Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2020
21. Jahrgang
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1. Auf eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen darf nicht vorschnell ausgewichen werden, wenn eine tatsachenfundierte Berechnung anhand der bereits vorliegenden und der erhebbaren Beweismittel möglich erscheint. Die zuverlässige Klärung, ob eine für die Berechnung verlässliche Tatsachengrundlage beschafft werden kann, ist dabei auch und besonders Aufgabe der Ermittlungsbehörden. Deshalb wäre es verfehlt und würde die Hauptverhandlung mit unnötigem Aufklärungsaufwand belasten, wenn die Ermittlungsbehörden sich darauf beschränkten, die Quote zu schätzen, ohne zuvor ausermittelt zu haben, ob eine tatsachenfundierte Berechnung möglich ist.
2. Im Steuerstrafverfahren ist die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zulässig (st. Rspr), wenn feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, die tatsächlichen Verhältnisse, die für die Bemessung der Steuer maßgebend sind, aber ungewiss sind. Ziel der Schätzung ist es, aus den vorhandenen Anhaltspunkten in einem Akt des Schlussfolgerns und der Subsumtion diejenigen Tatsachen zu ermitteln, von deren Richtigkeit der Tatrichter überzeugt ist (vgl. BGH wistra 2007, 345). Die Schätzung ist so vorzunehmen, dass sie im Ergebnis einem ordnungsgemäß durchgeführten Bestandsvergleich bzw. einer ordnungsgemäßen Einnahmeüberschussrechnung möglichst nahekommt. Sie muss daher schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein.
3. Soweit Tatsachen zur Überzeugung des Tatrichters feststehen, hat er diese der Schätzung zugrunde zu legen. Die im Rahmen des Steuerstrafverfahrens erfolgende Schätzung steht zudem unter dem Gebot, dass sich unüberwindbare Zweifel zugunsten des Angeklagten auswirken müssen. Dementsprechend müssen die vom Besteuerungsverfahren abweichenden Verfahrensgrundsätze (§ 261 StPO) eingehalten werden (vgl. BGH wistra 2010, 148). Erforderlichenfalls hat der Tatrichter einen als erwiesen angesehenen Mindestschuldumfang festzustellen (vgl. BGH wistra 2010, 148). Das bedeutet u.a., dass der Tatrichter die Schätzung der Höhe nach auf den Betrag zu begrenzen hat, der mindestens hinterzogen worden ist.
1. Gerade auch bei der Preisfindung in elektronischen Handelssystemen gebieten es Sinn und Zweck der § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 20a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 WpHG aF, nicht darauf abzustellen, ob das Geschäft, auf dem der Börsenpreis beruht, den inhaltlichen Anforderungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 BörsG genügt, sondern auch vollständig oder teilweise manipulierte Börsenpreise zu erfassen. Der notwenige Einwirkungserfolg im Sinne des § 38 Abs. 2 WpHG aF setzt auch bei sog. „fiktiven Geschäften“ nicht voraus, dass nach den der Verurteilung zugrundeliegenden Aufträgen bzw. Geschäftsabschlüssen durch Dritte weitere Geschäfte getätigt wurden, bei denen die Preise kausal gerade auf dem durch die manipulativen Geschäfte hervorgerufenen Kursniveau beruhen.
2. Werden Aktien zum Zwecke der Marktmanipulation zu einem zuvor abgesprochenen Preis gehandelt, können Aufwendungen zum Erwerb der Aktien nicht in Abzug gebracht werden. An dieser Rechtslage hat sich durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung nichts geändert.
3. Das erlangte Etwas, dessen Wert nach § 73c StGB der Einziehung unterliegt, ist in zwei Schritten zu bestimmen. Zunächst ist das erlangte Etwas rein gegenständlich zu bestimmen. Danach ist etwas im Sinne des § 73 StGB „erlangt“, wenn es in irgendeiner Phase des Tatablaufs in die Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist und ihm so zur tatsächlichen Verfügung steht, dass es wirtschaftlich genutzt werden kann; erlangt ist ein Vermögenswert nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer zumindest die faktische Verfügungsgewalt über den entsprechenden Vermögensgegenstand erlangt hat. Die Einziehung knüpft an einen durch die Tat tatsächlich beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil an.
Soll Umsatzsteuer durch Abgabe inhaltlich unzutreffender Steueranmeldungen hinterzogen werden, hängt die Tatvollendung davon ab, ob die unrichtigen Anmeldungen zu einer Zahllast oder zu einer Steuervergütung geführt haben. Zwar steht eine Steueranmeldung gemäß § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt allerdings die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer und zu einer Steuervergütung, so gilt dies erst dann, wenn die Finanzbehörde zugestimmt hat (§ 168 Satz 2 AO). Das Tatgericht muss daher Feststellungen dazu treffen, ob die jeweilige Steueranmeldung eine Zahllast oder eine Steuervergütung zum Inhalt hatte und – im Falle der Steuervergütung – ob die Finanzbehörden dieser zugestimmt haben (st. Rspr.).
Beschränkt sich – wie regelmäßig bei einem Kurier – die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, kommt es für Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt. Erschöpft sich die Tätigkeit im bloßen Transport von Betäubungsmitteln, ist regelmäßig von einer untergeordneten Bedeutung auszugehen. Eine andere Bewertung kommt nur in Betracht, wenn der Kurier erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder zu erzielenden Gewinn erhalten soll.
1. Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist verwirklicht, wenn der zur Verletzung von Personen geeig-
nete und bestimmte gefährliche Gegenstand in einem Stadium des Tathergangs zur Verfügung steht.
2. Die Teilidentität von tatbestandlichen Ausführungshandlungen führt zur Annahme von Tateinheit.