HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Februar 2019
20. Jahrgang
PDF-Download

Hervorzuhebende Entscheidungen des BGH


I. Materielles Strafrecht - Allgemeiner Teil


Entscheidung

133. BGH 5 StR 517/18 – Urteil vom 12. Dezember 2018 (LG Saarbrücken)

Abgrenzung von Tötungseventualvorsatz und Fahrlässigkeit (Wissenselement; Willenselement; Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände; „Hemmschwelle“; freie richterliche Beweiswürdigung; lebensgefährdende Handlungen; Beweisanzeichen; ernsthaftes tatsachenbasiertes Vertrauen auf das Ausbleiben des Todeserfolgs).

§ 15 StGB; § 212 StGB; § 261 StPO

1. Soweit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der für die Feststellung des Tötungseventualvorsatzes gebotenen Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände auf eine „für Tötungsdelikte deutlich höhere Hemmschwelle“ abgestellt worden ist, erschöpft sich dies in einem Hinweis auf die Bedeutung des Grundsatzes der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO) bezüglich der Überzeugungsbildung vom Vorliegen eines (wenigstens) bedingten Tötungsvorsatzes (näher BGH HRRS 2012 Nr. 435). Die Wertung, dass offensichtlich lebensgefährdende Handlungen ein gewichtiges, auf Tötungsvorsatz hinweisendes Beweisanzeichen sind, wir durch die Erwähnung einer solchen „Hemmschwelle“ nicht in Frage gestellt oder auch nur relativiert.

2. Das Wissens- oder das Willenselement des Eventualvorsatzes kann trotz einer äußerst gefährlichen Handlung im Einzelfall fehlen, etwa wenn dem Täter, obwohl er alle Umstände kennt, das Risiko der Tötung infolge einer psychischen Beeinträchtigung zur Tatzeit nicht bewusst ist (Fehlen des Wissenselements) oder wenn er trotz erkannter objektiver Gefährlichkeit der Tat ernsthaft und nicht nur vage auf ein Ausbleiben des tödlichen Erfolges vertraut. Das Vertrauen auf einen glimpflichen Ausgang lebensgefährdenden Tuns darf dabei aber nicht auf bloßen Hoffnungen beruhen, sondern muss tatsachenbasiert sein.


Entscheidung

170. BGH 1 StR 457/18 – Beschluss vom 24. Oktober 2018 (LG Ulm)

Schuldunfähigkeit (erforderliche Darstellung im Urteil: mehrstufige Prüfung, Darstellung bei Anschluss an die Beurteilungen eines Sachverständigen).

§ 20 StGB; § 21 StGB; § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO

1. Die Entscheidung, ob die Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe ausgeschlossen oder im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert war, erfolgt prinzipiell mehrstufig (vgl. BGH NJW 2015, 3319, 3320 Rn. 17). Zunächst ist die Feststellung erforderlich, dass bei dem Angeklagten eine psychische Störung vorliegt, die ein solches Ausmaß erreicht hat, dass sie unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters zu untersuchen. Durch die festgestellten psychopathologischen Verhaltensmuster muss die psychische Funktionsfähigkeit des Täters bei der Tatbegehung beeinträchtigt worden sein.

2. Hierzu ist das Gericht jeweils für die Tatsachenbewertung auf die Hilfe eines Sachverständigen angewiesen. Gleichwohl handelt es sich bei der Frage des Vorliegens eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB bei gesichertem Vorliegen eines psychiatrischen Befunds wie bei der Prüfung der aufgehobenen oder erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit um Rechtsfragen. Deren Beurteilung erfordert konkretisierende und widerspruchsfreie Darlegungen dazu, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (vgl. BGH NStZ-RR 2016, 135).

3. Wenn sich das Landgericht darauf beschränkt, sich der Beurteilung eines Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit anzuschließen, muss es dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (st. Rspr.).


Entscheidung

182. BGH 2 StR 361/18 – Urteil vom 7. November 2018 (LG Aachen)

Beihilfe (allgemeiner Maßstab; psychische Beihilfe durch Anwesenheit am Tatort); tatrichterliche Beweiswürdigung (Anforderungen an die Darstellung in einem freisprechenden Urteil aufgrund zweifelhafter Täterschaft; Berücksichtigung von Indizien); Gegenstand des Urteils (Verpflichtungsumfang des Tatrichters).

§ 27 Abs. 1 StGB; § 261 StPO; § 264 Abs. 1 StPO

1. Wegen Beihilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Diese Hilfeleistung muss sich auf die Begehung der Haupttat zwar nicht kausal auswirken; erforderlich ist aber, dass sie die Haupttat zwischen Versuchsbeginn und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder fördert.

2. Zwar reicht die bloße Anwesenheit am Tatort in Kenntnis einer Straftat selbst bei deren Billigung nicht aus, die Annahme einer Beihilfe zu begründen. Eine psychische Beihilfe kann jedoch auch in der Billigung der Tat bestehen, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht wird, dieser dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt wird und der Gehilfe sich dessen bewusst ist. Dabei setzt die Beihilfe durch positives Tun einen durch eine bestimmte Handlung erbrachten Tatbeitrag des Gehilfen voraus. Auch ein bloßes „Dabeisein“ kann die Tatbegehung im Sinne aktiven Tuns fördern oder erleichtern, wenn der Täter dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt und ihm ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit gegeben wird. Zum Beleg einer solchen psychischen Beihilfe bedarf es jedoch stets genauer Feststellungen, insbesondere zur objektiv fördernden Funktion der Handlung sowie zu der entsprechenden Willensrichtung des Gehilfen.

3. Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt. Der Tatrichter ist verpflichtet, diesen Vorgang unter allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten aufzuklären und abzuurteilen, ohne an die der Anklage oder dem Eröffnungsbeschluss zugrunde gelegte rechtliche Bewertung gebunden zu sein.

4. Indizien können, auch wenn sie einzeln und für sich betrachtet nicht zum Nachweis der Täterschaft ausreichen, doch in ihrer Gesamtheit die entsprechende Überzeugung vermitteln.


Entscheidung

175. BGH 1 StR 597/18 – Beschluss vom 19. Dezember 2018 (LG Mannheim)

Beihilfe (psychische Beihilfe durch Anwesenheit am Tatort).

§ 27 Abs. 1 StGB

Die bloße Anwesenheit am Tatort reicht für eine psychische Beihilfe nicht aus; vielmehr bedarf es insoweit konkreter Feststellungen, inwieweit der mögliche Gehilfe hierdurch den Tatentschluss des Haupttäters bestärkt oder ihn bei der Tatausführung unterstützt hat, indem er ihm durch seine Anwesenheit ein Gefühl der Sicherheit bei der Tatausführung verschafft hat.


Entscheidung

122. BGH 5 StR 418/18 – Beschluss vom 28. November 2018 (LG Lübeck)

Fehlgeschlagener Versuch (Unmöglichkeit der Herbeiführung des Erfolgs ohne neue Handlungs- und Kausalkette; Tätersicht nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung; zeitliche Zäsur; Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs); natürliche Handlungseinheit (einheitliches, zusammengehörendes Tun; gemeinsames subjektives Element).

§ 24 StGB; § 52 StGB

Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn der Täter nach der letzten von ihm vorgenommenen Tathandlung erkennt, dass mit den bereits eingesetzten oder den ihm sonst zur Hand liegenden Mitteln der erstrebte Taterfolg nicht mehr herbeigeführt werden kann, ohne dass eine neue Handlungs- und Kausalkette in Gang gesetzt wird. Dabei kommt es auf die Tätersicht nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an. Ein Fehlschlag liegt daher erst dann vor, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder eine entsprechende dahingehende subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolges

eines erneuten Ansetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs.


Entscheidung

204. BGH 4 StR 332/18 – Beschluss vom 21. November 2018 (LG Essen)

Rücktritt (fehlgeschlagener Versuch); Einziehung (Berücksichtigung bei der Strafzumessung).

§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB; § 74 Abs. 1 und 3 Satz 1 StGB; § 33 BtMG

1. Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn die Tat nach dem Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt, oder wenn er subjektiv die Vollendung der Tat nicht mehr für möglich hält. Bei einem mehraktigen Geschehen ist der Rücktritt vom Versuch hinsichtlich eines Einzelakts ausgeschlossen, wenn dieser Einzelakt bereits als fehlgeschlagener Versuch zu werten ist. Sind die Einzelakte untereinander und mit der letzten Tathandlung durch die subjektive Zielsetzung des Angeklagten zu einem einheitlichen Geschehen verbunden, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob ein fehlgeschlagener Versuch vorliegt, allein auf die subjektive Sicht des Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an.

2. Eine Einziehung nach § 33 BtMG, § 74 Abs. 1 und 3 Satz 1 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm gehörender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies als ein bestimmender Gesichtspunkt sowohl bei der Bemessung der außerdem zu verhängenden Einzelstrafen als auch bei der Gesamtstrafe zu berücksichtigen.


Entscheidung

220. BGH 4 StR 493/18 – Beschluss vom 18. Dezember 2018 (LG Detmold)

Rücktritt (fehlgeschlagener Versuch: Rücktrittshorizont).

§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB

1. Nach der Rechtsprechung ist alleine entscheidend, wie sich der Täter den Versuchsverlauf nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung vorstellte. Kann die Tat nach der Vorstellung des Täters mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln nicht mehr ausgeführt werden und nur noch mit zeitlicher Verzögerung nach dem Ingangsetzen einer neuen Kausalkette vollendet werden, liegt ein fehlgeschlagener Versuch vor. Könnte der Täter demgegenüber, wie er weiß, ohne zeitliche Zäsur sofort ein neues bereitstehendes Mittel einsetzen, liegt in der Verwendung des neuen Mittels – auch wenn der Täter daran bei der gedanklichen Vorbereitung der Tat nicht gedacht hat – lediglich die Festigung des Tatentschlusses, den er mit nacheinander zum Einsatz gebrachten Mitteln verwirklicht.

2. Unschädlich ist auch der Übergang von bedingtem zu direktem Vorsatz, solange hierdurch die Einheitlichkeit des Gesamtgeschehens weder in zeitlicher noch örtlicher Hinsicht beseitigt wird. Anderenfalls würde der nur mit dolus eventualis handelnde Täter schlechter gestellt als derjenige Täter, der mit dolus directus handelt.


Entscheidung

199. BGH 4 StR 292/18 – Beschluss vom 7. November 2018 (LG Bielefeld)

Mittäterschaft (Maßstab; revisionsrichterliche Überprüfbarkeit).

§ 25 Abs. 2 StGB

1. Mittäter ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Teil als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint, wobei die Abgrenzung aufgrund einer wertenden Betrachtung aller von den Vorstellungen der Beteiligten umfassten Umstände erfolgt. Dabei kommen dem Umfang der Tatbeteiligung, der Tatherrschaft, dem Willen zur Tatherrschaft und dem eigenen Interesse am Taterfolg besondere Bedeutung zu.

2. Dabei ist die tatgerichtliche Bewertung der Beteiligungsform nur einer eingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht zugänglich. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass der Tatrichter den anzuwendenden Maßstab erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre.


Entscheidung

157. BGH 1 StR 316/18 – Beschluss vom 20. September 2018 (LG Nürnberg-Fürth)

Mittäterschaftliche unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln (Voraussetzungen: erforderliche wertende Gesamtbetrachtung, Tatherrschaft oder Wille zur Tatherrschaft, Einfluss auf die Durchführung des Einführens).

§ 29 Abs.1 Nr. 1 BtMG; § 25 Abs. 2 StGB

1. Zur Bestimmung von Mittäterschaft ist eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich (vgl. BGH StV 2015, 632). Von besonderer Bedeutung sind dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Das bloße Interesse an dessen Gelingen genügt nicht, wenn der Betreffende keine Tatherrschaft oder zumindest Tatherrschaftswillen hat (vgl. BGH StV 2017, 285).

2. Der Tatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln erfordert zwar keinen eigenhändigen Transport der Betäubungsmittel über die Grenze, so dass Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB grundsätzlich auch ein Beteiligter sein kann, der das Rauschgift nicht selbst in das Inland verbringt. Es müssen aber die Voraussetzungen für ein täterschaftliches Handeln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts vorliegen. Entscheidender Bezugspunkt ist der Einfuhrvorgang selbst (vgl. BGH StV 2017, 295 Rn. 14). Eine Person, die den Einfuhrvorgang zwar veranlasst, aber keinen Einfluss auf dessen Durchführung hat, kann weder Mittäter noch Gehilfe der Einfuhr sein (vgl. BGH StV 2015, 632).


II. Materielles Strafrecht – Besonderer Teil


Entscheidung

186. BGH 2 StR 481/17 – Beschluss vom 27. November 2018 (LG Köln)

BGHSt; Konkurrenzen (Sachbeschädigung und schwerer Bandendiebstahl bzw. Wohnungseinbruchsdiebstahl: keine Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion, sondern Tateinheit).

§ 52 Abs. 1 StGB; § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Var. 1 StGB; § 244 Abs. 1 Nr. 3 Var. 1 StGB; § 244a Abs. 1 StGB; § 303 Abs. 1 StGB

1. Bei (vollendetem) schwerem Bandendiebstahl oder (vollendetem) Wohnungseinbruchdiebstahl steht eine zugleich begangene Sachbeschädigung stets im Verhältnis der Tateinheit; sie tritt nicht im Wege der Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion hinter den schweren Bandendiebstahl oder den Wohnungseinbruchdiebstahl zurück. (BGHSt)

2. Soweit der Senat bisher eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, gibt er diese auf. Der Rechtsauffassung des erkennenden Senats haben sich die anderen Strafsenate des Bundesgerichtshofs auf Anfrage unter Aufgabe etwaiger entgegenstehender Rechtsprechung angeschlossen. (Bearbeiter)

3. Gemäß § 52 Abs. 1 StGB ist grundsätzlich von Tateinheit auszugehen, wenn dieselbe Handlung mehrere Gesetze verletzt. Anders verhält es sich nur ausnahmsweise in den Fällen einer sogenannten unechten Konkurrenz (Gesetzeseinheit). Ihre Anwendung setzt voraus, dass der Unrechtsgehalt der strafbaren Handlung durch einen der anwendbaren Straftatbestände bereits erschöpfend erfasst wird. Bei dieser Beurteilung sind die Rechtsgüter zugrunde zu legen, die der Täter angreift, daneben die Tatbestände, die der Gesetzgeber zu deren Schutz geschaffen hat. Die Verletzung des durch den einen Straftatbestand geschützten Rechtsguts muss eine – wenn nicht notwendige, so doch regelmäßige – Erscheinungsform der Verwirklichung des anderen Tatbestandes sein. (Bearbeiter)

4. Eine Verurteilung nur unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Diebstahls erfasst den Unrechtsgehalt des Gesamtgeschehens, bei dem es zur Beeinträchtigung eines weiteren Rechtsgutsträgers gekommen ist, nicht vollständig. Die Konsumtion setzt die Verletzung mehrerer Rechtsgüter desselben Rechtsgutsträgers voraus. Demgegenüber ist mit der Verletzung eines weiteren Rechtsgutsträgers infolge der Sachbeschädigung eine vom Diebstahl zu unterscheidende Unrechtsdimension eröffnet, die im Schuldspruch durch die Annahme von Tateinheit zwischen Diebstahlstat und Sachbeschädigung zum Ausdruck kommen muss. (Bearbeiter)

5. Das tateinheitliche Zusammentreffen mehrerer Tatbestände ist regelmäßig dazu geeignet, den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zu verstärken; es kann deshalb Strafschärfungsgrund sein. (Bearbeiter)


Entscheidung

111. BGH 5 StR 234/18 – Beschluss vom 27. November 2018 (LG Berlin)

BGHSt; Selbstgeldwäsche durch den Vortäter (Einzahlung auf ein vom Täter geführtes Bankkonto; Verfassungsmäßigkeit; Verbot der Doppelbestrafung; prozessualer Tatbegriff; Unrechtsgehalt; Verdrängung der Selbstgeldwäsche durch die Vortat im Einzelfall; Herrühren; Kette von Verwertungshandlungen; Weiterverarbeitung; Bemakelung; Inverkehrbringen durch Einzahlung auf ein nur vom Täter selbst genutztes Konto; Verschleiern der Herkunft; natürliche Handlungseinheit); Einziehung des durch Geldwäsche erlangten Betrages als Tatobjekt.

§ 261 Abs. 9 S. 3 StGB; Art. 103 Abs. 3 StGB; § 74 StGB

1. Selbstgeldwäsche durch Einzahlung auf ein für den Täter geführtes Bankkonto. (BGHSt)

2. Die Vorschrift des § 261 Abs. 9 Satz 3 StGB ist verfassungsgemäß. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das Doppelbestrafungsverbot (Art. 103 Abs. 3 GG). Zur Vermeidung von Doppelbestrafungen in den Fällen, in denen der Vortäter Geldwäschehandlungen vornimmt, ist die uneingeschränkte Straflosigkeit der Selbstgeldwäsche nicht geboten. (Bearbeiter)

3. Selbstgeldwäsche im Sinne des § 261 Abs. 9 S. 3 StGB und Vortat können sich sowohl in sachverhaltlicher Hinsicht als auch dem Unrechtsgehalt nach unterscheiden. Soweit der Vortäter trotz Verwirklichung des objektiven Tatbestands durch eine nachfolgende Selbstgeldwäschehandlung im Ausnahmefall kein über die Vortat hinausgehendes Unrecht verwirklicht, wird § 261 StPO durch die Katalogtat verdrängt. (Bearbeiter)

4. Das Tatbestandsmerkmal des Inverkehrbringens lehnt sich an die § 146 StGB (Geldfälschung) zugrunde liegende Definition an. Erfasst werden sämtliche Handlungen, die dazu führen, dass der Täter den inkriminierten Gegenstand aus seiner tatsächlichen Verfügungsgewalt entlässt und ein Dritter die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand erlangt. Das Einzahlen von illegal erlangtem Bargeld auf ein Bankkonto erfüllt diese Voraussetzungen auch, wenn das Bankkonto ausschließlich für eigene Zwecke des Täters geführt wird. (Bearbeiter)

5. Das Tatbestandsmerkmal „Herrühren“ soll nach dem Willen des Gesetzgebers auch eine Kette von Verwertungshandlungen erfassen, bei denen der ursprüngliche Gegenstand durch einen anderen ersetzt wird, selbst

wenn dessen Wert höher ist (vgl. auch BGH HRRS 2018 Nr. 962). Eine Grenze liegt erst dort, wo aufgrund von Weiterverarbeitung der Wert eines neuen Gegenstandes trotz dessen Teilidentität mit dem Ursprungsgegenstand im Wesentlichen auf eine selbstständige spätere Leistung Dritter zurückzuführen ist. (Bearbeiter)


Entscheidung

192. BGH 4 StR 15/18 – Beschluss vom 21. November 2018 (LG Münster)

Parteiverrat (pflichtwidriges Dienen; Bestimmung der Interessenlage in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten: subjektive Zielsetzung der Partei; Pflichtwidrigkeit des Dienen auch nach Beendigung des Mandats; Voraussetzungen der Qualifikation).

§ 356 Abs. 1 StGB; § 356 Abs. 2 StGB

1. Pflichtwidrig dient ein Anwalt in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand, wenn und soweit zwischen ihnen widerstreitende Interessen bestehen. Unabhängig von im Schrifttum vertretenen unterschiedlichen dogmatischen Ansätzen zur Bestimmung der Interessenlage, die sich insbesondere mit der Frage befassen, ob und unter welchen Umständen ein bei generalisierender Betrachtung gegebener Interessengegensatz durch die subjektiven Anliegen einer Partei aufgehoben werden kann, besteht in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Einigkeit darüber, dass sich die anvertrauten Interessen nach dem Inhalt des dem Anwalt erteilten Auftrags beurteilen, der maßgeblich vom Willen der Partei gestaltet wird.

2. In verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten, bei denen die mit dem begehrten Rechtsschutz verfolgten Anliegen ausschließlich der Dispositionsbefugnis der Beteiligten unterliegen, kommt es für die Interessenbestimmung deshalb entscheidend auf die subjektive Zielsetzung der Partei an. Die Partei allein bestimmt, welche ihrer Belange sie im Verwaltungsprozess verwirklicht sehen will. Ohne Bedeutung ist demgegenüber die Einschätzung des Anwalts darüber, was aus seiner Sicht von den Parteibelangen vernünftigerweise vertretbar oder bestenfalls erreichbar erscheint. Denn anderenfalls dürfte sich der Anwalt, statt Sachverwalter seines Auftraggebers zu sein, zu dessen Richter aufwerfen.

3. Der Pflichtwidrigkeit des Dienens des Angeklagten steht die zuvor ausgesprochene Kündigung bzw. Niederlegung der Mandate nicht entgegen. Denn die rechtliche Gebundenheit des Anwalts an seinen Auftraggeber dauert über die Beendigung des Auftrags hinaus fort.

4. Schon nach dem Wortlaut des § 356 Abs. 2 StGB qualifiziert nicht jedes Handeln des Anwalts zum Nachteil seiner Partei den Verrat zum Verbrechen. Hinzutreten muss vielmehr das Einverständnis der Gegenpartei in sein schädigendes Handeln. Hierfür ist ein gemeinsames Schädigungsbewusstsein von Anwalt und Gegenpartei erforderlich. Als Teilelement des gemeinsamen Bewusstseins um die Schädigung der Partei muss das Einverständnis der Gegenpartei bereits zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Anwalt pflichtwidrig dient. Erforderlich ist, dass die Tathandlung als solche vom Einverständnis der Gegenpartei getragen wird.

5. In Fällen von für die Gegenpartei mit Wirkung nach außen entfalteten anwaltlichen Tätigkeiten hat der Bundesgerichtshof zwar entschieden, dass bei einer widerspruchslosen Annahme der auf Schädigung der anderen Partei gerichteten Beistandsleistung regelmäßig von einem Einverständnis der Gegenpartei auszugehen ist. Diese Auffassung lässt sich jedoch auf die Erteilung eines Rats unter den hier gegebenen Umständen nicht übertragen.


Entscheidung

221. BGH 4 StR 505/18 – Beschluss vom 5. Dezember 2018 (LG Kleve)

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (Vollendung: Erfordernis eines durch eine Tathandlung herbeigeführten „Beinaheunfalls“; Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert; Gefährdungsvorsatz bei Außeneingriff); verminderte Schuldfähigkeit (erhebliche Auswirkung eines medizinisch-psychiatrischen Befundes in der Tatsituation).

§ 21 StGB; § 315b Abs. 1 StGB

1. Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr erfordert, dass durch eine der in den Nummern 1 bis 3 des § 315b Abs. 1 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist, die sich zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder einer fremden Sache von bedeutendem Wert verdichtet hat. Dabei muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Situation geführt haben, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiven nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache im Sinne eines „Beinaheunfalls“ so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht.

2. Die Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert ist dabei nicht schon dann gegeben, wenn eine werthaltige Sache in einer solchen Weise gefährdet worden ist. Vielmehr ist auch erforderlich, dass ein bedeutender Schaden gedroht hat. Dessen Höhe ist nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen.

3. In subjektiver Hinsicht setzt § 315b Abs. 1 StGB bei einem sog. Außeneingriff lediglich voraus, dass die Herbeiführung der konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert vom Vorsatz des Täters umfasst war. Dabei ist ein bedingter Vorsatz ausreichend, sodass bereits vorsätzlich handelt, wer die Umstände kennt, die zu der bestimmten Gefährdung geführt haben und den Eintritt der daraus folgenden (konkreten) Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nimmt.

4. Bei der Frage, ob sich ein medizinisch-psychiatrischer Befund in der Tatsituation „erheblich“ auf das Steuerungsvermögen im Sinne des § 21 StGB ausgewirkt hat, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die das Gericht in eigener Verantwortung und ohne Bindung an die Ausführungen des Sachverständigen zu entscheiden hat. Zu beurteilen ist, ob der Täter defektbedingt motivatori-

schen und situativen Tatanreizen wesentlich weniger Widerstand entgegensetzen konnte als ein Durchschnittsbürger. Hierzu bedarf es einer konkretisierenden und widerspruchsfreien Darlegung, aus der sich ergibt, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat.


Entscheidung

118. BGH 5 StR 379/18 – Urteil vom 28. November 2018 (LG Berlin)

Niedrige Beweggründe (Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland; anderer Kulturkreis; Nichtanerkennung der sittlichen und rechtlichen Werte; Tatbegehung wegen vorausgegangener verbaler Herabsetzung verstorbener Angehöriger; Zugehörigkeit des Opfers zur Familie der mit dem Täter in Streit geratenen Personen; Inkonnexität von Anlass und Tat).

§ 211 StGB

1. Gefühlsregungen wie Wut, Zorn, Ärger, Hass und Rachsucht kommen nur dann als niedrige Beweggründe i.S.d. § 211 StGB in Betracht, wenn sie nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind. Dabei ist der Maßstab für die Bewertung eines Beweggrundes den Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland zu entnehmen und nicht den Anschauungen einer Volksgruppe, die die sittlichen und rechtlichen Werte dieser Rechtsgemeinschaft nicht anerkennt (vgl. zuletzt bereits BGH HRRS 2018 Nr. 161).

2. Bei diesem Maßstab erscheint die Auslöschung von Menschenleben und die Zufügung schwerster Verletzungen wegen einer vorausgegangenen verbalen Herabsetzung verstorbener Angehöriger des Täters eher nicht mehr als noch verständliche Reaktion auf erlittene Schmach, sondern als eine besonders verachtenswerte Form der Selbstjustiz. Ebenso kann die Tötung von Personen lediglich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Familie der im Vorfeld mit den Täter in Streit geratenen Personen und aufgrund ihres gemeinsamen Auftretens mit diesen wegen der Inkonnexität von Anlass und Tat nach den Maßstäben der hiesigen Rechtsordnung besonders verwerflich sein.


Entscheidung

119. BGH 5 StR 385/18 – Urteil vom 12. Dezember 2018 (LG Lübeck)

Voraussetzungen einer ausgeschlossenen oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit bei sog. Mischintoxikation (psychische Störung; Auswirkung auf Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit; Rechtsfrage; Hinzuziehung von Sachverständigen; eigene Sachkunde des Gerichts; toxikologisches Gutachten; Psychiater; Abweichung vom Inhalt des Gutachtens; keine Bindung; Einholung eines weiteren Gutachtens); Strafbarkeit wegen Vollrausch grundsätzlich unabhängig von der Vorhersehbarkeit der Rauschtat.

§ 20 StGB; § 21 StGB; § 323a StGB

1. Einer konkreten Vorhersehbarkeit der Rauschtat bedarf es im Rahmen des § 323a StGB grundsätzlich nicht, da der Gesetzgeber das Sich in einen Rausch-Versetzen in § 323a StGB im Hinblick auf die allgemeine Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit des schwer Berauschten als ein selbständiges, rechtlich fassbares sanktionswürdiges Unrecht bewertet und allein die Strafbarkeit von der Begehung einer konkreten rechtswidrigen Tat abhängig gemacht hat (näher BGH [Großer Senat] HRRS 2018 Nr. 313). Soweit in der älteren Judikatur verlangt wird, dass der Täter weiß oder wissen muss, er könne im Rausch irgendwelche strafrechtlich relevanten Handlungen begehen, versteht sich eine solche Voraussicht in aller Regel ohnehin von selbst.

2. Die Feststellung einer ausgeschlossenen oder zumindest erheblich verminderten Schuldfähigkeit i.S.d. §§ 20, 21 StGB erfordert die Feststellung, dass sich eine psychische Störung – die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist – bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat.

3. Ob bei der Begehung der Tat Schuldunfähigkeit vorlag, ist eine Rechtsfrage, die das Gericht zu beantworten hat. Reicht bei Auftreten von Besonderheiten die richterliche Sachkunde für die Beurteilung der Schuldfähigkeit nicht aus, muss es hierfür einen Sachverständigen hinzuziehen. Auch dann ist die Frage, ob die Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Tatbegehung aufgrund einer festgestellten Störung im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert oder im Sinne des § 20 StGB aufgehoben war, eine Rechtsfrage, die das Tatgericht unter Darlegung der fachwissenschaftlichen Beurteilung durch den Sachverständigen, letztlich aber ohne Bindung an dessen Ausführungen, in eigener Verantwortung zu entscheiden hat.

4. Die Beurteilung, ob und inwiefern die Auswirkungen einer sog. Mischintoxikation verschiedener Rauschmittel im konkreten Fall zu einer relevanten psychischen Störung geführt und die psychische Funktionsfähigkeit beeinträchtigt haben, unterfällt nicht dem Fachgebiet eines Toxikologen. Zur Vermittlung der medizinisch-psychiatrischen Anknüpfungstatsachen im Hinblick auf die Diagnose einer psychischen Störung, deren Schweregrad und deren innerer Beziehung zur Tat wird das Gericht grundsätzlich vielmehr auf die sachverständige Hilfe eines Psychiaters angewiesen sein, für dessen Beurteilung Befunde eines Toxikologen eine – wichtige oder gar unentbehrliche – Grundlage bilden können; sie vermögen diese aber nicht zu ersetzen.

5. Die Auswirkungen von Cannabis in Wechselwirkung mit weiteren chemischen Substanzen stellen regelmäßig spezifisches Fachwissen dar, das nicht typischerweise Allgemeingut von Richtern ist.


Entscheidung

126. BGH 5 StR 451/18 – Beschluss vom 12. Dezember 2018 (LG Bremen)

Gewaltbegriff beim Tatbestand der Vergewaltigung (mit nicht ganz unerheblicher Krafteinwirkung verbundenes Festhalten; Verhältnis zur qualifizierten Drohung).

§ 177 Abs. 5 StGB

Bereits das mit nicht ganz unerheblicher Krafteinwirkung verbundene Festhalten des Opfers ist regelmäßig als

Gewalt im Sinne des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB zu qualifizieren. Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass § 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB eine qualifizierte Drohung, nämlich eine mit Gefahr für Leib oder Leben, voraussetzt. Denn das Erfordernis einer qualifizierten Drohung ist der Ausgleich dafür, dass tatsächliche Gewalt regelmäßig eingriffsintensiver ist als das bloße Inaussichtstellen eines Übels.


Entscheidung

215. BGH 4 StR 418/18 – Beschluss vom 4. Dezember 2018 (LG Dortmund)

Bedrohung (keine Inaussichtstellung eines zukünftigen Übels durch seine aktuelle Verwirklichung).

§ 241 Abs. 1 StGB

Der Tatbestand der Bedrohung in § 241 Abs. 1 StGB setzt das ausdrücklich erklärte oder konkludent zum Ausdruck gebrachte Inaussichtstellen der Begehung eines Verbrechens gegen den Drohungsadressaten oder eine ihm nahestehende Person voraus. Ein Drohen kann daher nur als ein Hinweis auf etwas noch Zukünftiges begriffen werden. In der Verwirklichung eines Geschehens kann aber nicht zugleich seine Ankündigung liegen.


Entscheidung

110. BGH 5 StR 230/18 – Beschluss vom 12. Dezember 2018 (Schleswig-Holsteinisches OLG)

Falschbeurkundung im Amt (HU-Prüfplakette und amtlich zugelassenes Kennzeichen als zusammengesetzte öffentliche Urkunde); Wegfall der Vorlagevoraussetzungen durch Entscheidung des BGH.

§ 348 Abs. 1 StGB; § 29 Abs. 3 StVZO; § 121 Abs. 2 GVG

Die HU-Prüfplakette in Verbindung mit dem amtlich zugelassenen Kennzeichen und der entsprechenden Eintragung in der Zulassungsbescheinigung Teil I stellen eine (zusammengesetzte) öffentliche Urkunde dar, die u.a. den für und gegen jedermann geltenden Nachweis beinhaltet, dass die geprüften Fahrzeuge zum Zeitpunkt der letzten Hauptuntersuchung als vorschriftsmäßig befunden worden sind (vgl. bereits BGH HRRS 2018 Nr. 1097).


Entscheidung

99. BGH 3 StR 409/18 – Beschluss vom 27. November 2018 (LG Osnabrück)

Verjährung (Wiederaufleben der subsidiären Tat; Verschaffung und Besitz kinderpornographischer Schriften);

§ 78 StGB; § 78c StGB; § 184b StGB

Die Strafbarkeit wegen Besitzes an kinder- und jugendpornografischen Schriften tritt grundsätzlich als subsidiär hinter das Delikt der Besitzverschaffung zurück, lebt aber im Falle der Verjährung des vorrangigen Delikts wieder auf. Denn der Täter soll durch die Begehung des vorrangigen Delikts gegenüber der bloßen Erfüllung des Auffangtatbestandes nicht privilegiert werden. Kann eine Bestrafung wegen des vorrangigen Delikts nicht erfolgen, entfällt der Grund für die Straflosigkeit des nachrangigen Delikts.