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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2020
21. Jahrgang
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1. Gemäß § 63 StGB ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Erheblich im Sinne des § 63 Satz 1 StGB sind solche Taten, die geeignet erscheinen, den Rechtsfrieden empfindlich bzw. schwer zu stören sowie das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen, und damit zumindest dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen sind.
2. Einfache Körperverletzungen im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB, die nur mit geringer Gewaltanwendung verbunden sind und die Erheblichkeitsschwelle der tatbestandlich vorausgesetzten Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit lediglich unwesentlich überschreiten, reichen zwar grundsätzlich nicht aus. Ebenfalls ist das Delikt des Hausfriedensbruchs (§ 123 Abs. 1 StGB) grundsätzlich der niedrigschwelligen Kriminalität zuzuordnen. Gleiches gilt für eine Bedrohung (§ 241 Abs. 1 StGB), wenn sie in ihrer konkreten Ausgestaltung aus der Sicht des Betroffenen nicht die naheliegende Gefahr ihrer Verwirklichung in sich trägt. Die Erheblichkeit ist allerdings stets anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu würdigen.
3. § 63 Satz 2 StGB geprüft erlegt dem Tatrichter nur eine besondere Sorgfalt an die Darlegung der Gefahrenprognose auf, wenn die Anlasstat niederschwellig ist. Umgekehrt indiziert eine erhebliche Anlasstat nicht ohne weiteres die künftige Gefährlichkeit des Täters. In jedem Fall bedarf es der gebotenen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters und seines Vorlebens zur Begründung, dass auch künftig erhebliche Taten von ihm mit einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades zu erwarten sind.
4. Wegen des Erfordernisses eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen den zu erwartenden Taten und dem Zustand des Täters sind Taten, die in keinem irgendwie gearteten Zusammenhang mit seiner Erkrankung stehen, bei der Prüfung der Gefahrenprognose nicht ohne weiteres aussagekräftig.
1. Gemäß § 64 Satz 2 StGB darf die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nur angeordnet werden, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten innerhalb der Frist nach § 67d Abs. 1 Satz 1 oder 3 StGB zu heilen oder eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen. Sofern sich dies nicht von selbst versteht, ist es dazu erforderlich, unter Berücksichtigung der Art und des Stadiums der Sucht sowie bereits eingetretener physischer und psychischer Veränderungen und Schädigungen in der Persönlichkeit und den Lebensumständen des Angeklagten konkrete Anhaltspunkte zu benennen, die dafür sprechen, dass es innerhalb eines zumindest „erheblichen“ Zeitraums nicht (mehr) zu einem Rückfall kommen wird.
2. Die bloße Möglichkeit einer therapeutischen Veränderung vermag die Prognose eines hinreichend konkreten Therapieerfolgs nicht zu stützen. Notwendig, aber auch ausreichend, ist eine durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolgs; einer sicheren oder unbedingten Gewähr bedarf es nicht.
1. In einem Fall der Einziehung nach § 73c Abs. 2 StGB müssen den Urteilsgründen die Schätzungsgrundlagen nachvollziehbar zu entnehmen sein.
2. Die Einziehung gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 StGB ist eine Ermessensentscheidung, die den Charakter einer Nebenstrafe hat. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehen der Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, stellt dies einen bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt dar.
1. Entscheidend für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maße abweicht, dass die Anwendung dieses Strafrahmens geboten erscheint. Für die Prüfung der Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen.
2. Auch wenn dies nicht bedeutet, dass jeder derartige Umstand der ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen bedarf und die Nichterörterung stets einen Rechtsfehler begründet, so ist das Gericht doch verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafrahmenwahl bestimmenden Umstände darzulegen.
Die Unterbringung nach § 64 StGB geht der Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG vor. Ein „Wahlrecht“ des Angeklagten besteht insoweit nicht.