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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2007
8. Jahrgang
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Von Wiss. Ass. Dr. Karsten Gaede, Bucerius Law School Hamburg*
Wer sich auf dem Strafverteidigertag oder auf dem Herbstkolloquium der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des DAV dafür einsetzt, die "aktive Verteidigung" gegen all zu schnell erhobene Missbrauchsvorwürfe zu verteidigen, dem ist Applaus sicher. Jüngere Entwicklungen in der Rechtsprechung bieten für diesen Einsatz auch guten Grund.[1] Auf Veranstaltungen für Staatsanwälte und Richter, so hat es den Anschein, dürften derzeit eher Vorträge über "effektive Missbrauchsabwehrstrategien" Gehör finden.
Es gibt aber auch ein Thema zur Verteidigung, zu dem man auf allen Veranstaltungen der professionellen Akteure des Strafverfahrens kaum mit einem prima facie vorhandenen Wohlwollen rechnen könnte. Die Rede ist von der Schlechtverteidigung. Sie kommt alltäglich vor und findet doch auch auf Veranstaltungen der Verteidiger derzeit allenfalls als Schreckgespenst der "passiven Verteidigung" Beachtung.[2] Die Schlechtverteidigung ist aus verschiedenen Gründen kein Modethema, obgleich Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht nur auf Grund umstrittener Gerichtsentscheidungen, sondern auch in zählbarem Ausmaß durch Mängel der Verteidigung leer laufen dürften. Weder Richter, noch Staatsanwälte oder Rechtsanwälte scheinen besonders gewillt, Verteidigungsausfälle und entscheidende Verteidigerfehler als ernstes Rechtsproblem wahrzunehmen, wenn sie nicht geradezu unübersehbar sind. Den Verteidigern ist hierbei die ernstzunehmende Sorge eigen, dass Strategien gegen Schlechtverteidigung letztlich in einer staatlichen Überwachung und Bevormundung der Verteidigung münden.
Zwei Entscheidungen des 1. Strafsenats des BGH und die Realität heutiger Strafverfahren geben Anlass, das un-
geliebte aber vermehrt bedeutsame Thema aufzugreifen. Dabei geht es nicht darum, Verteidigern illusorisch eine "Optimalverteidigung" abzuverlangen. Ebenso wenig geht es darum, mit "objektiver Fürsorge" die "sachgerechte Verteidigung" in die Hände der Gerichte zu legen. Das Anliegen besteht darin, besser als bisher zu sichern, dass die Verteidigungsrechte des Angeklagten tatsächlich autonom durch die Verteidigung wahrgenommen werden.
Soweit sie in unserem Zusammenhang relevant sind, muss Folgendes zu den Entscheidungen bekannt sein:
In einem Verfahren wegen Totschlages und Mordes machte der Angeklagte unter mehreren Aspekten geltend, er sei nicht ordnungsgemäß verteidigt gewesen. Bei der Haftbefehlseröffnung hatte der Angeklagte erklärt, er brauche und kenne keinen Anwalt und überlasse die Verteidigerauswahl dem zuständigen Gericht. Dieses bestellte ihm daraufhin einen Pflichtverteidiger, der dem Gericht zuvor von der Staatsanwaltschaft in ihrem Antrag auf Bestellung eines Pflichtverteidigers benannt worden war. Die Verfahrenrüge, diese Verteidigerauswahl sei – zumal ohne eine erneute Anhörung des Angeklagten – unfair gewesen, wies der BGH zurück: Die Entscheidung sei durch das Gericht erfolgt und die Staatsanwaltschaft sei keine Partei, sondern ein der "rechtsprechenden Gewalt zugeordnetes Organ", das der Objektivität verpflichtet sei.
Auf die Rüge, das Gericht hätte – anders als geschehen – in dem vorliegenden Schwurgerichtsverfahren mindestens einen Fachanwalt für Strafrecht zum Pflichtverteidiger bestellen müssen, betont der 1. Strafsenat, dass es keinen Rechtssatz gebe, wonach – grundsätzlich oder zumindest bei einer Fallgestaltung wie der hiesigen – nur ein Fachanwalt für Strafrecht als Verteidiger bestellt werden könnte. Im Übrigen bestehe auch keine forensische Erfahrung, wonach deshalb, weil ein Rechtsanwalt kein Fachanwalt für Strafrecht ist, regelmäßig zu erwarten sei, dass eine von ihm geführte Verteidigung weniger sachgerecht wäre. Das vom Gesetzgeber insoweit nicht näher eingegrenzte Auswahlermessen gebiete es nur, im Rahmen der "allgemeinen Fürsorgepflicht des Vorsitzenden" einen Rechtsanwalt zu bestellen, der die Gewähr für eine sachgerechte und ordnungsgemäße Verteidigung des Angeklagten bietet und bei dem nicht zu befürchten ist, dass er verfahrensfremde Zwecke verfolgen werde. Der konkret ausgewählte Anwalt sei seit Jahren schwerpunktmäßig als Strafverteidiger auch in Schwurgerichtsverfahren tätig.
Weiter rügte der Angeklagte, der bestellte Verteidiger hätte nicht bestellt werden dürfen, weil er rund zwei Wochen nach der Bestellung in einen offenbar dreiwöchigen Urlaub gefahren sei. Er habe ihn in der Haft abgesehen von einer polizeilichen Vernehmung nur zweimal besucht und dabei keinen Dolmetscher hinzugezogen, obwohl die Behörden im Verfahren jeweils auf einen Dolmetscher zurückgegriffen hätten. Der Verteidiger hat lediglich während des Urlaubes durch seine Vertreterin bei der Staatsanwaltschaft angefragt, ob ein Dolmetscher erforderlich sei und für diesen Fall um eine Kostenübernahme gebeten, was die Staatsanwaltschaft unbeantwortet ließ. Danach habe er zu Unrecht keinen Dolmetscher hinzugezogen.
Dem entgegnet der 1. Strafsenat, die Revision "verkenne schon im Ansatz", dass das Gericht und insbesondere die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren den Verteidiger nicht zu überwachen hätten, solange nicht klar erkennbar werde, dass der Verteidiger unfähig sei, den Angeklagten sachgerecht zu verteidigen. Für diesen Ausnahmefall sei nichts ersichtlich. Der Urlaub des Verteidigers sei angesichts des absehbar längeren Verfahrens unproblematisch. Zudem sei es allein Sache des Rechtsanwalts, zu beurteilen, ob der Urlaub eine sachgerechte Verteidigung hindere. Außerdem habe der Anwalt anscheinend seine Pflicht nach § 53 I BRAO gewahrt und für eine Vertretung gesorgt. Die Besuchspraxis sei allein Sache des bestellten Verteidigers. Auch die unterbliebene Hinzuziehung eines Dolmetschers führe zu nichts anderem. Mit der Aktenüberlassung habe die Staatsanwaltschaft dem Verteidiger alle auch der Staatsanwaltschaft verfügbaren Informationen zur Beurteilung der Sprachkenntnisse übermittelt. Diese offenbarten, dass der seit 1992 in Deutschland lebende Angeklagte bei der Polizei erklärt hatte, er sei "der deutschen Sprache relativ gut mächtig". Dass der bestellte Anwalt gemeint habe, er könne im Hinblick auf die unterbliebene Stellungnahme der Staatsanwaltschaft unwiderruflich aus zwingenden rechtlichen Gründen gehindert sein, einen Dolmetscher auf Staatskosten hinzuziehen, sei nicht ersichtlich. Soweit ein Angeklagter in gewissem Umfang der deutschen Sprache mächtig ist, entscheide der Verteidiger prinzipiell selbst nach seinem einer Überprüfung nur begrenzt zugänglichen pflichtgemäßen Ermessen, ob für Verteidigungsgespräche ein Dolmetscher notwendig ist oder nicht. Es liege dabei nicht nahe, dass ein Verteidiger nicht sachgerecht beurteilen könne, ob er mit seinem Mandanten kommunizieren kann oder nicht. Allein der Umstand, dass das Gericht und sonstige für eine Vernehmung oder Anhörung des Beschuldigten Verantwortliche (Polizei, Sachverständiger) hier ihr Ermessen letztlich anders ausgeübt haben, belegten unter den gegebenen Umständen keinen offensichtlichen Ermessensfehlgebrauch des Verteidigers.
In dem Beschluss BGH HRRS 2007 Nr. 900 hatte der 1. Strafsenat den Fall eines verhafteten irakischen Staatsangehörigen zu beurteilen, der bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung entgegen Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK nicht über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt worden ist, obschon diese Belehrungspflicht nach nunmehr herrschender Ansicht bereits für die Polizei
gilt.[3] Die Belehrung erfolgte sodann in einer richterlichen Vernehmung am Folgetag. In der ersten polizeilichen Vernehmung belastete sich der spätere Angeklagte. Im späteren Verfahren schwieg er mit Ausnahme von Äußerungen, die er während einer Exploration durch einen psychiatrischen Sachverständigen tätigte. Die Feststellungen zur Täterschaft stützte das Tatgericht wesentlich auf die Angaben aus der ersten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung.
Der 1. Strafsenat stufte die unterlassene Belehrung in der polizeilichen Vernehmung als Rechtsverstoß ein. Er entschied indes nicht über die Rechtsfolgen dieses Rechtsverstoßes. Insoweit wird im Schrifttum ein Verwertungsverbot gefordert,[4] das vom 5. Strafsenat zwischenzeitlich zugunsten einer "partiellen Vollstreckungslösung" abgelehnt worden ist.[5] Der 1. Strafsenat sah die Frage nach den Rechtsfolgen des Verstoßes nämlich nicht als entscheidungserheblich an, da sie sich für den Senat auf Grund einer zweifachen Schlechtverteidigung gar nicht stellte:
Erstens genüge der Revisionsvortrag zur erhobenen Verfahrensrüge nicht den Anforderungen des § 344 II 2 StPO. Danach soll das Revisionsgericht bekanntlich in die Lage versetzt werden, allein anhand der Revisionsbegründung über die Schlüssigkeit einer Verfahrensrüge zu befinden. Der Revisionsführer muss die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Revisionsgericht aufgrund der Revisionsbegründung (des Verteidigers) prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt. Diesen Anforderungen sei die Revisionsbegründung nicht gerecht geworden, da sie den Inhalt eines Beschlusses nicht mitgeteilt hat, in dem das Tatgericht ein Verwertungsverbot wegen der Verletzung des Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK nach einem von der Verteidigung diesbezüglich erhobenen Widerspruch zurückgewiesen hat. Für den Senat sei deshalb nicht erkennbar geworden, aufgrund welcher Tatsachen und welcher Erwägungen das Tatgericht von einer uneingeschränkten Verwertbarkeit der ersten Beschuldigtenvernehmung ausgegangen ist. Dies müsse für das Revisionsgericht aber erkennbar sein, wenn ein im Wege der Abwägung zu beurteilendes Beweisverwertungsverbot in Rede steht. Dass sich die Tatsache der Ablehnung eines Verwertungsverbotes durch den Beschluss aus den Urteilsgründen ergebe, genüge nicht.
Zweitens sei auch auf die Verletzung des Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK die vom BGH erfundene Widerspruchslösung anzuwenden, die Verwertungsverbote bei verteidigten Angeklagten nur anerkennt, wenn der Verteidiger der Verwertung nach Maßgabe des § 257 StPO rechtzeitig widersprochen hat.[6] Die Verteidigung hatte der Verwertung von Erkenntnissen aus der ersten polizeilichen Vernehmung auch schon vor der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung widersprochen. Hierbei rügte sie zur Begründung insbesondere den unterlassenen Hinweis auf die kostenlose Beiordnung eines Pflichtverteidigers und die mangelnde Information über die Existenz eines Strafverteidigernotrufs. Dies genügte dem 1. Strafsenat jedoch als Widerspruch nicht. Vielmehr bedürfe der Widerspruch des verteidigten Angeklagten regelmäßig einer Begründung, in der zumindest in groben Zügen anzugeben sei, unter welchem Gesichtspunkt der Angeklagte den zu erhebenden oder bereits erhobenen Beweis für unverwertbar hält. Die Begründung müsse die Angriffsrichtung des Widerspruchs erkennen lassen, um somit den Umfang der Prüfung durch das Tatgericht zu begrenzen. Eine solche spezifische Begründung sei bezüglich Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK zu dem nach § 257 StPO maßgeblichen Zeitpunkt aber nicht erfolgt. Diese Begründung sei aber "namentlich" zugunsten der "straffen Durchführung der Hauptverhandlung" geboten. Das Tatgericht habe ohne einen spezifischen Widerspruch – zumal dann, wenn andere Fehler gerügt sind – keine Veranlassung, "möglichen anderen Verfahrensfehlern im Einzelnen nachzugehen". Dies gelte auch für Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK. Unbeachtlich sei so auch der im Verfahren erfolgte spätere Widerspruch des Verteidigers, in dem er nach der Beweiserhebung zum Inhalt der polizeilichen Vernehmung ein Verwertungsverbot infolge der verletzten Belehrungspflicht geltend gemacht hatte. Die hiermit von der Rechtsprechung geschaffenen Anforderungen seien schließlich auch zumutbar, zumal der Angeklagte bereits am Tag nach der polizeilichen Vernehmung über sein Recht auf konsularischen Beistand belehrt wurde und ein früherer Widerspruch nicht ersichtlich unmöglich war.
Wenn der Beitrag auch auf die Schlechtverteidigung im Allgemeinen ausgerichtet ist, sind doch auch Ausführungen zu dieser Entscheidung selbst angezeigt.[7] Es soll insbesondere nicht infolge des unter V. geltend gemachten Zusammenhanges das Missverständnis aufkommen, der Verfasser akzeptiere die Widerspruchslösung und teile den vom 1. Strafsenat befürworteten Abschied von einer eigenständigen und nicht nur ausnahmsweise erfolgenden Rechtmäßigkeitsprüfung durch das Gericht.
Der Verschärfung und Erweiterung der Widerspruchslösung durch den Senat ist zu widersprechen. Dass die Widerspruchslösung für sich genommen nicht begründet ist, wurde bereits oft dargelegt.[8] Sie erweckt, wie Fezer bemerkt, den Eindruck eines "bloßen ergebnisorientierten Machtspruches".[9] Aus dem in § 257 StPO niedergelegten Recht der Verteidigung macht die Rechtsprechung kühn eine Pflicht derselben.[10] Aus Verteidigern lässt diese Rechtsprechung Gehilfen der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruches werden, da Verteidigerfehler hier praktisch rechtswidriges staatliches Verhalten neutralisieren, was mit der gebotenen Stellung des Verteidigers im Strafprozess unvereinbar ist.[11] Vor allem stellt die Widerspruchslösung aber eine nicht gesetzlich gerechtfertigte und unverhältnismäßige Beschränkung der Verteidigungsrechte bzw. des Rechts auf ein faires Verfahren dar, die auch gemäß Art. 6 EMRK nicht hinzunehmen ist.[12] Da sich ein verzögerndes Taktieren der Verteidigung mit übersehenen Prozessmängeln durch eine gerichtliche Belehrung über das mögliche Verwertungsverbot im Wege einer Zustimmungslösung verhindern ließe,[13] die auch der BGH faktisch beim unverteidigten Angeklagten vertritt,[14] ist die Widerspruchslösung als Einschränkung nicht erforderlich und folglich auch nicht legitim. Die Kreation des BGH nimmt prozessentscheidende Verteidigerversäumnisse in Kauf und lässt Rechte des Angeklagten leer laufen, die sonst kein Richter dem Angeklagten selbst durch eigene Versäumnisse nehmen dürfte.
Besonders ist der weiteren Verschärfung der Widerspruchslösung entgegenzutreten. Die Ausdehnung der rechtsentziehend wirkenden Widerspruchsobliegenheit[15] setzt an einer erstaunlichen Umdeutung des geltenden Rechts an. Die Prozessordnung geht von einem reformierten Inquisitionsprozess aus, in dem das Gericht eigenverantwortlich für Recht und Gesetz im Verfahren einsteht. Die Rechtsprechung und allen voran der 1. Strafsenat macht aber den Strafprozess ohne eine Novellierung der StPO vermehrt zu einem Parteiprozess, wenn sie damit den Erfolg von Verfahrenrügen in der Revision verhindern[16] oder wie hier "straffe Verfahrensdurchführungen" erreichen kann. Die Forderung nach einer spezifischen Widerspruchsbegründung führt im Kern dazu, das Tatgericht noch mehr vor seiner klassischen Aufgabe "zu schützen", die tatsächliche Rechtmäßigkeit des Prozesses und seiner Ermittlungseingriffe zu gewährleisten.[17] Die nunmehr noch weiter eingeschränkte Revisibilität lädt angesichts der Last zahlreicher zu bewältigender Verfahren dazu ein, stets nur noch die Verteidigung "kommen zu lassen", während eigene Rechtmäßigkeitsprüfungen darüber hinaus nur noch durchgeführt werden, wenn der mögliche Fehler dem Gericht ohne aufhaltende Detailprüfung sofort ins Auge springt.
Gerade im Kontext des Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK muss ein solcher Schutz des Gerichts vor der eigenen pflichtgemäßen Prüfung besonders erstaunen, denn hier reden wir nicht einmal über Rechtsmaßstäbe, deren routinierte Erfüllung sich ohne weiteres vermuten ließe: Die Notwendigkeit und Bedeutung der konsularrechtlichen Belehrung schon durch die Polizei dürfte sich der Praxis erst in den letzten Jahren im Zuge der Urteile des IGH und der Entscheidung des BVerfG mehr und mehr erschließen.[18] Stellt ein Gericht die ausländische Staatsbürgerschaft des Angeklagten fest, hat es schon deshalb besonderen Anlass, der Beachtung des Völkerrechts nachzugehen. Wenn ein Tatgericht aber – wie hier offenbar der Fall – in der Akte nicht dokumentiert findet, dass der ausländische Staatsbürger in der ersten, besonders beweisbedeutsamen Vernehmung ordnungsgemäß belehrt wurde, ist dem Tatgericht abzuverlangen, dass es von sich aus die vorliegende (Nicht-)Beachtung des Konsularrechts eruiert und ihre Folgen auslotet. Ein Fall, in dem ein völlig überraschend auftretender Verfahrensmangel gleichsam "hinterhältig" zurückgehalten wurde, um in der Revision erfolgreich zu sein, liegt hier also tatsächlich alles andere als vor! Vielmehr erfolgte im Verfahren ein spezifischer Widerspruch. Nichts spricht dafür, dass das Gericht diesen auf Grund der "späten" Erhebung nicht mehr sachgemäß prüfen konnte. Vor allem aber: Spätestens dann, wenn ein allgemeiner Widerspruch der Verteidigung vorliegt, muss ein Gericht hinsichtlich des absehbar zentralen Beweismittels stets eine sorgfältige Rechtsprüfung durchführen. Es besteht kein Grund, ein (Kollegial-)Gericht unter Inkaufnahme verlorener Angeklagtenrechte so weitgehend von seinen ureigenen Pflich-
ten zu entlasten, dass sein Prüfungsauftrag exakt von den Ausführungen eines Verteidigers abhängt. Selbst wenn manche Verfahrensfehler bei einer angemessen zügigen Verfahrensfortführung subjektiv schwer erkennbar sein mögen, tritt doch der Staat mit dem Anspruch auf, gegen den Angeklagten ein objektiv rechtmäßiges Verfahrens zu führen. Dieser Anspruch kann nicht ignoriert werden, indem man den nur noch scheinbar von der Justiz erhobenen Anspruch durch ein "Outsourcing" auf den Verteidiger als erzwungenem "Subunternehmer der Justiz" überträgt und sich sodann um die ausgelagerte Aufgabe nicht mehr kümmert.
Soweit diese Fehlentwicklung erneut mit dem Recht auf Verfahrensbeschleunigung begründet werden sollte, ist daran zu erinnern, dass dieses Individualrecht zu einer zügigen Verfahrensführung, nicht aber zu einem kurzen Prozess anhält. Weder will das Recht eine ordnungsgemäße Sachaufklärung verhindern,[19] noch bietet dieses Recht, das primär und maßgeblich dem Angeklagten dient, aus sich heraus eine Handhabe, in andere Rechte des Angeklagten einzugreifen.[20] Die Sonderkonstellation, in der Mitangeklagte zu berücksichtigen sind, war hier weder betroffen, noch könnte die Beachtung von Völkerrecht (Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK) allein mit dem Verweis darauf suspendiert werden.
Ob die Verletzung des Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK tatsächlich zu einem Verwertungsverbot oder zu einer Anrechnung bei der Vollstreckung führen sollte,[21] soll hier nicht erörtert werden. Ebenso muss angesichts der für sich genommen unbegründeten Widerspruchslösung nicht mehr auf die Frage umfassend eingegangen werden, ob denn die Widerspruchslösung überhaupt auf Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK angewendet werden darf. Diese Frage stellt sich aber, da der IGH auch im Kontext der US-amerikanischen Verwirkungsrechtsprechung eingefordert hat, die konsularischen Rechte im nationalen Recht zur "vollen Wirksamkeit" zu führen.[22] Jedenfalls ist dem 5. Strafsenat dahin zu folgen, dass die Anwendung der Widerspruchslösung auch aus diesem Grund immer dann ausgeschlossen sein muss, wenn die Belehrung nicht alsbald später nachgeholt worden ist.[23] Der bedenkliche Eindruck der Inkonsequenz bleibt aber nach der Entscheidung des 1. Strafsenats in jedem Fall zurück: Nachdem Deutschland vor dem IGH auch gegen die Verwirkungsstrategien des US-amerikanischen Prozessrechts vorgegangen ist,[24] besteht die jetzige deutsche Praxisantwort ebenfalls weitgehend darin, sich des völkerrechtlichen Problems hinsichtlich seiner Folgen bequem zu entledigen, indem man die eigene nationale Kreation von Verwirkungsstrategien munter fortsetzt.[25]
Wenn wir uns nun dem Problem der Schlechtverteidigung nähern wollen, sind zwei heute ganz herrschende Sichtweisen unsere Ausgangspunkte: Auf der einen Seite gilt der Verteidiger unserer Strafprozessordnung im Strafverfahren als weitgehend unverzichtbar bzw. als "notwendig" i.S. des § 140 StPO. Zudem wird die formelle Verteidigung mit Art. 6 III lit. c EMRK gar zu einem Menschenrecht erklärt, das sodann nach der maßgeblichen Rechtsprechung einen zentralen Bestandteil des Rechts auf ein faires Verfahren darstellt.[26] Diese Wertschätzung findet ihren wesentlichen Grund darin, dass sich ein Angeklagte im regelmäßig technischen und für ihn selbst angesichts seiner eigenen Betroffenheit schwer zu führenden Prozess realistisch nicht effektiv allein verteidigen kann: Der Verteidiger ist daher primär im Prozess vertreten, weil der Angeklagte die Maßstäbe und Interaktionen dieses Prozesses selbst nicht kontrollieren kann.[27] Letztlich soll der Verteidiger dem Angeklagten sogar so überlegen sein, dass seine Einschätzung bei der Verteidigung des Angeklagten vorrangig ist und er unter Umständen sogar gegen den Willen des Angeklagten handeln darf.[28] Auf der anderen Seite gilt aber auch das Folgende: Versäumnisse seines Verteidigers sollen dem Angeklagten bis auf den Fall des Verschuldens bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand naturgemäß zur Last fallen.[29] Ob der Verteidiger tatsächlich vertretbar verteidigt, wird zum Schutz der freien Verteidigung nicht
überwacht, vielmehr soll – so die in Deutschland herrschende Ansicht – nur in offensichtlichen Extremfällen einmal ein Eingriff auf Grund der objektiv verstandenen Fürsorgepflicht des Gerichts zulässig sein.[30] Fasst man dies zusammen, so verwirklicht der Verteidiger mit seinem Wirken im Prozess einerseits ein hochstehendes Menschenrecht. Dieses ist jedoch andererseits nur im Extremfall dagegen gesichert, dass der Verteidiger dieses Menschenrecht nur auf dem Papier verwirklicht, denn der Angeklagte selbst ist gerade unfähig, den Prozess und so auch das Tun seines Verteidigers zu überblicken und treffsicher einzuschätzen.[31]
Soll das Recht des Angeklagten auf einen effektiven Verteidigerbeistand in der Praxis tatsächlich wirksam garantiert werden und die staatliche Strafe durch das zuvor gewährte faire Verfahren legitimiert sein, stellt die hier geschilderte Rechtslage ein bedauerliches Dilemma dar. Dem Angeklagten wird die Schlechtverteidigung zugerechnet und der Verlust der tatsächlich wirksamen Verteidigung wird so hingenommen, obgleich der Angeklagte den Verteidiger gerade hat, weil er zur Bewältigung des Verfahrens unter Wahrung seiner Rechte nicht in der Lage ist. Diese Rechtslage ist nicht nur unbefriedigend, sie ist auch nicht als eine gleichsam schicksalhafte prozessuale Fügung zu begreifen, selbst wenn ihre Behebung oder Eindämmung schwierig und nicht vollumfänglich möglich ist: Der tatsächliche Ausfall einer wirksamen formellen Verteidigung darf nur dann und nur soweit hingenommen werden, wie dies zum Schutz der freien Verteidigung und zur Bewahrung der Funktionalität des Strafprozesses unvermeidlich ist.
Die hier erhobene Forderung, das Problem der Schlechtverteidigung stärker wahrzunehmen und sodann anhand der deutschen Prozessordnung verbessert zu bewältigen, ist vor allem auf Grund des Rechts auf eine effektive Verteidigung gemäß Art. 6 III lit. c EMRK zu erheben, das auch die Europäische Kommission bereits zur Forderungen eines wirksameren Schutzes gegen Schlechtverteidigungen veranlasst hat.[32] Mit dem EGMR ist davon auszugehen, dass das Recht auf Verteidigung konkret und wirksam auszulegen und zu garantieren ist.[33] Dies bedeutet im Rahmen der wirksamkeitsverpflichteten Menschenrechtsauslegung, dass das Recht für den Inhaber tatsächlich wahrnehmbar gewesen sein muss.[34] Besondere Bedeutung erlangt das Recht auf Verteidigerbeistand zudem dadurch, dass der Verteidigerbeistand in den heute praktizierten Verfahren tatsächlich ein allgemein notwendiges Prozessinstitut ist: Typischerweise kann der Angeklagte nur durch ihn sein Recht auf eine faire Verfahrensteilhabe gemäß Art. 6 EMRK praktisch wahrnehmen.[35] Es darf insoweit im Ergebnis nicht sein, dass weder der Verteidiger, der völkerrechtlich nicht der Adressat des Menschenrechts ist, noch der Staat für die tatsächliche Verwirklichung dieses so wichtigen Angeklagtenrechts einstehen bzw. haften.
Vor diesem Hintergrund hat der EGMR Grundsätze entwickelt und wiederholt vertreten, mit denen er Vertragsstaaten der EMRK im Ergebnis dafür verantwortlich gemacht hat, dass die konkrete und wirksame Verteidigung trotz der Bestellung eines Verteidigers im Verfahren ausgeblieben ist.[36] So hat er zum Beispiel einen Vertragsstaat verurteilt, weil ein Pflichtverteidiger eine reine Formvorschrift nicht beachtet hat und dem Angeklagten dadurch ein Rechtsmittel praktisch verloren ging, weil auch das Rechtsmittelgericht nicht korrigierend eingegriffen hat.[37] Auch wenn nicht jeder irgendwie geartete Verteidigungsmangel die staatliche Verantwortlichkeit auslöst, sind die Staaten doch verpflichtet, durch ihre Justizorgane aktiv auf eine tatsächlich wirksame Verteidigung hinzuwirken. Wird ihnen offenkundig, dass eine Verteidigung am Maßstab des Art. 6 EMRK unwirksam war, müssen sie geeignete Maßnahmen treffen, um diesen Zustand zu beheben.[38]
Dass diese Rechtsprechung des EGMR trotz ihres Abstellens auf eine "Offenkundigkeit" über die bisherigen deutschen Grundsätze der "objektiven Fürsorgepflicht" hinaus geht und zu der gebotenen konventionskonformen Handhabung des deutschen Rechts anhält, wird im Schrifttum bereits gesehen.[39] Vor allem aber beruht diese ihrerseits noch auszubauende Rechtsprechung auch auf einem überzeugenden Grundgedanken: Auch wenn das Recht auf Verteidigerbeistand notwendig durch eine vom Staat unabhängige Person verwirklicht werden muss, kommt dem Verteidiger doch letztlich die Stellung eines Treuhänders zu, der eine Pflicht erfüllt, die der Staat gegenüber dem angeklagten Bürger hat, nämlich diesem
eine effektive Verteidigung zu gewähren.[40] Sieht man aber – was jeder engagierte Verteidiger teilen dürfte! – die tatsächliche Beachtung der Verteidigungsrechte als unersetzlichen Baustein bei der Legitimation der staatlichen Strafe gegenüber jedem Bürger, dann muss diese Legitimation angesichts der zentralen Bedeutung des Verteidigerbeistands für das faire Verfahren schweren Schaden nehmen, wenn die tatsächlich geleistete Verteidigung ihren Namen nicht wert ist.[41] In diesem Fall hat der Staat dem Angeklagten praktisch kein faires Verfahren gewährt und damit eine Bedingung nicht erfüllt, deren Erfüllung zwingende Voraussetzung eines jeden rechtskräftigen Strafurteils sein muss.
In diesem Sinne weist zum Beispiel auch die Rechtsprechung anderer europäischer Staaten Rügen der Schlechtverteidigung in Rechtsmitteln nicht mit dem Vorwurf einer sehr fehlerhaften Rechtsauffassung des Rechtsmittelführers zurück, wobei auch sie Vorsicht walten lässt, um die Verteidigung unabhängig zu halten: Man greift vielmehr die Ansätze des EGMR sichtbar auf und erweitert diese.[42] Auch in Deutschland sollte die – ihrerseits noch fortzuentwickelnde[43] – Rechtsprechung des EGMR Anlass dazu sein, das Problem vermehrt anzugehen, um für die spezifische deutsche Prozessrechtslage Antworten zu finden, die – anders als die bisherigen Maßstäbe – nicht nur bei den absolut gravierendsten Verteidigungsausfällen greifen könnten. Regelungen der StPO (insbesondere die §§ 138, 139, eingeschränkt auch § 145 StPO) verdeutlichen neben dem unmittelbar anwendbaren Art. 6 EMRK, dass die Qualität der Verteidigung auch dem deutschen Recht nicht gleichgültig ist.[44] Positive Ansätze zu einer Fortentwicklung sind auch in der deutschen Rechtsprechung durchaus vorhanden.[45]
Vorschlägen zu einer verbesserten Strategie gegen ohne weiteres dem Angeklagten zuzurechnende Schlechtverteidigungen werden zahlreiche Einwände entgegengehalten. Die wichtigsten[46] von ihnen sollen aufgegriffen werden, um zu zeigen, dass die in dieser Kritik enthaltenen Einsichten bislang oft zu falschen Schlüssen führen. Die heute praktizierte Tabuisierung des "heiklen Themas"[47] Schlechtverteidigung vermögen sie nicht zu tragen.
Zuallererst wird gefürchtet, dass eine Mitverantwortlichkeit des Staates für die konkrete und wirksame Verteidigung zu einem Verlust an Autonomie führen müsse: Das Thema habe ein Tabu zu bleiben, damit der Staat nicht (zu eigenen Zwecken) diktieren kann, wie eine wirksame Verteidigung auszusehen hat.[48] So soll zum Beispiel verhindert werden, dass eine energische Verteidigung unter Berufung auf eine objektiv gebotene Fürsorge mundtot gemacht wird, indem man etwa zur Abwehr einer für den Angeklagten vermeintlich schädlichen "Konfliktverteidigung" den bestellten Vertrauensverteidiger des Angeklagten entpflichtet.
Diese Gefahr droht indes genau dann und nur dann, wenn ein Anschluss an Grundsätzen "objektiven richterlicher Fürsorge" erfolgt. Eben dieser Anschluss aber wird hier nicht propagiert. Es geht darum, ein Individualrecht des Angeklagten zu wahren, das schon durch seinen Charakter als Menschenrecht auf eine selbstbestimmte Wahrnehmung angelegt ist, die nicht durch den Staat okkupiert werden darf, gegen dessen Anklage sich die Verteidigung stets richtet.[49] Es kann gemäß Art. 6 EMRK nie darum gehen, dem Verteidiger eine bestimmte "optimale" Verteidigung vorzugeben, sondern die Maßnahmen müssen ausnahmslos die Herstellung einer autonom
bestimmten Verteidigung zum Ziel haben, während der Staat für vermeintlich "sichere Wohltaten" auf seine mannigfaltigen eigenen Handlungsmöglichkeiten im Prozess verwiesen ist.[50] Wenn ein aufgeklärter Angeklagter etwa in Abstimmung mit dem Verteidiger eine besonders energische Verteidigung mitträgt, bleibt eine Entpflichtung in diesem Fall das, was sie ist: Ein empfindlicher Rechtseingriff, dessen Legitimation nicht auf das autonom wahrzunehmende Recht auf konkrete und wirksame Verteidigung gestützt werden kann. Nimmt ein Gericht hier einen Eingriff auf Grund des "vermeintlichen Eingriffstitels" der konkreten und wirksamen Verteidigung vor, zeigt sich genau hieran der Rechtsverstoß des Gerichts.
Oft wird eingewandt, dass sich ein Maßstab für die richtige und angemessene Verteidigung gar nicht angeben lässt.[51] Mit anderen Worten: Was "die" richtige Verteidigung ist, könne niemals am akademischen Reißbrett entworfen werden.
Dieser Einwand ist für sich genommen absolut berechtigt. Auch hier aber ist zu insistieren, dass es nicht darum geht, dem Verteidiger bzw. dem Angeklagten eine optimale Verteidigung oder eine allein selig machende Prozessstrategie vorzuschreiben.[52] In einem Prozess, der nicht gleichsam mathematisch entschieden wird, lässt sich schon angesichts des unbekannten Entscheidungsverhaltens des Gerichts niemals bis ins Einzelne "die" richtige Verteidigung ausmachen. Es geht vielmehr gemäß Art. 6 EMRK darum, das Leerlaufen der (menschenrechtlichen) Verteidigungsrechte infolge ihrer mangelnden Prüfung oder ihrer mangelhaften Umsetzung zu verhindern. Dieser Leerlauf kann durch einzelne Versäumnisse bei der Verteidigung oder durch einen insgesamt ungenügenden Verteidigungseinsatz geschehen. Es geht so beispielhaft darum, zu sichern, dass überhaupt eine subjektiv gewählte Verteidigungsstrategie gemeinsam mit dem Angeklagten bestimmt und umgesetzt wird, die auf einer noch angemessen zu nennenden Vorbereitung des Verfahrens beruht. Es muss etwa für ersichtlich zentrale Verteidigungsmöglichkeiten gezeigt sein, dass der Angeklagte diese nicht zufällig und insbesondere nicht nur angesichts der Überlastung seines Verteidigers ausgelassen hat, sondern dass die Auslassung auf einer überlegten Verteidigungsstrategie beruht. So darf es zum Beispiel nicht hingenommen werden, wenn ein Verteidiger einer fallentscheidend beweiserheblichen Zeugenvernehmung nicht beiwohnt und er damit das Konfrontationsrecht des Angeklagten leer laufen lässt: Wird dem Staat ein solches Verhalten gewahr, darf nicht der Angeklagte hierunter leiden, solange ein bewusster und abgestimmter Verzicht des Angeklagten auf das Konfrontationsrecht nicht festgestellt ist.[53]
Nach diesem Maßstäben wird dem Verteidiger nichts Unmögliches abverlangt, sehr wohl aber zum Beispiel gefordert, dass er die Verteidigungsstrategie auf einer sorgfältigen Aktenaufarbeitung aufbaut und einen der Bedeutung des Falles angemessenen Informations- und Strategieaustausch mit dem Angeklagten pflegt. Ein unwirksame Verteidigung, die nach Art. 6 EMRK durch den Staat nicht einfach hinzunehmen ist, liegt nach dem hier vertretenen Ansatz vor, wenn der Verteidiger Rechte, die durch das Recht auf ein faires Verfahren garantiert sind und die er in Abstimmung mit dem Angeklagten für den Rechtsinhaber wahren und zum Teil selbst wahrnehmen muss, nicht durch die Erfüllung seiner Pflichten als Verteidiger verwirklicht.[54] Gleiches gilt dann, wenn spezifische Funktionen des Verteidigers nach Art. 6 III lit. c EMRK praktisch nicht erfüllt worden sind. Nach diesen, freilich für die deutsche Prozessordnung und die einzelnen Teilrechte des Art. 6 EMRK noch zu konkretisierenden Maßstäben muss es möglich sein, mit der Rüge von Verteidigungsfehlern Gehör zu finden. Mit den vertretenen Maßstäben wird weder Verteidigern eine einzige Strategie aufgezwungen, die am Ende diejenige des Staates sein könnte, noch wird das praktisch relevante Phänomen der Schlechtverteidigung – anders als bisher – weiter ohne wirkliche Not toleriert.
Als wesentliches Argument gegen die Formulierung von Maßstäben gegen die Schlechtverteidigung wird betont, dass es offensichtlich ausgeschlossen muss, den Verteidiger durch die Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht überwachen zu lassen.[55]
Dieses Argument kann ebenfalls für sich genommen nur unterstrichen werden! Es führt allerdings in die Irre, wenn man daraus schließt, dass wegen des zur Durchsetzung der wirksamen Verteidigung ausgeschlossenen Mittels der Überwachung auch keine begründeten Maßstäbe formuliert und verwirklicht werden könnten.[56]
Zunächst ist es schon zu bestreiten, dass Verletzungen des Art. 6 EMRK infolge einer Schlechtverteidigung stets voraussetzen, dass ein staatliches Organ die Schlechtverteidigung während ihres Geschehens bemerkt und ihr nicht abgeholfen hat:[57] Vielmehr ist auch ohne eine allgemeine Überwachungsmöglichkeit des Staates davon auszugehen, dass dem Staat leer laufende Verteidigungen prinzipiell zuzurechnen sind, soweit sie nicht berechtigt dem Angeklagten angelastet werden können. Aber auch davon ganz abgesehen ist es ein Trugschluss, zu meinen, dass Staatsanwälte und Gerichte nur durch eine allgemeine Überwachung der Verteidigung die Möglichkeit erlangen, zugunsten des Angeklagten Schlechtverteidigungen zu beheben. Es kommen andere Strategien und Instrumente in Betracht, die bislang zu Unrecht auf Grund des nicht hinreichenden Problembewusstseins in der Diskussion kein Gewicht haben:
Zu aller erst gibt es im Prozess mannigfaltige Situationen, in denen mangelhafte Verteidigung von ganz allein offenbar wird. Als praktisch bedeutsamstes Beispiel mag die oftmalige Unzulässigkeit von Verfahrensrügen gemäß § 344 II 2 StPO dienen, für die ganz offenbar nicht der Angeklagte originär verantwortlich zu machen ist.[58] Ganz allgemein ist die Revision ein Mittel, um den Leerlauf von Verteidigungsrechten noch vor dem Eintritt der Rechtskraft und ohne Konflikt mit der Autonomie der Verteidigung zu beheben.[59] Hinzu kommt, dass die Verteidigung schon heute Rechtskontrollen unterliegt. Es überzeugt nicht, dass solche Rechtskontrollen nur dann möglich sein sollen, wenn die Verteidigung eingeschränkt wird – sie können auch bei der Herstellung von effektiver und autonomer Verteidigung sinnvoll sein.[60]
Schließlich bieten sich Möglichkeiten, gerade den Angeklagten in seiner Sache weitgehender als bisher in die Lage zu versetzen, dass er Mängel seiner Verteidigung rechtzeitig gegenüber dem Gericht geltend machen kann:[61] Insbesondere kann er durch verbesserte Informationen und durch die Pflicht zur Dokumentation dieser Information geschützt werden. Er ist zum Beispiel darauf hinzuweisen, dass es ihm unter der Gefahr eines sonst eintretenden Rechtsverlustes obliegt, das Gericht auf bedenkliche Verteidigungspraktiken aufmerksam zu machen. Zu guter Letzt ist nicht zu vergessen, dass Rechtsmaßstäbe und Rechtsauslegungen darauf zu untersuchen sind, ob sie den Angeklagten ohne praktikable Selbstschutzmöglichkeiten in besonderem Maße der Gefahr einer Schlechtverteidigung ausliefern: Ist dies der Fall, kann und sollte das Problem durch veränderte Rechtsmaßstäbe entschärft werden.[62]
Ein nicht offen ausgesprochenes Gegenargument liegt darin, dass eine verstärkte Qualitätskontrolle etwaige Fehler der Verteidigung auch vermehrt "zum Thema macht". Auch die Aufmerksamkeit der Mandanten würde wachsen, was gegenüber diesen zu einem verstärkten Rechtfertigungsbedarf führen dürfte. Diskussionen über mögliche Pflichtverletzungen des Verteidigers könnten darüber hinaus zu Spannungen und Misstrauen innerhalb der Verteidigung führen, obschon hier doch Vertrauen herrschen muss und herrschen sollte.[63]
Bei allem Verständnis dafür, dass die Thematisierung eigener beruflicher Fehler unangenehm ist, muss man aber doch davon ausgehen, dass es einem pflichtgemäß prüfenden und vorgehenden Verteidiger stets gelingt, auch vor dem Hintergrund zu beachtender Qualitätsmaßstäbe das Vertrauen seines Mandanten zu gewinnen und zu bewahren. Stets muss sich der Verteidiger das Vertrauen seines Mandanten erst erwerben, was im Wesentlichen durch die kontinuierliche Erfüllung seiner Verteidigerpflichten geschieht.[64] Die hier vorgeschlagenen und durchaus weiter sehr durchlässigen Maßstäbe der Verteidigungsqualität dürften allein dann ernsthaft problematisch sein, wenn der Verteidiger dem Mandanten nicht darstellen kann, dass er die Verteidigung auf Grund einer soliden Vorbereitung und auf Grund einer akzeptablen
Strategie führt. Damit wären aber auch diejenigen Innenverhältnisse der Verteidigung von den Qualitätsmaßstäben erreicht, in denen sie präventiv durchaus heilsam an die zu leistenden Verteidigungsarbeiten und an die nötige Abstimmung mit dem Mandanten erinnern könnten. Zudem ist zu betonen, dass etwaige unbegründete oder überzogene Versuche von Seiten der Staatsanwälte und/oder des Gerichts, den Verteidiger in den Augen des Mandanten schlecht zu machen und damit das Vertrauensverhältnis innerhalb der Verteidigung zu torpedieren, ihrerseits als revisible Eingriffe in die Verteidigung zu bewerten wären, die insbesondere die Besorgnis der Befangenheit auslösen können.
Allgemein dürfte es geboten sein, dass die Verteidiger eine Thematisierung der Schlechtverteidigung nicht allein als ein per se ehrenrühriges und möglicherweise haftungsrelevantes Ärgernis sehen.[65] Zu berücksichtigen ist dabei, dass der hier verfolgte Maßstab des Art. 6 EMRK nicht daran ansetzt, pauschale Urteile über die persönliche Leistungsfähigkeit des Verteidigers im Allgemeinen zu fällen: Vielmehr ist für das jeweilige Verfahren konkret zu prüfen, ob Rechte des Art. 6 EMRK verletzt worden sind.[66] Auch Verteidiger sollten der Thematisierung des Problems der Schlechtverteidigung somit zugunsten der Mandanten durchaus näher treten können. Die Selbstverständlichkeit, mit der Verteidiger aus einem zu Rechtsverletzungen führenden Versehen von Richtern und Staatsanwälten die gebotenen Folgen für den Mandanten ableiten, sollte im Ergebnis auch dann walten, wenn einem Verteidiger – etwa wegen der überhöhten Darlegungsanforderungen – ein Versehen bei der Verteidigung selbst unterlaufen ist oder eine zu knappe Zeitplanung letztlich unabsichtlich zu einer unangemessenen Vorbereitung geführt hat. Es wäre menschlich erstaunlich, unterliefen nur der Justiz und nicht auch den Verteidigern Fehler, zumal die Verteidiger als Freiberufler unter einem besonderen Druck stehen, von ihrem Beruf auch anständig leben zu müssen. Vereiteln aufgetretene Fehler die Verwirklichung eines Menschenrechts, sollten es nicht gerade die Verteidiger sein, die sich dafür einsetzen, die mangelhafte Verteidigung weiter wie bisher einfach hinzunehmen, wenn es doch Lösungen gibt, die nicht in einer Überwachung der Verteidiger bestehen.[67]
Das Problem der Schlechtverteidigung ist vor allem in Parteiprozessen längst ein Standardthema, das auch zur Anerkennung einer Rechtsmittelrüge der unwirksamen Verteidigung geführt hat.[68] Die Verteidiger der Parteiprozesse leben also hier mit der Last einer Qualitätskontrolle, ohne dass diese die Verteidigung etwa in England oder in den USA zum Erliegen gebracht hätte. Schon allgemein ist indes zu betonen, dass der Schutz gegen Schlechtverteidigung nicht nur in Parteiverfahren geboten ist.[69] Auch der Richter eines ohne Verteidiger geführten inquisitorischen Verfahrens muss sich eingestehen, dass er nie sagen kann, ob dieses Strafverfahren mit einem aktiven Verteidiger mit dem gleichen Ergebnis geendet hätte, selbst wenn er das Verfahren aus seiner Sicht nach bestem Wissen und Gewissen geführt hat.[70] Die autonome Verteidigung ist auch neben der objektiven Verfahrensführung durch das Gericht von eigenständiger Bedeutung. Sie repräsentiert ein notwendiges und eigenständiges Kernelement des reformierten Inquisitionsprozesses, der den Angeklagten als ein Prozesssubjekt anerkennt, das über den Verteidiger erst praktisch handlungsfähig wird.[71] So kann zum Beispiel ein Richter nicht notwendig richtig und fair prozessieren, wenn ihm entscheidende und anders nicht verfügbare Informationen aus dem Innenverhältnis der Verteidigung auf Grund einer Schlechtverteidigung nicht verfügbar gemacht werden. Bestätigt wird all dies auch durch den Blick in andere, deutschsprachige Prozessrechte: So wird das Recht auf eine wirksame formelle Verteidigung gerade im Kontext der Schlechtverteidigung auch in schweizerischen Strafverfahren seit langem in allen Prozessstadien zu einem ernsthaften Thema gemacht, obgleich auch hier reformierte Inquisitionsverfahren vorliegen.[72]
Wenn in einem Inquisitionsverfahren aber die inquisitorischen Schutzinstitute wie die Garantie der objektiven Rechtmäßigkeit des Verfahrens und ihrer Prüfung durch das Gericht immer mehr auf dem Rückzug[73] sind, wenn
Gerichte mehr und mehr auf die Aktivität der Verteidigung und damit der Verteidiger konstitutiv setzen, bevor sie in revisible Prüfungen zugunsten des Angeklagten eintreten, dann wird unmittelbar handgreiflich, wie bedeutsam die Frage nach der Qualität der formellen Verteidigung nunmehr auch in Deutschland geworden ist:[74] Sie wird mehr und mehr zur entscheidenden Weichenstellung, insbesondere wenn in der Revision über Verfahrensrügen zu befinden ist. Wenige Beispiel zeigen hier die Entwicklung, die vor allem durch den 1. Strafsenat befördert wird: So sollen die Tatrichter heute die Rechtmäßigkeit von Ermittlungsmaßnahmen, die tief in Grundrechte eingreifen, letztlich vermuten.[75] Ganz allgemein sollen Verwertungsverbote auch dann von Widersprüchen abhängig sein, wenn nicht belegt ist, dass der davon belastete Angeklagte das Verwertungsverbot überhaupt gekannt hat.[76] Die Widerspruchslösung selbst wird nun wie gesehen noch verschärft, indem das Tatgericht die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens bei der Beweisverwertung nur noch prüfen muss, wenn und soweit der Verteidiger einen Widerspruch erhoben hat. Über das "Argument" des als objektive Eingriffsformel benutzten Beschleunigungsgrundsatzes wird schließlich insbesondere die Qualität der Verhandlung und ihrer Dokumentation gesenkt.[77] Schließlich stehen verfahrensrechtliche Anliegen des Angeklagten mehr und mehr wieder hinter § 344 II 2 StPO zurück, dessen Anforderungen die Revisionsgerichte offenbar nun wieder ausreizen,[78] nachdem die früher beim BVerfG lange anhängige Verfassungsbeschwerde ausgestanden ist.[79]
Nur knapp ist zu ergänzen, dass die vermeintliche Entbehrlichkeit wirksamerer Maßstäbe gegen die Schlechtverteidigung auch durch die heute unumstößliche Absprachenpraxis in Frage gestellt wird. Mit der heutigen Praxis, die aus den strengen Formen der StPO eher einen Darstellungsrahmen für die Ergebnisse werden lässt, die durch ein ungeregeltes und ungeschriebenes Aushandeln erzielt worden sind, verlieren bekanntlich viele der schützenden Formen des kontinentalen Inquisitionsprozesses moderner Prägung weiter an Bedeutung. Überschätzt man auch in diesem Kontext den Angeklagten nicht, ist sein prozessuales Schicksal auch hier ganz weitgehend damit verknüpft, ob der Verteidiger tatsächlich auf der Grundlage einer ansprechenden Analyse des Falles und mit einem hinreichenden Widerstandspotential dem Gericht gegenübertritt.[80] Nicht nur beim Gericht, sondern auch beim Verteidiger ist zu befürchten, dass die eigenständige Prüfung des Sachverhaltes und der Verteidigungschancen all zu schnell durch eine Konsensmaxime ersetzt wird, die dem Angeklagten – da er den Konsens in seinen rechtlichen Grundlagen nicht wirklich beurteilen kann – keineswegs immer nur zum Vorteil gereichen muss.[81] Berücksichtigt man, dass die hier beteiligten Juristen oft eine "courtroom workgroup" bilden und die typische, sich wiederholende Besetzung der Strafverfahren darstellen, während der Angeklagte den "casual one-day actor" gibt,[82] muss auch hier Vorsorge getragen werden, damit Rechtsverletzungen durch Verteidiger nicht ohne Not hingenommen werden. Verteidiger die bewusst oder unbewusst zum Geständnisgaranten für das Gericht mutieren, die zu einem streitigen Prozess gar nicht mehr in der Lage und die auf diesen auch nicht vorbereitet sind, werden besonders eindrücklich aber nicht nur für Parteiprozesse beschrieben.[83] Bei allem Vertrauen darauf, dass Verteidiger prinzipiell eine gute Arbeit leisten und das für den Angeklagten oft im Ergebnis vorteilhafte Mittel der Absprache sorgsam einsetzen: Es wäre erstaunlich, sollte diese verkümmerte Form aktiver Verteidigung nicht auch in den heute tatsächlich praktizierten deutschen Verfahren in einem zählbaren Ausmaß anzutreffen sein.
Geht man von jenen Prämissen aus, ist dem 1. Strafsenat in vielem zuzustimmen. Ebenso lässt seine Entscheidung
aber in grundlegenden Fragen erkennen, dass die Maßstäbe der deutschen Rechtsprechung zur Schlechtverteidigung kritikwürdig sind.
So ist es zustimmungswürdig, dass der 1. Strafsenat die prinzipielle Eigenständigkeit des Vorgehens der Verteidigung und die unmögliche allgemeine Überwachung betont. Positiv ist auch anzuführen, dass der 1. Strafsenat weder dazu ansetzt, über den hier verteidigenden Anwalt im Allgemeinen persönlich zu urteilen, noch ein pauschal anmutendes Urteil über die allgemeine Leistungsfähigkeit von Fachanwälten und nicht (formal) spezialisierten Rechtsanwälten formuliert. Es mag durchaus sehr klug sein, primär Fachanwälte in Kapitalstrafsachen als Pflichtverteidiger zu bestellen, zumal im Schnitt Verteidigerfehler bei Spezialisten eher seltener auftreten dürften. Indes muss aber berücksichtigt werden, dass ein zu eng gezogener Kreis der möglichen Pflichtverteidiger auch im Konflikt zum Recht auf einen Verteidiger des Vertrauens steht, das nicht notwendig nur einem Fachanwalt geschenkt werden muss. Ganz allgemein ist es der bessere und zielführende Weg, nicht an einem allgemeinen Urteil über den fraglichen Verteidiger anzusetzen. Es ist anstatt dessen jeweils die Frage zu stellen, ob die Qualität der Verteidigung im konkret vorliegenden Verfahren Rechte des Art. 6 EMRK verletzt hat und insofern nicht mehr tolerabel war, mithin zu einem eigenständig revisiblen Rechtsfehler geführt hat.
Eben hier liegt sodann aber auch der wesentliche Einwand gegen die Entscheidung des Senates und der deutschen Rechtsprechung im Übrigen: Der Ansatz muss an der Herbeiführung autonomer und wirksamer Verteidigung erfolgen. Nicht die objektive Fürsorgepflicht, unter deren Mantel das Entgleiten in einen bevormundenden Eingriff zwar nicht notwendig erfolgen muss, wohl aber konzeptionell denkbar erscheint, darf der Ausgangspunkt sein. Vielmehr muss von vornherein die Prüfung anhand des Maßstabs erfolgen, ob das Verhalten eines Verteidigers durch ein einzelnes Vorkommnis oder in seiner Gesamtheit Rechte des Art. 6 EMRK hat leer laufen lassen, ohne dass dies dem Angeklagten berechtigt zuzurechnen ist.[84] Ist dies festzustellen, muss eine entsprechend erhobene Verfahrensrüge durchgreifen. Die Rüge unwirksamer Verteidigung ist in jedem Fall ernsthaft zu prüfen und nicht so aufzunehmen, als "verkenne" eine Revision, die sich immerhin auf Grundsätze des EGMR berufen kann, schon "im Ansatz" etwas. Vielmehr muss die zu enge Ansicht des 1. Strafsenats kritisiert werden, der sich offenbar als einzige Handlungsweise von Staatsanwaltschaft und Gericht die Überwachung und die Entpflichtung von Verteidigern vorstellen kann. Richtig ist dagegen, dass zum Beispiel auch eine Pflichtenmahnung als milderes Mittel regelmäßig in Betracht kommt und dass einer tatsächlich unwirksamen Verteidigung auch ohne Überwachung noch über das Mittel der Revision abgeholfen werden kann.[85] In unserem Fall hätte zum Beispiel auch die Frage des Verteidigers nach der Übernahme der Dolmetscherkosten schlicht beantwortet werden können, um einer etwaig behinderten Verteidigungskommunikation entgegen zu wirken. Die zur Äußerung aufgeforderte Staatsanwaltschaft hätte die Anfrage entsprechend ihrer übrigen Praxis in diesem Verfahren bejahend beantworten müssen.
In dieser Perspektive überzeugt die Entscheidung des 1. Strafsenats so aber im Ergebnis nicht. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil bei Art. 6 EMRK stets auch eine Gesamtbetrachtung der gerügten einzelnen Prozessvorkommnisse veranlasst ist, was auch Mitglieder des 1. Strafsenates bereits betont haben.[86] Diese Gesamtbetrachtung ist nicht etwa nur geboten, wenn es darum geht, zum Beispiel Beeinträchtigungen des Konfrontationsrechts mit Blick auf das Gesamtverfahren unbeachtlich sein zu lassen,[87] sondern sie ist gerade auch zugunsten des Angeklagten anzustellen, ohne dass überzogene Darlegungsvoraussetzungen dies entbehrlich machen könnten.[88] Im Fall bestehen so insgesamt doch erhebliche Zweifel daran, dass in der hier betroffenen Kapitalstrafsache eine vertrauensvolle und fruchtbare Verteidigungszusammenarbeit stattgefunden hat:
Zunächst mag man noch teilen, dass eine zwingende erneute Anhörung nach der Auswahl des Verteidigers, den die Staatsanwaltschaft vorgeschlagen hat, nach der Anheimstellung der Auswahl durch den Angeklagten nicht aus dem Recht auf Verteidigung abzuleiten ist. Aber schon hier muss man auch einbeziehen, dass eine Vorauswahl durch die Staatsanwaltschaft in den Augen eines Angeklagten Zweifel säen kann. Diese sind angesichts des für eine wirksame Verteidigung vorauszusetzenden Vertrauensverhältnisses bedenklich, denn auch wenn die Staatsanwaltschaft nach deutschem Verständnis keine Partei ist, obliegt ihr doch nach wie vor die Aufgabe der Anklage.[89] Hierin konnte ein Erschwernis für das Entstehen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit als Grundlage einer jeden wirksamen Verteidigung liegen, zumal der ausgewählte Verteidiger sodann wegen des Urlaubs in der sensiblen Zeit nach der Verhaftung
nicht für den Mandanten zur Verfügung stand. Zudem muss in einem – so betont es der Senat selbst – langwierigen Verfahren ein lediglich zweimaliger Besuch in der Haft bei einer Kapitalstrafsache schon erstaunen. Dies erweckt ebenfalls den Eindruck, dass der geschehene Austausch insbesondere bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung kaum rege gewesen sein kann. Der Angeklagte könnte gerade im oft vorentscheidenden Ermittlungsverfahren wenig Unterstützung erlangt haben.[90] Kommt dann noch wie hier hinzu, dass der Verteidiger die staatliche Dolmetscherunterstützung tatsächlich nicht eingefordert hat, sondern – und das ist die Grundaussage des mitgeteilten Schreibens! – schlicht der Staatsanwaltschaft anheim gestellt hat (!), müssen vor dem Hintergrund einer Kapitalstrafsache ernste Zweifel daran bestehen, ob in diesem Verfahren eine hinreichende Kommunikation zwischen Verteidiger und Angeklagtem stattgefunden hat. Ohne eine solche hinreichende Kommunikation mit dem Angeklagten ist aber eine wirksame Verteidigung ausgeschlossen, denn diese hat eine hinreichende Vorbereitung mit dem Mandanten zur Voraussetzung. Hinzu kommt, dass der EGMR bereits verdeutlicht hat, dass die nationalen Gerichte die Beurteilung der Sprachfähigkeit eines Angeklagten nicht ohne weiteres seinem Verteidiger überlassen dürfen, wenn sie selbst von erheblichen Sprachproblemen des Angeklagten erfahren haben, was hier angesichts der eigenen Entscheidung für die Hinzuziehung eines Dolmetschers der Fall ist:[91] Die Gerichte haben als "ultimate guardian of the fairness of the proceedings" selbst für die hinreichende Verwirklichung des Teilrechts auf Hinzuziehung eines unentgeltlichen Dolmetschers einzustehen, so wie es gemäß Art. 6 III lit. e EMRK garantiert wird.
Es spricht in der Gesamtbetrachtung der vom Senat nur einzeln abgehandelten Phänomene daher viel dafür, dass in dem vorliegenden Verfahren tatsächlich Anlass dazu bestand, die Rüge unwirksamer Verteidigung in der Revision erfolgreich sein zu lassen, weil der Verteidiger hier seinen Aufgaben nach Art. 6 III lit. b und c EMRK nicht hinreichend nachgekommen sein dürfte und so auch das Teilrecht des Art. 6 III lit. c EMRK beeinträchtigt haben könnte. Will man den gebotenen effektiven Schutz erzielen, dürfen die darzulegenden Indizien nicht unerreichbar hoch angesetzt werden. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass das Ausbleiben der wirksamen Verteidigung hier dem Angeklagten berechtigt anzulasten war. Allerdings ist ein abschließendes Urteil über die Unwirksamkeit der Verteidigung nach Art. 6 EMRK hier wohl nicht möglich, da über den Sachverhalt und die immerhin noch erfolgte Kommunikation insbesondere im Umfeld der Hauptverhandlung letztlich nicht genug bekannt ist. Der Senat hielt diesen Punkt nach seiner Rechtsauffassung nicht für ansprechenswert, möglicherweise enthielt die Revision insoweit auch keine Angaben. Festzuhalten ist immerhin, dass die Rüge unwirksamer Verteidigung in diesem Fall, die auch dem Senat bereits neun Umdruckseiten zu ihrer Abarbeitung abverlangt hat, keineswegs aussichtslos war. Sie ist als Beispiel dafür zu nehmen, dass derartige Rügen in geeigneten Fällen über eine an Art. 6 EMRK orientierte Argumentation durchaus Erfolg versprechen können.
Auch derjenige, dem die Freiheit und Konfliktfähigkeit der Verteidigung etwas gelten, kann für verbesserte Strategien gegen die Schlechtverteidigung streiten. Diese Strategien zielen weder auf eine optimale Verteidigung, noch setzen sie jede unprofessionelle Verhaltensweise sofort mit einem Verstoß gegen die Menschenrechte gleich. Aufzufordern ist aber dazu, das Recht auf konkrete und wirksame Verteidigung und damit das Recht auf ein faires Verfahren insgesamt verbessert gegen einen Leerlauf zu schützen. Auf Szenarien wie eine "Verteidigerüberwachung durch die Staatsanwaltschaft" braucht hierfür niemand zurückgreifen.
Lösungen sind zu den einzelnen Bereichen des Prozessrechts zu entwickeln, zumal auch die Rechtsprechung des EGMR hierzu Anlass bietet.[92] Als Lösungsstrategie kommt zuallererst die Prüfung von Darlegungs- und Berufungsobliegenheiten auf ihre Übersteigerung an, da hiermit bislang tolerierte Schlechtverteidigungen in erheblichem Umfang ihre verheerende Wirkung verlören. Als Beispiele liegen die Aufgabe der Widerspruchslösung zugunsten einer Zustimmungslösung ebenso auf der Hand, wie die Zurücknahme übersteigerter Darlegungsanforderungen bei § 344 II 2 StPO. Darüber hinaus ist eine Umstellung fragwürdiger "Fürsorgegrundsätze" auf differenzierte Lösungen in Angriff zu nehmen, die sich auf die Verwirklichung des autonom wahrzunehmenden Rechts auf konkrete und wirksame Verteidigung verpflichten. Vor allem in der Revision, so scheint es, werden sich bislang ungenutzte und verwehrte Möglichkeiten eröffnen müssen, die das Recht auf konkrete und wirksame Verteidigung vermehrt zur Geltung bringen. Wem das Recht auf eine wirksame Verteidigung tatsächlich etwas wert ist, der belässt es nicht dabei, möglicherweise prozessentscheidende Versäumnisse des Verteidigers ohne überzeugenden Grund stets und damit vorschnell als ein unabwendbares Schicksal des Angeklagten zu begreifen.
* Für Kritik und Anregungen kann gern die Adresse karsten.gaede@law-school.de genutzt werden. Es besteht die Möglichkeit, das Thema in der HRRS weiter zu behandeln. Auch Erfahrungsberichte wären hier sehr wertvoll. Selbstverständlich sind auch von der Meinung des Autors abweichende Beiträge willkommen. Für hilfreiche Durchsichten des Beitrages gilt herzlicher Dank Wiss. Mit. (BVerfG) und Richter Ulf Buermeyer, Berlin/Karlsruhe, Wiss. Ass. Stephan Schlegel, Zürich sowie Gerry Gähler, Hamburg.
[1]Vgl. BGH StV 2006, 627 = HRRS 2006 Nr. 713 (Missbrauch bei der Verfahrensrüge) m. abl. Bespr. Lindemann/Reichling StV 2007, 152 ff.; Kudlich HRRS 2007, 10 ff.; Gaede StraFo 2007, 29 ff.; siehe auch BGH StV 2007, 403 ff. = HRRS 2007 Nr. 600 m . abl. Bespr. Hamm NJW 2007, 3166 ff.; bedenklich in der Argumentation vor allem Landau NStZ 2007, 121 ff.
[2] Vgl. Neuhaus StV 2002, 43: "Jeder versierte Praktiker weiß, dass es Jahr für Jahr eine erhebliche Anzahl unzureichender Verteidigungen gibt."; Barton, Mindeststandards der Verteidigung (1994), S. 20 ff., 34 f .; Gatzweiler StraFo 2001, 187, 190; Thielemann StraFo 2006, 358, 359 ff.: "Klinkenputzen" bei Strafkammer- und Schöffengerichtsvorsitzenden; Stavros, The Guarantees for Accused Persons Under Article 6 of the ECHR (1993), S. 214 ff.: ernstes und nicht seltenes Problem auf europäischer Ebene; Vogtherr, Rechtswirklichkeit und Effizienz von Strafverteidigung (1991), S. 1: nicht der durch den genialen Anwalt gewonnene, sondern der durch den schlechten Anwalt verlorene Prozess ist das praktisch bedeutsame Problem.
[3] Vgl. so BVerfG NJW 2007, 499, 502 f . = HRRS 2007 Nr. 726; BGH HRRS 2007 Nr. 901 und eben die besprochene Entscheidung Nr. 900. Zum IGH nur die Entscheidung Avena IGH HRRS 2004 Nr. 432.
[4] Vgl. so etwa Walther HRRS 2004, 126, 130 f .
[5] Vgl. m.w.N. BGH HRRS 2007 Nr. 901.
[6] Vgl. BGHSt 38, 214, 225 f .; 50, 272, 274 f .; zusf. Beulke, Strafprozessrecht, 9. Aufl. (2006), Rn. 117, 150. Zur Übertragung ablehnend schon Walther HRRS 2004, 126, 131. Einschränkend aber nun BGH HRRS 2007 Nr. 463.
[7] Nicht aufgegriffen wird die insbesondere vom 1. Strafsenat betriebene und mit dem Beschluss bestätigte extensive Auslegung des § 344 II 2 StPO, die der Senat schon in BGH NStZ 2007, 161, 162 verfolgt und auch zuvor implizit zugrunde gelegt hat, vgl. BGH JR 2006, 297 ff. mit der zust. Anm. Cirener/Sander, mit der diese den Senat gegen eine krit. Anmerkung in Schutz nehmen, welche auch die Überdehnung des § 344 II 2 StPO nicht teilt. In dieser Fallgruppe entfernt sich die Rechtsprechung deutlich von der gesetzlichen Maxime, dass ein (Revisions-)Gericht das Recht kennen muss, während der Rechtssuchende auch in der Revision nur die zur Entscheidung erforderlichen Tatsachen darzulegen hat (so aber noch §§ 344 II 2, 352 II StPO). Zur Kritik der überstrengen Rechtsprechung vgl. etwa m.w.N. SK-StPO-Frisch, 50. Lfg. 2006, § 344 Rn. 62 ff.; Ritter, Die Begründungsanforderungen bei der Erhebung der Verfahrensrüge gem. § 344 II 2 StPO (2007), S. 158 ff., 210 ff.
[8] Vgl. Fezer JR 1992, 385 f .; ders. JZ 1994, 686 f .; ders. StV 1997, 57, 58 f . m.w.N.; Beulke (Fn. 6), Rn. 150; Ventzke StV 1997, 543 ff.; zust. aber etwa Ignor, Rieß-FS, S. 185 ff.
[9] So Fezer StV 1994, 57, 58.
[10] Vgl. nur Fezer JZ 1994, 686, 687.
[11] Vgl. auch Fezer StV 1997, 57, 58: keine überzeugende Ableitung aus der Stellung des Verteidigers; Beulke (Fn. 6), Rn. 150; Dornach NStZ 1995, 57 ff.; auch Dahs NStZ 2007, 241, 245 f .; zur Stellung des Verteidigers und gegen eine darauf gestützte Einschränkung gemäß Art. 6 EMRK vgl. Gaede, Fairness als Teilhabe – Das Recht auf konkrete und wirksame Teilhabe durch Verteidigung gemäß Art. 6 EMRK (2007), S. 497 ff., 522 f .
[12] Siehe insoweit Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 522 f ., 754 ff., 775 ff.; im Ergebnis z.B. auch Leipold NJW-Spezial 2007, 522.
[13] Für diese z.B. schon Fezer JZ 1994, 686, 687.
[14] Vgl. schon BGHSt 38, 214, 226.
[15] Zur Beurteilung von Obliegenheiten, deren Nichterfüllung zur Rechtseinschränkung herangezogen werden sollen, vgl. bezüglich Art. 6 EMRK Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 754 ff., 775 ff. und 783 ff.
[16] Neben den Rechtsprechungszitaten zur Widerspruchslösung vgl. zur Entwicklung Fezer, Hanack-FS, S. 331 ff.; Wohlers StV 2005, 228, 229; vgl. auch Dahs NStZ 2007, 241 ff.; siehe darüber hinaus z.B. den 1. Strafsenat – in Spannung zur übrigen Rechtsprechung des BGH – in BGHSt 51, 1 ff. = HRRS 2006 Nr. 313; krit. Sommer StraFo 2007, 133; Leipold NJW-Spezial 2006, 282 f .
[17] Siehe etwa auch Fezer StV 1997, 57, 59: eigenständige gerichtliche Verpflichtung, für eine zuverlässige Beweisgrundlage zu sorgen; Bohlander NStZ 1992, 504, 505.
[18] Vgl. auch Walther HRRS 2004, 126, 131, die zustimmungswürdig für eine Aufnahme der Belehrungspflichten des Konsularrechts in die StPO eintritt, um die Beachtung des Konsularrechts im Nachgang der IGH-Entscheidungen nun auch in Deutschland wirksamer zu gewährleisten; siehe auch Kreß GA 2007, 296, 302.
[19] Schon EGMR, Neumeister v. Österreich, Serie A, Nr. 8, § 21: keine Freistellung von der Amtsermittlungspflicht im Inquisitionsverfahren; EGMR, Toth v. Österreich, Nr. 224, § 77; m.w.N. Gaede wistra 2004, 166, 173: keine abstrakte, sondern fallkonkrete Darlegung von Ermittlungsnotwendigkeiten.
[20] Vgl. statt vieler Jahn/Widmaier JR 2006, 166, 170; Krawczyk HRRS 2006, 344, 353 f .
[21] Jedenfalls könnte für ein Verwertungsverbot die auch vom 1. Strafsenat anerkannte Einordnung des Art. 36 I lit. b Satz 3 WÜK in das Recht auf ein faires Strafverfahren sprechen, Walther HRRS 2004, 126, 130; BVerfG NJW 2007, 499, 500 ff.; vgl. für eine systematische Begründung dieser Einordnung m.w.N. Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 588 ff., 608 f.
[22] Vgl. die Avena-Entscheidung HRRS 2004 Nr. 342 und dazu Walther HRRS 2004, 126, 128 ff.; abl. zur Anwendung der Widerspruchslösung auch Kreß GA 2007, 296, 306; einschr. auch BGH HRRS 2007 Nr. 901.
[23] So BGH HRRS 2007 Nr. 901. Gegen die Möglichkeit einer heilenden Belehrung aber Walther HRRS 2004, 126, 131.
[24] Vgl. IGH "LaGrand" ICJ-Reports 2001, 464 = EuGRZ 2001, 287 ff.; Walther HRRS 2004, 126, 130.
[25] Vgl. schon kritisch Walther HRRS 2004, 126, 130 f .; vorsichtig nun insoweit auch BGH HRRS 2007 Nr. 901, denn hier wird die Widerspruchslösung immerhin bereits begrenzt und anstatt des Verwertungsverbots eine Vollstreckungslösung geschaffen. Bedauerlich insoweit letztlich vor allem BVerfG NJW 2007, 499, 503.
[26] Vgl. EGMR, Artico v. Italien, Nr. 37, § 33, EuGRZ 1980, 662 ff.; Can v. Österreich, Nr. 96, § 6 (EGMR), § 54 (EKMR); vgl. auch die Europäische Kommission KOM(2004) 328 endg., S. 7 f ., 10 ff.
[27] Vgl. EGMR, S.C. v. Großbritannien, Rep. 2004-IV, § 29; Barton, Einführung in die Strafverteidigung (2007), § 1 Rn. 22 ff.; Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 502 ff.
[28] Zu denken ist neben der unter Umständen nach § 140 StPO paternalistisch erzwungenen Verteidigerbestellung auch an den herrschend anerkannten Willensvorrang des Verteidigers, vgl. zum Problem Beulke (Fn. 6), Rn. 151; abl. dazu Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 532 ff., 547 ff., 559 f.
[29] Vgl. etwa Maatz NStZ 1992, 513, 515 ff.; jüngst z.B. wieder Mosbacher JR 2007, 387, 388.
[30] Vgl. neben BGH HRRS 2007 Nr. 900 etwa BGH 5 StR 495/00 vom 5. April 2001 .
[31] Zum Beispiel kann man von einem Angeklagten nicht erwarten, dass er von sich aus weiß, wann genau der BGH einen spezifisch begründeten Widerspruch fordert, damit sein Verwertungsverbot erhalten bleibt. Zumal der Informationsfluss auch sonst auf den Verteidiger zugeschnitten ist, ist der Angeklagte praktisch jedem Fehler des Verteidigers ausgeliefert, vgl. Ashworth, Criminal Process (1998), S. 77, 272, 275, 290 f .; Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 855 f ., 881 ff.
[32] Vgl. z.B. KOM(2004) 328 endg., S. 14 f . und Art. 4 II.
[33] Vgl. EGMR, Artico v. Italien, Nr. 31, § 33; aus jüngerer Zeit EGMR, Czekalla v. Portugal, Rep. 2002-VIII, §§ 59 ff. = NJW 2003, 1229 ff.
[34] Zum Aussagegehalt der konkreten und wirksamen Auslegung vgl. insoweit Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 106 ff., 856 ff.
[35] Vgl. schon Gideon v. Wainwright 372 U.S. 335, 344 (1963) per J Black: "lawyers in criminal courts are necessities, not luxuries”; vgl. auch in Anlehnung an Sarstedt BGHSt 25, 325, 332; Stavros (Fn. 2), S. 205 f .
[36] Vgl. EGMR, Artico v. Italien, Nr. 37, §§ 38 f ., 33; Biondo v. Italien, Nr. 8821/79, DR 64, 5, 23 ff.; Stanford v. Großbritannien, Nr. 282, §§ 28 ff.; Daud v. Portugal, Rep. 1998-II, § 38; Czekalla v. Portugal, Rep. 2002-VIII, §§ 59 ff.; m.w.N. Emmerson/Ashworth, Human Rights and Criminal Justice (2001), Rn. 14-09; Esser, Auf dem Weg zu einem Europäischen Strafverfahrensrecht (2002), S. 458, 490 f .
[37] Vgl. EGMR, Czekalla v. Portugal, Rep. 2002-VIII, §§ 59 ff.
[38] Vgl. EGMR, Czekalla v. Portugal, Rep. 2002-VIII, §§ 59 ff.; m.w.N. dazu Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 857 ff.
[39] Siehe z.B. SK-Wohlers, 38. Lfg. 2004, Vor § 137 Rn. 81 ff.; Neuhaus StV 2002, 43 ff.; Demko HRRS 2006, 250 ff.; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. (2007), § 338 Rn. 41 im Anschluss an Czekalla: Wiedereinsetzung von Amts wegen. Grundlegend sind hier auch die Arbeiten von Barton, vgl. zu seiner Haltung aktuell Barton (Fn. 27), § 4 Rn. 80 ff.
[40] Vgl. näher Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 526 ff., 875 ff., 878 ff. Vgl. auch SK-StPO-Paeffgen, 35. Lfg. (2004), Art. 6 Rn. 145: Staatspflicht, den Beschuldigten vor dem Mandatar zu schützen.
[41] Vgl. neben den Zitaten des EGMR auch Cuyler v. Sullivan 446 U.S. 335, 343 ff. (1980); Evitts v. Lucey 469 U.S. 387, 396 (1985) m.w.N.; Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 875, 879.
[42] Vgl. aus der problembewussteren Rechtsprechung in England R. v. Scollan and Smith[1999]Crim.L.R 566 f.; R. v. Nangle[2001]CrimLR 506 f. m. zust. Anm. Ashworth; aus der Schweiz z.B. BGE 120 I 48, 51 ff.; 124 I 185, 189 ff.; 126 I 194, 198 f.; BGer Pra 91 (2002) Nr. 82, S. 465 ff.; KG ZR 100 (2001) Nr. 43, S. 133, 135 ff.; vgl. zu beiden Rechtsprechungen näher Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 866 ff.; zum Kanton Zürich eingehend Graf, Effiziente Verteidigung im Rechtsmittelverfahren (2000), passim. Zur Klarstellung: Dass Unterschiede des geschriebenen und des praktizierten Prozessrechts unterschiedliche Maßstäbe funktional erklären könnten, ist theoretisch zwar denkbar. Angesichts der Geltung des Art. 6 EMRK in allen Verfahren ist aber der Blick auf Problemlösungen anderer Vertragsstaaten von besonderem Gewicht. Zudem legt auch § 337 StPO der deutschen StPO nicht eindeutig fest, dass die Gesetzesverletzung stets durch ein Gericht begangen werden muss bzw. dass dem Gericht bei seiner Verhandlung ohne eine wirksame Verteidigung entgegen der unmittelbar anwendbaren Rechtsnorm Art. 6 MRK ein eigentliches Verschulden vorzuwerfen sein muss.
[43] Zur Kritik der Rechtsprechung vgl. zusf. Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 873 f., 875 ff.
[44] Vgl. schon SK-Wohlers (Fn. 39), Vor § 137 Rn. 82; Barton, Mindeststandards der Verteidigung (Fn. 2), S. 89 ff.
[45] Vgl. zum "Scheinverteidiger" BGHSt 47, 238 ff.; Beulke/Angerer, NStZ 2002, 443, 444; darüber hinaus BGH HRRS 2004 Nr. 929 und Neuhaus HRRS 2007, 377. Vgl. auch Meyer-Goßner (Fn. 39), § 338 Rn. 41.
[46] Weitere Einwände und Probleme sind vor allem behandelt bei Barton, Mindeststandards der Verteidigung (Fn. 2 ), passim; vgl. auch Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 879 ff. (insbesondere zur Unabhängigkeit der Verteidiger), gegen den etwaigen Einwand, es bestünde angesichts der zunehmend verbesserten Ausbildungs- und Spezialisierungsoptionen auch für Strafverteidiger überhaupt kein Bedarf, das unbequeme Thema zu behandeln, vgl. S. 846 ff. m.w.N.
[47] So Wächtler StV 1997, 111.
[48] Für eine Tabuisierung insoweit z.B. Hamm NJW 1996, 2185, 2187; Ignor, Rieß-FS, S. 185, 194 ff.; Beulke/Angerer NStZ 2002, 443, 444.
[49] Zu den Unterschieden des Ansatzes nach Art. 6 I 1, III lit. c EMRK und der "objektiven Fürsorge" vgl. näher auch anhand des Beispiels der Entpflichtung m.w.N. Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 884 f., 887 ff.
[50] Vgl. dafür etwa Barton (Fn. 27), § 4 Rn. 82 ff.; Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 876, 888, 895 f.
[51] So vor allem Beulke, Der Verteidiger im Strafverfahren (1980), S. 123, 129, der aber wohl dann eine Kontrolle zulässt, wenn sie der Gesetzgeber vorsieht; Beulke/Angerer NStZ 2002, 443, 444.
[52] Vgl. auch Barton, Mindeststandards der Verteidigung (Fn. 2 ), S. 83 ff., 156 ff., 169 ff. und Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 574 ff., 887 f.
[53] Vgl. so aber BGH StV 2005, 534 m . zu Recht abl. Bespr. Wohlers; vgl. auch den Fall bei Neuhaus StV 2002, 43, 44. Dazu dass zudem die vorherige Akteneinsicht zwingende Voraussetzung dafür ist, eine Konfrontationsgelegenheit im Ermittlungsverfahren als ausreichend anzusehen, vgl. auch mit Blick auf den Fall des BGH Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 828 ff.
[54] Vgl. näher mit Beispielen aus der Rechtsprechung des EGMR Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 895 ff., wobei der Autor sodann Zurechnungsgrundsätze vertritt, die vom EGMR zum Teil abweichen, vgl. aaO, S. 904 ff. Zur Ausfüllung der Rechtspflichten des Verteidigers ist insoweit auch die Zusammenstellung der auch haftungsrechtlich herausgearbeiteten Pflichten ein Anhaltspunkt, vgl. m.w.N. Barton, MAH-Strafverteidigung, hrsg. v. Widmaier (2006), § 57 Rn. 13 ff.
[55] Vgl. neben BGH HRRS 2007 Nr. 900 etwa EGMR, ZE Alvarez Sanchez v. Spanien, 23.10.2001, § 1; SK-Wohlers (Fn. 39), Vor § 137 Rn. 82.
[56] Vgl. auch schon Barton, in: Sicherheitsstaat und Strafverteidigung (1989), S. 187, 190: Anerkennung von unzureichender Verteidigung als Rechtsfehler bedeutet keine allgemeine Pflicht zur Verteidigerüberwachung.
[57] Vgl. dazu in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EGMR, m.w.N. Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 887 ff., 904 ff., 912.
[58] Dabei sei angemerkt: Natürlich liegt diese verbreitete Form der Schlechtverteidigung auch in überhöhten Anforderungen der Revisionsgerichte begründet. Sie ist insoweit einem Verteidiger nicht ohne weiteres als ein echtes Verschulden anzulasten. Da es aber darauf ankommt, wie der objektiv vorliegende Fehler auf die Wahrnehmung der Rechte des Angeklagten wirkt, stellt sich auch hier die Frage, ob und wie der Staat im Kontext einer möglichen Verletzung des Art. 6 EMRK auf die – für das Revisionsgericht offensichtliche – Fehlleistung reagieren muss. Auch von § 344 II 2 StPO abgesehen ist darauf hinzuweisen, dass Verteidigungsfehler nicht notwendig vorwerfbar sein müssen. So kann etwa der in BGH HRRS 2007 Nr. 900 unterlassene Widerspruch dem praktisch verständlichen Anliegen geschuldet sein, der zum Zeitpunkt der Beweiserhebung absehbar mangelnden Durchsetzbarkeit einer WÜK-Rüge Rechnung zu tragen. Vor dem Hintergrund der damals "geltenden Rechtsprechung" könnte sich der Verteidiger entschieden haben, das "Prozessklima" nicht noch mit weiteren, als notorisch empfundenen Widerspruchsbegründungen zu "vergiften", vgl. zum Problem auch Ventzke StV 1997, 543, 547; Tolksdorf, Graßhof-FG, S. 255, 269.
[59] Vgl. dazu etwa schon m.w.N. Neuhaus StV 2002, 43 ff.; Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 892 f .; Graf (Fn. 42 ), S. 95 ff.
[60] Vgl. dazu Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 889 ff.
[61] Siehe z.B. für den Rat, den Inhalt von Belehrungen und Beratungen beweiskräftig zu dokumentieren, Barton, in: MAH-Strafverteidigung (Fn. 54), § 57 Rn. 38; zum Argument vgl. m.w.N. insbesondere zur englischen Rechtsprechung Gaede , Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 891.
[62] Vgl. hierfür schon oben II. 2 b; vgl. auch bereits Feigen, in: Zur Theorie und Systematik des Strafprozeßrechts (1995), S. 161, 169. Siehe nun etwa auch bei Art. 36 I lit. b S. 3 WÜK Kreß GA 2007, 296, 306.
[63] Dies gilt besonders dann, wenn der Angeklagte über seine Obliegenheit informiert werden sollte, dass er sich regen muss, wenn er eine mangelhafte Verteidigungsqualität später noch rügen will. Nach dem heute vorherrschenden Ansatz, der einen für Gericht / Staatsanwaltschaft offenkundigen Fehler fordert, wäre dies freilich geboten, wenn der Staat tatsächlich allein auf Grund des Schweigens nach einem verurteilenden Verfahrensabschluss beanspruchen will, er stütze seine Strafe auf ein fair durchgeführtes Verfahren.
[64] Vgl. Ignor/Matt/Weider, MAH-Strafverteidigung (Fn. 54), § 13 Rn. 55; siehe auch Salditt, in: Mandant und Verteidiger (2000), S. 25, 27 ff.: Der Verteidiger muss sich den Vorrang seiner Einschätzung "erwerben".
[65] Vgl. auch zur zivilrechtlichen Haftung Barton, in: MAH-Strafverteidigung (Fn. 54), § 57 Rn. 4.
[66] Vgl. insoweit aus der englischen Rechtsprechung R. v. Nangle [2001]CrimLR 506 f. m. zust. Anm. Ashworth.
[67] Anzumerken ist dabei, dass etwaige Manipulationsmöglichkeiten, über (behauptete) Verteidigerfehler zu Urteilsaufhebungen oder anderen Verfahrensvorteilen zu gelangen, kaum praktische Relevanz erlangen dürften und durch Gegenmaßnahmen weitgehend abzuwenden wären, vgl. auch Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 906 f.
[68] Vgl. zu England und den USA neben den bereits gegebenen Nachweisen etwa m.w.N. Bohlander StV 1999, 562 ff.; Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 868 ff.
[69] Siehe etwa in diese Richtung schon Wach, Binding-FG, S. 1, 33 f .; näher Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 875 ff.
[70] Dies greift ein dahingehendes Statement von Professor Meyer-Goßner auf, das er auf dem 24. Strafverteidiger-Kolloquium in Hamburg am 9. November 2007 in einer Diskussion zur "aktiven Verteidigung" geäußert hat.
[71] Vgl. insoweit Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 350 f., 477 ff., 502 ff., 847 f.
[72] Vgl. schon die Nachw. in Fn. 42.
[73] Wohlgemerkt ist nicht der Inquisitionsprozess schlechthin auf dem Rückzug. Die heutige Absprachenpraxis mit ihrer Fixierung auf ein Geständnis trägt erkennbar Züge eines scheinbar überwundenen Prozessansatzes.
[74] Vgl. schon vorausschauend Ventzke StV 1997, 543, 548: Die Widerspruchslösung provoziert geradezu die Frage nach der Anerkennung einer Rüge unzureichender Verteidigung; auch Bohlander StV 1999, 562 ff.
[75] Vgl. so BGHSt 51, 1 ff.
[76] Siehe schon oben II. 2.
[77] Vgl. BGH HRRS 2007 Nr. 900 und BGH GS BGH StV 2007, 403 ff. = HRRS 2007 Nr. 600 m . abl. Bespr. Hamm NJW 2007, 3166 ff.
[78] Vgl. etwa BGH StV 2005, 228 und BGH NStZ 2007, 171, 172.
[79] Vgl. BVerfGE 112, 185, 212 ff.
[80] Vgl. statt vieler Ignor/Matt/Weider, MAH-Strafverteidigung (Fn. 54), § 13 Rn. 55: "In kaum einer anderen Situation hängt das "Wohl und Wehe" des Mandanten so sehr vom Rechtsrat seines professionellen Beraters ab." (bezogen auf "do-ut-des"-Absprachen); vgl. auch die Bedenken bei BGH NJW 2004, 2536, 2538 f .
[81] Siehe etwa m.w.N. Schünemann NJW 1989, 1895, 1899 ff.; Weider StV 2003, 406, 408 ff.: Verteidiger spielen Lotto; Gatzweiler StraFo 2001, 187, 188, 191; Schlothauer StV 1981, 443 f .: Verteidiger, die "keine Schwierigkeiten machen"; Münchhalffen StraFo 1997, 230, 232; Rogat JR 1998, 252, 253; zu den Gefahren der Verständigung zusf. Ignor/Matt/Weider, MAH-Strafverteidigung (Fn. 54), § 13 Rn. 36 ff. m.w.N.
[82] Vgl. anhand empirischer Untersuchungen zum englischen Strafverfahren m.w.N. McConville/Hodgson/Bridges/Pavlovic, Standing Accused – The organisation and practices of criminal defence lawyers in Britain (1994), S. 185 ff., wobei sie eher geteilte Wert- und Schuldüberzeugungen als Ursachen von Schlechtverteidigung ansehen; Uglow, Criminal Justice (2. Aufl. 2002), S. 218 f .: Gericht und (Staats-)Anwälte sind "the cast of the play”, während der Angeklagte den "casual one-day actor” gibt; zur problematischen Tendenz zur kollaborativen Verteidigung im Gegensatz zur konfrontativen Verteidigung Ashworth (Fn. 31), S. 296; vgl. auch Weider StV 2003, 406, 409; Gatzweiler StraFo 2001, 187, 190 f .; BGH NJW 2004, 2536, 2538 f .
[83] Vgl. Dershowitz, The Best Defence (1983), S. 410 f.: "a world full of underzealous, lazy and incompetent lawyers"; Ashworth (Fn. 31), S. 306; Bottoms/McClean, Defendants in the criminal process (1976), S. 231, 158 ff.; ; m.w.N. Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 848 ff.; vgl. auch zu Deutschland z.B. Burhoff StV 1997, 432 ff.; Barton, Mindeststandards der Verteidigung (Fn. 2), S. 24 ff.; Weider StV 2003, 406, 408 ff.; Schünemann NJW 1989, 1895, 1901 f.; Gatzweiler StraFo 2001, 187, 190.
[84] Vgl. näher Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 895 ff., auch S. 892 f.
[85] Vgl. Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 913 ff., 892 f. ; siehe auch Barton, in: Sicherheitsstaat und Strafverteidigung (1989), S. 187, 194; Graf (Fn. 42 ), S. 95 ff., 108.
[86] Vgl. nur Nack, Sonderheft NJW für Gerhard Schäfer (2002), S. 46 ff., 50 ff., der dies mit anschaulichen Bildern beschreibt und betont.
[87] So aber z.B. BGH NJW 2005, 1132 = HRRS 2005 Nr. 74; dagegen etwa Gaede JR 2006, 292 ff.
[88] Vgl. etwa Stavros (Fn. 2), S. 43, 337 ff.; Nack (Fn. 86), S. 46, 50 ff.: Vorteil der Perspektive des EGMR; Nelles und Trechsel, bei Julius, ZStW 115 (2003), 671, 692 f .; Gaede StV 2006, 599, 600 f .; Ambos ZStW 115 (2003), 583, 613 f .
[89] Dazu, dass bei der Verteidigerauswahl darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Art und Weise der Bestellung die Entstehung eines Vertrauensverhältnisses nicht unterminiert, vgl. Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11 ), S. 583 f.; dazu, dass es gemäß Art. 6 EMRK nicht auf die Objektivitätspflichten, sondern funktional auf die verbleibende Aufgabe der Anklagevertretung ankommt, vgl. Gaede HRRS 2004, 44, 51 f.
[90] Zur Bedeutung der Beistandspflicht des Verteidigers gerade bei der Untersuchungshaft vgl. Barton (Fn. 17), § 3 Rn. 38; m.w.N. Gaede, Fairness als Teilhabe (Fn. 11), S. 509, 571 ff.
[91] Vgl. EGMR, Cuscani v. Großbritannien, 24.9.2002, §§ 38 ff., freilich war dort anfangs auch in der Verhandlung kein Dolmetscher zugegen, es geht also nicht um eine schlichte "Entscheidungsanwendung".
[92] Vgl. abermals beispielhaft nur Meyer-Goßner (Fn. 39), § 338 Rn. 41 im Anschluss an Czekalla.