HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 629
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 286/17, Urteil v. 19.04.2018, HRRS 2018 Nr. 629
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Januar 2017 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, die Angeklagte S. außerdem die dem Nebenkläger durch ihre Revision entstandenen notwendigen Auslagen.
Das Oberlandesgericht hat die Angeklagte S. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und den Angeklagten K. wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; die Angeklagte S. beanstandet darüber hinaus das Verfahren. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
I. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Die jugendliche Angeklagte S. identifizierte sich spätestens seit Herbst 2015 mit den Gewalttaten des sog. Islamischen Staates (IS) und befürwortete Terroranschläge auch außerhalb von dessen Kerngebiet im Irak und Syrien, insbesondere die im November 2015 von IS-Mitgliedern in Paris verübten Terrorakte.
Die Begehung solcher Attentate in der westlichen Welt, insbesondere in europäischen Staaten, entsprach den Zielen und der Tätigkeit des IS. Die Organisation hatte ihre Anhänger und Sympathisanten wiederholt im Internet dazu aufgerufen, dort Anschläge gegen „Ungläubige“, namentlich Polizisten oder andere Repräsentanten des Staates, zu verüben und sie beispielsweise unter Einsatz von Sprengsätzen, Messern oder Fahrzeugen zu töten.
Ende Januar 2016 reiste die Angeklagte S. nach Istanbul, um sich von dort aus in das Gebiet des IS schleusen zu lassen und sich der Organisation anzuschließen. Zu diesem Zweck stand sie sowohl über das Internet als auch persönlich in Kontakt mit verschiedenen Mitgliedern des IS. Nachdem ihre Mutter ihr in die Türkei gefolgt war, um sie zurück nach Deutschland zu holen, erteilten ihr die Mitglieder des IS den Auftrag, nach Deutschland zurückzukehren und hier für die Vereinigung eine „Märtyrertat“ zu begehen. Die Angeklagte nahm das Ansinnen an und plante, einen öffentlichkeitswirksamen Terroranschlag zu verüben, bei dem „Ungläubige“ mittels einer Sprengstoffexplosion oder auf andere Weise getötet werden sollten.
Darüber informierte sie den heranwachsenden Angeklagten K. in H., mit dem sie während ihres Aufenthalts in der Türkei ebenfalls in Chatkontakt stand. Auch K. befürwortete den Kampf des IS und verherrlichte dessen Anschläge. Er trug sich seinerseits mit dem Gedanken, nach Syrien zu reisen und sich dort der Organisation anzuschließen. Er nahm die Mitteilungen der Angeklagten S. ernst und unterließ es, eine Polizeidienststelle oder eine andere Behörde davon in Kenntnis zu setzen, dass sie Mitgliedern des IS zugesagt hatte, für die Vereinigung in Deutschland einen Anschlag zu begehen.
Im Anschluss an ihre Rückkehr nach Deutschland stand die Angeklagte S. weiter in Chatkontakt mit Mitgliedern des IS. In der Zeit vom 23. bis zum 25. Februar 2016 kommunizierte sie insbesondere mit einem männlichen Mitglied, das den Nutzernamen „L.“ verwendete und dessen Identität nicht näher festgestellt werden konnte. Im Verlauf des Chatverkehrs entwickelte sie den Plan, anstelle eines Sprengstoffattentats einen Polizeibeamten und damit einen Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland, die sie als ein Gebiet des Unglaubens empfand und deren Bewohner sie als „Feinde des Islam“ hasste, durch einen Messerstich in den Hals zu töten, seine Dienstwaffe an sich zu nehmen und damit auf weitere „Ungläubige“ zu schießen. Sie ging davon aus, bei ihrer Tat selbst getötet zu werden und so den „Märtyrertod“ zu erleiden. Details ihres Vorhabens erörterte sie per Chat mit „L. ", der ihr unter anderem riet, den Polizisten unter einem Vorwand in eine Ecke zu locken und ihm dann seine Waffe wegzunehmen. Er forderte sie zudem auf, ihm ein Foto von einer Polizeipistole zu senden, damit er ihr erläutern könne, wie die Waffe zu bedienen sei. Am 25. Februar 2016 übersandte die Angeklagte „L.“ ein Bekennervideo, das sie mit ihrem Mobiltelefon aufgenommen hatte; darin erläuterte sie, warum sie ihre Tat für den IS begehen werde. Außerdem bat sie "L. ", das Attentat am nächsten Tag verüben zu dürfen, weil es sich um einen Freitag handele.
Um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, begab sich die Angeklagte S. am 26. Februar 2016 zum Hauptbahnhof H. ; dabei führte sie ein Gemüsemesser mit einer etwa 6 cm langen Klinge bei sich. Sie folgte den Polizeibeamten Ka. und Kü., die im Bahnhofsgebäude Streife gingen. Als die Beamten sich an einer Balustrade positionierten, blieb sie wenige Meter neben ihnen stehen und starrte sie minutenlang an. Nachdem der Polizeibeamte Ka. dadurch auf sie aufmerksam geworden war, kam er mit seinem Kollegen Kü. überein, sie einer Personenkontrolle zu unterziehen. Beide gingen auf die Angeklagte zu und Ka. fragte sie, ob alles in Ordnung sei und ob sie auf jemanden warte. Außerdem bat er sie um ihren Ausweis, um ihre Personalien feststellen zu können. Die Angeklagte übergab ihm daraufhin mit der linken Hand eine mit einem Lichtbild versehene Schülerfahrkarte; in ihrer rechten Hand hielt sie währenddessen das Gemüsemesser verborgen. Ka. nahm die Schülerfahrkarte entgegen und wandte sich von der Angeklagten ab, um den Ausweis zu kontrollieren. In diesem Augenblick trat die Angeklagte für Ka. völlig überraschend einen Schritt vor, holte mit der rechten Hand aus und stach ihm mit dem Gemüsemesser gezielt oberhalb der Schutzweste, die er deutlich erkennbar über seiner Dienstkleidung trug, in den Hals. Sie nutzte dabei bewusst aus, dass er in diesem Moment mit keinem Angriff rechnete. Ob sie im Moment der Tatausführung noch ihre ursprüngliche Absicht weiterverfolgte, ihm die Dienstwaffe abzunehmen und mit dieser auf weitere Personen zu schießen, hat das Oberlandesgericht nicht feststellen können.
Unmittelbar nachdem die Angeklagte S. dem Polizeibeamten Ka. den Stich versetzt hatte, wurde sie von dessen Kollegen Kü. überwältigt, auf dem Boden fixiert und dadurch an der weiteren Verwirklichung ihres Vorhabens gehindert. Die Stichverletzung, die Ka. erlitten hatte, war lebensbedrohlich und musste operativ versorgt werden.
II. Die von der Angeklagten S. erhobene Verfahrensrüge, die durch Auswertung ihres Mobiltelefons gewonnenen Beweisergebnisse seien wegen Verstoßes gegen § 94 und § 98 StPO unverwertbar, weil sie sich nicht mit seiner Beschlagnahme durch die Polizeibeamten einverstanden erklärt habe und keine gerichtliche Entscheidung eingeholt worden sei, ist jedenfalls unbegründet.
Die Angeklagte war zwar spätestens im Zeitpunkt der Sicherstellung ihres Mobiltelefons gemäß § 94 StPO unmittelbar im Anschluss an ihre Wiedereinreise nach Deutschland - noch deutlich vor dem Attentat - als Beschuldigte anzusehen, weil es sich dabei um eine strafprozessuale Eingriffsmaßnahme handelte, die an einen Tatverdacht anknüpft (vgl. dazu BGH, Urteil vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07, BGHSt 51, 367, 370 f.; LR/Menges, StPO, 26. Aufl., § 94 Rn. 20). Unabhängig davon, ob sie sich mit der Sicherstellung ihres Mobiltelefons einverstanden erklärte oder nicht, ergibt sich daraus jedoch kein Verfahrensverstoß, der eine Unverwertbarkeit der durch die Auswertung des Telefons gewonnenen Beweisergebnisse zur Folge haben könnte:
Die Polizeibeamten durften die Beschlagnahme anordnen, weil Gefahr im Verzug bestand (§ 98 Abs. 1 Satz 1 StPO). Ein Verdachtsgrad gegen die Angeklagte (etwa hinsichtlich einer Tat nach § 89a Abs. 2a StGB), der die Beamten zu deren weiteren Festhalten berechtigt hätte, lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Wäre ihr das Mobiltelefon belassen worden, hätte sie daher die Möglichkeit gehabt, dieses verschwinden zu lassen oder zumindest das sie belastende Datenmaterial zu entfernen bzw. zu löschen. Da die Angeklagte der Sicherstellung - auch nach dem Revisionsvorbringen - nicht explizit widersprochen hatte, war auch eine richterliche Bestätigung der Maßnahme nach § 98 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht erforderlich. Im Übrigen hätte, selbst wenn die Einholung einer richterlichen Entscheidung geboten gewesen wäre, aus deren Fehlen angesichts der Tatsache, dass die Mutter der Angeklagten der Sicherstellung des Mobiltelefons ausdrücklich zugestimmt hatte, und mangels ausdrücklichen Widerspruchs der Angeklagten kein Verwertungsverbot hinsichtlich der aus der Auswertung des Telefons gewonnenen Erkenntnisse resultiert.
Dementsprechend greifen auch die an den behaupteten Verstoß gegen die §§ 94, 98 StPO anknüpfenden Verfahrensbeanstandungen bezüglich der Auswertung des Mobiltelefons und daran anschließender weiterer Ermittlungsmaßnahmen nicht durch.
III. Die auf die Sachrügen gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der beiden Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
Die Schuldsprüche wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB) betreffend die Angeklagte S. sowie wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten unter diesem Gesichtspunkt (§ 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB) betreffend den Angeklagten K. halten im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
1. Es gilt:
a) Nach ständiger Rechtsprechung ist unter einem Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117; Beschluss vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18 mwN). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur mitgliedschaftlichen Beteiligung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich gleichermaßen auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 117 f.; Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 350 f.).
Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 116; Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, aaO, S. 348 f.; vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244; vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 116). Die Wirksamkeit der Unterstützungsleistung und deren grundsätzliche Nützlichkeit müssen indes stets anhand belegter Fakten nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, BGHSt 58, 318, 323 f.; vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18).
Fördert der Außenstehende die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung des Unterstützens in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Organisation. Da als Folge des Unterstützens ein irgendwie gearteter Vorteil für die Vereinigung ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung darstellt, grundsätzlich bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufgabe durch ein Mitglied fördert, die diesem von der Vereinigung aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, die Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen Vereinigung dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, aaO; vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 117 f.; Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, aaO, S. 326 f.; vom 14. Dezember 2017 - StB 18/17, NStZ-RR 2018, 72, 73 f.).
b) Für Straftaten, die den Zwecken der terroristischen Vereinigung dienen oder deren Tätigkeit entsprechen, sind diese Grundsätze wie folgt zu konkretisieren und fortzuschreiben:
aa) Nimmt ein Außenstehender die Aufforderung eines Mitglieds an, zugunsten der Vereinigung eine solche - zum Katalog des § 129a Abs. 1, 2 StGB zählende - Straftat zu begehen, so kann bereits darin eine Unterstützungshandlung gemäß § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB liegen. Freilich stellt nicht jede Zusage eines Nichtmitglieds, einen die Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder fördernden Beitrag zu leisten, ein tatbestandsmäßiges Unterstützen dar (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2005 - StB 3/05, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 1 in Abkehr von BGH, Beschluss vom 5. April 1990 - 1 BGs 112/90, BGHR StGB § 129a Abs. 3 Unterstützen 4). Vielmehr ist, wie dargelegt, stets erforderlich, dass die Zusicherung selbst einen objektiven Nutzen entfaltet (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6; MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 129 Rn. 108).
Für die Vereinigung ist die Zusage einer ihren Zwecken dienenden oder ihrer Tätigkeit entsprechenden Straftat tatsächlich objektiv nützlich, wenn der Außenstehende zu der Tat entschlossen ist, diese zumindest in den wesentlichen Grundzügen konkretisiert ist und die Erklärung einem Mitglied oder einer Organisationseinheit zugeht (s. auch BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, StV 2018, 103, 106). Der unter diesen Voraussetzungen für die Tatbestandsverwirklichung ausreichende Vorteil besteht darin, dass die Aktionsmöglichkeiten der Organisation im Hinblick auf die terroristischen Ziele effektiv erweitert werden; hierdurch wird die ihr eigene Gefährlichkeit gefestigt. Mit der von dem Nichtmitglied erklärten Bereitschaft, diese Ziele in strafbarer Weise zu verwirklichen, eröffnet sich der Vereinigung eine (weitere) reale Handlungsoption, auf die sie nach ihrem Gutdünken zugreifen kann. Darauf, ob sie den Vorteil auch nutzt, kommt es nach den allgemeinen rechtlichen Maßstäben hingegen nicht an.
Die Beurteilung einer derartigen Zusage als tatbestandsmäßiges Unterstützen stimmt mit der in § 30 Abs. 2 Variante 1 StGB zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung überein. Denn das Nichtmitglied, das die Aufforderung zur Begehung einer Straftat gemäß den Zwecken oder der Tätigkeit der Vereinigung annimmt, erklärt sich im Sinne dieser Vorschrift hierzu bereit (zu den Voraussetzungen s. BGH, Beschluss vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16, NJW 2017, 2134, 2135 mwN). Handelt es sich bei einer solchen Tat - wie in den allermeisten Fällen - um ein Verbrechen (§ 12 Abs. 1, 3 StGB), so weist eine solche Zusage bereits unabhängig von §§ 129a, 129b StGB einen eigenen strafrechtlichen Unwert auf. Strafgrund für § 30 StGB ist, dass die (angestrebte) Willensübereinkunft Mehrerer im Vorfeld der Deliktsbegehung deren Wahrscheinlichkeit erhöht (vgl. BGH, Urteile vom 4. Oktober 1957 - 2 StR 366/57, BGHSt 10, 388, 389 f.; vom 29. Oktober 1997 - 2 StR 239/97, NStZ 1998, 347, 348; vom 10. Juni 1998 - 3 StR 113/98, BGHSt 44, 99, 102 f.). Damit in Einklang steht, dass ein solches Einvernehmen - ungeachtet der Deliktsart - eine hinreichend konkrete Gefahr für das bedrohte Rechtsgut darstellt und damit für die Vereinigung mit Blick auf deren Ziele auch isoliert betrachtet einen objektiven Nutzen entfaltet.
bb) Führt ein Außenstehender selbst eine Straftat aus, die mit den Zwecken oder der Tätigkeit der Vereinigung übereinstimmt und an der ein Mitglied als Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfe (§ 27 StGB) teilnimmt, so ist dies ebenfalls als Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB zu werten. Das Nichtmitglied verwirklicht den Tatbestand zwar nicht durch eine Hilfeleistung zu dem mitgliedschaftlichen Betätigungsakt des Vereinigungsmitglieds, jedoch durch die Förderung der Vereinigung selbst.
(1) Die von dem Außenstehenden ausgeführte Straftat stellt keine Unterstützung der von dem Angehörigen der Organisation vorgenommenen mitgliedschaftlichen Beteiligungshandlung dar, die allein in der Anstiftung oder Beihilfe zu eben dieser Tat besteht.
Da es sich bei der Tathandlung des Unterstützens in der Form der Hilfeleistung zu einem Betätigungsakt eines Organisationsmitglieds um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe handelt, hätte eine derartige Konstruktion zur Folge, dass die Ausführung der Haupttat ex post zugleich als Beihilfe zur Anstiftung bzw. als Kettenbeihilfe hierzu bewertet würde. Das stößt insbesondere in zweierlei Hinsicht auf durchgreifende rechtliche Bedenken: Zum einen sind die Teilnahmehandlungen des Mitglieds zum Zeitpunkt der Tatausführung in aller Regel bereits abgeschlossen. Zum anderen ist Bezugspunkt der Beihilfe eine fremde Tat (für die Anstiftung s. BGH, Beschluss vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16, NJW 2017, 2134, 2135 mwN), wohingegen der mit Tatherrschaft Handelnde eine eigene Tat begeht; der Gedanke einer - zur Täterschaft verselbständigten - mittelbaren Beihilfe durch Ausführung der Haupttat selbst erweist sich als rekursiv.
(2) Mit der Ausführung der den Zwecken der Vereinigung dienenden oder deren Tätigkeit entsprechenden Straftat, an der das Vereinigungsmitglied teilnimmt, fördert der Außenstehende indes die Organisation als solche.
(a) Die Teilnahme des Mitglieds an einer derartigen Straftat eröffnet deshalb den Anwendungsbereich des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB, weil die gemeinsame Tatbeteiligung (§ 28 Abs. 2 StGB) die Grundlage dafür bildet, dass die Tat als solche der Vereinigung angesehen werden kann. In dem - strafrechtlich relevanten - Mitwirken des Mitglieds manifestiert sich der Einfluss des Personenverbands auf das Delikt, das diesem daher zuzurechnen ist; auch die Deliktsbegehung selbst festigt auf diese Weise die der Organisation eigene Gefährlichkeit.
Dass der Außenstehende mit der Tatausführung die Vereinigung als solche fördert, bestätigen folgende Erwägungen: Ein Außenstehender unterstützt nach § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB die Vereinigung, wenn er zu einer von ihr geplanten und von einem Mitglied ausgeführten Straftat Hilfe leistet. Dadurch fördert das Nichtmitglied nicht nur die mitgliedschaftliche Betätigung des Vereinigungsmitglieds, sondern auch die aus der Organisation heraus begangene Tat und damit die Vereinigung selbst. Liegt somit - auch - eine Unterstützung der Vereinigung als solcher vor, indem das Nichtmitglied die organisationsbezogene strafbare Handlung des Mitglieds fördert, so gilt dies erst recht, falls der Außenstehende sich nicht nur als Gehilfe, sondern als Täter, mithin in einer intensiveren Form, an einem ihr zuzurechnenden Delikt beteiligt. Durch die gemeinsame Beteiligung fördert er in beiden Fällen die Tat, die mit den Zwecken oder der Tätigkeit der Vereinigung übereinstimmt und unter ihrem Einfluss begangen wird.
(b) Das Kriterium der gemeinsamen Tatbeteiligung begrenzt zugleich den Anwendungsbereich des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB. Begeht der Außenstehende die Straftat unabhängig von der Organisation, aus eigenem Antrieb und ohne Beteiligung eines Mitglieds, unterstützt er die Vereinigung auch dann nicht, wenn er in ihrem Interesse handelt. Allein der Umstand, dass die Tat selbst den Zwecken der Vereinigung dient oder deren Tätigkeit entspricht, reicht dafür nicht aus.
2. Gemessen an den dargelegten rechtlichen Maßstäben unterstützte die Angeklagte S. - wie vom Oberlandesgericht angenommen - die ausländische terroristische Vereinigung IS in dreifacher Weise; indes liegt nur eine materiellrechtliche Tat im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB vor.
a) Die Zusagen der Angeklagten S. gegenüber den IS-Mitgliedern sind als Unterstützungshandlungen zu beurteilen. Das gilt zum einen für die Absprachen während ihres Türkeiaufenthalts und zum anderen für diejenigen in den Tagen vor der Tat, nachdem sie nach Deutschland zurückgekehrt war. Die Angeklagte nahm das Ansinnen der Vereinigung ihr gegenüber an, eine „Märtyrertat“ (zunächst einen Sprengstoffanschlag, später ein Attentat auf einen Polizisten mit anschließendem Schusswaffengebrauch gegenüber Dritten) zu begehen, und entwickelte unter Anleitung und Förderung der IS-Mitglieder - zumindest in den wesentlichen Grundzügen - einen ernsthaften Plan hierfür. Das jeweils beabsichtigte Handeln diente den Zwecken des IS und entsprach dessen Tätigkeit, die unter anderem darauf gerichtet ist, Terroranschläge in europäischen Staaten entweder durch Vereinigungsmitglieder selbst zu verüben oder Nichtmitglieder dafür zu gewinnen. Mit den Zusagen erklärte sich die Angeklagte nach §§ 211, 30 Abs. 2 Variante 1 StGB gegenüber Angehörigen der Organisation zum Verbrechen des Mordes bereit.
Soweit das Oberlandesgericht ein tatbestandsmäßiges Unterstützen darin erkannt hat, dass die von der Angeklagten S. erklärten Zusagen zur Durchführung eines Attentats in Deutschland „den Zusammenhalt der Mitglieder“ des IS gestärkt und diese dazu ermutigt hätten, weitere Unterstützer zu werben, kann ihm dagegen nicht gefolgt werden. Für derartige Annahmen fehlt jeder Beleg. Hierauf kommt es für die Strafbarkeit der Angeklagten indes nach dem zuvor Ausgeführten nicht an.
b) Das Attentat auf den Polizeibeamten Ka. stellt eine weitere Unterstützungshandlung dar.
Die Angeklagte S. führte diese Straftat im Auftrag und in enger Abstimmung mit dem IS aus. Die Mitglieder, welche sie mit dem Attentat in Deutschland beauftragten, waren daran als Anstifter gemäß § 26 StGB beteiligt; diejenigen, mit denen sie in den Tagen zuvor Einzelheiten ihres Vorhabens abstimmte, namentlich die Person, die unter dem Namen „L.“ handelte, leisteten zumindest Hilfe im Sinne von § 27 Abs. 1 StGB. Das Attentat ist daher dem IS zuzurechnen, so dass die Angeklagte diesen dadurch unterstützte, dass sie es verübte.
c) Der Senat teilt die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass die Angeklagte S. nur einer einzigen Tat der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung schuldig ist. Die in der Türkei und in Deutschland erteilten Zusagen sowie die Tatausführung stellen lediglich rechtlich unselbständige Teilakte eines einheitlichen Förderns der Organisation dar.
Zwar stehen mehrere Handlungen, durch die ein Täter eine terroristische Vereinigung im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB unterstützt, grundsätzlich zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit. Anders als bei der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Alternative 2 StGB, bei der wegen ihres Charakters als Organisationsdelikt mehrere Beteiligungshandlungen jedenfalls dann, wenn sie nicht ihrerseits einen weiteren Straftatbestand erfüllen, zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit verknüpft werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308, 311 f., 319 f.; vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 355/16, BGHR StGB § 129a Konkurrenzen 6), kommt wegen der unterschiedlichen rechtlichen Struktur bei den Tatbestandsvarianten des Unterstützens und Werbens nach § 129a Abs. 5 StGB eine solche normativ vorgegebene pauschale Zusammenfassung mehrerer unterstützender Einzelakte nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. August 2017 - AK 34/17, NStZ-RR 2017, 347, 348; vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, StV 2018, 103, 106).
Diese Bewertung steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass sich aus den allgemeinen konkurrenzrechtlichen Regeln nicht etwas anderes ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, StV 2018, 103, 106). Deren Anwendung führt hier zu der Annahme nur einer Unterstützungstat; denn erklärt sich ein Täter bereit, ein Verbrechen zu begehen, und setzt er seinen Plan anschließend um, so tritt die versuchte Beteiligung (§ 30 Abs. 2 Variante 1 StGB) im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter die Haupttat zurück (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1986 - 2 StR 578/85, NJW 1986, 1820, 1821; Beschlüsse vom 17. November 1999 - 1 StR 290/99, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 31; vom 6. Dezember 2017 - AK 63/17, NStZ-RR 2018, 53, 54; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 264 Rn. 114). Für den gegenständlichen Fall bedeutet das zunächst, dass die von der Angeklagten S. in Deutschland erteilte Zusage eines Attentats auf einen Polizisten gegenüber der späteren Tatausführung materiellrechtlich unselbständig ist; insoweit ohne Bedeutung ist, dass die Angeklagte - dem ursprünglichen Plan zuwider - nicht dem Polizeibeamten Ka. die Dienstwaffe entwand und auf weitere Personen schoss. Aber auch die Absprache über den ursprünglich beabsichtigten Terroranschlag mittels einer Sprengstoffexplosion ist nicht als eigenständige Handlung zu bewerten. Die Angeklagte gab ihr Vorhaben, in Deutschland für den IS unter dessen Einfluss Morde an „Ungläubigen“ zu begehen, nicht auf, sondern modifizierte mit dem Einverständnis der Organisation lediglich ihren Plan insbesondere im Hinblick auf das einzusetzende Tatmittel.
Ohnehin beschwert die Annahme nur einer Unterstützungstat die Angeklagte S. nicht.
HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 629
Externe Fundstellen: BGHSt 63, 127; NJW 2018, 2425 ; StV 2020, 291
Bearbeiter: Christian Becker