HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 582
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 462/18, Beschluss v. 18.03.2019, HRRS 2019 Nr. 582
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. November 2017 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
1. Soweit der Angeklagte J. rügt, das Landgericht habe unter Verletzung des § 244 Abs. 6 StPO seinen Beweisantrag auf Verlesung eines Schreibens des Rechtsanwalts L. vom 5. Februar 2015 hinsichtlich eines Girokontos aus dem Nachlass seiner Mutter nicht beschieden, kann der Senat jedenfalls ausschließen, dass das Urteil auf einem etwaigen Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).
Zwar kann in derartigen Fällen ein Beruhen regelmäßig nicht ausgeschlossen werden (vgl. LR/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 377). Anderes gilt jedoch ausnahmsweise, wenn offenkundig ist, dass die konkrete Beweisbehauptung für das rechtlich relevante Beweisthema ohne jede Bedeutung und daher auszuschließen ist, dass das Verteidigungsverhalten durch den unterbliebenen Ablehnungsbeschluss beeinträchtigt war (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 1 StR 336/11).
So verhält es sich hier. Das Landgericht hat das bei dem Angeklagten J. sichergestellte Bargeld rechtsfehlerfrei als „Kaufgeld“ für den Erwerb von Betäubungsmitteln und mithin als Tatmittel im Sinne des § 74 Abs. 1 StGB eingezogen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 2003 - 1 StR 229/03). Für die rechtlichen Voraussetzungen einer Einziehung nach § 74 Abs. 1 StGB sind die Vermögensverhältnisse des von ihr Betroffenen - anders als bei einer erweiterten Einziehung von Taterträgen nach § 73a StGB (vgl. insofern Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73a Rn. 12 mwN) - ohne Bedeutung. Gleiches gilt für die Frage der Gewerbsmäßigkeit. Hierfür kommt es - worauf das Landgericht zutreffend abgestellt hat - darauf an, ob der Täter die Absicht hat, sich durch die wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Dass er seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus dem Erlös von Betäubungsmittelverkäufen bestreiten will, ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 - 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6). Angesichts der Handelsmengen von jeweils mindestens zehn Kilogramm Amphetamin liegt danach die gewerbsmäßige Tatbegehung - worauf die Strafkammer den Beschwerdeführer bereits in der Hauptverhandlung vom 4. September 2017 gemäß § 265 StPO hingewiesen hat - auf der Hand.
Es kann nach alledem dahinstehen, ob die vorgenommene Protokollberichtigung, wonach das Rechtsanwaltsschreiben in der Hauptverhandlung verlesen wurde, wirksam ist, da dem Beschwerdeführer nur zu der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden der Strafkammer, nicht aber auch zu derjenigen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Bl. 3662 d. A.) rechtliches Gehör gewährt worden sein könnte (vgl. zum Verfahren für eine zulässige Protokollberichtigung BGH, Beschluss vom 23. April 2007 - GSSt 1/06, BGHSt 51, 298, 316 f.).
2. Es ist rechtlich bedenklich, dass das Landgericht den polizeilichen Vermerk über die Angaben des Angeklagten A. gegenüber dem Polizeibeamten Wa. nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesen hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 256 Rn. 27; KK/Diemer, StPO, 7. Aufl., § 256 Rn. 9a). Hierauf beruht das Urteil jedoch nicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Denn das Landgericht hat sich die Überzeugung von der Umladung des Amphetamins von dem Auto des Angeklagten W. in das des Angeklagten A. nicht aufgrund des Inhalt des Vermerks gebildet, sondern aufgrund der Aussagen der als Zeugen vernommenen Observationsbeamten, eines zwischen den beiden Angeklagten geführten Telefonats und der Sicherstellung der Betäubungsmittel im Kfz des Angeklagten A. .
3. Die mittlere Gefährlichkeit von Betäubungsmitteln - wie sie das Landgericht für Amphetamin angenommen hat - stellt für sich genommen weder einen Strafschärfungs- noch einen Strafmilderungsgrund dar (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1801 mwN). Das Landgericht hat diesen Gesichtspunkt jedoch nicht isoliert strafschärfend bei der konkreten Strafzumessung herangezogen, sondern in Bezug zur erheblichen Menge der gehandelten Betäubungsmittel gestellt.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 582
Bearbeiter: Christian Becker