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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 145

Bearbeiter: Fabian Afshar

Zitiervorschlag: BGH, AK 96/23, Beschluss v. 13.12.2023, HRRS 2024 Nr. 145


BGH AK 96/23 - Beschluss vom 13. Dezember 2023 (OLG Düsseldorf)

Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate (dringender Tatverdacht; Fluchtgefahr; besondere Schwierigkeit und besonderer Umfang der Ermittlungen); Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland (Geldtransfer); Verstoß gegen das AWG.

§ 112 StPO; § 121 StPO; § 129a StGB; § 18 AWG

Entscheidungstenor

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Düsseldorf übertragen.

Gründe

I.

Der Angeschuldigte ist aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2023 (2 BGs 634/23) am 31. Mai 2023 festgenommen worden und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe im Zeitraum vom 1. Dezember 2020 bis zum 8. Februar 2022 durch sieben selbständige Handlungen die terroristische Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat“ (IS) unterstützt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§ 8 ff. VStGB) zu begehen, und dabei jeweils zugleich gegen das Bereitstellungsverbot der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 139 vom 29. Mai 2002, S. 9) veröffentlichten unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient, verstoßen.

Der Haftbefehl nimmt insofern eine mutmaßliche Strafbarkeit des Angeschuldigten gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 52, 53 StGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission der Europäischen Union vom 28. Juni 2013 (ABl. L 179 vom 29. Juni 2013, S. 85) an.

Der Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat mit Beschluss vom 22. November 2023 die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus für erforderlich erachtet. Die ermittlungsführende Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat daraufhin die Akten dem Senat zur Entscheidung über die Haftfortdauer nach § 121 Abs. 2 und 4 StPO vorgelegt.

Unter dem 27. November 2023 hat die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf wegen der dem Haftbefehl zugrundeliegenden Tatvorwürfe Anklage gegen den Angeschuldigten zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben.

II.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

1. Der Angeschuldigte ist der ihm mit dem vorgenannten Haftbefehl zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.

a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

aa) Die Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region „ash-Sham“ - die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden „Gottesstaat“ unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak sowie das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als „Feind des Islam“ begreift; die Tötung solcher „Feinde“ oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die Vereinigung als legitimes Mittel des Kampfes an.

Die Führung der Vereinigung, die sich mit der Ausrufung des „Kalifats“ am 29. Juni 2014 von „Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien“ (ISIG) in „Islamischer Staat“ (IS) umbenannte - wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm -, hatte seit 2010 bis zu seiner Tötung im Oktober 2019 Abu Bakr al-Baghdadi inne. Die Vereinigung setzte ihre Ziele durch offenen militärischen Bodenkampf im Irak und in Syrien sowie durch Sprengstoff- und Selbstmordanschläge, aber auch durch Entführungen, Erschießungen und spektakulär inszenierte, grausame Hinrichtungen durch. Die Vereinigung teilte von ihr besetzte Gebiete in Gouvernements ein und errichtete einen Geheimdienstapparat; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der irakischen und syrischen Armee, aber auch in Gegnerschaft zum IS stehender Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des IS in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt.

Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus beging der IS immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So übernahm er auch für Anschläge in Europa, etwa in Paris, Brüssel, Nizza und Berlin, die Verantwortung.

Im Irak gelang es dem IS im Jahr 2014, etwa ein Drittel des Staatsterritoriums zu besetzen. Am 10. Juni 2014 erlangte er die Kontrolle über die Millionenstadt Mossul, die bis zu der Offensive der von den USA unterstützten irakischen Armee Ende 2016 der zentrale Ort seiner Herrschaft im Irak war. In den Jahren 2013 und 2014 gelang es dem IS zudem, weite Teile im Norden und Osten Syriens unter seine Gewalt zu bringen.

Seit Januar 2015 wurde die Vereinigung schrittweise erfolgreich zurückgeschlagen. So begann am 16. Oktober 2016 die Rückeroberung von Mossul, die Anfang Juni 2017 abgeschlossen war. Am 27. August 2017 wurde der IS aus seiner letzten nordirakischen Hochburg in Tal Afar verdrängt. Die irakischen Sicherheitskräfte erklärten im Dezember 2017 den Krieg gegen den IS für beendet, nachdem sie in einem letzten Schritt die Kontrolle von Gebieten an der syrisch-irakischen Grenze vollständig zurückerlangt hatten.

Auch in Syrien büßte der IS im Laufe des Jahres 2018 große Gebiete ein. Ende 2018 verblieb dem IS nur noch ein kleines Territorium im Raum Baghuz in der Provinz Deir Ezzor, in das sich die IS-Kämpfer zurückziehen konnten. Am 9. Februar 2019 begann die finale Offensive der Syrian Democratic Forces (SDF) um den Ort Baghuz, wobei sie Luftunterstützung durch die Anti-IS-Koalition erhielten. Am 23. März 2019 kapitulierten dort die letzten IS-Kämpfer; tausende von ihnen sowie zehntausende Frauen und Kinder wurden in Gefängnissen und Lagern - etwa in Al-Hol oder Roj im Nordosten Syriens - interniert. Damit brach das territoriale Kalifat des IS mit quasi staatlichen Strukturen zusammen. Weitere Rückschläge erlitt die Vereinigung durch die Tötung ihres Anführers Abu Bakr al-Baghdadi und ihres offiziellen Sprechers in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober 2019 im Rahmen einer US-amerikanischen Militäraktion in der syrischen Provinz Idlib.

Trotz des Zusammenbruchs des Kalifats war der IS als militant-dschihadistische und international agierende Organisation nicht vollständig zerstört. Vielmehr verblieb die Vereinigung unter Aufrechterhaltung ihrer ideologischen Ausrichtung in der Folgezeit in ihrem Kerngebiet Syrien/Irak, insbesondere in der syrisch-irakischen Grenzregion sowie der syrischen Wüste. Auch passte sich der IS an die veränderten Rahmenbedingungen an: So benannte er kurz nach der Tötung der beiden Führungspersonen einen neuen Sprecher und einen neuen Emir, setzte seine Propagandatätigkeiten fort und operierte zunehmend aus dem Untergrund heraus. Schätzungen zufolge verfügt er im Kerngebiet weiterhin über 4.000 bis 6.000 aktive Kämpfer. In den Jahren 2019 bis 2021 verübte er mehrere tausend terroristische Anschläge in Syrien und im Irak in Form von Sturm- und Raketenangriffen sowie Selbstmord- und Sprengstoffanschlägen. Derartige militärische Operationen führte er auch in Somalia, Ägypten/Sinai, Jemen, Nigeria, Tschad und Burkina Faso aus. Daneben nahm er gezielt Tötungen und Hinrichtungen von Einzelpersonen wie beispielsweise sunnitischen Stammesältesten, Kämpfern des SDF und solchen des syrischen Regimes vor.

Der IS ist auch weiterhin in der Provinz Idlib aktiv. So gelang es der Vereinigung Ende Dezember 2017 nach tagelangen Kämpfen mit der Hai´At Tahrir Al-Sham (HTS), die in dieser Provinz militärisch, wirtschaftlich und politisch stark vertreten war, dort mehrere Dörfer einzunehmen. In den Jahren 2018 bis 2021 folgten zahlreiche Kämpfe zwischen beiden Gruppierungen, ohne dass der IS aus der von der HTS kontrollierten Region vollständig verdrängt werden konnte.

Mit der Ausrufung weltweiter Provinzen außerhalb seines ursprünglichen Kerngebiets und fortwährender terroristischer Aktivitäten in zahlreichen Staaten in Afrika und Asien, vor allem in Ägypten/Sinai, West- und Zentralafrika sowie in der Provinz Khorasan bestehend aus den Ländern Afghanistan, Pakistan und Tadschikistan - dort agierend unter der Bezeichnung „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) - unterstreicht der IS seinen Anspruch, ein global agierender Akteur zu sein.

bb) Der in der Bundesrepublik lebende Angeschuldigte ist Anhänger eines radikal-salafistischen Islam, sympathisiert mit der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) und unternahm es, diese von Deutschland aus finanziell zu unterstützen. Er transferierte im Tatzeitraum über Mittelspersonen Geldbeträge in einer Gesamthöhe von 2.210 € an IS-Mitglieder in Syrien, um diesen damit ihre weitere Tätigkeit für die Vereinigung zu ermöglichen.

(1) Im Zeitraum vom 1. Dezember 2020 bis zum 22. April 2021 übermittelte der Angeschuldigte in sechs Fällen Gelder - insgesamt 2.180 € - an die IS-Mitglieder Ö. und K. .

Die gesondert Verfolgte Ö., die sich 2015 zum IS nach Syrien begeben und dort der Vereinigung als Mitglied angeschlossen hatte, wurde im März 2019 durch kurdische Kräfte festgenommen und von diesen im Gefangenenlager Al-Hol im Nordosten Syriens interniert. Aus dem Lager heraus setzte sie ihre Tätigkeit für den IS fort, wobei sie eine Führungsrolle unter den dort gefangenen IS-Frauen einnahm. Sie engagierte sich dahin, Geldspenden insbesondere in Deutschland für in Syrien internierte IS-Frauen einzuwerben, um deren Freikauf oder Ausschleusung aus der Gefangenschaft zu finanzieren oder es ihnen zu ermöglichen, in den - von einer weitgehenden Selbstorganisation der IS-Insassinnen geprägten - Lagern entsprechend den Vorgaben des IS und unter fortwährender Zugehörigkeit zu der Vereinigung zu leben. Hierfür betrieb sie aus dem Gefangenlager Al-Hol heraus eigene Telegram-Kanäle, unter anderem den Kanal“ “, mit denen sie zu Spenden für dem IS zugehörige Insassinnen der Lager Al-Hol und Roj aufrief. Der Angeschuldigte hatte Telegram-Spendenkanäle der Ö. abonniert. Es gelang Ö., unter Mithilfe Dritter in erheblichem Umfang Spenden einzuwerben und in den Besitz der Gelder zu gelangen, die sie dann wie beabsichtigt und angekündigt für internierte IS-Frauen verwendete. Diese Tätigkeit setzte Ö. nach ihrem eigenen Freikauf aus dem Lager Al-Hol im Herbst 2020 sowie nach ihrer erneuten Gefangennahme und Internierung im Oktober 2021 fort.

Der gesondert Verfolgte K. ist der Ehemann nach islamischem Ritus der Ö. Er schloss sich spätestens Ende 2020 als Mitglied dem IS an und ist seither in Syrien als IS-Kämpfer tätig.

Seine Geldtransfers an Ö. und K. nahm der Angeschuldigte dergestalt vor, dass er wiederholt Beträge auf ein Girokonto der gesondert Verfolgten O. überwies, die das Geld anschließend jeweils über Finanzagenten im türkischsyrischen Grenzgebiet an Ö. und K. weiterleitete. O., die mit Ö. in engem Chatkontakt stand, war in Absprache mit dieser dergestalt in deren Spendenkampagnen eingebunden, dass sie gespendete Gelder in Deutschland entgegennahm - unter anderem durch Überweisung auf ein ihr gehörendes Girokonto - und sodann über weitere Mittelsmänner Ö. zukommen ließ.

Im Einzelnen überwies der Angeschuldigte von seinem Girokonto auf das Girokonto der gesondert Verfolgten O. am 1. Dezember 2020 550 € (Fall 1), am 14. Dezember 2020 50 € (Fall 2), am 4. Januar 2021 800 € (Fall 3) sowie im Zuge einer weiteren Überweisung 30 € (Fall 4), am 11. Januar 2021 50 € (Fall 5) und am 22. April 2021 700 € (Fall 6).

Wie vom Angeschuldigten erstrebt, leitete O. die erhaltenen Gelder in den ersten fünf Fällen an die gesondert Verfolgte Ö., im letzten Fall an den gesondert Verfolgten K. weiter. Die Gelder erreichten diese jeweils. Mit den ersten fünf Zahlungen wollte der Angeschuldigte - Spendenaufrufen der Ö. folgend - deren Engagement für inhaftierte IS-Frauen unterstützen. Mit der sechsten Zahlung wollte er es K. ermöglichen, seine Tätigkeit als IS-Kämpfer in Syrien fortzusetzen.

(2) Am 8. Februar 2022 überwies der Angeschuldigte einen Betrag in Höhe von 30 € auf ein Girokonto der E. Damit folgte er einem Spendenaufruf ihres Ehemannes nach islamischem Ritus Ko. vom Vortag, mit dem dieser über seinen Instagram-Account um finanzielle Unterstützung für IS-Frauen warb, die im kurdischen Gefangenenlager Al-Hol interniert waren. Am 12. Februar 2022 leitete Ko. die Zahlung des Angeschuldigten nebst weiteren eingeworbenen Spenden per „Western Union“ an einen Mittelsmann in der Türkei weiter, der dafür sorgte, dass das Geld in das Lager Al-Hol verbracht und dort gefangenen IS-Frauen übergeben wurde (Fall 7).

b) Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) beruht auf Folgendem:

aa) Dem Senat sind aus einer Vielzahl von IS-Verfahren Auswertungen des Bundeskriminalamts und gutachterliche Ausführungen insbesondere des Islamwissenschaftlers Dr. S. bekannt, aus denen sich die hier dargestellten Erkenntnisse zur Entstehung, zu den Zielen, zur Vorgehensweise und zur (gegenwärtigen) Struktur der Vereinigung „Islamischer Staat“ ergeben.

bb) Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der IS-Mitgliedschaft der gesondert Verfolgten Ö., ihrer hier relevanten Aktivitäten zur Unterstützung internierter IS-Frauen und der von ihr betriebenen Telegram-Spendenkanäle beruht unter anderem auf ihren Chatnachrichten und einer Auswertung ihrer Telegramkanäle. Die Tätigkeit ihres Ehemannes nach islamischem Ritus K. wird im Sinne eines dringenden Tatverdachts belegt durch Angaben in von ihm betriebenen Telegram-Kanälen sowie ein Video, das er an Ö. versandte und Bilder enthält, die ihn als IS-Kämpfer zeigen. Die Annahmen zur Tätigkeit der gesondert Verfolgten O. im Rahmen der Weiterleitung eingeworbener Spenden an Ö. stützen sich auf Kontoverdichtungen und Chatnachrichten zwischen ihr und Ö., aber auch auf eine schriftliche Erklärung, die sie im Vorfeld eines gescheiterten Ausreiseversuchs aus Deutschland im Mai 2021 verfasste und in der sie ausführte, das Guthaben ihres hier relevanten Bankkontos sei Spendengeld für Ö. Die haftbefehlsgegenständlichen Überweisungen des Angeschuldigten auf dieses Bankkonto der O. werden belegt durch polizeiliche Finanzermittlungen zu den betreffenden Girokonten.

Es ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts davon auszugehen, dass die Geldbeträge, die der Angeschuldigte an O. überwies, die Empfänger Ö. und K. erreichten. Denn beide äußerten sich in Chatnachrichten entsprechend. Demgegenüber ist den Chatverkehren beider, insbesondere der Chatkommunikation zwischen Ö. und O., nichts zu entnehmen, was auf Schwierigkeiten bei den Geldtransfers hindeuten könnte. Zudem legt die Zahl der Finanztransaktionen unter Einschaltung der O. und Mittelspersonen in der Türkei nahe, dass dieser Weg der Geldübermittlung zu IS-Mitgliedern in Syrien problemlos funktionierte.

Der Aufruf des Ko. zur Unterstützung internierter IS-Frauen ist im Zuge einer Überwachung seines Instagram-Profils festgestellt worden. Dass der Angeschuldigte am 8. Februar 2022 in Reaktion auf diesen Spendenaufruf Geld an dessen Ehefrau überwies, folgt aus einer Auswertung der betreffenden Bankkonten des Angeschuldigten und der E. Die Weiterleitung der Spende des Angeschuldigten und weiterer Spendeneinnahmen durch Ko. folgt aus einer Mitteilung des Finanztransferdienstleisters „Western Union“. Der Umstand, dass die Spende internierten IS-Frauen tatsächlich zu Gute kam, lässt sich ableiten aus einer entsprechenden Mitteilung des Ko. .

Da der Angeschuldigte Telegram-Spendenkanäle der Ö. abonniert hatte, sich also mit Spenden an IS-Mitglieder in Syrien, namentlich an internierte IS-Frauen, beschäftigte, und mit Ö. und K. in Chatkontakt stand, ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts davon auszugehen, dass er seine Geldüberweisungen in dem Wissen und mit der Absicht tätigte, damit die Tätigkeit von IS-Mitgliedern für die Vereinigung zu fördern. Hierfür sprechen auch die Erkenntnisse zu seiner eigenen islamistisch-salafistischen Grundhaltung und der Umstand, dass er bei seinen Überweisungen verschleiernde Angaben zum Verwendungszweck der Geldzahlungen („ “,“ “,“ “) machte.

cc) Wegen weiterer Einzelheiten zu den bisherigen Beweisergebnissen, die den dringenden Tatverdacht begründen, wird auf den Haftbefehl vom 22. Mai 2023 und die Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf vom 27. November 2023 Bezug genommen.

2. In rechtlicher Hinsicht ist auszugehen von einer hochwahrscheinlichen Strafbarkeit des Angeschuldigten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 139 vom 29. Mai 2002, S. 9) veröffentlichten unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient, gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 52, 53 StGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission der Europäischen Union vom 28. Juni 2013 (ABl. L 179 vom 29. Juni 2013, S. 85).

a) Bei dem IS handelt es sich um eine terroristische Vereinigung im Ausland (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 31; vom 21. September 2023 - StB 56/23, juris Rn. 35; vom 27. Juli 2023 - StB 44/23, juris Rn. 7 ff., 38).

b) Hinsichtlich der mutmaßlichen Strafbarkeit des Angeschuldigten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gilt Folgendes:

aa) Unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 32; vom 11. August 2021 - 3 StR 268/20, NStZ-RR 2022, 13; Urteile vom 19. April 2018 - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 136). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Beteiligungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa BGH, Urteile vom 19. April 2018 - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und - wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt - sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 2021 - 3 StR 268/20, NStZ-RR 2022, 13; Urteile vom 19. April 2018 - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 136; Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345 Rn. 16 ff.). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 32; Urteil vom 19. April 2018 - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 18; Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6 Rn. 5; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 134). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2018 - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 18; Beschluss vom 11. Juli 2013 - AK 13/13 u.a., BGHSt 58, 318 Rn. 19; Urteile vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 134; vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244).

bb) Hiervon ausgehend handelte der Angeschuldigte hochwahrscheinlich in mehrfacher Hinsicht in für den IS objektiv nützlicher Weise und unterstützte damit die Vereinigung im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom 11. August 2021 - 3 StR 268/20, juris Rn. 11; vom 9. Januar 2020 - AK 61/19, juris Rn. 29 f.). Der für eine Strafbarkeit nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 StGB erforderliche Unterstützungserfolg war mit hoher Wahrscheinlichkeit in allen sieben haftbefehlsgegenständlichen Fällen gegeben.

Zum einen ermöglichte der Angeschuldigte mit den Geldzahlungen in den Fällen 1 bis 6 den IS-Mitgliedern Ö. und K., ihre beschriebene Tätigkeit für den IS auszuüben. Im Fall 7 ermöglichte er es den Geldempfängerinnen, bei denen es sich um internierte IS-Frauen handelte, im Gefangenenlager Al-Hol ein Leben im Sinne der Vereinigung zu führen und sich für ein anderweitiges Engagement im IS nach einer Freilassung zur Verfügung zu halten (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 35; vom 21. September 2023 - StB 56/23, juris Rn. 38; vom 23. August 2023 - StB 47/23, juris Rn. 7 ff.; vom 27. Juli 2023 - StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.; vom 11. August 2021 - 3 StR 268/20, juris Rn. 11; vom 9. Januar 2020 - AK 61/19, juris Rn. 29 f.).

Zum anderen förderte der Angeschuldigte in allen haftbefehlsgegenständlichen Fällen den IS als Gesamtorganisation unmittelbar. Denn mit der finanziellen Unterstützung insbesondere inhaftierter IS-Frauen, aber auch anderer in Syrien tätiger IS-Angehöriger, wurde das Signal an Mitglieder und Sympathisanten des IS ausgesandt, dass sich die Vereinigung intensiv um gefangen genommene oder aus anderen Gründen unterstützungsbedürftige Angehörige kümmert. Dies war geeignet, die Ãœberzeugung von der fortbestehenden Wirkmacht der Vereinigung und die Loyalität zu dieser zu stärken (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 35; vom 21. September 2023 - StB 56/23, juris Rn. 38; vom 23. August 2023 - StB 47/23, juris Rn. 7 ff.; vom 27. Juli 2023 - StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.).

c) Jeweils tateinheitlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 38; vom 27. Juli 2023 - StB 44/23, juris Rn. 46; vom 11. August 2021 - 3 StR 268/20, juris Rn. 25; vom 14. Juli 2021 - AK 37/21, juris Rn. 46 mwN) zur Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland hat sich der Angeschuldigte hochwahrscheinlich gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG strafbar gemacht. Der Transfer von Geldern an IS-Mitglieder in Syrien verstieß gegen das in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 normierte Bereitstellungsverbot (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 38 mwN; vom 23. August 2023 - StB 47/23, juris Rn. 10; vom 27. Juli 2023 - StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.; vom 7. Februar 2023 - 3 StR 483/21, juris Rn. 22; vom 18. November 2021 - AK 47/21, juris Rn. 10 ff.; vom 14. Juli 2021 - AK 37/21, juris Rn. 32). Denn der IS ist seit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission vom 28. Juni 2013 (ABl. L 179 vom 29. Juni 2013, S. 85) eine in der Verordnung gelistete Vereinigung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2023 - 3 StR 483/21, juris Rn. 22; vom 11. August 2021 - 3 StR 268/20, juris Rn. 16; Urteil vom 29. Juli 2021 - 3 StR 156/20, BGHR AWG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Bereitstellungsverbot 3 Rn. 9; Beschluss vom 14. Juli 2021 - AK 37/21, juris Rn. 40 mwN). Gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung dürfen gelisteten Gruppierungen weder direkt noch indirekt Gelder zur Verfügung gestellt werden.

Indem der Angeschuldigte hochwahrscheinlich dafür sorgte, dass Gelder an IS-Mitglieder im (früheren) Hauptagitationsgebiet der Vereinigung gelangten und von diesen im Sinne der Vereinigung verwendet werden konnten, stellte er finanzielle Ressourcen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 zur Verfügung. Denn angesichts der Struktur des IS und des Umstandes, dass es sich bei der Vereinigung um einen Personenverband handelt, werden Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen jedenfalls dann bereits dem IS selbst unmittelbar zur Verfügung gestellt, wenn sie einem im Betätigungsgebiet der (Kern-)Organisation befindlichen und agierenden Mitglied, das in die dortigen Vereinigungsstrukturen eingebunden ist, zur Verwendung für die Ziele und Zwecke der Vereinigung zufließen. Insofern ist nicht erforderlich, dass die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen in die direkte Verfügungsgewalt eines Führungsverantwortlichen oder eines für Finanzangelegenheiten zuständigen Vereinigungsmitglieds gelangen oder solche höherrangigen Mitglieder eine eigene Zugriffsmöglichkeit erhalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 40; vom 27. Juli 2023 - StB 44/23, juris Rn. 47; vom 7. Februar 2023 - 3 StR 483/21, juris Rn. 22; vom 18. November 2021 - AK 47/21, wistra 2022, 207 Rn. 17 ff.; vom 11. August 2021 - 3 StR 268/20, juris Rn. 18 ff.; Urteil vom 29. Juli 2021 - 3 StR 156/20, BGHR AWG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Bereitstellungsverbot 3 Rn. 18 ff.; Beschlüsse vom 14. Juli 2021 - AK 37/21, juris Rn. 40; vom 24. Februar 2021 - AK 6/21, juris Rn. 33, 37 f.).

Unerheblich ist insofern, dass die Geldempfängerinnen im Fall 7 in von kurdischen Milizen kontrollierten Lagern interniert waren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 - StB 63+64/23, juris Rn. 40; vom 27. Juli 2023 - StB 44/23, juris Rn. 48). Denn sie konnten auch dort weitgehend selbstorganisiert ein Leben entsprechend den Vorstellungen des IS führen und für die Vereinigung tätig werden, wie nicht zuletzt von dort aus initiierte und organisierte erfolgreiche Ausschleusungen und Freikäufe von IS-Frauen aus den Lagern aufzeigen.

d) Die hochwahrscheinlichen Taten des Angeschuldigten unterfallen der deutschen Strafgewalt nach dem Territorialitätsprinzip, weil er jeweils in Deutschland tätig wurde (§ 3 StGB). Deshalb und weil der Angeschuldigte Deutscher ist, ist auch der von § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB geforderte strafbarkeitsbegründende Inlandsbezug gegeben.

3. Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von bereits begangenen und künftigen Taten im Zusammenhang mit der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) hat das Bundesministerium der Justiz - als Neufassung einer früheren Verfolgungsermächtigung - am 13. Oktober 2015 erteilt.

4. Es ist der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO gegeben. Denn es ist wahrscheinlicher, dass der Angeschuldigte sich - sollte er auf freien Fuß gelangen - dem Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm stellen wird.

a) Der Angeschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung angesichts des Umfangs und des Gewichts seiner mutmaßlichen Taten mit einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Denn bei dem IS handelt es sich - auch zur Tatzeit und, wie nicht zuletzt seine derzeit im Raum Afghanistan unter der Bezeichnung „Islamischer Staat Provinz Khorasan - ISPK“ entfalteten Aktivitäten zeigen, gegenwärtig - um eine besonders gefährliche und grausam agierende Vereinigung, was Unterstützungsaktivitäten - auch solchen finanzieller Art - ein besonderes 42 43 Gewicht verleiht. Dies gilt insbesondere für die Unterstützung aktiver Kämpfer der Vereinigung (Fall 6).

Dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen. Insofern gilt, dass die Annahme von Fluchtgefahr kein sicheres Wissen um die sie begründenden Tatsachen erfordert; es genügt derselbe Wahrscheinlichkeitsgrad wie bei der Annahme des dringenden Tatverdachts (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2018 - StB 43 u. 44/18, juris Rn. 37; vom 2. November 2016 - StB 35/16, juris Rn. 11).

Ausweislich der im Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse lehnt der Angeschuldigte die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik ab und hängt stattdessen einem islamistisch-salafistischen Staatsund Gesellschaftsbild an. Dies spricht gegen eine fluchthemmende Bindung an Deutschland. Hinzu kommt, dass der Angeschuldigte über Verbindungen in die Türkei verfügt und seine Ehefrau die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, was dem Ehepaar eine Wohnsitznahme in der Türkei ermöglicht. Da seine Ehefrau Mitbeschuldigte im hiesigen Verfahren ist und damit auch in ihrer Person ein Anreiz gegeben ist, Deutschland zu verlassen, bestehen keine tragfähigen familiären oder sozialen Bindungen des Angeschuldigten in der Bundesrepublik. Zudem beabsichtigte der Angeschuldigte ausweislich von Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Frühjahr 2021, aus Deutschland auszureisen und sich im Ausland selbst dem IS anzuschließen. Hiervon nahm er hochwahrscheinlich nur Abstand, weil ihm der IS bedeutete, er solle von Deutschland aus für die Vereinigung tätig werden. Gleichwohl beschäftigte er sich, wie die Auswertung eines bei ihm sichergestellten Mobiltelefons zeigt, auch in der Folgezeit weiter mit Möglichkeiten einer Auswanderung aus Deutschland. Der Umstand, dass der Angeschuldigte vor seiner Verhaftung in der Bundesrepublik verblieb, obgleich ihm seit Mai 2022 bekannt war, dass gegen ihn strafrechtliche Ermittlungen liefen, steht der Annahme von Fluchtgefahr nicht entgegen. Denn von dem Gewicht der gegen ihn erhobenen Vorwürfe erlangte er wahrscheinlich erst mit seiner Verhaftung Kenntnis.

b) Der Zweck der Untersuchungshaft kann unter den gegebenen Umständen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO erreicht werden.

5. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Das Verfahren ist bislang mit der in Haftsachen gebotenen besonderen Beschleunigung geführt worden.

Die Ermittlungen sind besonders umfangreich gewesen. Nach der Festnahme des Angeschuldigten am 31. Mai 2023 haben an diesem Tag sichergestellte elektronische Datenträger des Angeschuldigten, darunter Speichermedien und Mobiltelefone, aufwändig ausgewertet werden müssen, weil die verfahrensgegenständlichen Aktivitäten des Angeschuldigten mit intensiver elektronischer Kommunikation einhergingen. Diese Auswertung gestaltete sich auch deshalb als zeit- und arbeitsintensiv, weil bei einem Mobiltelefon die Zugangssperre technisch überwunden werden musste, bevor mit einer Datenauswertung begonnen werden konnte. Gleichwohl haben die Ermittlungen Ende November 2023 abgeschlossen werden können. Unter dem 27. November 2023 und damit knapp sechs Monate nach seiner Verhaftung hat die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf Anklage gegen den Angeschuldigten zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben. Es steht zu erwarten, dass das Verfahren auch dort in einer dem Beschleunigungsgrundsatz entsprechenden Weise gefördert werden wird.

6. Schließlich steht die Untersuchungshaft nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Angeschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits derzeit nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Verurteilungsfall zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 145

Bearbeiter: Fabian Afshar