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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2019
20. Jahrgang
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1. Eine Beschwerde gegen einen noch nicht vollstreckten Haftbefehl hat grundsätzlich nicht schon allein deswegen Erfolg, weil die Staatsanwaltschaft Einsicht in die die Haftentscheidung tragenden Aktenteile verweigert hat. Es ist auch nicht veranlasst, die Beschwerdeentscheidung zurückzustellen, bis eine Akteneinsicht ohne die Gefährdung des Untersuchungszwecks möglich ist. (BGH)
2. Der Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen Haftbefehl steht nicht entgegen, dass der Haftbefehl bislang nicht vollstreckt worden ist. Denn der Beschuldigte ist bereits durch die Existenz des Haftbefehls beschwert. Dies gilt zumindest dann, wenn der Beschuldigte Kenntnis hiervon hat. (Bearbeiter)
3. Den Straftatbestand des § 89a Abs. 1, 2 Nr. 1 StGB verwirklicht, wer sich im Umgang mit Schusswaffen unterweisen lässt und dadurch eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet. Die Vorbereitungshandlung muss dabei konkret auf eine schwere staatsgefährdende Gewalttat gerichtet sein; eine allgemeine Eignung hierfür reicht nicht aus. Auch muss der Täter zu dieser Tat fest entschlossen sein. (Bearbeiter)
4. Ein Beschuldigter ist flüchtig oder hält sich verborgen, wenn er sich von seinem bisherigen Lebensmittelpunkt absetzt oder seinen Aufenthalt den Behörden vorenthält, um sich zumindest auch dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen. Obgleich der Beschuldigte dabei nicht beabsichtigen muss, den behördlichen Zugriff zu vereiteln, es vielmehr grundsätzlich ausreicht, wenn er dies erkennt und in Kauf nimmt, setzt Flucht ein finales Handeln dergestalt voraus, dass das Ziel, sich der Strafverfolgung zu entziehen, für das Verhalten des Beschuldigten zumindest mitbestimmend sein muss. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist ungeachtet der Frage, ob Fluchtverhalten bereits vor Begehung der Tat vorliegen kann, ein solches zumindest dann nicht gegeben, wenn sich der Beschuldigte allein deshalb ins Ausland absetzt, um dort Straftaten zu begehen, die sodann erst Grundlage seiner Strafverfolgung in Deutschland sind. (Bearbeiter)
1. Der Begriff „wegen derselben Tat“ im Sinne des § 121 Abs. 1 StPO weicht vom Tatbegriff des § 264 Abs. 1 StPO ab. Er ist mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Norm weit auszulegen und erfasst alle Taten des Beschuldigten von dem Zeitpunkt an, in dem sie – im Sinne eines dringenden Tatverdachts – bekannt geworden sind und in den bestehenden Haftbefehl hätten aufgenommen werden können. Dadurch wird eine sog. Reservehaltung von Tatvorwürfen vermieden, die darin bestünde, dass von Anfang an bekannte oder im Laufe der Ermittlungen bekannt werdende Taten zunächst zurückgehalten und erst kurz vor Ablauf der Sechsmonatsfrist zum Gegenstand eines neuen oder erweiterten Haftbefehls gemacht werden mit dem Ziel, eine neue Sechsmonatsfrist zu eröffnen.
2. Die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland setzt eine gewisse formale Eingliederung des Täters in die Organisation voraus. Sie kommt nur in Betracht, wenn der Täter die Vereinigung von innen und nicht lediglich von außen her fördert. Insoweit bedarf es zwar keiner förmlichen Beitrittserklärung oder einer förmlichen Mitgliedschaft. Notwendig ist aber, dass der Täter eine Stellung innerhalb der Vereinigung einnimmt, die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht. Dafür reicht allein die Tätigkeit für die Vereinigung, mag sie auch besonders intensiv sein, nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch die Förderung der Vereinigung zu deren Mitglied. Die Mitgliedschaft setzt ihrer Natur nach eine Beziehung voraus, die einer Vereinigung nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Ein auf lediglich einseitigem Willensentschluss beruhendes Unterordnen und Tätigwerden genügt nicht, selbst wenn der Betreffende bestrebt ist, die Vereinigung und ihre kriminellen Ziele zu fördern. Die Annahme einer mitgliedschaftlichen Beteiligung scheidet daher aus, wenn die Unterstützungshandlungen nicht von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teilnahme am Verbandsleben getragen sind.
3. Eine Aneignung besteht in dem auf einen nicht unerheblichen Zeitraum angelegten Entzug einer Sache gegen oder ohne den Willen des Berechtigten. Sie erfordert nicht, dass der Täter die Sache in sein Vermögen überführt oder zumindest den Vorsatz dazu hat. Gegenstand der Aneignung können sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen sein. Die Aneignung einer Sache setzt keine Anwesenheit des Berechtigten oder dessen unmittelbare Verfügungsgewalt über den Gegenstand voraus. Der Begriff der Aneignung beschränkt sich auch nicht auf den Fall der ersten Inbesitznahme der Sache gegen oder ohne den Willen des Berechtigten.
4. Der erforderliche funktionale Zusammenhang mit einem bewaffneten ist gegeben, wenn das Vorliegen des bewaffneten Konflikts für die Fähigkeit des Täters, das Verbrechen zu begehen, für seine Entscheidung zur Tatbegehung, für die Art und Weise der Begehung oder für den Zweck der Tat von wesentlicher Bedeutung war; die Tat darf nicht lediglich „bei Gelegenheit“ des bewaffneten Konflikts begangen werden. Eine Tatausführung während laufender Kampfhandlungen oder eine besondere räumliche Nähe dazu sind hingegen nicht erforderlich.
5. Der Begriff der „gegnerischen Partei“ ist gleichermaßen auszulegen wie das entsprechende, in § 8 Abs. 6 Nr. 2 VStGB normierte Merkmal.
6. Für den nichtinternationalen bewaffneten Konflikt, an dem häufig nichtstaatliche Akteure derselben Nationalität beteiligt sind, erweist sich die Staatsangehörigkeit zumeist nicht als sachgerechtes Kriterium, mit dem der Umfang eines Schutzes nach dem humanitären Völkerrecht sinnvoll festgelegt werden könnte. Um zu bestimmen, wer als Gegner der Konfliktpartei im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt anzusehen ist, bietet es sich vielmehr an, darauf abzustellen, was die Auseinandersetzung prägt. Handelt es sich etwa um einen interethnischen Konflikt, so kommt es maßgeblich auf die ethnische Zugehörigkeit an, im Falle einer religiös motivierten Auseinandersetzung auf die konfessionelle und weltanschauliche. Bei einer komplexen Bürgerkriegslage unter Beteiligung einer Vielzahl staatlicher und nichtstaatlicher Akteure mit unterschiedlichsten Interessen kann bereits diejenige Person einem Gegner zuzurechnen sein, die den Absichten der Konfliktpartei entgegenstehende Ziele verfolgt.
7. Durch das Merkmal des erheblichen Umfangs sollen Bagatellfälle aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 VStGB ausgenommen werden. Das darf indes nicht dahin missverstanden werden, dass lediglich Petitessen ausgeschieden werden sollen, etwa die Entwendung geringwertiger Sachen. Maßgeblich ist eine wertende Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls, in deren Rahmen der Wert des betroffenen Eigentums ebenso von Bedeutung ist wie die Schwere der Tatfolgen für das Opfer. Überdies kann von Belang sein, ob wenige oder viele Personen oder ob besonders geschützte und wichtige zivile Objekte, etwa ein Krankenhaus, betroffen sind.
8. Der Begriff der Sklaverei beschreibt ein Verhältnis völliger sozialer Unterwerfung, in dem der Unterworfene als Eigentum seines Herrn gelten soll, über das er nach Belieben und Willkür verfügen kann. Erfasst werden allerdings nur Ausbeutungsverhältnisse im Geltungsbereich einer Rechtsordnung, welche die Rechtsstellung eines Sklaven noch kennt oder in der Sklaverei jedenfalls faktisch geduldet wird.
9. Zwar liegt die Annahme einer einheitlichen Tat fern, wenn sich die Handlungen des Täters gegen höchstpersönliche Rechtsgüter mehrerer Opfer richten, weil höchstpersönliche Rechtsgüter einer additiven Betrachtungsweise allenfalls in Ausnahmefällen zugänglich sind. Allein eine enge zeitliche und räumliche Verbundenheit verschiedener Handlungsabläufe sowie die gleiche Motivationslage des Täters genügen in solchen Fällen nicht, um die verschiedenen Handlungen zu einer materiellrechtlichen Tat zu verbinden; anders verhält es sich indes, wenn die objektiven Ausführungshandlungen in
einem für alle Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind und so dazu beitragen, den Tatbestand aller in Betracht kommenden Strafgesetze zu erfüllen.
10. Zwar verdrängen die Qualifikationen des § 232 Abs. 3 StGB grundsätzlich die Grundtatbestände des Abs. 1 und des Abs. 2. Das gilt aber nicht, wenn § 232 Abs. 3 StGB nur hinsichtlich eines von mehreren Opfern erfüllt ist. Dann ist die Annahme von Tateinheit geboten, um dem Gesamtunrechtsgehalt der Tat Ausdruck zu verleihen.
1. In dem Fall, in dem da Strafverfahren gegen einen der Angeklagten nach einer erfolgten Verständigung abgetrennt und die Hauptverhandlung gegen ihn ausgesetzt und neu begonnen wird, bedarf es der Darlegung der ursprünglichen Verständigungsgespräche und deren Ergebnis in öffentlicher Hauptverhandlung schon deshalb, um alle Verfahrensbeteiligten darüber in Kenntnis zu setzen, wie die prozessuale Lage nach ausgesetzter Hauptverhandlung, in der eine Verfahrensverständigung erfolgt ist, zu beurteilen ist. Insbesondere ist der Angeklagte von Seiten des Gerichts darüber aufzuklären und zu belehren, dass die Bindungswirkung der ursprünglichen Verfahrensverständigung entfallen ist und sein vormaliges Geständnis nicht verwertet werden darf. Die in der ausgesetzten Hauptverhandlung gemäß § 257c Abs. 5 StPO erfolgte Belehrung genügt hierfür nicht, zumal sie diese Fallgestaltung nicht erfasst.
2. Demzufolge muss der Vorsitzende in einem solchen Fall die Verständigungsgespräche, den Inhalt der tatsächlich erfolgten Verständigung sowie den Umstand und gegebenenfalls den Grund mitteilen, dass und warum die Verständigung im ausgesetzten Verfahren nicht zum Tragen gekommen ist. Dass die ursprüngliche Verständigung im ausgesetzten Verfahren ordnungsgemäß im Rahmen der Hauptverhandlung mitgeteilt und protokolliert wurde, genügt zur Erfüllung der Mitteilungspflicht nicht, denn die Hauptverhandlung im Sinne von § 243 Abs. 4 StPO ist diejenige, die zum Urteil geführt hat. Außerdem besteht nicht nur für den Angeklagten, sondern auch für die Schöffen und die Öffentlichkeit im Fall einer erneut begonnenen Hauptverhandlung ein berechtigtes Interesse, über stattgefundene Verständigungsgespräche bzw. über eine tatsächlich erfolgte Verständigung informiert zu werden.
1. Die Abwesenheit eines (beisitzenden) Richters oder eines Schöffen während wesentlicher Teile der Hauptverhandlung führt nach der bisherigen Rechtsprechung und der überwiegenden Auffassung in der Literatur zum absoluten Revisionsgrund der vorschriftswidrigen Gerichtsbesetzung im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO. Ob Fallkonstellationen der psychischen oder physischen Abwesenheit von Richtern stattdessen unter § 338 Nr. 5 StPO zu subsumieren sind (hierzu neigend, im Ergebnis aber offenlassend BGH HRRS 2017 Nr. 15) bedarf hier keiner Entscheidung.
2. Trägt die Revision vor, dass ein beisitzender Richter an einem Hauptverhandlungstag abwesend war, und wird in diesem Zusammenhang ein wörtliches Zitat aus dem Sitzungsprotokoll in der Revisionsbegründungsschrift zitiert, wonach der beisitzende Richter „danach“ – nach dem zitierten Protokollinhalt – nicht anwesend war, dient das regelmäßig allein der Beweisführung hinsichtlich des behaupteten Verfahrensfehlers und beanstandet nicht lediglich eine unzureichende Protokollierung.
1. Der Umfang des Anfechtungswillens bei einem von der Staatsanwaltschaft eingelegten Rechtsmittel ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist Nr. 156 Abs. 2 RiStBV zu berücksichtigen, wonach der Staatsanwalt seine Revision stets so rechtfertigen soll, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils er seine Rechtsverletzung erblickt und auf welche Gründe er seine Rechtsauffassung stützt.
2. Eine Revisionsbeschränkung auf die Frage der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung ist grundsätzlich möglich. Sie ist indes unwirksam, soweit durch das Tatgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB angeordnet worden ist. In einem solchen Fall sind die in Betracht kommenden Maßregeln durch die gesetzliche Regelung des § 72 StGB rechtlich so eng miteinander verknüpft, dass nur eine einheitliche Entscheidung hierüber möglich ist.
3. Die Strafzumessung und die Wahl des Strafrahmens sind Sache des Tatgerichts, dessen Aufgabe es ist, auf-
grund der Hauptverhandlung die wesentlichen belastenden und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nach ständiger Rechtsprechung nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt.
4. Bei der Darstellung seiner Strafzumessungserwägungen ist das Tatgericht nur gehalten, die bestimmenden Zumessungsgründe mitzuteilen. Eine erschöpfende Aufzählung aller in Betracht kommenden Erwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Aus dem Umstand, dass ein für die Zumessung bedeutsamer Umstand nicht ausdrücklich angeführt worden ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, das Tatgericht habe ihn nicht gesehen oder nicht gewertet. Einen durchgreifenden Rechtsfehler stellt es indes dar, wenn das Tatgericht bei der Strafrahmenwahl einen bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt i.S.v. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (hier: die hohe Rückfallgeschwindigkeit) erkennbar außer Betracht lässt.
§ 404 Abs. 1 Satz 2 StPO; § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangen die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag. Sie stehen der Zulässigkeit eines unbezifferten Klageantrags nur dann nicht entgegen, wenn der Umfang der beantragten Geldleistung durch Angabe einer Größenordnung eingegrenzt wird. Dadurch sollen Gericht und Gegner darüber unterrichtet werden, welchen Umfang der Streitgegenstand haben soll.
Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Rechtsmittels kommt es alleine darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des zuständigen Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind; der Ausdruck durch das Gericht ist nicht maßgeblich.
Nach den Anforderungen an eine ordnungsgemäße und damit wirksame Unterzeichnung (vgl. § 275 Abs. 2 StPO) muss eine Unterschrift nicht lesbar sein, weshalb Undeutlichkeiten und sogar Verstümmelungen einzelner Buchstaben im Schriftbild unschädlich sind. Es genügt ein individueller Schriftzug, der charakteristische Merkmale aufweist und ein Mindestmaß an Ähnlichkeiten zu der ursprünglichen Schrift aus Buchstaben enthält, das es einem Dritten, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ermöglicht, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauszulesen.
1. Ist dem Tatrichter mangels Sachkunde eine eigene Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens eines Sachverständigen nicht möglich, so genügt es, dass er sich von der Sachkunde des Gutachters überzeugt und sich danach dem Ergebnis des Gutachtens anschließt. Jedoch muss er in diesem Fall die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Sachverständigen im Urteil so wiedergeben, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (st. Rspr.). Der Umfang der Darlegungspflicht richtet sich dabei nach der jeweiligen Beweislage und der Bedeutung, die der Beweisfrage für die Entscheidung zukommt (vgl. BGH NStZ 2013, 177, 178). Liegt dem Gutachten jedoch ein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren zugrunde, wie dies etwa beim daktyloskopischen Gutachten, der Blutalkoholanalyse oder der Bestimmung von Blutgruppen der Fall ist, so genügt die bloße Mitteilung des erzielten Ergebnisses (vgl. BGH NStZ 2011, 171 mwN).
2. Für molekulargenetische Vergleichsgutachten gilt nichts anderes. Nach der neueren Rechtsprechung muss in den in der forensischen Praxis gebräuchlichen Verfahren lediglich das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form mitgeteilt werden, sofern sich die Untersuchungen auf eindeutige Einzelspuren beziehen und keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen (vgl. BGH NJW 2018, 3192, 3193).
3. Diese Vereinfachung gilt demnach nicht für Mischspuren; solche Spuren weisen mehr als zwei Allele in einem DNA-System auf, mithin Zellmaterial von mehr als einer einzelnen Person. Insoweit ist nach wie vor grundsätzlich in den Urteilsgründen mitzuteilen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergaben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmals-
kombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ob dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war.
4. Bei Mischspuren können je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles strengere Anforderungen gelten (vgl. BGH NStZ-RR 2016, 118, 119), auch in Bezug auf die Vergleichspopulation (vgl. BGH NStZ 2016, 490, 492); gegebenenfalls ist es notwendig, ergänzende molekulargenetische Untersuchungen durchzuführen (vgl. BGH NStZ 2014, 477, 479). Regelmäßig wird sich die Angabe empfehlen, wie viele Spurenverursacher in Betracht kommen und um welchen Typ von Mischspur es sich handelt.
1. In den Fällen der rechtsfehlerhafte Nichtbescheidung eines Beweisantrags (§ 244 Abs. 6 StPO) kann ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensfehler regelmäßig nicht ausgeschlossen werden. Anderes gilt nur ausnahmsweise, wenn offenkundig ist, dass die konkrete Beweisbehauptung für das rechtlich relevante Beweisthema ohne jede Bedeutung und daher auszuschließen ist, dass das Verteidigungsverhalten durch den unterbliebenen Ablehnungsbeschluss beeinträchtigt war (vgl. bereits BGH HRRS 2011 Nr. 1171).
2. Für die rechtlichen Voraussetzungen einer Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB sind die Vermögensverhältnisse des von ihr Betroffenen – anders als bei einer erweiterten Einziehung von Taterträgen nach § 73a StGB – ohne Bedeutung.
3. Gewerbsmäßigkeit setzt voraus, dass der Täter die Absicht hat, sich durch die wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Dass er seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus der Begehung von Straftaten bestreiten will, ist hingegen nicht erforderlich.
1. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO setzt voraus, dass unter Nichtanwendung oder Verletzung der Vorschriften über den möglichen Ausschluss der Öffentlichkeit öffentlich verhandelt worden ist.
2. Der eingeschränkte revisionsgerichtliche Prüfungsmaßstab gilt auch hinsichtlich der an die Würdigung des Beweisergebnisses zu stellenden besonderen Anforderungen, wenn Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung im Wesentlichen davon abhängt, welchen Angaben der Tatrichter folgt. Erforderlich sind insbesondere eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage, eine Bewertung eines gegebenenfalls feststellbaren Aussagemotivs, sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben. Die Anforderungen an eine umfassende Würdigung der festgestellten Tatsachen sind bei einem Freispruch nicht geringer als im Fall der Verurteilung.
1. Die Anklageschrift hat die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist (§ 200 Abs. 1 Satz 1 StPO); sie muss sich von anderen gleichartigen Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen (Umgrenzungsfunktion). Dabei muss die Schilderung umso konkreter sein, je größer die allgemeine Möglichkeit ist, dass der Angeklagte verwechselbare weitere Straftaten gleicher Art verübt hat. Die Identität des geschichtlichen Vorgangs muss feststehen; es darf kein Zweifel über die verfahrensgegenständlichen Taten im prozessualen Sinn eintreten. Welche Angaben hierfür erforderlich sind, lässt sich allerdings nicht für alle Fälle in gleicher Weise sagen. Die einzelnen Faktoren der Tatkonkretisierung können von Fall zu Fall unterschiedliches Gewicht besitzen und durch größere Genauigkeit jeweils anderer Umstände ersetzt oder verdrängt werden. Fehlt es an einer hinreichenden Konkretisierung, so ist die Anklage unwirksam.
2. Dies gilt gleichermaßen für den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls. Durch ihn wird im Strafbefehlsverfahren die öffentliche Klage erhoben; die Antragsschrift steht der Anklageschrift gleich. Nach antragsgemäßem Erlass des Strafbefehls übernimmt dieser für die Hauptverhandlung die Funktion des, so dass mit Blick auf diese Funktionsgleichheit und auch zur Bestimmung des Umfangs einer möglichen späteren Rechtskraft an die unerlässliche Tatkonkretisierung im Strafbefehlsverfahren (vgl. § 409 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO) regelmäßig keine geringeren Anforderungen als an den Anklagesatz zu stellen sind.
Obwohl mit dem Ausscheiden des einen etwaigen Schmerzensgeld- oder Schadensersatzanspruch begründenden Tatvorwurfs die Grundlage für die Adhäsionsklage entfällt (vgl. § 406 Abs. 1 S. 1 StPO), führt dies nicht automatisch zum Wegfall der mit Einreichen des Adhäsionsantrags begründeten Rechtshängigkeit. Wird der Antrag in einem solchen Fall nicht zurückgenommen, so ist daher über ihn zu entscheiden.