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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2019
20. Jahrgang
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1. Zu den Voraussetzungen und Folgen eines wirksamen Verzichts im Zusammenhang mit der Einziehung des Wertes von Taterträgen. (BGHSt)
2. Bei einem vom Angeklagten in der Hauptverhandlung erklärten Verzicht auf Rückgabe bestimmter Gegenstände handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Angeklagten an den Justizfiskus, die auf Übertragung des Eigentums an einem sichergestellten Gegenstand gerichtet ist. Mit der Annahme des Angebots durch den Staat wird regelmäßig das Eigentum gemäß § 929 S. 2 BGB auf diesen übertragen (sog. „außergerichtliche Einziehung“). (Bearbeiter)
3. Das in der Verzichtserklärung liegende Angebot wird vom Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Regel auch dann angenommen, wenn er – wie in der Praxis häufig – keine dahingehende ausdrückliche Erklärung abgibt. Das nicht nur in Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft selbst den Verzicht des Angeklagten angeregt hat und in denen folglich von einer stillschweigend erklärten Annahme des Angebots auszugehen ist. Eine solche ist in der Regel vielmehr – entsprechend § 516 Abs. 2 BGB – selbst dann anzunehmen, wenn kein Vorgespräch stattgefunden hat. (Bearbeiter)
4. Die Staatsanwaltschaft ist als Vollstreckungsbehörde (§ 451 Abs. 1 StPO) ausdrücklich zur Annahme von Leistungen und Erstellung von entsprechenden Empfangsbekenntnissen befugt. Davon umfasst ist auch die Befugnis zur Quittierung der Annahme von Einziehungsgegenständen sowie die generelle Vertretungsmacht für die Übereignung von Sachen auf den Justizfiskus. Diese besteht nicht erst im Stadium der Strafvollstreckung, sondern bereits ab dem Zeitpunkt der Tat, da bereits mit dem Erlangen eines wirtschaftlichen Vorteils aus der Tat ein fälliger und sofort erfüllbarer quasibereicherungsrechtlicher Anspruch des Staates gegen den Betroffenen entsteht. (Bearbeiter)
5. Das Vorgehen im Wege der formlosen außergerichtlichen Einziehung ist auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 weiterhin möglich. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die formlose Einziehung auf einfachere, eindeutige Fälle beschränkt sein sollte. Bei möglicher Geschäftsunfähigkeit des Einziehungsbetroffenen, drohender Insolvenz oder fehlender Verfügungsbefugnis über den Einziehungsgegenstand vermag die formlose Einziehung die Rechtsfolgen einer gerichtlichen Anordnung unter Umständen nicht zu erreichen. (Bearbeiter)
1. Der Angeklagte hat Anspruch auf Prozesszinsen aus dem von ihm anerkannten Schmerzensgeldbetrag gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 1 BGB, § 187 Abs. 1 BGB analog erst ab dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag.
2. Soweit der Senat im Hinblick auf anders lautende Entscheidungen des 1. und des 3. Strafsenats erwogen hat, seine Rechtsauffassung zu überdenken, hält er hieran nicht fest, zumal der 1. und der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mitgeteilt haben, an ihrer entgegenstehenden Rechtsprechung nicht festhalten zu wollen.
Dem Adhäsionskläger stehen in entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB Prozesszinsen erst ab dem auf die Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag zu.
1. Art. 316h S. 2 EGStGB ist auf eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 S. 1 StPO a.F. nicht anwendbar. Im Einzelnen:
a) § 111i Abs. 2 S. 1 StPO a.F. war trotz seines materiellrechtlichen Gehalts Teil des Strafprozessrechts und unterfällt daher schon systematisch nicht dem EGStGB. Dieser Zuordnung zum Strafverfahrensrecht folgend hat der Reformgesetzgeber mit § 14 EGStPO eine gesonderte Übergangsregelung für Feststellungen nach § 111i Abs. 2 S. 1 StPO a.F. getroffen.
b) Die gemäß § 111i Abs. 2 S. 1 StPO a.F. zu treffende Entscheidung ist keine „Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz“ im Sinne des Art. 316h Satz 2 EGStGB. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut sowie – im Falle der ausdrücklichen Entscheidung – aus der Entscheidungsformel, in der die Feststellung des Ausschlusses des Verfalls tenoriert ist. Hat das Gericht keine Feststellung im Sinne des § 111i Abs. 2 S. 1 StPO a.F. getroffen, beruht die Nichtanordnung in den Fällen des § 111i Abs. 2 S. 1 StPO a.F. nicht auf einer „Entscheidung“ des Gerichts, sondern auf dem von § 73 Abs. 1 S. 2 StPO a.F. gesetzlich angeordneten Ausschluss des Verfalls.
2. Als Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz des Strafverfahrensrechts, wonach neue strafprozessuale Regelungen auch für bereits anhängige Verfahren, ordnet § 14 EGStPO die Fortgeltung des früheren Rechts an, um die rechtlichen Grundlagen für die in § 111i Abs. 2 bis 5 StPO a.F. geregelten Konzepte zu erhalten und damit Regelungslücken zu vermeiden. § 14 EGStPO knüpft deshalb an die Feststellung des gesetzlichen Ausschlusses der Verfallsanordnung an und nicht – insofern anders als Art. 316h S. 2 StGB – an die Entscheidung über die Feststellung nach § 111i Abs. 2 S. 1 StPO a.F.
3. Es kann dahinstehen, ob angesichts der Ersetzung des Tatbestandsmerkmals „aus“ und der damit einhergehenden Ablehnung des von der Rechtsprechung zu § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. entwickelten Unmittelbarkeitskriteriums der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Vermögenszufluss bei einer juristischen Person und der Weiterleitung des Vermögenswertes an den oder die für diese handelnden Tatbeteiligten im neuen Recht weiter zu fassen ist als bisher. Jedenfalls erlangt ein Tatbeteiligter weiterhin die der juristischen Person durch die rechtswidrige Tat zugeflossenen Vermögenswerte, wenn der Täter die juristische Person nur als formalen Mantel nutzt, so dass er zwischen seiner eigenen Vermögenssphäre und derjenigen der Gesellschaft nicht trennt, oder jeder durch die rechtswidrige Tat begründete Vermögenszufluss bei der juristischen Person sogleich an den oder die Tatbeteiligten weitergeleitet wird.
Maßgebendes Strafzumessungskriterium beim Diebstahl ist der objektive Verkehrswert der gestohlenen Sache zum Zeitpunkt der Tat. Bestandteil dieses Verkehrswertes ist auch die Umsatzsteuer, soweit die Geschädigten diese im Falle der Veräußerung von einem Käufer vereinnahmen würden.
Ist ein Täter geständig, kann ihm zwar grundsätzlich der Vorwurf mangelnder Unrechtseinsicht und Reue gemacht werden. Uneinsichtigkeit des Täters darf allerdings nur dann straferhöhend wirken, wenn sein Verhalten auf Rechtsfeindschaft, seine Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche schließen lässt (vgl. BGHSt 32, 165, 182 f.).
Eine wegen Fehlens eines rechtzeitig gestellten Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung kann, wenn auch mit geringerem Gewicht, im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die wegen Fehlens eines wirksamen Strafantrags nicht verfolgbare Tatbestandserfüllung als straferschwerende Modalität des zu ahndenden Delikts darstellt (hier: Beleidigung als straferschwerende Modalität einer Körperverletzung).