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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
März 2021
22. Jahrgang
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1. Die Regelung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung unterfällt als Maßnahme der Führungsaufsicht der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Strafrecht gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. (BVerfG)
2. § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12, Satz 3 StGB in Verbindung mit § 463a Abs. 4 StPO ist materiell verfassungsgemäß: (BVerfG)
a. Die konkrete gesetzliche Ausgestaltung der Möglichkeit, den Aufenthaltsort eines Weisungsbetroffenen gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12, Satz 3 StGB in Verbindung mit § 463a Abs. 4 StPO anlassbezogen festzustellen, greift weder in den Kernbereich privater Lebensgestaltung ein, noch führt sie zu einer mit der Menschenwürde unvereinbaren „Rundumüberwachung“. (BVerfG)
b. Die gesetzliche Regelung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung trägt den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Normenklarheit und der Verhältnismäßigkeit Rechnung. (BVerfG)
c. § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12, Satz 3 StGB verstößt nicht gegen das Resozialisierungsgebot aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Eine wesentliche Erschwerung der Wiedereingliederung des Betroffenen in die Gesellschaft oder der Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Lebensführung ist nicht gegeben. Die mit der „elektronischen Fußfessel“ verbundenen Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit sind jedenfalls zum Schutz der hochrangigen Rechtsgüter des Lebens, der Freiheit, der körperlichen Unversehrtheit und der sexuellen Selbstbestimmung Dritter gerechtfertigt. (BVerfG)
d. Die gesetzliche Regelung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung verletzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht. § 463a Abs. 4 StPO trägt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten Rechnung. (BVerfG)
3. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Einholung eines Sachverständigengutachtens vor der Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung nicht zwingend vorgeschrieben hat. Dessen Notwendigkeit kann sich im Einzelfall jedoch aus dem verfassungsrechtlichen Gebot bestmöglicher Sachaufklärung ergeben. (BVerfG)
4. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die spezialpräventiven Wirkungen und technischen Rahmenbedingungen der elektronischen Aufenthaltsüberwachung empirisch zu beobachten und das gesetzliche Regelungskonzept gegebenenfalls den dabei gewonnenen Erkenntnissen anzupassen. (BVerfG)
5. Die Menschenwürde umfasst einen absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung, der staatlicher Beobachtung schlechthin entzogen ist und dessen Gehalt durch die Rechtsprechung zum informationellen Selbstbestimmungsrecht näher konturiert wird. Mit dem aus der Menschenwürdegarantie herzuleitenden Nemo-tenetur-Grundsatz unvereinbar ist zudem ein Zwang, durch selbstbelastendes Verhalten zur eigenen strafrechtlichen Verurteilung beitragen zu müssen; bloße Mitwirkungspflichten sind hiervon nicht erfasst, solange sie die gesetzlichen Aussage- und Zeugnisverweigerungsrechte unberührt lassen. (Bearbeiter)
6. Mit der Menschenwürde unvereinbar sind Überwachungsmaßnahmen, wenn diese sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und derart umfassend sind, dass nahezu lückenlos alle Bewegungen und Lebensäußerungen des Betroffenen registriert werden und zur Grundlage für ein Persönlichkeitsprofil werden können. Beim Einsatz moderner Informationstechnologien ist auf das additiven Grundrechtseingriffen innewohnende Gefährdungspotential Rücksicht zu nehmen. (Bearbeiter)
7. Die Regelungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung verletzen nicht die Menschenwürde des Betroffenen. Die bloße Feststellung des Aufenthaltsortes mittels GPS unterwirft dessen Handeln weder optischer noch akustischer Kontrolle und berührt nicht den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung. Für den Bereich innerhalb der Wohnung gilt dies insbesondere deshalb, weil dort eine genaue Ortung untersagt und die Datenerhebung über die sogenannte „Home-Unit“ auf eine bloße Präsenzfeststellung beschränkt ist. Die automatisierte und zweckgebundene Erfassung (nur) des Aufenthaltsortes führt auch nicht zu einer unzulässigen Rundumüberwachung. (Bearbeiter)
8. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf Resozialisierung schützt vor sozialer Isolierung und Stigmatisierung, die die Wiedereingliederung eines Straftäters in die Gesellschaft nach seiner Haftentlassung wesentlich zu erschweren droht. Hingegen vermittelt es Straftätern auch nach Verbüßung ihrer Straftat keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu werden. (Bearbeiter)
9. Durch die im alltäglichen sozialen Umgang nicht ohne Weiteres erkennbare „elektronische Fußfessel“ wird die Wiedereingliederung des Betroffenen in die Gesellschaft oder die Möglichkeit eigenverantwortlicher Lebensführung nicht in einem Maße eingeschränkt, dass demgegenüber der Schutz hochrangiger Rechtsgüter Dritter zurückzustehen hätte. (Bearbeiter)
10. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht auf die Schaffung von Eingriffstatbeständen beschränkt, die dem tradierten sicherheitsrechtlichen Modell der Abwehr konkreter, unmittelbar bevorstehender oder gegenwärtiger Gefahren entsprechen. Vielmehr kann er die Grenzen für bestimmte Bereiche mit dem Ziel der Verhütung von Straftaten auch weiter ziehen. Allerdings müssen die Eingriffsgrundlagen selbst dann eine hinreichend konkretisierte Gefahr in dem Sinne verlangen, dass zumindest tatsächliche Anhaltspunkte für die Entstehung einer konkreten Gefahr für die Schutzgüter bestehen. (Bearbeiter)
11. Als Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung unterliegen staatliche Überwachungsmaßnahmen abhängig von ihrer Eingriffsintensität spezifischen Anforderungen. Sie müssen durch besondere Schutzvorkehrungen flankiert werden, wenn sie den Kernbereich privater Lebensgestaltung berühren können, und dürfen nicht zu einer lückenlosen Überwachung führen. Bei der Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit ist auch die angestrebte Verwendung der Daten zu berücksichtigen, die ihrerseits das Bedürfnis nach besonderen grundrechtssichernden Vorkehrungen begründen kann. (Bearbeiter)
12. Der Gesetzgeber hat Anlass, Zweck und Umfang einer Datenerhebung sowie die entsprechenden Eingriffsschwellen bereichsspezifisch, präzise und normenklar zu regeln. Die Anforderungen an die weitere Nutzung und Übermittlung der Daten richten sich sodann nach den Grundsätzen der Zweckbindung und Zweckänderung. Die Regelungen über die Erhebung und Verwendung der Daten aus der elektronischen Aufenthaltsüberwachung (§ 463a Abs. 4 StPO) tragen diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben hinreichend Rechnung. Allerdings trifft den Gesetzgeber angesichts des technischen Wandels eine Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht. (Bearbeiter)
13. Die Anordnung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung setzt lediglich voraus, dass diese erforderlich ist, um den Betroffenen durch die Möglichkeit der Verwendung der erhobenen Daten von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Sie kommt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht nur in Fällen einer Aufenthalts- oder Verbotszonenweisung gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 StGB in Betracht. Ihre engen Anordnungsvoraussetzungen, insbesondere die Anknüpfung an die Verurteilung wegen einer schweren Straftat und die fortbestehende Gefährlichkeit des Betroffenen, verhindern dabei eine ausufernde Anordnung. (Bearbeiter)
14. Die vornehmlich spezialpräventiv ausgerichtete elektronische Aufenthaltsüberwachung stellt sich ungeachtet des Fehlens eines empirischen Wirksamkeitsnachweises jedenfalls nicht als von vornherein ungeeignet dar, die legitimen Zwecke des Schutzes der Allgemeinheit vor schweren Straftaten und zugleich der entlassenen Verurteilten vor erneuter Straffälligkeit zu erreichen. Die hohe Eingriffsintensität der Maßnahme begründet allerdings besondere Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflichten des Gesetzgebers. (Bearbeiter)
15. Der mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung angesichts der permanenten automatisierten Datenerhebung und des unmittelbaren körperlichen Bezuges der bei sich zu tragenden technischen Mittel verbundene tiefgreifende Grundrechtseingriff ist gleichwohl verhältnismäßig, weil er dem Schutz hochrangiger Verfassungsgüter dient, nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommt und eine hinreichend konkretisierte Gefahrenlage voraussetzt. (Bearbeiter)
16. Aus dem Prozessgrundrecht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren ergeben sich Mindestanforderungen für eine zuverlässige Wahrheitserforschung. Soweit allerdings keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften bestehen, ist es grundsätzlich Sache des Richters, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens nach den Umständen des Einzelfalls darüber zu entscheiden, wie er der Pflicht zur bestmöglichen Sachaufklärung Rechnung trägt. Auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens vor der Anordnung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung kann daher jedenfalls dann verzichtet werden, wenn sich anderweitig eine hinreichende Grundlage für die zu treffende Gefährlichkeitsprognose ergibt. (Bearbeiter)
17. Die Verpflichtung zum Tragen einer „elektronischen Fußfessel“ verletzt weder im Hinblick auf eine Strahlenbelastung noch auf andere körperliche Beeinträchtigungen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. In Bezug auf das Freiheitsgrundrecht und das Freizügigkeitsrecht fehlt es auch im Zusammenhang mit Aufenthaltsge- oder -verboten bereits an einem Eingriff. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit ist mangels objektiv berufsregelnder Tendenz der Maßnahme ebenfalls nicht berührt. Auch hinsichtlich der Unverletzlichkeit der Wohnung ist eine Verletzung nicht feststellbar. Die Vorgaben des Zitiergebots und des rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutzes werden gewahrt. Schließlich handelt es sich bei der Maßregel nicht um eine Strafe im Sinne des grundgesetzlichen oder konventionsrechtlichen Rückwirkungsverbots. (Bearbeiter)
1. Eine Entscheidung, mit der eine Auslieferung nach Rumänien zum Zwecke der Strafvollstreckung aufgrund eines europäischen Haftbefehls für zulässig erklärt wird, berücksichtigt Bedeutung und Tragweite von Art. 4 GRCh und die damit verbundenen Aufklärungspflichten nicht in ausreichendem Maße, wenn das Oberlandesgericht bei der Überprüfung der zu erwartenden Haftbedingungen hinsichtlich mehrerer Vollzugsregime (Quarantä-
ne und geschlossener Vollzug) ohne umfassende Gesamtwürdigung lediglich die mitgeteilte Mindesthaftraumgröße in den Blick nimmt und dabei zudem außer Acht lässt, dass die Fläche des Sanitärbereichs insoweit nicht mit einzuschließen ist. Dasselbe gilt, wenn das Gericht bei der Prüfung der Bedingungen des halboffenen Vollzuges verkennt, dass die dort zu erwartende dauerhafte Unterbringung in einem Gemeinschaftshaftraum mit einem persönlichen Raum von nur 2 m² mit Art. 4 GRCh unvereinbar ist und dieser Verstoß auch durch längere Aufschlusszeiten nicht kompensiert werden kann.
2. Im vollständig unionsrechtlich determinierten Verfahren der Überstellung im Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl kommen die Grundrechte des Grundgesetzes nicht als unmittelbarer Prüfungsmaßstab zur Anwendung. Der Verfolgte kann sich jedoch stattdessen auch vor dem Bundesverfassungsgericht auf die Unionsgrundrechte, insbesondere auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, berufen (Folgeentscheidung zum Beschluss des Zweiten Senats vom 1. Dezember 2020 – 2 BvR 1845/18 u. a. – [= HRRS 2021 Nr. 90]).
3. Bei einem Überstellungsersuchen auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls ist dem ersuchenden Mitgliedstaat im Hinblick auf die Einhaltung des Unionsrechts einschließlich der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich Vertrauen entgegenzubringen. Allerdings können „außergewöhnliche Umstände“ einer Überstellung entgegenstehen, wenn die Gefahr besteht, dass die Übergabe zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung der betreffenden Person im Sinne von Art. 4 GRCh führt.
4. Aus Art. 4 GRCh folgt für ein mit einem Überstellungsersuchen befasstes Gericht die Pflicht, in zwei Prüfungsschritten – zunächst mit Blick auf systemische Mängel der Haftbedingungen im Ausstellungsmitgliedstaat, sodann hinsichtlich der für die Situation des Verfolgten maßgeblichen materiellen Haftbedingungen – von Amts wegen aufzuklären, ob die konkrete Gefahr besteht, dass der zu Überstellende nach einer Übergabe einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
5. Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung der Haftbedingungen ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei Gemeinschaftszellen hinsichtlich des einem Inhaftierten zur Verfügung stehenden Raums zu unterscheiden, ob dieser unter 3m², zwischen 3m² und 4m² oder über 4m² liegt. Bei der Berechnung der verfügbaren Fläche in einer Gemeinschaftszelle ist die Fläche der Sanitärvorrichtungen nicht einzuschließen, wohl aber die durch Möbel eingenommene Fläche, wobei es den Gefangenen möglich bleiben muss, sich in der Zelle normal zu bewegen.
6. Liegt der einem Inhaftierten zur Verfügung stehende Raum in einer Gemeinschaftszelle unter 3 m2, so besteht eine starke Vermutung für einen Verstoß gegen Art. 4 GRCh beziehungsweise Art. 3 EMRK, die regelmäßig nur widerlegt werden kann, wenn es sich kumulativ erstens um eine kurze, gelegentliche und unerhebliche Reduzierung des persönlichen Raums gegenüber dem geforderten Minimum von 3 m2 handelt, diese Reduzierung zweitens mit genügend Bewegungsfreiheit und ausreichenden Aktivitäten außerhalb der Zelle einhergeht sowie drittens die Haftanstalt allgemein angemessene Haftbedingungen bietet und die betroffene Person keinen anderen Bedingungen ausgesetzt ist, die als die Haftbedingungen erschwerende Umstände anzusehen sind.
7. Mit dem zweistufigen Prüfprogramm sind Aufklärungspflichten des mit einem Überstellungsersuchen befassten Gerichts verbunden. Dieses muss den Ausstellungsmitgliedstaat um die unverzügliche Übermittlung aller notwendigen Informationen in Bezug auf die konkret zu erwartenden Haftbedingungen bitten. Der Ausstellungsmitgliedstaat ist verpflichtet, diese Informationen innerhalb der ihm vom ersuchten Mitgliedstaat gesetzten Fristen zu übermitteln. Die Aufklärungspflicht beschränkt sich auf die Prüfung derjenigen Haftanstalten, in denen der Verfolgte nach den vorliegenden Informationen wahrscheinlich, sei es auch nur vorübergehend oder zu Übergangszwecken, konkret inhaftiert werden soll.
1. Die Verwerfung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Anzeigende keine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts durch die Ermittlungsbehörden geltend macht, sondern lediglich die Bewertung der Beweisergebnisse als nicht nachvollziehbar beanstandet, ohne dabei einen Willkür- oder Gehörsverstoß aufzuzeigen.
2. Ein Anspruch auf effektive Strafverfolgung besteht vor allem dort, wo der Einzelne nicht in der Lage ist, erhebliche Straftaten gegen seine höchstpersönlichen Rechtsgüter – Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung und Freiheit der Person – abzuwehren und ein Verzicht auf die effektive Verfolgung solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in das Gewaltmonopol des Staates und zu einem allgemeinen Klima der Rechtsunsicherheit und der Gewalt führen kann.
3. Die Staatsanwaltschaft und – nach ihrer Weisung – die Polizei haben die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und Befugnisse nach Maßgabe eines angemessenen Res-
sourceneinsatzes tatsächlich nutzen, um den Sachverhalt aufzuklären und Beweismittel zu sichern. Die Erfüllung der Verpflichtung zur effektiven Strafverfolgung unterliegt der gerichtlichen Kontrolle und setzt eine detaillierte und vollständige Dokumentation des Ermittlungsverlaufs ebenso voraus wie eine nachvollziehbare Begründung der Einstellungsentscheidungen.
4. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, § 172 Abs. 3 StPO so auszulegen, dass der Klageerzwingungsantrag in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiedergeben und eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten muss, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage rechtfertigt.
1. Das Verbot der Bestellung eines in der Unterbringungseinrichtung tätigen Sachverständigen (§ 463 Abs. 4 Satz 3 StPO) ist von Verfassungs wegen auch dann einschlägig, wenn der Arbeitsbereich des Sachverständigen und die die Unterbringung vollstreckende Abteilung des psychiatrischen Krankenhauses zu einer übergeordneten betrieblichen Einheit gehören, für die etwa ein gemeinsamer Krankenhausträger beziehungsweise eine gemeinsame Rechtsform mit gemeinsamer Leitungs- und Verwaltungsebene besteht.
2. Im Rahmen des verfassungsrechtlichen Gebots bestmöglicher Sachaufklärung sind die Vollstreckungsgerichte bei Prognoseentscheidungen über die Gefährlichkeit eines in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten in der Regel verpflichtet, einen erfahrenen Sachverständigen hinzuzuziehen. Befindet sich der Untergebrachte seit langer Zeit in demselben psychiatrischen Krankenhaus, ist es in der Regel geboten, von Zeit zu Zeit einen anstaltsfremden („externen“) Sachverständigen hinzuzuziehen, um der Gefahr repetitiver Routinebeurteilungen vorzubeugen und um auszuschließen, dass Belange der Anstalt oder die Beziehung zwischen Untergebrachtem und Therapeuten das Gutachten beeinflussen.
3. Die verfassungsrechtliche Vorgabe einer regelmäßigen Begutachtung durch einen externen Sachverständigen wird durch die Vorschrift des § 463 Abs. 4 StPO konkretisiert und verfahrensrechtlich abgesichert. Die Einhaltung dieser formellen Vorschrift ist ein Verfassungsgebot. Das Bundesverfassungsgericht prüft nach, ob die Fachgerichte bei ihrer Anwendung Bedeutung und Tragweite des Freiheitsgrundrechts erkennen und ihm angemessen zur Wirkung verhelfen.
4. Das Feststellungsinteresse für die verfassungsgerichtliche Überprüfung einer Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus besteht angesichts des damit verbundenen tiefgreifenden Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht auch dann fort, wenn zwischenzeitlich eine weitere Fortdauerentscheidung ergangen ist.
1. Eine Strafvollstreckungskammer beschränkt den Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz in nicht mehr zu rechtfertigender Weise, wenn sie lediglich den – zwischenzeitlich nicht mehr weiterverfolgten – Antrag eines Strafgefangenen auf Rückverlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt ohne vorherigen Hinweis als unzulässig zurückweist, obwohl der Gefangene zumindest konkludent die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verlegung begehrt hat.
2. Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, so greift dies – insbesondere wegen des Abbruchs sämtlicher in der Anstalt entwickelten sozialen Beziehungen – in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein und kann auch seinen Resozialisierungsanspruch beeinträchtigen.
3. Ist ein Gefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt worden, so besteht angesichts der damit verbundenen fortwirkenden Beeinträchtigung seiner Resozialisierungschancen sein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Überprüfung der Maßnahme fort. Dem Rechtsschutzbedürfnis steht es auch nicht entgegen, wenn der Gefangene sich aus sachlichen Gründen entschließt, die durch die Verlegung geschaffenen Fakten hinzunehmen, und deshalb nur noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme begehrt.
4. Sieht das Rechtsbeschwerdegericht nach § 119 Abs. 3 StVollzG von einer Begründung seiner Entscheidung ab,
so ist dies mit Art. 19 Abs. 4 GG nur vereinbar, wenn dadurch das Rechtsmittel nicht leerläuft. Letzteres ist bereits dann anzunehmen, wenn erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit Grundrechten bestehen, etwa weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abweicht.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend die Aussetzung einer Restfreiheitsstrafe zur Bewährung bleibt ohne Erfolg, wenn der Verurteilte nicht dargelegt hat, unter welchem Gesichtspunkt ihm bei Nichterlass einer Eilordnung noch ein schwerer Nachteil droht, nachdem ihm zur Vorbereitung der Eingliederung bis zum Ende seiner Haftzeit Urlaub aus der Strafhaft gewährt worden ist.
1. Zu dem vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zu erschöpfenden Rechtsweg gehört auch die Einlegung einer Anhörungsrüge, sofern diese nicht offensichtlich aussichtslos ist. Dies ist nicht der Fall, wenn in einem Klageerzwingungsverfahren eine neue und eigenständige Gehörsverletzung gerade durch die angegriffene Entscheidung des letztentscheidenden Oberlandesgerichts geltend gemacht wird.
2. § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO stellt keine Ausschlussregelung für die Anhörungsrüge dar, sondern regelt lediglich, dass Beschlüsse des Oberlandesgerichts im Anhörungsrügeverfahren nicht weiter anfechtbar sind.
1. Zur Begründung einer Verfassungsbeschwerde gegen die Verwerfung eines Klageerzwingungsantrages ist es erforderlich, dass der Anzeigeerstatter eine Verletzung seines Anspruchs auf effektive Strafverfolgung darlegt. Ein solcher kommt nur bei einer Verletzung durch eine erhebliche Straftat gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung und die Freiheit der Person in Betracht.
2. Ein Oberlandesgericht trägt dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht hinreichend Rechnung, wenn es die Überprüfung einer Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft ausschließt, obwohl der Betroffene auf der Grundlage eines konkreten, nachprüfbaren Sachvortrags einen Anspruch auf effektive Strafverfolgung geltend macht, der Stand der Sachverhaltsaufklärung eine unmittelbar auf die Erhebung der öffentlichen Klage gerichtete Antragstellung aber nicht ermöglicht und die Staatsanwaltschaft aufgrund rechtsfehlerhafter Verneinung des Anfangsverdachts nicht oder ersichtlich unzureichend ermittelt hat.