchs zu einem günstigen Preis zur Verfügung. Die Arbeit mit dem anregenden und präzisen Handbuch von Quedenfeld/Füllsack kann daher nur empfohlen werden.

Wiss. Ass. Dr. Karsten Gaede, Bucerius Law School Hamburg

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