Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2020
21. Jahrgang
PDF-Download
1. Strafbare Beihilfe ist die vorsätzliche Hilfeleistung zu einer vorsätzlich begangenen Straftat eines anderen (§ 27 Abs. 1 StGB). Hilfeleistung in diesem Sinn stellt jede Handlung dar, die die Herbeiführung des Taterfolgs des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss. Die Hilfeleistung muss nicht zur Ausführung der Tat selbst geleistet werden, es genügt die Unterstützung bei einer vorbereitenden Handlung. Das kann auch durch äußerlich neutrale Handlungen geschehen, wie hier durch die Hilfe bei einer Autoreparatur.
2. Es ist jedoch anerkannt, dass nicht jede Handlung, die sich tatfördernd auswirkt, die Strafbarkeit wegen Beihilfe begründet. Vielmehr bedarf es in Fällen, die sogenannte neutrale Handlungen betreffen, einer bewertenden Betrachtung im Einzelfall. Insoweit gilt:
a) Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung einzuordnen. In diesem Fall verliert sein Tun den „Alltagscharakter"; es ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu deuten und dann nicht mehr als sozialadäquat anzusehen.
b) Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, und hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko der Begehung einer Straftat durch den von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ.
1. Ohne eine irgendwie geartete, die Handelstätigkeit objektiv fördernde Unterstützungshandlung erfüllt es nicht die Voraussetzungen einer strafbaren Beihilfe, dass der Wohnungsinhaber die Lagerung von Betäubungsmitteln und deren Verkauf aus der Wohnung heraus kennt und billigt.
2. Ein Wohnungsinhaber hat grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch andere Personen keine Straftaten begangen werden.
1. Bedingten Tötungsvorsatz hat, wer den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement). Beide Elemente müssen durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände erfolgen. Dabei ist die auf der Grundlage der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlichkeit der Tathandlung ein wesentlicher Indikator.
2. Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen liegt die Annahme von zumindest bedingtem Tötungsvorsatz zwar nahe. Das Wissens- oder das Willenselement des Vorsatzes können aber auch hier im Einzelfall fehlen, etwa wenn dem Täter, obwohl er alle Umstände kennt, die sein Vorgehen zu einer das Leben gefährdenden Behandlung machen, das Risiko einer Tötung infolge einer psychischen Beeinträchtigung oder alkoholischen Beeinflussung zur Tatzeit nicht bewusst ist. Hochgradige Alkoholisierung und psychische Beeinträchtigungen gehören daher zu den Umständen, die der Annahme eines bedingten Vorsatzes entgegenstehen können und deshalb ausdrücklicher Erörterung in den Urteilsgründen bedürfen.
3. Die Diagnose einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis führt für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten Beeinträchtigung bzw. Aufhebung der Schuldfähigkeit, die Voraussetzung für die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist. Erforderlich ist vielmehr stets die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Taten auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat. Schließt sich das Tatgericht insoweit der Beurteilung des Sachverständigen an, sind dessen dafür wesentliche Anknüpfungs- und Befundtatsachen im Urteil so wiederzugeben, wie es zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist.
4. Die Anwendung des § 21 StGB und darauf aufbauend der Maßregelausspruch nach § 63 StGB können nicht auf beide Alternativen – erheblich verminderte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit – zugleich gestützt werden.
5. Grundsätzlich verbietet sich die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, wenn der Ausschluss oder die erhebliche Minderung der Schuldfähigkeit nicht schon allein durch einen länger andauernden psychischen Defekt, sondern erst durch aktuell hinzutretenden Genuss berauschender Mittel, insbesondere Alkohol, herbeigeführt worden ist. In solchen Fällen kommt die Unterbringung nach § 63 StGB aber ausnahmsweise dann in Betracht, wenn der Täter in krankhafter Weise alkoholüberempfindlich ist, an einer krankhaften Alkoholsucht leidet oder aufgrund eines psychischen Defektes alkoholsüchtig ist, der, ohne pathologisch zu sein, in seinem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB gleichsteht.
6. Ein Zustand im Sinne des § 63 StGB liegt auch dann vor, wenn der Täter an einer länger dauernden geistig-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die akute erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben, wenn tragender Grund seines Zustandes mithin die länger andauernde krankhafte geistig-seelische Störung und die Alkoholisierung lediglich der auslösende Faktor war und ist.
1. Allein die Diagnose einer schizophrenen Psychose führt für sich genommen nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten Beeinträchtigung bzw. Aufhebung der Schuldfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr stets die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Taten auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat. Beurteilungsgrundlage ist das konkrete Tatgeschehen, wobei neben der Art und Weise der Tatausführung auch die Vorgeschichte, der Anlass der Tat, die Motivlage des Angeklagten und sein Verhalten nach der Tat von Bedeutung sein können. Zu prüfen ist dabei insbesondere auch, ob in der Person des Angeklagten oder in seinen Taten letztlich nicht nur Eigenschaften und Verhaltensweisen hervortreten, die sich im Rahmen dessen halten, was bei schuldfähigen Menschen eine übliche Ursache für strafbares Verhalten und somit normalpsychologisch zu erklären ist.
2. Handlungen eines psychisch Erkrankten sind nicht in jedem Fall Ausdruck seiner Erkrankung. Es ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen, ob mit Blick auf den Anlass und die Motivation die Tat nicht auch „normalpsychologisch“ zu erklären ist. Gibt es einen äußerlich erkennbaren Tatanlass, der zur Zurücksetzung und Abwertung des Täters führt, und darüber hinaus einen „chronischen Konflikt“ mit dem Opfer, stellt sich die Frage, ob der sich sodann entladende Gewaltausbruch nicht auch Folge dieser besonderen Tatkonstellation gewesen sein könnte, ohne dass hierfür maßgeblich die psychotische Grunderkrankung verantwortlich gewesen ist. Dabei geht es nicht um die Abgrenzung zwischen einer psychotisch bedingten „krankhaften seelischen Störung“ einerseits und
einer durch einen affektiven Ausnahmezustand begründeten „tiefgreifenden Bewusstseinsstörung“ andererseits. Abzuschichten ist vielmehr durch eine Psychose verursachtes Handeln im Zustand zumindest erheblich verminderter Schuldfähigkeit von normalpsychologisch erklärbarem Handeln ohne Krankheitshintergrund.
1. Nach § 52 Abs. 1 StGB liegt materiellrechtliche Tateinheit vor, wenn dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzt. Dabei kann von einer Tat im Rechtssinne auch dann auszugehen sein, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden. Das ist der Fall, wenn zwischen mehreren strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise (objektiv) auch für einen Dritten als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt und die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind.
2. Die Annahme eines schweren Bandendiebstahls setzt neben der Bandenabrede voraus, dass der Täter im Einzelfall gerade als Mitglied der Bande unter Mitwirkung mindestens eines weiteren Bandenmitglieds handelt. Die konkrete Tat muss Ausfluss der Bandenabrede sein und darf nicht losgelöst davon begangen werden. Insbesondere in Fällen, die auf einem spontanen Tatentschluss beruhen, an denen nicht alle Bandenmitglieder mitwirken, bei denen ferner die nicht unmittelbar mitwirkenden Bandenmitglieder keinen Beuteanteil erhalten sollen und bei denen keine Tatmittel der Bande verwendet werden, ist bei der notwendigen Gesamtwürdigung die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass ein Bandenmitglied die Tat aus einem eigennützigen Motiv außerhalb der Bande begangen haben kann.
3. Die bloße Gleichartigkeit mehrerer, im selben Urteil abgeurteilter Taten unterschiedlicher Täter genügt jedoch nicht, um eine Rechtswirkung im Sinne der grundsätzlich zurückhaltend anzuwendenden Vorschrift des § 357 StPO herbeizuführen.
1. Sind an mehreren Taten ? insbesondere an einer Deliktserie ? mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Dies gilt wegen der Akzessorietät der Beihilfe aber dann nicht, wenn mehrere an sich selbstständige Beihilfehandlungen eine Haupttat fördern. In einem solchen Fall werden die Beihilfehandlungen zu einer Handlungseinheit und damit zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst.
2. Fördert ein Gehilfe das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, bestimmt sich die Frage, ob insoweit eine oder mehrere Taten im Rechtssinne vorliegen, nach den Grundsätzen zur tatbestandlichen Bewertungseinheit, also danach, ob verschiedene Betätigungen des Haupttäters auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen.
1. Der qualifikationsspezifische Risikozusammenhang im Sinne des § 251 StGB wird nicht dadurch unterbrochen, dass die behandelnden Ärzte mit Blick auf eine wirksame Patientenverfügung in rechtmäßiger Weise von einer Weiterbehandlung des moribunden Raubopfers absehen. (BGHR)
2. Das Opfer einer Gewalttat, das ärztliche Hilfe nicht in Anspruch nimmt, setzt damit keine neue Ursache für ein solches Versterben, sondern wirkt nur dem vom Täter
gesetzten tödlichen Risiko nicht entgegen. Schon deshalb begründet in der Regel die Entscheidung gegen die Behandlung keine „neue“ Todesgefahr. Ob insoweit anders zu entscheiden ist, wenn ein durch eine Raubtat Geschädigter vernünftigen Gründen zuwider eine durchaus erfolgversprechende Behandlung ablehnt, bedarf hier keiner Entscheidung. (Bearbeiter)
3. Die in einer Patientenverfügung des Raubopfers zum Ausdruck kommende eigenverantwortliche Entscheidung, auf eine apparategestützte Lebensverlängerung verzichten zu wollen, vermag eine zurechnungsunterbrechende Wirkung nicht zu entfalten. Der eigenverantwortlich in der Patientenverfügung niedergelegte Wille der Verstorbenen ist als Ausdruck ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrechts zu werten, wonach ein Patient in jeder Lebensphase, auch am Lebensende, das Recht hat, selbstbestimmt zu entscheiden, ob er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen will. Vor diesem Hintergrund ist der Wille des Opfers einer Straftat, dem durch diese in Gang gesetzten tödlichen Verlauf nicht um jeden Preis durch lebenserhaltende Maßnahmen Einhalt zu gebieten, als eine aus der Schwere der Verletzung folgende und mit der Rechtsordnung in Einklang stehende Reaktion zu werten. (Bearbeiter)
4. Liegt eine wirksame Patientenverfügung vor, so bleibt auch nach Eintritt der Einwilligungsunfähigkeit der tatsächlich geäußerte oder mutmaßliche Wille des Patienten für die Entscheidung über die Vornahme oder das Unterlassen ärztlicher Maßnahmen maßgeblich. Geht dieser Wille dahin, lebenserhaltende Maßnahmen zu unterlassen und so das Sterben zu ermöglichen, so folgt daraus ein Abwehranspruch des Patienten gegen lebensverlängernde Maßnahmen. Der Arzt, der in Umsetzung einer Patientenverfügung einen moribunden Zustand nicht durch intensivmedizinische Maßnahmen verlängert, beugt sich damit in Übereinstimmung mit den rechtlichen Vorgaben lediglich dem Patientenwillen. Eine Zurechnungsunterbrechung folgt hieraus nicht. (Bearbeiter)
5. Der qualifikationsspezifische Zusammenhang i.S.d. § 251 StGB kann unterbrochen werden, wenn die tödliche Folge erst durch das Eingreifen eines Dritten oder ein eigenverantwortliches Handeln des Opfers selbst herbeigeführt wurde. Ob dies der Fall ist, hängt wesentlich von Gewicht und Bedeutung des Eingriffs für den weiteren Geschehensablauf ab. Insoweit ist etwa von Belang, ob die Realisierung der spezifischen Todesgefahr durch das Eingreifen des Dritten/des Opfers nur beschleunigt oder durch diese erst geschaffen wurde. Auch darf die rechtliche Bewertung einer hinzutretenden Handlung eines Dritten – etwa ein eigenständiges schuldhaftes Verhalten – oder des Opfers selbst nicht außer Betracht bleiben. Schließlich ist in den Blick zu nehmen, ob das tödliche Risiko, das in der Tat selbst seinen Ausgang nahm, sich in einem durch sie in Gang gesetzten typischen Verlauf verwirklicht. (Bearbeiter)
1. Fehlt es an einer Signierung eines Kunstwerk, hat dieses nicht die Qualität einer strafrechtlichen Urkunde. Diese erlangt das Kunstwerk erst mit seiner Signierung.
2. Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Maßgeblich ist bei Austauschverhältnissen aufgrund gegenseitiger Verträge, ob der objektive Wert hinter dem Wert dessen zurückbleibt, was die aufgrund der Täuschung verfügende Person als eigene Leistung aufwendet.
1. Ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist als Körperverletzung zu bewerten, auch wenn er in heilender Absicht erfolgt. Selbst ein im Einklang mit den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommener Eingriff erfüllt den Straftatbestand. Er kann nur durch wirksam erklärte oder mutmaßliche Einwilligung des Patienten gerechtfertigt werden.
2. Die Grundsätze der Rechtfertigung von Maßnahmen zur Ermöglichung eines schmerzfreien Todes sind nicht ausnahmslos auf Handlungen durch einen Arzt oder aufgrund ärztlicher Anordnung beschränkt. Im Ausnahmefall kann auch ein Nichtarzt medizinische Maßnahmen zur Leidensminderung durchführen, wenn sie der Sache nach den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen und sich im Rahmen einer mutmaßlichen Einwilligung des Patienten bewegen. Dies gilt auch deshalb, weil das Unterlassen einer vom Patienten erwünschten Schmerzbekämpfung durch einen Garanten eine Körperverletzung sein kann.
3. Beim Sterben eines unheilbar Kranken, dem unmittelbar vor dem Tod nur noch durch Schmerzbekämpfung geholfen werden kann, besteht eine besondere Ausnahmesituation. Tritt deshalb der Gesichtspunkt des Handelns aufgrund einer ärztlichen Verordnung in den Hintergrund, schließt die Eigenschaft des Handelnden als Nichtarzt oder sein Handeln unter Abweichung von einer ärztlichen Anordnung die Rechtfertigung einer Körper-
verletzung durch mutmaßliche Einwilligung nicht zwingend aus.
4. Im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ist der Inhalt seines Willens aus seinen persönlichen Umständen, individuellen Interessen, Wünschen, Bedürfnissen und Wertvorstellungen zu ermitteln. Hinweise dafür können etwa Gespräche des Geschädigten mit seinem Betreuer liefern. Weitere Indizien können sich aus dem Verhalten des Patienten in dem Pflegeheim ergeben.
5. Die Beachtung ärztlicher Anordnungen gehört zwar im Regelfall ebenfalls zu dem, was als gemeinhin vernünftig anzusehen ist. Jedoch kann beim eigentlichen Sterbevorgang unmittelbar vor dem Tod auch die Schmerzbekämpfung mit allen verfügbaren und den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechenden Mitteln als vernünftig und deshalb dem mutmaßlichen Patientenwillen entsprechend anzusehen sein. Das gilt insbesondere dann, wenn die ärztlich verordnete Schmerzmedikation an der Untergrenze des medizinisch Angemessenen gelegen hat. Bei der Gesamtwürdigung ist überdies in den Blick zu nehmen, wie nahe der Patient dem Tode war.
6. Tritt ein anderes Motiv zu einem auch vorhandenen Willen, im Einklang mit dem mutmaßlichen Patientenwillen zu handeln hinzu, steht dieser neue Beweggrund der Annahme eines subjektiven Rechtfertigungswillens nur dann entgegen, wenn dieses hierdurch völlig in den Hintergrund gedrängt wird.
1. Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zu dessen Tötung ausnutzt. Arglos ist das Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet. Das Opfer muss weiter gerade aufgrund seiner Arglosigkeit wehrlos sein. Arg- und Wehrlosigkeit können auch gegeben sein, wenn der Tat eine feindselige Auseinandersetzung vorausgeht, das Tatopfer aber nicht (mehr) mit einem erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet. Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist weiter, dass der Täter die von ihm erkannte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt.
2. Für das bewusste Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ist es erforderlich, dass der Täter die Umstände, die die Tötung zu einer heimtückischen machen, nicht nur an sich wahrgenommen, sondern in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen.
3. Wenn auch nicht jede affektive Erregung oder heftige Gemütsbewegung einen Täter daran hindert, die Bedeutung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers für die Tatbegehung zu erkennen, so kann doch insbesondere die Spontanität des Tatentschlusses im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Tat und dem psychischen Zustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlte. Dasselbe gilt für eine – erhebliche – Alkoholisierung des Täters. Deshalb bedarf es in solchen Fällen in aller Regel der Darlegung der Beweisanzeichen, aus denen der Tatrichter folgert, dass der Täter trotz seiner Alkoholisierung und Erregung die für die Heimtücke maßgebenden Gesichtspunkte in sein Bewusstsein aufgenommen hat.
4. Es kann auch außerhalb von Partnerkonstellationen zu Affektdelikten kommen.
Wird das potenzielle Diebesgut nach Art einer sogenannten Diebesfalle mit einem Ortungsgerät versehen, steht dies einer Gewahrsamsaufhebung regelmäßig dann nicht entgegen, wenn die Polizei nicht jederzeit in der Lage bleibt, den Gegenstand wieder an sich zu bringen. Jedoch fehlt es in diesen Konstellationen regelmäßig an dem für einen vollendeten Diebstahl erforderlichen Gewahrsamsbruch, soweit die Polizei in die Gewahrsamsaufhebung einwilligt.
1. Bei der Beurteilung, ob ein Unglücksfall oder eine Notlage im Sinne § 323c Abs. 1 StGB vorliegt, kommt es auf eine objektivierte ex-ante-Sicht an. Der Hilfspflichtige muss einem Verunglückten selbst dann die mögliche Hilfe leisten, wenn sie schließlich vergeblich bleibt und sich die befürchtete Folge aus der Rückschau von Anfang an als unabwendbar erweist; jedoch besteht keine Hilfspflicht mehr, sobald der Tod des Verunglückten eingetreten ist (vgl. BGHSt 32, 367, 381).
2. Nach § 258 Abs. 5 StGB wird nicht wegen Strafvereitelung bestraft, wer durch die Tat ganz oder zum Teil vereiteln will, dass er selbst bestraft wird. Dabei ist entscheidend, wie der Täter seine Situation selbst einschätzt. Die Selbstbegünstigung führt auch dann zur Straflosigkeit, wenn die Befürchtung eigener Strafverfolgung unbegründet ist.
Bestellvorgänge im Internet unter unbefugter Verwendung von Konto- bzw. Kreditkartendaten können grundsätzlich den Tatbestand des Computerbetrugs (§ 263a StGB) erfüllen, sofern auf einen vermögensrelevanten Datenverarbeitungsvorgang Einfluss genommen wird. Voraussetzung hierfür ist, dass nicht eine natürliche Person, getäuscht über die Werthaltigkeit der synallagmatischen Forderung, über die Versendung der Ware bzw. die Erbringung der Dienstleistung entscheidet, sondern dass die Bestellung computergestützt abgewickelt wird.
1. Die Taterfolgsvariante des teilweisen Zerstörens liegt bei einem gemischt genutzten Gebäude vor, wenn ein zum selbstständigen Gebrauch bestimmter, dem Wohnen dienender Teil des Gebäudes nach den allgemeinen an die teilweise Zerstörung zu stellenden Anforderungen durch die Brandlegung zum Wohnen unbrauchbar geworden ist. Sie ist auch dann gegeben, wenn die Unbrauchbarkeit zu Wohnzwecken mittelbar auf die Brandlegung zurückzuführen ist, etwa auf eine erhebliche Verrußung. Für die Unbrauchbarkeit genügt grundsätzlich die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit für eine nicht nur unerhebliche Zeit.
2. Repräsentant im versicherungsrechtlichen Sinne ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist und die Risikoverwaltung übernommen hat. Hierzu zählt der faktische Inhaber eines Betriebs, der nur formal die Unternehmensführung einem Dritten übertragen hat.
1. Die Entscheidung des höheren Gerichts über die Übernahme ergeht in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung. Die Form des Übernahmebeschlusses, der den Eröffnungsbeschluss insoweit abändert, als er die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts abweichend von diesem regelt, richtet sich nach den für den Eröffnungsbeschluss geltenden Bestimmungen. Ein ordnungsgemäßer Übernahmebeschluss muss als Grundlage für das Hauptverfahren und aus Gründen der Rechtssicherheit schriftlich abgefasst werden; hingegen ist die Unterzeichnung eines solchen Beschlusses durch den oder die erlassenden Richter keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Eine Übernahmeentscheidung kann in einem Verbindungsbeschluss nur dann gesehen werden, wenn das Gericht seinen Willen zur Übernahme zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht hat.
2. Die mangelnde sachliche Zuständigkeit führt – im Gegensatz zu anderen Prozesshindernissen – nicht zu einer Einstellung des Verfahrens, sondern zu einer Verweisung der Sache an das zuständige Gericht.
1. Nach der Rechtsprechung kann ein qualifikationsspezifischer Zusammenhang im Sinne des § 251 StGB nicht mehr realisiert werden, wenn der Raub bei der zum Tode führenden Gewaltanwendung bereits beendet war.
2. Ein qualifikationsspezifischer Zusammenhang kann auch dann zu bejahen sein, wenn die den Tod des Opfers herbeiführende Handlung mit dem Raubgeschehen derart verknüpft ist, dass sich in der Todesfolge die der konkreten Raubtat eigentümliche besondere Gefährlichkeit verwirklicht.
Kinderpornografische Schriften im Sinne des § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB verbreitet, wer sie ihrer Substanz nach einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten Personenkreis zugänglich macht, indem er sie ‚auf den Weg bringt‘. Die Weitergabe an eine oder mehrere bestimmte Personen genügt hingegen nicht.
Die Tatbestandsvariante der Herstellung jugendpornographischer Schriften (§ 184c Abs. 1 Nr. 3 StGB) tritt nicht im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter die der Verbreitung (§ 184c Abs. 1 Nr. 1 StGB) zurück. Anders als die Tatbestände der Herstellung pornographischer
(§ 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB) und gewalt- oder tierpornographischer Schriften (§ 184a Nr. 2 StGB) setzt die Herstellung jugendpornographischer Schriften die Absicht späterer Verwendung nicht voraus, weshalb – im Gegensatz zu § 184 Abs. 1 Nr. 8 und § 184a Nr. 2 StGB – der Unrechtsgehalt der Herstellung in der späteren Verbreitung nicht enthalten ist.