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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2022
23. Jahrgang
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1. Für das, was schon vollständig abgeschlossen ist, vermag das nachträgliche Einverständnis eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Gehilfen nicht mehr zu begründen.
2. Bei erfolgsqualifizierten Delikten – wie dem des § 227 StGB – wird die strafrechtliche Haftung des Teilnehmers für den von ihm weder gewollten noch gebilligten Erfolg nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass der Täter diesen vorsätzlich herbeigeführt hat. Sofern der Täter dem Misshandelten, insoweit über den Vorsatz des Teilnehmers hinausgehend, mit Tötungsvorsatz eine Verletzung zufügt, die auch zum Tode des Opfers führt, kann sich daraus eine Strafbarkeit wegen Teilnahme an einer Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) ergeben. Aber ausgehend von dem Grundsatz, dass der Teilnehmer für eine entsprechende Strafbarkeit jedenfalls den wesentlichen Unrechtsgehalt und die Angriffsrichtung der Haupttat erfassen muss, haftet er nur für die Folgen derjenigen Handlungen des Täters, die er in seine entsprechenden Vorstellungen einbezogen hatte.
3. Dies bedarf indes nicht der Voraussehbarkeit aller Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs, so dass eine Verurteilung wegen Teilnahme an einer Körperverletzung mit Todesfolge auch dann in Betracht kommen kann, wenn der Teilnehmer zwar keine Kenntnis vom Mitführen eines später zur Tötung eingesetzten Messers durch den Täter hatte, in Bezug auf die Körperverletzung der Vorsatz des Teilnehmers aber auch auf die Verwendung von Schlagwerkzeugen oder die Intensivierung der Verletzungshandlungen im Falle der Gegenwehr bezogen war. Ausreichend für eine Verurteilung eines Teilnehmers nach § 227 StGB – hierzu aber auch erforderlich – ist, dass die von dem Täter dem Opfer mit Tötungsvorsatz zugefügten Körperverletzungen nicht gänzlich von anderer Art und Beschaffenheit sind, als der Teilnehmer wollte und es sich vorstellte.
4. § 18 StGB lässt allein in Bezug auf den Taterfolg Fahrlässigkeit genügen. Ähnlich wie bei der Mittäterschaft ist entscheidend, dass sich der Teilnehmervorsatz gerade auch auf die Begehungsweise bezieht, der die Gefahr der schweren Folge typischerweise anhaftet. § 18 StGB findet dagegen keine Anwendung, wenn der Tod des Tatopfers auf einer Körperverletzungshandlung beruht, die nicht vom Vorstellungsbild des Gehilfen gedeckt war, mag deren Begehung auch erkennbar gewesen sein. In diesen Fällen besteht auch bezogen auf die Tathandlung lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gegen den Gehilfen, so dass dessen Strafbarkeit nach § 227 Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB ausscheidet und allenfalls eine solche nach § 222 StGB in Betracht kommt.
1. Ein Rücktritt vom Versuch scheidet aus, wenn der tatbestandsmäßige Erfolg nach dem Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr
herbeigeführt werden kann und der Täter dies erkennt oder er subjektiv eine Herbeiführung des Erfolgs nicht mehr für möglich hält; in diesen Fällen liegt ein sog. Fehlschlag vor.
2. Ist der Versuch nicht in diesem Sinne fehlgeschlagen, kommt es nach § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB auf die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an. Ein unbeendeter Versuch, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt führt, liegt vor, wenn der Täter nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Taterfolgs erforderlich ist. Ein beendeter Versuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Eintritt des Taterfolgs durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich zumindest freiwillig und ernsthaft darum bemühen muss (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB), ist hingegen anzunehmen, wenn er zu diesem Zeitpunkt den Erfolgseintritt bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.
3. Allen Fällen ist gemein, dass es maßgeblich auf das Vorstellungsbild des Täters im Zeitpunkt unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung ankommt. In engen zeitlichen Grenzen ist auch eine Korrektur dieses Rücktrittshorizonts möglich: So ist der Versuch eines Tötungsdelikts nicht beendet, wenn der Täter zunächst irrtümlich den Eintritt des Todes für möglich hält, aber „nach alsbaldiger Erkenntnis seines Irrtums“ von weiteren Ausführungshandlungen Abstand nimmt.
4. Lässt sich das maßgebliche Vorstellungsbild den Feststellungen nicht in ausreichender Weise entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Will der Tatrichter die Annahme eines beendeten Versuchs darauf stützen, dass sich der Täter im Augenblick des Verzichts auf eine mögliche Weiterführung der Tat keine Vorstellung von den Folgen seines bisherigen Verhaltens gemacht hat, muss auch diese gedankliche Indifferenz gegenüber dem bis dahin angestrebten oder doch zumindest in Kauf genommenen Eintritt des Taterfolgs als innere Tatsache positiv festgestellt sein. Diese positive Feststellung darf nicht mit dem Fall gleichgesetzt werden, dass zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten keine Feststellungen getroffen werden können, da es dann noch Raum für die Anwendung des Zweifelssatzes gibt.
1. Die Entscheidung, ob das Hemmungsvermögen des Angeklagten zur Tatzeit aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert war, erfolgt prinzipiell mehrstufig. Zunächst ist die Feststellung erforderlich, dass bei dem Angeklagten eine Störung im psychiatrischen Sinn vorliegt, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters zu untersuchen. Durch die festgestellten psychopathologischen Verhaltensmuster muss die psychische Funktionsfähigkeit des Täters bei der Tatbegehung beeinträchtigt worden sein. Dies ist tatsachengestützt zu begründen und erfordert sowohl konkrete Feststellungen zum Ausmaß der vorhandenen Störung zu treffen als auch ihre konkreten Auswirkungen auf die Tat darzulegen. Hierzu ist das Gericht jeweils für die Tatsachenbewertung auf die Hilfe eines Sachverständigen angewiesen. Gleichwohl handelt es sich bei der Frage des Vorliegens eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB wie bei der Prüfung der aufgehobenen oder erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit um Rechtsfragen.
2. Die schwere andere seelische Störung ist bei einem Rauschgiftsüchtigen nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände gegeben, etwa wenn langjähriger Drogenmissbrauch zu schwersten Persönlichkeitsveränderung geführt hat oder der Täter unter erheblichen Entzugserscheinungen leidet. Auch die Angst vor unmittelbar bevorstehenden Entzugserscheinungen, die der Täter schon einmal als äußerst unangenehm („intensivst“ oder „grausam“) erlitten hat, kann zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit führen.
3. Ein symptomatischer Zusammenhang im Sinne des § 64 StGB liegt vor, wenn der Hang alleine oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist; mithin die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet. Die hangbedingte Gefährlichkeit muss sich in der konkreten Tat äußern. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei einem unveränderten Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist. Hierfür bedarf es neben konkreter Feststellungen auch einer am Fall orientierten Bewertung.
4. Ein Symptomwert für den Hang liegt nahe bei Taten, die auf Erlangen von Rauschmitteln zum Eigenkonsum oder deren Finanzierung abzielen.
1. Die Abgrenzung strafbarer Tötung auf Verlangen von strafloser Beihilfe zum Suizid erfordert eine normative Betrachtung. (BGHSt)
2. Der ohne Wissens- und Verantwortungsdefizit gefasste und erklärte Sterbewille führt zur situationsbezogenen Suspendierung der Einstandspflicht für das Leben des Ehegatten. (BGHSt)
3. Täter einer Tötung auf Verlangen ist, wer das zum Tode führende Geschehen tatsächlich beherrscht, auch wenn er sich damit einem fremden Selbsttötungswillen unterordnet. Entscheidend ist, wer den lebensbeendenden Akt eigenhändig ausführt. Gibt sich der Suizident nach dem Gesamtplan in die Hand des anderen, um duldend von ihm den Tod entgegenzunehmen, dann hat dieser die Tatherrschaft. Behält der Sterbewillige dagegen bis zuletzt die freie Entscheidung über sein Schicksal, dann tötet er sich selbst, wenn auch mit fremder Hilfe. Dies gilt nicht nur, wenn die Ursachenreihe von ihm selbst, sondern auch, wenn sie vom anderen bewirkt worden war. Solange nach Vollzug des Tatbeitrags des anderen dem Sterbewilligen noch die volle Freiheit verbleibt, sich den Auswirkungen zu entziehen oder sie zu beenden, liegt nur Beihilfe zur Selbsttötung vor (st. Rspr.). (Bearbeiter)
4. Die Abgrenzung strafbarer Tötung auf Verlangen von strafloser Beihilfe zum Suizid kann nicht sinnvoll nach Maßgabe einer naturalistischen Unterscheidung von aktivem und passivem Handeln vorgenommen werden. (Bearbeiter)
5. Die vom Bundesverfassungsgericht in Bezug auf § 217 Abs. 1 StGB entwickelten Grundsätze sind auf § 216 Abs. 1 StGB übertragbar, weil diese Vorschrift in vergleichbarer Weise in das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben eingreift. Es ist naheliegend, dass § 216 Abs. 1 StGB einer verfassungskonformen Auslegung bedarf, wonach jedenfalls diejenigen Fälle vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen werden, in denen es einer sterbewilligen Person faktisch unmöglich ist, ihre frei von Willensmängeln getroffene Entscheidung selbst umzusetzen, aus dem Leben zu scheiden, sie vielmehr darauf angewiesen ist, dass eine andere Person die unmittelbar zum Tod führende Handlung ausführt. (Bearbeiter)
1. Das in § 108e Abs. 1 und 2 StGB normierte Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ ist dahin zu verstehen, dass die Mandatstätigkeit als solche, nämlich das Wirken des Abgeordneten im Parlament, mithin im Plenum, in den Ausschüssen oder sonstigen parlamentarischen Gremien einschließlich der Fraktionen oder in mit Parlamentsmitgliedern besetzten Kommissionen, erfasst ist. (BGHSt)
2. Allein die zwischen den Beteiligten vereinbarte Berufung des Abgeordneten auf seinen Status zur Beeinflussung von Behördenentscheidungen bei außerparlamentarischen Betätigungen im Interesse eines Privatunternehmers und ohne Vorgabe, im Auftrag des Parlaments zu handeln, vermag eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit oder Bestechung von Mandatsträgern nicht zu begründen. (BGHSt)
3. Ebenso wenig genügt es, wenn der Abgeordnete dazu die in dieser Funktion geknüpften Beziehungen zu Entscheidungsträgern der Exekutive ausnutzen oder sich seiner Amtsausstattung bedienen soll. (BGHSt)
4. Schutzgut des reformierten § 108e StGB ist das öffentliche Interesse an der Integrität parlamentarischer Prozesse, der Unabhängigkeit der Mandatsausübung sowie der Sachbezogenheit parlamentarischer Entscheidungen. Umfasst ist demnach lediglich das öffentliche Interesse an der Unabhängigkeit der Mandatsausübung im Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit des Abgeordneten. Allein durch diese parlamentarischen Prozesse kann das öffentliche Interesse an der Integrität der parlamentarischen Arbeit beeinträchtigt werden. Nimmt der Abgeordnete demgegenüber Einfluss auf Entscheidungen außerhalb parlamentarischer Prozesse, insbesondere auf solche von Behörden, ist das Rechtsgut des öffentlichen Interesses an der Integrität der parlamentarischen Arbeit
nicht berührt, selbst wenn er seinen Status missbräuchlich nutzt. (Bearbeiter)
5. Das in § 108e Abs. 1 und 2 StGB mit der Neufassung vom 23. April 2014 normierte Tatbestandsmerkmal „bei der Wahrnehmung seines Mandates“ ist dahin zu verstehen, dass die Mandatstätigkeit als solche, nämlich das Wirken im Parlament, mithin im Plenum, in den Ausschüssen oder sonstigen parlamentarischen (Unter-)Gremien einschließlich der Fraktionen oder in mit Abgeordneten besetzten Kommissionen (etwa dem Vermittlungsausschuss), erfasst ist. Das Merkmal ist hingegen nicht in einem funktional weiten Sinne dahin auszulegen, dass bereits jede Tätigkeit anlässlich oder im Zusammenhang mit dem Abgeordnetenmandat oder jede durch das Mandat bloß ermöglichte Handlung dem Anwendungsbereich der Norm unterfiele. (Bearbeiter)
6. Der Verfassungsgesetzgeber hat mit Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG die Rechtsstellung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages im Sinne eines freien parlamentarischen Mandats geregelt. Kraft dieses Status verfügt das Bundestagsmitglied über eine Reihe von Rechten, die indes stets unter dem Vorbehalt stehen, dass nicht das einzelne Mitglied, sondern der Bundestag als Ganzes die vom Volk ausgehende Staatsgewalt ausübt. Desgleichen sind mit dem Status Pflichten verbunden, deren Reichweite durch das Gebot, die Repräsentations- und Funktionsfähigkeit des Parlaments zu wahren, bestimmt und begrenzt wird. Dementsprechend erstreckt sich der Gewährleistungsbereich des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG auf die gesamte parlamentarische Tätigkeit des Bundestagsabgeordneten, sei es im Plenum, sei es in den Gremien. (Bearbeiter)
7. Auf den historisch gewachsenen, der Verfassung zugrundeliegenden Begriff des Mandats ist bei der Auslegung der Strafnorm des § 108e StGB Bedacht zu nehmen. Das gilt umso mehr, als ihr Wortlaut mit der jeweiligen Wendung „im Auftrag oder auf Weisung“ in den Absätzen 1 und 2 bewusst an Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG anknüpft. Für den Mandatsbegriff ist kein abweichender, insbesondere kein engerer herkömmlicher Sprachsinn ersichtlich. (Bearbeiter)
8. Der Bezug des Mandats zur parlamentarischen Tätigkeit des Abgeordneten wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es zu dessen Hauptaufgaben gehört, insbesondere im eigenen Wahlkreis engen Kontakt mit der Partei, den Verbänden und nicht organisierten Bürgern zu halten. Denn diese Funktion des Abgeordneten liegt darin begründet, dass er Verbindungsglied zwischen Parlament und Bürger ist. In diesem Sinne – einer dem parlamentarischen Entscheidungsprozess dienlichen „Transformationsfunktion“ zwischen gesellschaftlicher und staatlicher Willensbildung – zählt zwar das Wirken des Parlamentariers in der Zivilgesellschaft zu seinen Aufgaben. Hierdurch kommt aber nicht zum Ausdruck, dass er bereits dann sein Mandat wahrnimmt, wenn er unter Angabe seines Status gegenüber einer Behörde im Interesse eines Privatunternehmers oder anderen Bürgers auftritt. (Bearbeiter)
9. Zwar ist für die Strafbarkeit von (europäischen) Amtsträgern (sowie von für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten) gemäß §§ 331 bis 334 StGB eine weite Auslegung der – der Mandatswahrnehmung entsprechenden – Tatbestandsmerkmale „Dienstausübung“ und „Diensthandlung“ anerkannt. Danach sind die Merkmale erfüllt, wenn irgendein funktionaler Zusammenhang mit dem Aufgabenkreis des Amtsträgers besteht. Der Träger eines parlamentarischen Mandats verfügt hingegen nicht über einen genau umgrenzten Pflichtenkreis, wie er für Amtsträger existiert. Dies unterscheidet den Mandatsträger grundsätzlich vom Amtsträger. Für Abgeordnete bestehen keine positiv festgelegten Dienstpflichten, für deren Verletzung sie einen Vorteil fordern oder annehmen können. (Bearbeiter)
10. Völkervertragsrechtliche Anforderungen (vgl. Art. 2 bis 4 des Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption vom 27. Januar 1999 sowie Art. 15 i.V.m. Art. 2 Buchst. a Ziff. i des Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31. Oktober 2003), wonach der Abgeordnete die Gegenleistung „bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben“ oder „in Ausübung seiner Dienstpflichten“ zu erbringen hat, gebieten keine Auslegung des § 108e StGB dahin, dass außerparlamentarische Betätigungen ohne Bezug zu seinem Mandat strafrechtlich zu sanktionieren wären. Vielmehr war die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat frei, die wenig präzisen Vorgaben der Übereinkommen zu den Tathandlungen selbst zu konkretisieren. (Bearbeiter)
11. Soweit das Abgeordnetenrecht (vgl. für den Bund §§ 44a, 45 ff. AbgG) Verhaltensregeln für Mandatsträger trifft und disziplinarrechtliche Sanktionen vorsieht, lassen sich daraus im vorliegenden Zusammenhang keine Rückschlüsse auf die Auslegung des Tatbestandes des § 108e StGB ziehen. Diese parlamentsrechtlichen Vorschriften dienen zwar ebenfalls der Korruptionsbekämpfung (vgl. § 108e Abs. 4 Satz 1 StGB), gehen aber deutlich weiter als die Strafnorm. (Bearbeiter)
1. Bezugspunkt für ein tatbestandsausschließendes Einverständnis in eine Freiheitsberaubung im Sinne des § 239 StGB ist der potentielle Fortbewegungswille. (BGHSt)
2. § 239 StGB schützt die potentielle persönliche Bewegungsfreiheit. In sie wird auch dann eingegriffen, wenn der von der Tathandlung Betroffene sich gar nicht wegbewegen will. Entscheidend ist allein, ob es ihm unmöglich gemacht wird, seinen Aufenthalt nach eigenem Belieben zu verändern. Ausschlaggebend ist mithin nur, ob der Betroffene sich ohne die vom Täter ausgehende Beeinträchtigung seiner Bewegungsmöglichkeit fortbegeben könnte, wenn er es denn wollte. Ob er seine Freiheitsbeschränkung überhaupt realisiert, ist danach ohne Belang. (Bearbeiter)
3. Ein im natürlichen Sinn zur Änderung seines Aufenthaltsorts fähiger Mensch wird nur dann nicht seiner
Freiheit im Sinne des § 239 StGB beraubt, wenn er (auch) damit einverstanden ist, dass er sich selbst dann nicht fortbewegen könnte, wenn er das wollte. Ist ihm dies hingegen (hier: aufgrund von List und Täuschung des die Bewegungsfreiheit aufhebenden Täters) nicht bewusst, ist es ohne Belang, dass er sich aktuell gar nicht fortbewegen will. Ein durch List oder Täuschung erschlichenes Einverständnis des Betroffenen in eine ihm nicht bewusste Freiheitsentziehung stellt sich somit lediglich als ein Mittel zur leichteren Begehung der Freiheitsberaubung durch Verhinderung des zu erwartenden Widerstands des Betroffenen dar, das nicht zu einem Ausschluss des objektiven Tatbestands des § 239 Abs. 1 StGB führen kann. (Bearbeiter)
4. Seiner (Bewegungs-)Freiheit ist objektiv betrachtet derjenige beraubt, der sich aufgrund des Verhaltens eines Dritten nicht wegbewegen kann, wenn er dies wollte. Eine als Zwang empfundene Willensbeugung wohnt dem Begriff der Freiheitsberaubung in objektiver Hinsicht nicht inne. Anders als die Nötigung im Sinne des § 240 StGB setzt der äußere Tatbestand des § 239 StGB nicht voraus, dass einem anderen ein von diesem nicht gewolltes Verhalten aufgezwungen wird. Opfer einer Freiheitsberaubung kann danach nicht nur derjenige sein, der gegen seinen aktuellen Willen zu einem Verbleiben an einem Ort bestimmt wird. (Bearbeiter)
5. Mit dem hohen Gut der persönlichen Bewegungsfreiheit, das durch die Einführung der Versuchsstrafbarkeit noch an Gewicht gewonnen hat (vgl. § 239 Abs. 2 StGB), wäre es nicht in Einklang zu bringen, die Freiheitsberaubung als einen bloßen Spezialfall der milder sanktionierten Nötigung zu behandeln. Sie ist vielmehr ein eigenständiges Delikt mit eigenen Voraussetzungen, das den Einzelnen umfassend vor der Entziehung seiner Fortbewegungsfreiheit schützen soll. (Bearbeiter)
1. Eine Eingabe unrichtiger Daten i.S.v. § 263a Abs. 1 Variante 2 StGB liegt unter anderem vor, wenn der Täter als Zahlungsempfänger seiner Bank auf elektronischem Wege einen Lastschriftauftrag im SEPA-Lastschriftverfahren übermittelt und hierbei in der entsprechenden Eingabemaske der Banking-Software eine Kennung verwendet, nach welcher der angeblich Zahlungspflichtige einen Abbuchungsauftrag zugunsten des Täters erteilt haben soll, obwohl ein solcher Auftrag tatsächlich nicht existiert. Das Verhalten des Täters stellt sich insofern als täuschungsäquivalent dar, da er einem gedachten Bankmitarbeiter konkludent die unwahre Tatsache vorspiegeln würde, der angeblich Zahlungspflichtige habe seiner Bank einen Abbuchungsauftrag erteilt. Ob das Konto der vermeintlich Zahlungspflichtigen existiert, ist dabei ohne Belang.
2. Unrichtig i.S.v. § 263a Abs. 1 Variante 2 StGB sind Daten, wenn der durch sie vermittelte Informationsgehalt keine Entsprechung in der Wirklichkeit hat; unvollständig sind sie, wenn sie den zugrundeliegenden Sachverhalt nicht ausreichend erkennen lassen. Unbefugtes Verwenden von Daten i.S.v. § 263a Abs. 1 Variante 3 StGB setzt dagegen grundsätzlich die Benutzung „richtiger“ Daten voraus.
3. Erreicht der Angeklagte durch Einreichung von Lastschriftaufträgen im SEPA-Lastschriftverfahren Gutschriften auf seinem Konto, begründet dies regelmäßig bereits einen Gefährdungsschaden, weil dem Angeklagten bis zum Zeitpunkt einer etwaigen Rücklastschrift die Möglichkeit des Zugriffs auf das Guthaben offensteht. Werden Beträge im weiteren Verlauf auf andere Konten von Beteiligten überwiesen, tritt regelmäßig ein endgültiger Vermögensverlust bei der Gläubigerbank ein, soweit sie für ihre Gutschrift von der Schuldnerbank keinen Ersatz verlangen kann.
1. Eine Schlägerei im Sinne des § 231 Abs. 1 1. Alt. StGB ist eine mit gegenseitigen Tätlichkeiten verbundene Auseinandersetzung, an der mehr als zwei Personen aktiv mitwirken. Ein beiderseits handgreiflich geführter Streit zwischen zwei Personen wird zu einer Schlägerei, wenn ein Dritter hinzukommt und gegen eine der beiden Personen körperlich aktiv wird. Die für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals Schlägerei erforderlichen wechselseitigen Tätlichkeiten zwischen mehr als zwei Personen müssen indes nicht gleichzeitig begangen werden. Eine Schlägerei im Sinne des § 231 Abs. 1 1. Alt. StGB kann auch anzunehmen sein, wenn nacheinander jeweils nur zwei Personen gleichzeitig wechselseitige Tätlichkeiten verüben, zwischen diesen Vorgängen aber ein so enger innerer Zusammenhang besteht, dass eine Aufspaltung in einzelne „Zweikämpfe“ nicht in Betracht kommt und die Annahme eines einheitlichen Gesamtgeschehens mit mehr als zwei aktiv Beteiligten gerechtfertigt ist.
2. Unter einem von mehreren verübten Angriff im Sinne von § 231 Abs. 1 2. Alt. StGB ist die in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung von mindestens zwei Personen zu verstehen; bei den Angreifenden muss Einheitlichkeit des Angriffs, des Angriffsgegenstandes und des Angriffswillens vorliegen.
3. Als objektive Bedingung der Strafbarkeit setzt § 231 StGB ferner den Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) als besondere Folge der Schlägerei oder des von mehreren verübten Angriffs voraus. Diese Folge braucht nicht vom Vorsatz oder der Fahrlässigkeit eines der Beteiligten umfasst und nicht durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden zu sein. Erforderlich ist insoweit lediglich ein ursächlicher Zusammenhang im strafrechtlichen Sinn zwischen dem Gesamtvorgang der Schlägerei oder des Angriffs und der schweren Folge; auf eine Ursächlichkeit der einzelnen Tatbeiträge der Beteiligten kommt es nicht an.
4. Die Ursache der schweren Folge darf aber nicht vor oder nach der Schlägerei bzw. dem Angriff gesetzt worden sein.
1. Ein Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB ist ein Wettbewerb zwischen wenigstens zwei Kraftfahrzeugführern, bei dem es zumindest auch darum geht, mit dem Kraftfahrzeug über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eine höhere Geschwindigkeit als der andere oder die anderen teilnehmenden Kraftfahrzeugführer zu erreichen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Teilnehmer zueinander in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit, die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung in Konkurrenz treten. Die besondere Gefährlichkeit von Kraftfahrzeugrennen in all diesen Konstellationen liegt darin, dass es zwischen den konkurrierenden Kraftfahrzeugführern zu einem Kräftemessen im Sinne eines Übertreffenwollens gerade in Bezug auf die gefahrene Geschwindigkeit kommt. Gerade diese Verknüpfung trägt die Gefahr in sich, dass dabei die Fahr- und Verkehrssicherheit außer Acht gelassen, der Verlust von Kontrolle in Kauf genommen und die Aufmerksamkeit auf das Verhalten des Konkurrenten gerichtet wird.
2. Die Feststellung einer zu Beschaffungsdelikten führenden physischen oder jedenfalls psychischen Betäubungsmittelabhängigkeit trägt regelmäßig die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB, ohne dass es auf den Grad oder die Ausprägung der Abhängigkeit im Einzelnen ankommt.
3. § 64 StGB hat gegenüber einer Zurückstellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG Vorrang.
1. Das Fehlen von Kampf- oder Abwehrverletzungen kann schon für sich genommen ein gewichtiges Beweisanzeichen für das Vorliegen von Heimtücke sein. Das gilt erst recht, wenn das Opfer beim Beibringen schwerer Verletzungen (hier: mit einer Stichwaffe) bewegungslos blieb und keine Fluchtversuche unternahm. Sind solche Umstände festgestellt, muss sich das Tatgericht hiermit regelmäßig bei der Prüfung der Voraussetzungen der Heimtücke auseinandersetzen.
2. Auch ein unmittelbar dem Zustechen vorausgehendes Anpacken des Opfers am Kragen ist prinzipiell mit einem heimtückischen Handeln vereinbar. Heimtücke erfordert kein „heimliches“ Vorgehen. Das Opfer kann auch dann arglos (und deshalb wehrlos) sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff zu begegnen. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs.
1. Bei der Beurteilung sonstiger niedriger Beweggründe ist nach ständiger Rechtsprechung bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung regelmäßig die Vorgeschichte der Tat von entscheidender Bedeutung, darunter das Verhalten des Opfers und das Verschulden des Täters an der zur Tat führenden Konfliktlage; in diesem Rahmen geht es zu Lasten des Täters, wenn sich seine Wut oder Verärgerung infolge der Reaktion des Opfers auf eine an ihm begangene Straftat steigert. 2. Der Charakter einer Tat als Spontantat hindert die Annahme niedriger Beweggründe nicht (st. Rspr.).
1. Die Annahme des Dreiecksbetrugs setzt die Identität zwischen getäuschter und verfügender Person sowie eine Zurechnung der Verfügung des Getäuschten zum Vermögensinhaber voraus. Eine derartige Zurechnung hat nicht nur dann stattzufinden, wenn der irrende Verfügende die rechtliche Befugnis hat, Rechtsänderungen mit unmittelbarer Wirkung für das fremde Vermögen vorzunehmen,
sondern nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn der Verfügende im Lager des Vermögensinhabers steht.
2. Voraussetzung hierfür ist ein – faktisches oder rechtliches – Näheverhältnis des Verfügenden zu dem geschädigten Drittvermögen, das schon vor der Tat bestanden hat. Ein solches liegt etwa dann vor, wenn der Getäuschte mit dem Einverständnis des Vermögensinhabers eine Schutz- oder Prüfungsfunktion wahrnimmt.
1. Das Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens nach § 261 Abs. 7 StGB erfasst Tathandlungen, die dazu führen, dass der Täter den inkriminierten Gegenstand aus seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt entlässt und ein Dritter die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand erlangt. Dies ist etwa beim Einzahlen von illegal erlangtem Bargeld auf ein Konto der Fall, nicht aber bei einer internen Weitergabe der erlangten Wertgegenstände an ein anderes Mitglied der Tätergruppierung.
2. Ein Erlangen im Sinne faktischer Verfügungsgewalt liegt bei § 73 Abs. 1 StGB jedenfalls dann vor, wenn der Tatbeteiligte im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen kann. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise dagegen, ob das Erlangte beim Täter oder Teilnehmer verbleibt oder ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später – etwa durch absprachegemäße Weitergabe an einen anderen – aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse etwa bei Beuteteilung gemindert wurde.
3. Nur dann, wenn der Täter etwas nur kurzfristig und transitorisch durch die Tat erhalten hat, weil er dieses – ohne faktische Verfügungsgewalt hieran erlangt zu haben – weiterzuleiten hatte, hat er den Gegenstand nicht im Sinne von § 73 Abs. 1 erlangt. Ein bloß transitorischer Besitz liegt aber regelmäßig nicht vor, wenn der Täter oder Beteiligte den durch die Tat erlangten Gegenstand über eine nicht unerhebliche Zeit unter Ausschluss der anderen Tatbeteiligten in seiner faktischen Verfügungsgewalt hält. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn vor der Weitergabe des aus der Tat Erlangten eine längere Fahrtstrecke zurückzulegen ist, auf welcher der Täter faktisch allein über das Erlangte verfügen kann. Eine zivilrechtliche Einordnung als Besitzdiener (§ 855 BGB) steht dem nicht entgegen.
1. Unter einem Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB ist grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten – wenngleich nicht unbedingt maßgebend – erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt. Dabei greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich gleichermaßen auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss.
2. Fördert der Außenstehende die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung des Unterstützens in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Organisation. Da als Folge des Unterstützens ein irgendwie gearteter Vorteil für die Vereinigung ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung darstellt, grundsätzlich bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufgabe durch ein Mitglied fördert, die diesem von der Vereinigung aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen Vereinigung dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen.