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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2021
22. Jahrgang
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1. Bei der mittelbaren Verursachung einer vollverantwortlich begangenen fremden Vorsatztat ist Voraussetzung einer Erfolgszurechnung im Rahmen eines erfolgsqualifizierten Delikts (hier: § 227 StGB) jedenfalls, dass der Erfolgseintritt für die Angeklagten voraussehbar war. In diesem Sinne voraussehbar ist, was der Täter nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten in der konkreten Tatsituation als möglich hätte vorhersehen können.
2. Die Verantwortlichkeit des Täters entfällt deshalb für solche Ereignisse, die so sehr außerhalb der gewöhnlichen Erfahrung liegen, dass der Täter auch bei der nach den Umständen des Falles gebotenen und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen zuzumutenden Sorgfalt nicht mit ihnen rechnen muss. Eingetretene Folgen können insbesondere außerhalb der Lebenserfahrung liegen, wenn sich in den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Täters und dem Erfolg bewusste oder unbewusste Handlungen dritter Personen einschalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beitrag anderer Personen zum Geschehen in einem gänzlich vernunftwidrigen Verhalten besteht.
Gegenstand des Vorsatzes müssen bei Unterlassungen neben der Untätigkeit die physisch-reale Handlungsmöglichkeit, der Eintritt des Erfolges, die Quasi-Kausalität sowie die die objektive Zurechnung begründenden Umstände sein. Hinsichtlich der hypothetischen Kausalität genügt bedingter Vorsatz dahingehend, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, sein Eingreifen könne den Erfolg abwenden.
1. Eine in einer objektiven Notwehrlage verübte Tat ist nach § 32 Abs. 2 StGB gerechtfertigt, wenn sie zu einer sofortigen und endgültigen Abwehr des Angriffs führt und es sich bei ihr um das mildeste Abwehrmittel handelt, das dem Angegriffenen in der konkreten Situation zur Verfügung stand. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich auf der Grundlage einer objektiven ex ante-Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung. Danach muss der Angegriffene auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unzweifelhaft ist. Ein milderes Mittel, dessen Wirkung zweifelhaft erscheint, muss gewählt werden, solange im Fall eines Fehlschlags noch genügend Zeit verbleibt, um unmittelbar danach eine sichere Abwehrmaßnahme zu ergreifen.
2. Private Notwehr ist im Verhältnis zur staatlichen Gefahrenabwehr grundsätzlich subsidiär. Staatliche Hilfe ist jedenfalls dann vorrangig zur Beseitigung des Angriffs in Anspruch zu nehmen, wenn im Fall der Erfolglosigkeit einer solchen Bemühung noch immer genug Zeit dafür verbleibt, zu einer stärkeren Verteidigungsmaßnahme zu greifen.
1. Beim Versuch des erfolgsqualifizierten Delikts wird regelmäßig zwischen zwei Konstellationen unterschieden: Der sogenannte erfolgsqualifizierte Versuch ist dadurch gekennzeichnet, dass das Grunddelikt im Versuchsstadium steckenbleibt, während der qualifizierende Erfolg eintritt, wobei dem Täter insoweit wenigstens ein Fahrlässigkeits- (etwa § 227 Abs. 1 i.V.m. § 18 StGB) oder Leichtfertigkeitsvorwurf (etwa § 251 StGB) zur Last liegt. Die sogenannte versuchte Erfolgsqualifikation liegt vor, wenn der Täter das Grunddelikt verwirklicht, der von ihm in Kauf genommene oder sogar beabsichtigte qualifizierte Erfolg aber nicht eintritt.
2. Diese begriffliche Differenzierung darf jedoch den Blick nicht dafür verstellen, dass der Versuch des erfolgsqualifizierten Delikts auch möglich ist durch bloßes unmittelbares Ansetzen zum Grunddelikt mit dem Vorsatz der Herbeiführung der schweren Folge. Bleibt diese aus, handelt es sich um einen Unterfall der versuchten Erfolgsqualifikation Die Brandstiftung mit Todesfolge gemäß § 306c StGB ist demnach unter anderem versucht, wenn der Täter mit dem Tod der Bewohner des Hauses rechnet, das er (sei es erfolglos) in Brand zu setzen versucht.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für einen Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB nicht erforderlich, dass der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung die schnellste, sicherste oder „optimale“ gewählt hat; es reicht aus, dass er eine neue Kausalkette in Gang gesetzt hat und sich sein auf Erfolgsabwendung gerichtetes Verhalten als erfolgreich, nämlich für die Verhinderung der Tatvollendung als ursächlich oder zumindest mitursächlich erweist. Das Erfordernis eines „ernsthaften Bemühens“ gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt für diese Rücktrittsvariante nicht. Ohne Belang ist, ob der Täter noch mehr hätte tun können, sofern er nur die ihm bekannten und zur Verfügung stehenden Mittel genutzt hat, die aus seiner Sicht den Erfolg verhindern konnten.
2. Freiwilligkeit im Sinne des § 24 Abs. 1 StGB ist anzunehmen, wenn der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben ist und er die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich hält, er also weder durch eine äußere Zwangslage daran gehindert noch durch seelischen Druck unfähig geworden ist, die Tat zu vollbringen. Ob er von außen zum Umdenken angestoßen wird oder erst nach dem Einwirken durch einen Dritten von der Tat Abstand nimmt, berührt für sich genommen die Autonomie seiner Entscheidung nicht. Es bleibt vielmehr maßgebend, ob der Täter trotz des Eingreifens oder der Anwesenheit eines Dritten noch „aus freien Stücken“ handelt oder aber ob äußere Umstände ihn zur Tataufgabe zwingen oder eine innere Unfähigkeit zur Tatvollendung auslösen.
1. Wird eine Person rechtswidrig angegriffen, ist sie grundsätzlich berechtigt, dasjenige Abwehrmittel zu wählen, welches eine endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleistet. Der Angegriffene muss auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel nur zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unzweifelhaft ist und ihm genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht.
2. Auch der sofortige, das Leben des Angreifers gefährdende Einsatz eines Messers kann danach durch Notwehr gerechtfertigt sein. Gegenüber einem unbewaffneten Angreifer ist der Gebrauch eines Messers jedoch in der Regel anzudrohen, wenn die Drohung unter den konkreten Umständen eine so hohe Erfolgsaussicht hat, dass dem Angegriffenen das Risiko eines Fehlschlags und der damit verbundenen Verkürzung seiner Verteidigungsmöglichkeiten zugemutet werden kann. Dies ist auf der Grundlage einer objektiven ex-ante-Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung zu beurteilen. Angesichts der geringen Kalkulierbarkeit des Fehlschlagrisikos dürfen an die in einer zugespitzten Situation zu treffende Entscheidung für oder gegen eine weniger gefährliche Verteidigungshandlung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden.
1. Bei der Steuerungsfähigkeit geht es um die Fähigkeit, entsprechend der Unrechtseinsicht zu handeln, also um Hemmungsvermögen, Willenssteuerung und Entscheidungssteuerung, nicht aber um exekutive Handlungskontrolle. Entscheidend kommt es auf die motivationale Steuerungsfähigkeit an, also die Fähigkeit, das eigene Handeln auch bei starken Wünschen und Bedürfnissen normgerecht zu kontrollieren und die Ausführung normwidriger Motivationen zu hemmen.
2. Steuerungsfähigkeit darf nicht mit zweckrationalem Verhalten verwechselt werden. Deshalb ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade bei schweren Persönlichkeitsstörungen ein zielgerichtetes und überlegtes Nachtatverhalten – anders als etwa bei der Prüfung eines Affektes oder einer Rauschtat – wenig aussagekräftig für die Beurteilung der Steuerungsfähigkeit. Denn auch bei geplantem und geordnetem Vorgehen kann die Fähigkeit erheblich eingeschränkt sein, Anreize zu einem bestimmten Verhalten und Hemmungsvorstellungen gegeneinander abzuwägen und danach den Willensentschluss zu bilden.
Ob eine Persönlichkeitsstörung im sexuellen Bereich das Wesen des Täters so nachhaltig verändert hat, dass er zur Bekämpfung seiner Triebe nicht die erforderlichen Hemmungen aufbringt, kann nur im Wege einer Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Täters unter Einbeziehung seiner Entwicklung, seines Charakterbildes sowie der ihm zur Last gelegten Taten einschließlich der ihnen zugrundeliegenden Motive festgestellt werden.
1. § 326 Abs. 1 StGB ist auch in der 2. Tatvariante (wesentliche Abweichung von einem zugelassenen Verfahren) ein abstraktes Gefährdungsdelikt und setzt nicht voraus, dass die Tathandlung außerhalb einer zugelassenen Anlage erfolgt. (BGHSt)
2. Das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Abweichung im Sinne des § 326 Abs. 1 StGB ist insbesondere dann erfüllt, wenn von dem durch den zuständigen Hoheitsträger in einer Genehmigung oder durch Auflagen und Anordnungen zugelassenen Verfahren derart abgewichen wird, dass die gefährlichen Wirkungen des Abfalls für Mensch oder Umwelt weiterhin vorhanden sind. Maßgebend ist, ob gegen jene Vorgaben verstoßen wurde, deren Einhaltung gerade zur Beseitigung des Gefahrenpotentials des Abfalls hätte führen sollen. (BGHSt)
3. Unter krebserzeugend im Sinne des § 326 Abs. 1 Nr. 2 StGB fallen alle Stoffe, die in Folge von Einatmen, Verschlucken oder Hautresorption beim Menschen Krebs verursachen oder die Krebshäufigkeit erhöhen können, wobei der Nachweis einer solchen Wirkung in Tierversuchen ausreichend sein kann. (Bearbeiter)
4. Der Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des § 326 Abs. 1 Alt. 2 StGB steht nicht entgegen, dass die Tathandlung innerhalb einer zugelassenen Anlage begangen wurde. (Bearbeiter)
5. Die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB bestimmt sich für jeden Täter regelmäßig nach der Zahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung eines Delikts. Werden aus der Organisation eines auf Straftaten ausgerichteten Unternehmens heraus Tathandlungen begangen und wirkt ein
Täter an diesen selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge im Aufbau und der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs, sind sämtliche entsprechende deliktische Verhaltensweisen des unmittelbar Handelnden bei dem betreffenden Täter als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer oder gegebenenfalls – insbesondere bei Hinzutreten eines neuen Tatentschlusses – zu wenigen einheitlichen Taten zusammenzufassen. (Bearbeiter)
6. Hat ein Täter einen andauernden Zustand pflichtwidrig herbeigeführt, führen zeitlich nachfolgende Willensakte, deren Ziel es ist, den Zustand aufrecht zu erhalten, für sich genommen nicht zu einer neuerlichen Tatbestandsverwirklichung. (Bearbeiter)
1. Zu dem von § 174 Ab. 1 Nr. 3 StGB geschützten Personenkreis. (BGHR)
2. Leibliche Abkömmlinge sind Personen, die biologisch vom Täter abstammen, sodass neben leiblichen Kindern auch die gemäß § 1589 Satz 1 BGB in gerader Linie absteigenden Verwandten (Enkel und Urenkel) umfasst sind. (Bearbeiter)
3. Rechtliche Abkömmlinge eines Mannes sind adoptierte Kinder, die nach § 1754 BGB die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden erlangen, oder Kinder, die nach § 1592 Nr. 1 bis Nr. 3 BGB rechtlich einem Mann zugeordnet werden, ohne von diesem abzustammen. (Bearbeiter)
4. „Stiefenkel“ sind nur insoweit vom Schutzbereich des § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst, als es sich um Abkömmlinge des Ehe- oder Lebenspartners des Täters beziehungsweise einer Person, mit der er in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt, handelt. Stiefkinder der eigenen Abkömmlinge fallen danach nicht unter die Vorschrift. (Bearbeiter)
1. Einen Betrug zum Nachteil des kontoführenden Kreditinstituts begeht, wer vom berechtigten Karteninhaber eine Bankkarte nebst zugehöriger Geheimzahl durch dessen täuschungs- und irrtumsbedingte Verfügung erhält und dabei in der Absicht handelt, unter Einsatz der Karte und PIN-Abhebungen an Geldautomaten vorzunehmen. Denn der Besitz von Karte und zugehöriger Geheimzahl ermöglicht es dem Täter, jederzeit Abhebungen vorzunehmen, so dass ein Gefährdungsschaden bereits mit der Erlangung von Karte und Geheimzahl eintritt.
2. Ein Abhebevorgang am Geldautomaten, der gänzlich ohne Befugnis des berechtigten Karteninhabers erfolgt oder bei dem die Karte im konkreten Fall abredewidrig eingesetzt wird, stellt sich zwar als willentliche Übertragung des Gewahrsams an dem Bargeld durch den Geldautomatenbetreiber an denjenigen dar, der Karte und zugehörige Geheimzahl verwendet, nicht jedoch als Einverständnis mit einem Eigentumserwerb am Bargeld durch den zur Abhebung nicht berechtigten Kartennutzer. Eine solche Abhebung begründet daher regelmäßig die Strafbarkeit wegen Unterschlagung (§ 246 StGB) an dem in Rede stehenden Bargeld.
3. Eine gewaltsam oder unter Drohung mit Gewalt erzwungene Preisgabe eines Verstecks von Wertgegenständen oder eines Zugangs zu einem solchen – etwa eines Schlüssels oder einer Zahlenkombination – durch das Opfer bewirkt für sich genommen noch keinen Vermögensnachteil, sondern ermöglicht erst eine spätere Wegnahme durch den Täter. Bei der erzwungenen Preisgabe des Verstecks einer noch wegzunehmenden Beute oder einer Zugangsmöglichkeit zu dieser handelt es sich daher um einen (versuchten) Raub, sofern zwischen der Gewaltanwendung oder Drohung mit Gewalt und der (beabsichtigen) Wegnahme ein hinreichender örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.
4. § 239a StGB bezieht sich auch auf beabsichtigte Raubtaten, weil die Vorschriften der §§ 253, 255 StGB den engeren Tatbestand des Raubes mitumfassen.
§ 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB soll nur die sexuellen Handlungen unter Strafe stellen, deren sich die andere Person nicht versieht („Überraschungsmoment“) und deshalb keine Gegenwehr entfalten kann oder ihnen zwar noch im letzten Moment gewahr wird, aber wegen der Schnelligkeit der Abläufe zur Bildung oder Kundgabe eines ablehnenden Willens außer Stande ist. § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB setzt voraus, dass aufgrund der Überraschung kein entgegenstehender Wille gebildet und rechtzeitig kundgetan werden kann. Hierin unterscheidet sich diese Variante in ihren Voraussetzungen von § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB, bei der dem Opfer die Willensbildung oder -äußerung (generell) unmöglich sein muss.
1. Eine bereits erteilte Zustimmung zum Beischlaf kann jederzeit widerrufen werden. Setzt der Sexualpartner diesen trotz äußerlich erkennbarer Willensänderung fort, liegt eine vollendete Vergewaltigung vor.
2. Das Tatopfer muss nicht ein vom Täter vorgegebenes Signal – hier ein dreimaliges Klopfen – für die Kommunikation ihrer Willensänderung verwenden.
3. Wird das Tatopfer über die im Vollzug des ungewollten Geschlechtsverkehrs liegende unangemessene Behandlung hinaus körperlich misshandelt, wird § 223 StGB nicht von § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB verdrängt.
1. Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und dadurch bedingte Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Arglos ist ein Tatopfer, das bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs weder mit einem lebensbedrohlichen noch mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten erheblichen Angriff rechnet. Handelt es sich um ein mehraktiges Tatgeschehen, bei dem dem Tatopfer die todesursächliche Verletzungsfolge nicht mit dem ersten Angriff, sondern durch einen späteren Teilakt beigebracht wird, kommt es darauf an, ob das Gesamtgeschehen als eine natürliche Handlungseinheit zu bewerten ist und deshalb eine Tat im Rechtssinne vorliegt. Dies ist der Fall, wenn zwischen einer Mehrheit gleichgearteter, strafrechtlich erheblicher Betätigungen ein derart unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint und die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind.
2. Mit bedingtem Vorsatz handelnde Täter gehen grundsätzlich einem anderen Handlungsantrieb nach und haben kein Tötungsmotiv. Mehrere mit bedingtem Tötungsvorsatz begangene Handlungen zum Nachteil desselben Opfers müssen daher nicht notwendig subjektiv miteinander verknüpft sein.
1. Arglos im Sinne heimtückischer Begehungsweise ist ein Tatopfer dann, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet.
2. Frühere Aggressionen und eine feindselige Atmosphäre stehen der Annahme von Arglosigkeit grundsätzlich nicht entgegen; es kommt vielmehr darauf an, ob das Tatopfer gerade im Tatzeitpunkt mit Angriffen auf sein Leben gerechnet hat.
3. Die Preisgabe von Verteidigungsmöglichkeiten stellt ein gewichtiges, erörterungsbedürftiges Indiz für eine Arglosigkeit dar.
Ein rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn der Täter einem anderen eine Körperverletzung aus gefühlloser Gesinnung zufügt, die sich in erheblichen Handlungsfolgen äußert. Eine gefühllose Gesinnung ist gegeben, wenn der Täter bei der Misshandlung das – notwendig als Hemmung wirkende – Gefühl für das Leiden des Misshandelten verloren hat, das sich bei jedem menschlich und verständlich Denkenden eingestellt hätte (st. Rspr.). Das Tatbestandsmerkmal erfordert eine sorgfältige Darstellung nicht nur der objektiven Tatseite, sondern auch der Gesinnung des Täters.
1. Tätergruppierungen aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität können unter den Begriff der kriminellen Vereinigung i.S.d. § 129 StGB fallen, sofern der Zusammenschluss ein übergeordnetes gemeinsames Interesse verfolgt. Das ist bei der gemeinsamen Begehung von Taten, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind, allerdings nicht ohne Weiteres der Fall, da gleichgerichtete, von verschiedenen Personen verfolgte Ziele nicht bereits ein übergeordnetes gemeinsames Interesse darstellen. Ansonsten wäre ein solches bei der Verwirklichung eines Bandentatbestandes angesichts des übereinstimmenden Willens zu künftiger Straftatbegehung regelmäßig gegeben und eine Bande würde häufig, wenn nicht gar im Regelfall auch eine Vereinigung darstellen. Daraus ergäbe sich ein weitgehender Gleichlauf von Bande und Vereinigung, der sich nicht in die Gesamtsystematik des materiellen Strafrechts einfügte.
2. Zur Ermittlung des für eine Vereinigung konstitutiven übergeordneten gemeinsamen Interesses können im Rahmen einer Gesamtwürdigung die äußeren Tatumstände herangezogen werden. Hierzu zählen insbesondere der Umfang und das Ausmaß genutzter – gegebenenfalls auch grenzüberschreitender – organisatorischer Strukturen sowie sachlicher Mittel, eine festgelegte einheitliche Willensbildung, eine interne Sanktionierung von Verstößen gegen gemeinschaftliche Regeln, die An-
zahl der Mitglieder, ein von den konkreten Personen losgelöster Bestand, eine etwaige Gemeinschaftskasse, die Beanspruchung quasistaatlicher Autorität und die Einflussnahme auf grundlegende gesellschaftliche oder hoheitliche Akteure.
3. Je ausgeprägter solche Kriterien vorliegen, desto eher lässt sich der Schluss ziehen, dass es den einzelnen Personen – gerade im Bereich allgemeiner, auf Gewinnerzielung ausgerichteter Kriminalität – nicht lediglich um ihre individuellen Vorteile, sondern um weitergehende Ziele geht wie beispielsweise den eigenständigen Fortbestand der Organisation um ihrer selbst willen oder ein spezifisches Machtstreben. Da eine Gesamtbetrachtung geboten ist, müssen allerdings nicht sämtliche Merkmale in besonderer Weise vorliegen. Entscheidend ist, ob sie insgesamt den Schluss auf die Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses und die damit einhergehende vereinigungstypische Dynamik zulassen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Sich-Bemächtigen vor, wenn der Täter die physische Herrschaft über einen anderen erlangt, wobei weder eine Ortsveränderung erforderlich ist, noch der Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt sein muss. Diese Bemächtigung muss zu einer „gewissen Stabilisierung“ der Lage des Opfers geführt haben. Denn nur dann kann der Täter gerade – wie es der Tatbestand des § 239b StGB verlangt – die von ihm geschaffene Lage zur (weiteren) Nötigung ausnutzen. Die „stabilisierte“ Bemächtigungslage muss deshalb für die nachfolgende Nötigung eine eigenständige Bedeutung haben; es muss sich gerade aus dieser stabilen Bemächtigungslage über die mit jeder Bemächtigung verbundenen Beherrschungssituation hinaus eine weitergehende Drucksituation auf das Opfer ergeben.