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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2018
19. Jahrgang
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Von Richter am Landgericht Jan Dehne-Niemann, Mannheim
Auch wegen ihrer vergleichsweise geringen praktischen Bedeutung[1] stellt die Erregung öffentlichen Ärgernisses (§ 183a StGB) nur einen kleinen Zweig am Baum der Sexualstrafrechtsdogmatik dar. Allgemein wird § 183a StGB eher unter dem Gesichtspunkt verfassungsrechtlicher Legitimität thematisiert als dass man sich um eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit seinen Anwendungsvoraussetzungen bemühen würde. Dabei zählt die Vorschrift zu den in puncto Geltungsgrund, Rechtsgutsbezug und Regelungsgehalt am wenigsten geklärten Normen des Sexualstrafrechts. Die nachfolgenden Zeilen beleuchten das Verhältnis der Subsidiaritätsklausel (§ 183a a.E. StGB) zum Strafantragsvorbehalt (§ 183 Abs. 2 StGB), unter dem die Schwestervorschrift § 183 Abs. 1 StGB steht, und versucht damit, der defizitären Durchdringung des § 183a StGB für einen der Hauptstreitpunkte abzuhelfen.
a) Die in der staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Praxis verhältnismäßig geringe Bedeutung des § 183a StGB mag zumindest auch auf seine Subsidiarität gegenüber der "Schwestervorschrift" § 183 StGB zurückzuführen sein: Eine Bestrafung des Ärgerniserregenden nach § 183a StGB erfolgt nur, "wenn die Tat nicht in § 183 mit Strafe bedroht ist" (§ 183a StGB a.E.). Stellt die ärgerniserregende öffentliche sexuelle Handlung also zugleich eine exhibitionistische Handlung i.S. des § 183 Abs. 1 StGB dar, so tritt § 183a StGB gegenüber § 183 StGB – nach h.M. als formell subsidiär[2] – zurück. Folglich ist § 183a StGB nur dort von eigenständiger Bedeutung, wo eine ärgerniserregende sexuelle Handlung nicht auch die Voraussetzungen einer exhibitionistischen Handlung nach § 183 Abs. 1 StGB erfüllt.
Soweit zum Teil angenommen wird, § 183 Abs. 1 StGB stelle gegenüber § 183a StGB die speziellere Vorschrift dar,[3] kann dem nicht gefolgt werden: Gegen Spezialität im herkömmlichen Sinne eines Subordinationsverhältnisses spricht, dass (insb. wegen des Öffentlichkeitserfordernisses des § 183a[4]) Handlungen denkbar sind, die exhibitionistisch, nicht aber zugleich ärgerniserregend sexuell sind und damit nur unter § 183 Abs. 1 StGB, nicht aber zugleich unter § 183a StGB fallen. § 183a StGB ist somit nur rechtstatsächlich regelmäßig, nicht aber denknotwendig tatbestandlich miterfüllt. Davon, dass "in § 183 eine Sonderregelung (scil. des § 183a StGB, J.D.-N.) für Exhibitionisten" getroffen worden wäre[5], kann also nicht die Rede sein.
b) In puncto taugliche Tatsubjekte unterscheidet sich § 183a von § 183 Abs. 1 StGB: Während § 183a StGB von Männern wie von Frauen begangen werden kann, ist der Täterkreis des § 183 Abs. 1 StGB – trotz verschiedentlich erhobener Forderungen nach geschlechtsneutraler Formulierung[6] und trotz der in § 183 Abs. 4 StGB zum Aus-
druck kommenden gesetzgeberischen Vorstellung, dass auch Frauen eine exhibitionistische Handlung vornehmen können – nach wie auf Männer beschränkt. Damit findet § 183a StGB auch auf solche ärgerniserregende sexuelle Handlungen von Frauen Anwendung, die zugleich exhibitionistische Handlungen darstellen; einen Vorrang des § 183 Abs. 1 StGB kann es insofern nicht geben. Denn da exhibitionistische Handlungen von Frauen nicht den Tatbestand des § 183 Abs. 1 StGB erfüllen, fehlt der Anknüpfungspunkt für die Subsidiaritätsklausel des § 183a a.E. StGB; es ist dann gerade nicht der Fall, dass die Tat in § 183 StGB mit Strafe bedroht ist. Somit kann jede nach § 183a StGB tatbestandsmäßige ärgerniserregende sexuelle Handlung von Frauen, mag sie auch zugleich eine exhibitionistische sein, mangels Eingreifens der Subsidiaritätsklausel aus § 183a StGB bestraft werden. Dies führt zu der eigenartigen, aber de lege lata zwingenden und hinzunehmenden Konsequenz, dass männliche exhibitionistischärgerniserregende Handlungen nach § 183 Abs. 1 StGB, ebensolche von Frauen hingegen nach § 183a StGB bestraft werden.
Der naheliegenden radikalen Idee, zur Vermeidung dieses Ergebnisses jegliche exhibitionistische Handlungen – also insbesondere auch solche von Frauen – aus dem Anwendungsbereich des § 183a StGB herauszunehmen – etwa mit der Begründung, § 183a a.E. StGB enthalte eine grundsätzliche und nicht auf das Handeln von Männer beschränkte Privilegierung exhibitionistischer Handlungen –, steht de lege lata § 183 Abs. 4 Nr. 1 StGB entgegen, wo die Strafbarkeit auch von Frauen wegen exhibitionistischer Handlungen nach einem anderen als § 183 StGB, im Höchstmaß mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohten Straftatbestand – worunter § 183a StGB fällt – explizit vorausgesetzt wird. Die dort geregelte Erstreckung der Möglichkeit erweiterter Strafaussetzung zur Bewährung aus § 183 Abs. 3 StGB auch auf exhibitionistisches Handeln von Frauen wäre weitgehend ohne Anwendungsbereich, wollte man solches Handeln von vornherein dem Anwendungsbereich des § 183a StGB entziehen. Zudem müsste eine Herausnahme exhibitionistischer Handlungen von Frauen aus dem Anwendungsbereich des § 183a StGB auf eine andersgeartete dogmatische Grundlage gestellt werden: Während es sich bei der für Männer geltenden Wendung "wenn die Tat nicht in § 183 mit Strafe bedroht ist" unstreitig um eine Konkurrenzenregelung handelt, die ein tatbestandsmäßig-normwidriges Handeln nach § 183a StGB voraussetzt, müsste, um exhibitionistische Handlungen von Frauen dem Anwendungsbereich (auch) des § 183a StGB zu entziehen, eine ungeschriebene tatbestandliche Bereichsausnahme geschaffen werden, deren Etablierung – schon mit Blick auf die grundsätzliche Bedeutung der sich ergebenden Straflosigkeit weiblichen exhibitionistisch-ärgerniserregenden Verhaltens – dem Gesetzgeber zu überlassen wäre.
Die Bemühungen um die Konturierung eines gegenüber § 183 Abs. 1 StGB eigenständigen Anwendungsbereichs des § 183a StGB werden dadurch erschwert, dass gemäß § 183 Abs. 2 StGB die Verfolgung einer exhibitionistischen Handlung unter einen bedingten Strafantragsvorbehalt steht, also von der (fristgemäßen) Stellung eines Strafantrages oder alternativ von der staatsanwaltschaftlichen Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung abhängt, wohingegen die Erregung öffentlichen Ärgernisses ein solches bedingtes Antragserfordernis nicht vorsieht und somit als Offizialdelikt ausgestaltet ist. Beim Zusammentreffen beider Tatbestände können sich aus dem Zusammenspiel des bedingten Antragserfordernisses und der Subsidiaritätsklausel komplizierte Anwendungsprobleme ergeben, wenn eine Handlung als exhibitionistische sowohl unter § 183 Abs. 1 StGB als auch als sexuell-ärgerniserregende unter § 183a StGB zu subsumieren ist, aber der für eine Verfolgung der Straftat nach § 183 Abs. 1 erforderliche Strafantrag (§ 183 Abs. 2 StGB) nicht gestellt ist und die Staatsanwaltschaft – was angesichts der im Vergleich zum Fallaufkommen geringen Verurteilungszahlen[7] und der örtlichen Unterschiede bei der Handhabung des besonderen öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung einer exhibitionistischen Handlung durchaus kein realitätsfernes Szenario ist – das Fehlen des Strafantrags nicht durch Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung substituiert hat.[8] Eindeutig ist
noch, dass in einem solchen Fall die exhibitionistische und öffentlich-ärgerniserregende Tat nicht aus § 183 Abs. 1 StGB strafbar ist, weil die Verfolgungsvoraussetzungen des § 183 Abs. 2 StGB nicht gegeben sind.
noch, dass in einem solchen Fall die exhibitionistische und öffentlich-ärgerniserregende Tat nicht aus § 183 Abs. 1 StGB strafbar ist, weil die Verfolgungsvoraussetzungen des § 183 Abs. 2 StGB nicht gegeben sind.
Unklar ist aber, ob aus § 183a StGB bestraft werden kann. Dafür kommt es auf das Eingreifen und die Reichweite der Subsidiaritätsklausel an. Ob, wie § 183a a.E. StGB verlangt, "die Tat nicht in § 183 mit Strafe bedroht ist", hängt davon ab, ob man verlangt, dass der Täter im konkreten Fall aus § 183 Abs. 1 StGB bestraft wird oder ob man die grundsätzliche – d.h. von der konkreten Verfolgbarkeit unabhängige – Erfüllung des § 183 Abs. 1 StGB ausreichen lässt.
a) Ganz überwiegend versteht man die Subsidiaritätsklausel in letzterem Sinne und erteilt damit einem Rückgriff auf § 183a StGB für den Fall der Nichtverfolgbarkeit des § 183 Abs. 1 StGB eine Absage.[9] Begründet wird dies damit, dass ein Rückgriff auf den identischen Strafrahmen des § 183a StGB bei Fehlen der Verfolgungsvoraussetzungen die Privilegierungsfunktion des § 183 Abs. 2 StGB unterlaufe; als Auffangtatbestand sei § 183a StGB nicht gedacht.[10] Damit ist ein Täter einer exhibitionistischen Handlung, die zugleich als sexuelle Handlung ein öffentliches Ärgernis erregt, nicht einmal dann gemäß § 183a StGB strafbar, wenn die Tat nicht als exhibitionistische Handlung verfolgt werden kann. Sachlich wirkt sich dieser Rechtsstandpunkt in einer Erstreckung oder Ausdehnung des Verfolgungshindernisses aus § 183 Abs. 2 StGB auf § 183a StGB aus.
b) Diese Ausdehnung des § 183 Abs. 2 StGB, die zu einer extensiven Handhabung der Subsidiaritätsklausel führt, zieht aber die eigenartige Konsequenz nach sich, dass ein Täter, der rechtswidrig und schuldhaft sowohl den Tatbestand des § 183 Abs. 1 StGB als auch den des § 183a StGB verwirklicht, bei Fehlen des Strafantrags besser – nämlich straflos – davonkommt als ein Täter, dessen Handeln allein nach § 183a StGB tatbestandsmäßig ist (und für den das Vorliegen des Verfolgungsvoraussetzungen des § 183 Abs. 2 StGB voraussetzungsgemäß keine Rolle spielt). Umgekehrt ginge damit eine Schlechterbehandlung eines nur ärgerniserregenden gegenüber einem zusätzlich auch exhibitionistisch handelnden Täter einher. Diesen doppelten Wertungswiderspruch vermeidet die minderheitlich vertretene Gegenauffassung, die eine Ausdehnung des § 183 Abs. 2 StGB ablehnt und den Rückgriff auf § 183a StGB zulassen möchte, wenn bei tatbestandsmäßiger, rechtswidriger und schuldhafter Erfüllung des § 183 Abs. 1 StGB die Bestrafung aus dieser Vorschrift nur am Fehlen der Verfolgungsvoraussetzungen nach § 183 Abs. 2 StGB scheitert. Hiernach erfährt der Täter einer nicht verfolgbaren exhibitionistischen Handlung, der wegen einer – mangels Vorliegens der Verfolgungsvoraussetzungen des § 183 Abs. 2 StGB nicht verdrängten – Erregung öffentlichen Ärgernisses zu bestrafen sei, durch § 183 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 StGB ausreichenden Schutz.[11] Auf diese Weise lässt sich das als "kriminalpolitisch … untragbar(…)"[12] empfundene Ergebnis verhindern, dass der Täter einer öffentlichen Ärgerniserregung nach Ablauf der Strafantragsfrist mit der Schutzbehauptung Gehör finden kann, er habe sich zugleich i.S. des § 183 Abs. 1 StGB exhibiert, um in den Genuss der sich nach der herrschenden Gegenauffassung auf § 183a StGB zu erstreckenden Wirkung des Verfolgungshindernis aus § 183 Abs. 2 StGB zu gelangen.
Für eine Stellungnahme ist zunächst zu konstatieren, dass der Wortlaut des § 183a StGB – der, weil das Gesetzlichkeitsprinzip (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) auch für die Subsidiaritätsklausel gilt, Ausgangspunkt der Auslegung sein muss – unergiebig ist. Der Kern des Problems besteht darin, dass § 183a a.E. StGB die Strafbarkeits- und Schuldspruchrelevanz der Erregung öffentlichen Ärgernisses gleichsam ex negativo nach der Strafbarkeit des sich zugleich Exhibierenden aus § 183 Abs. 1 StGB bestimmt, hierbei aber allzu vage bleibt. Dass die Subsidiaritätsklausel des § 183a StGB zu lesen wäre als "wenn
der Täter nicht Strafe nach § 183 verwirkt hat"[13] und damit auf die – bei Fehlen der Verfolgungsvoraussetzungen im konkreten Fall gerade nicht gegebene – Strafbarkeit aus § 183 Abs. 1 StGB verweist, lässt sich nicht hinreichend klar und eindeutig sagen. Wortlautmäßig offen ist deshalb, ob mit der die Wendung "wenn die Tat nicht in § 183 mit Strafe bedroht ist" die Strafbarkeit inklusive des Fehlens der nach h.M. dem Verfahrensrecht zuzuordnenden Verfolgungsvoraussetzung des Strafantrags bzw. des besonderen öffentlichen Interesses (§ 183 Abs. 2 StGB) gemeint ist (und damit die konkrete Verfolgbarkeit und Ahndbarkeit im jeweiligen Einzelfall bezeichnet sein soll) oder ob es allein darauf ankommt, dass sich das Verhalten als tatbestandsmäßig-normwidrige und damit lediglich grundsätzlich ahndbare Tat darstellt. Unter grammatischen Aspekten ist der bloße Verweis auf die angeordnete Subsidiarität zu wenig[14]; die Beantwortung der Frage, ob aus dem subsidiären Delikt des § 183a StGB auch dann nicht bestraft werden kann, wenn eine Bestrafung aus dem vorrangigen Straftatbestand des § 193 Abs. 1 StGB nur aus dem prozessualen Grund des Fehlens der Verfolgungsvoraussetzungen nach § 183 Abs. 2 StGB scheitert, setzt grundsätzlichere dogmatische Erwägungen voraus.
In systematischer Hinsicht bezeichnet die hier im Kontext der §§ 183, 183a StGB aufgeworfene Frage des Rückgriffs auf den subsidiären Straftatbestand des § 183a StGB zwei miteinander korrespondierende und in einander verschränkte grundsätzliche Reichweiteproblematiken, nämlich zum einen die der Reichweite von Subsidiaritätsklauseln und zum anderen die der Reichweite von Verfolgungsvoraussetzungen. Ganz allgemein und unabhängig von der hier thematischen Spezialfrage steht im Streit, ob, wenn für das verwirklichte und im Sinne der Regeln über die Gesetzeseinheit vorrangige Delikt der erforderliche Strafantrag (oder eine sonstige Verfolgungsvoraussetzung) fehlt, dieses Verfahrenshindernis durch Rückgriff auf die verdrängte Vorschrift "umgangen" werden darf. Keineswegs versteht sich das von der herrschendem Meinung zu §§ 183, 183a StGB vertretene "Umgehungsverbot" von selbst, lässt sich doch systematisch schon die Existenz eines Konkurrenzverhältnisses, dass ggf. nach den Grundsätzen der Gesetzeseinheit aufzulösen wäre, bestreiten: Stricto sensu liegt für das hier interessierende Verhältnis der §§ 183, 183a StGB ja schon kein Konkurrieren der Tatbestände um die Anwendung auf an sich nachrangige exhibitionistisch-ärgerniserregende sexuelle Handlungen vor, wenn die an sich vorrangige Vorschrift des § 183 Abs. 1 StGB von vornherein nicht zur Anwendung gelangt.[15] Da sich somit kein Grundsatz des Inhalts aufstellen lässt, dass eine grundsätzlich verdrängte Vorschrift auch dann nicht zur Anwendung gelangen kann, wenn aus der verdrängenden Bestimmung ausschließlich aus prozessualen Hinderungsgründen nicht bestraft werden kann,[16] wird man der zum hier interessierenden Verhältnis der §§ 183, 183a StGB herrschenden Auffassung die Begründungslast für ein "Rückgriffsverbot" auferlegen müssen.
Im Allgemeinen – d.h. unabhängig von der hier im Raum stehenden Spezialproblematik zu den §§ 183, 183a StGB – wird die Möglichkeit eines Rückgriffs auf den verdrängten Tatbestand teilweise grundsätzlich verneint,[17] wohingegen es nach dem Gegenstandpunkt auf den privilegierenden Zweck des Antragserfordernisses ankommen[18] und ein Rückgriff möglich sein soll, wenn das Antragserfordernis nur aus Gründen des fehlenden Interesses der Allgemeinheit geschaffen wurde[19] und bei bedingten Antragsdelikten auch durch Bejahung eines besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ersetzt werden kann.[20] Wollte man nach letzteren Grundsätzen
die hier zu §§ 183, 183a StGB im Raum stehende Frage entscheiden, so käme es darauf an, ob das Antragserfordernis des § 183 Abs. 2 StGB einen täterprivilegierenden Zweck verfolgt oder lediglich das fehlende Interesse der Allgemeinheit zum Ausdruck bringen soll.
Freilich bedarf die unpräzise Rede vom Zweck des Antragserfordernisses zunächst einer inhaltlichen Präzisierung. Die hier thematische Frage nach der Rückgriffsfähigkeit und dem "Wiederaufleben" des an sich formell subsidiären § 183a StGB kann nicht isoliert aus dem Zweck des Verfolgungshindernisses beantwortet werden. Denn ein solcher Zweck lässt sich nicht ermitteln, ohne dass schon von vornherein die Auswirkungen eines etwaigen Wiederauflebens des an sich subsidiären Delikts mit in den Blick genommen werden. Genau besehen kommt es bei der Frage nach dem Zweck des Antragserfordernisses auf zwei ineinander verschränkte Gesichtspunkte an, "nämlich ob von dem betreffenden Verfahrenshindernis und seinem Zweck her gesehen der Anwendung des zurücktretenden Gesetzes Bedenken entgegenstehen, und ferner, ob der Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Bestimmungen etwa die Heranziehung der verdrängten Vorschrift ausschließt."[21]
Dafür, dass es bei fehlendem Strafantrag und fehlender Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses die Strafverfolgung insgesamt – also auch sub specie § 183a StGB – gehindert und ein Rückgriff auf § 183a StGB ausscheiden soll, streiten auf den ersten Blick zwar die identischen Strafrahmen der §§ 183, 183a StGB und die in § 183 Abs. 3, Abs. 4 StGB angeordneten tätergünstigen Rechtsfolgenregelungen[22], die in § 183a StGB keine Entsprechung gefunden haben und unterlaufen würden, hielte man § 183a StGB trotz fehlender Verfolgungsvoraussetzungen nach § 183 Abs. 2 StGB für anwendbar. Doch spricht bei näherem Zusehen die Ersetzbarkeit des Strafantragserfordernisses dafür, dass von den in § 183 Abs. 2 StGB statuierten Verfolgungserfordernissen jedenfalls nicht zuvörderst der Täter profitieren soll. Denn das Gesetz bringt durch die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft, das Fehlen des Strafantrages zu substituieren, zum Ausdruck, dass ein etwaiges Interesse des Täters an der Nichtverfolgung kein oder jedenfalls kein allein ausschlaggebender Gesichtspunkt ist, sondern im Konfliktfall hinter besonderen öffentlichen Belangen ohne Weiteres zurückstehen muss. Mit einer von § 183 Abs. 2 StGB etwa bezweckten Privilegierung des Täters lässt sich das von der herrschenden Meinung propagierte Verbot eines Rückgriffs auf § 183a StGB folglich nicht begründen.
Richtigerweise dient der Zweck des bedingten Strafantragserfordernisses aus § 183 Abs. 2 StGB dem Schutz des Geschädigten als des von der exhibitionistischen Handlung Betroffenen. Das Gesetz geht dabei davon aus, dass dem Geschädigten eine Involvierung in das Strafverfahren und damit eine erneute Konfrontation mit dem Täter und der Tatsituation erspart bleiben soll, wenn und solange der Geschädigte nicht durch Stellung eines Strafantrages zum Ausdruck bringt, an der Verfolgung des Täters mitwirken zu wollen. Solche Erwägungen des Geschädigtenschutzes spielen nach der Ausgestaltung des § 183 StGB als bedingtem Antragsdelikt erst dann – aber auch immer dann – keine Rolle mehr, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und die Staatsanwaltschaft dieses bejaht. Erst in einem solchen gravierenden, ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung auf den Plan rufenden Fall ist es unerheblich, wie der Geschädigte zu der Verfolgung der Tat steht. Beruht danach das bedingte Antragserfordernis des § 183 Abs. 2 StGB auf typisierten Erwägungen des Geschädigtenschutzes, so ist das Kriterium, nach dem über die Möglichkeit eines Rückgriffs auf § 183a StGB entscheiden werden soll, mit der intendierten Täterprivilegierung falsch gewählt. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Zweck des Geschädigtenschutzes und der Zusammenhang der miteinander konkurrierenden Vorschriften (§§ 183 Abs. 1, § 183a StGB) die Heranziehung des § 183a StGB zulässt.
Das bedingte Antragserfordernis des § 183 Abs. 2 StGB trägt sozusagen der Dispositionshoheit des von der exhibitionistischen ärgerniserregenden sexuellen Handlung betroffenen Rechtsgutsträgers Rechnung, indem es ihm nachträglich ermöglicht – von den eklatanten Fällen eines besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung abgesehen – über die Verfolgbarkeit der zu seinem Nachteil vorgenommenen Tat zu entscheiden. Da der Gesetzgeber – ausweislich der Materialien ohne jedes Bewusstsein für die durch das Zusammenspiel der Straftatbestände entstehenden Probleme – § 183a StGB als Offizialdelikt ausgestaltet hat, kommt es zwar nach dem Wortlaut des § 183a StGB für diesen Straftatbestand nicht auf die Stellung eines eigenständigen, d.h. auf die Verfolgung aus diesem Delikt bezogenen Strafantrags an. Doch weisen – unabhängig von Detailfragen – §§ 183, 183a StGB hinsichtlich der jeweils geschützten Rechtsgüter[23] eine
solche Ähnlichkeit auf[24], dass ein sachlicher Grund nicht zu erkennen ist, der eine differenzierende gesetzgeberische Ausgestaltung der verwandten Delikte als bedingtes Antragsdelikt (§ 183 StGB) einerseits und als Offizialdelikt (§ 183a StGB) andererseits tragen würde. Da mit einem unter den Tatbestand des § 183 Abs. 1 StGB fallenden exhibitionistischen Verhalten regelmäßig – wenn auch nicht denknotwendig – eine öffentlich-ärgerniserregende sexuelle Handlung nach § 183a StGB verbunden ist und dieser letzteren Tatbestandsverwirklichung mit Blick auf die Unrechtsähnlichkeit regelmäßig keine eigenständig unrechtserhöhende Wirkung zukommt, beruht das in § 183a a.E. StGB formell als Subsidiärität ausgestaltete Verhältnis der Gesetzeseinheit materiell auf dem Aspekt der typischen Begleittat (Konsumtion).[25] Wenn der in § 183 Abs. 1 StGB vertypte Angriff auf die sexuelle Selbstbestimmung nach § 183 Abs. 2 StGB zu Disposition des Geschädigten gestellt ist und dieser keine Entscheidung für eine Strafverfolgung getroffen hat, so hat ein dem Rechtsgüterschutz verpflichtetes Strafrecht dies hinzunehmen und muss davon absehen, dem Geschädigten die Strafverfolgung unter einem rechtsgutmäßig (bei § 183a StGB) allenfalls ganz geringfügig abweichenden Gesichtspunkt aufzudrängen.[26] Dementsprechend hat die Staatsanwaltschaft ein etwaiges Interesse des Geschädigten, nicht mit dem Täter oder der Situation erneut konfrontiert zu werden, bei ihrer Entscheidung über die Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses mitzuberücksichtigen. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass – Stichwort Sekundärviktimisierung – mit der aufgedrängten Einbeziehung des Geschädigten in ein Strafverfahren eine erneute Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung droht.
Diese Opferschutzbelange verdienen unter dem Aspekt des § 183a StGB keine geringere Berücksichtigung als nach § 183 StGB. Dass sie von geringerer Bedeutung wären, wenn § 183a StGB zusätzlich zu § 183 Abs. 1 StGB tatbestandlich einschlägig ist, eine Verfolgung nach ersterer Vorschrift aber mangels Vorliegens der Verfolgungsvoraussetzungen unmöglich ist, lässt sich schon vor dem Hintergrund der ansonsten gegenüber § 183 Abs. 1 StGB bestehenden Nachrangigkeit des § 183a StGB nicht sagen. Mit Blick auf die ansonsten bestehende Subsidiarität und damit Nachrangigkeit des § 183a StGB ist schließlich auch nicht plausibel zu machen, dass mit einer handlungseinheitlichen Verwirklichung des § 183a StGB eine signifikante Unrechtserhöhung einherginge, die Anlass gäbe, Geschädigteninteressen zu übergehen und eine nicht verfolgbare exhibitionistische Handlung stets ex officio als öffentlich-ärgerniserregende zu verfolgen. All dies spricht dafür, die Frage, ob eine zugleich exhibitionistische und öffentlich-ärgerniserregende Handlung zu verfolgen ist, einheitlich an dem Maßstab des bedingten Antragserfordernisses nach § 183 Abs. 2 StGB zu messen.
Nicht zu verkennen ist nach alledem freilich, dass dem von der Minderheitsauffassung sachlich zu Recht geltend gemachten Wertungsargument (oben III. 1. b]) mit dieser teleologischen Auslegung des § 183 Abs. 2 StGB nicht seine Überzeugungskraft genommen ist. Der von ihr beklagte Wertungswiderspruch – die Schlechterstellung eines Täters, der nur nach § 183a StGB tatbestandsmäßig gehandelt hat – muss aber an anderer Stelle als bei der
Subsidiaritätsklausel verortet und auf andere Weise – nämlich unter gleichzeitiger Berücksichtigung der bei exhibitionistischem Handeln von Frauen auftretenden weiteren Wertungswidersprüche – beseitigt werden (sogleich IV).
a) Besondere Probleme und zusätzliche Wertungswidersprüche ergeben sich, wenn die in Rede stehende, zugleich exhibitionistisch-ärgerniserregende Handlung von einer Frau vorgenommen wird. Dass auch Frauen sich begrifflich – wenngleich nicht nach § 183 Abs. 1 tatbestandsmäßig – exhibieren können, wird in § 183 Abs. 4 StGB vorausgesetzt. In einem solchen Fall steht für die Täterin von vornherein nur Strafbarkeit aus § 183a StGB im Raum. Mangels Einschlägigkeit der auf die Tatbegehung durch einen Mann zugeschnittenen Strafantragsklausel des § 183 Abs. 2 StGB kann sich nach den Buchstaben des Gesetzes die oben dargestellte Frage, wie sich das Fehlen der Verfolgungsvoraussetzungen des § 183 Abs. 2 StGB auswirkt, bei Vornahme einer ärgerniserregenden sexuellen Handlung durch eine Frau nicht stellen. Damit kommen weibliche Täterinnen von vornherein nicht in den Genuss der nach § 183 Abs. 2 StGB erhöhten Verfolgungsvoraussetzung. Zugleich tritt ein Wertungswiderspruch nun auch im Verhältnis der Tatbegehung durch einen Mann zu derjenigen durch eine Frau auf: Während Männer wegen § 183 Abs. 2 StGB nicht aus § 183 Abs. 1 StGB und (nach den Ausführungen soeben oben III.) wegen der Erstreckung des Verfolgungshindernisses auch nicht aus § 183a StGB bestraft werden können, griffe zugunsten weiblicher Täter § 183 Abs. 2 StGB nicht ein, so dass eine von einer Frau vorgenommene ärgerniserregende sexuelle Handlung aus § 183a StGB bestraft werden müsste. Damit würden weibliche Exhibitionisten, die zugleich durch eine sexuelle Handlung ein öffentliches Ärgernis erregen, schlechter – nämlich aus § 183a StGB strafbar – gestellt als männliche et vice versa.[27]
Nach einem sachlichen Grund, der diese Ungleichbehandlung männlicher und weiblicher Tatbegehung rechtfertigen könnte, hält man vergeblich Ausschau. Soweit in diesem Kontext angemerkt wird, § 183 StGB stelle eine für Männer geltende Privilegierung dar[28], so liegt hierin keine rechtfertigende Erklärung, sondern lediglich eine Umschreibung der widersprüchlichen Wertungslage. Schon gar nicht lässt sich der Widerspruch erklären mit einer gesetzgeberischen "umgekehrten Diskriminierung" in Form einer "Kompensation" für höhere Straftatenanfälligkeit von Männern im Bereich der §§ 183, 183a StGB.[29] Eine solche Privilegierung männlichen exhibitionistisch-ärgerniserregenden sexuellen Handelns, für die sich in der Gesetzesbegründung auch nicht der mindeste Anhaltspunkt findet, wäre mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren und auch ansonsten dysfunktional. Denn abgesehen davon, dass es vielfach auf ein frauendiskriminierendes und wenig zeitgemäßes Rollenbild zurückzuführen ist, dass das Vorzeigen von Geschlechtsteilen nur bei Männern als soziale Störung empfunden wird,[30] sind Männer ganz generell – also auch außerhalb der §§ 183, 183a StGB – in erheblich höherem Maße straftatenanfälliger als Frauen, so dass sich allein hieraus kein plausibles Diskriminierungsmerkmal ergibt. Zudem wäre auch nicht plausibel, dass sich ein dem Rechtsgüterschutz verpflichtetes Strafrecht gerade bei erhöhter Exhibitionsanfälligkeit (Handlungen von Männern) und dadurch erhöhter Gefahr der Rechtgutsbeeinträchtigung zurückziehen, dort aber greifen soll, wo die Anfälligkeit wesentlich geringer ist (Handlungen von Frauen). Schließlich müsste, träfe die These von der "Kompensation für erhöhte Exhibitionsanfälligkeit" zu, ihr schon im Bereich des § 183 Abs. 1 StGB Rechnung getragen werden; dort wird aber genau umgekehrt exhibitionistisches Handeln von Frauen für tatbestandslos erklärt. Der wertungswidersprüchliche, weil das Handeln von Frauen schlechter stellende Effekt, der ex hypothesi mit der "Kompensation" für "erhöhte Straftatenanfälligkeit" erklärt werden soll, besteht im hier interessierenden Zusammenhang ja nur dann, wenn die Subsidiaritätsklausel des § 183a StGB genau deshalb unanwendbar ist, weil das bedingte Antragserfordernis § 183 Abs. 2 StGB nicht einschlägig ist. Dass aber eine Privilegierung männlicher Handlungen ausschließlich dann mit der oben beschriebenen Kompensation zu erklären sein soll, wenn §§ 183 Abs. 1, 183a StGB tatbestandlich zusammentreffen, ist unerklärlich; nähme man den Privilegierungsgedanken ernst, so müsste schon der Anwendungsbereich des § 183 Abs. 1 StGB – der sedes materiae des Exhibitionismus ist – allein weiblichem exhibitionistischem Handeln vorbehalten sein. Die voraussetzungsgemäße Annahme, das Zusammenspiel von Strafverfolgungshindernis (§ 183 Abs. 2 StGB) und Subsidiaritätsklausel (§ 183a StGB) verfolge gerade und nur dann einen im vorgenannten Sinne kompensatorischen Zweck, wenn die fraglich Handlung nicht nur exhibitionistisch, sondern darüber hinaus auch öffentlich-ärgerniserregend sexuell ist, lässt sich also auch mit der Tatbestandsrelevanz nur männlicher exhibitionistischer Handlungen gemäß § 183 Abs. 1 StGB nicht vereinbaren.[31]
Festzuhalten bleibt: Dass weibliches exhibitionistisches und ärgerniserregend-sexuelles Handeln auch dort bestraft werden kann, wo ceteris paribus die Bestrafung männlichen Handelns aus § 183 Abs. 1 StGB an dem bedingten Antragserfordernis und aus § 183a StGB an der Subsidiaritätsklausel scheitern würde, stellt eine nicht zu erklärende Folgeunrichtigkeit des Gesetzes dar,[32] die mit der grundsätzlichen Wertungsentscheidung des Gesetzgebers, dass in einem exhibitionistischen Handeln von Frauen kein (hinreichend gewichtiger) Angriff auf das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung liege, nicht zu vereinbaren ist. Da bei einem solchen Wertungswiderspruch eine der tragenden Säulen der Rechtsidee – nämlich das Gebot der Gleichbehandlung – ins Wanken gerät,[33] muss zur Beseitigung der wertungswidersprüchlichen Lage und zur Herstellung wertungsmäßiger Folgerichtigkeit das gesamte methodologische Arsenal aufgefahren werden.
b) Kein Ausweg aus den aufgezeigten Wertungswidersprüchen besteht darin, § 183 Abs. 2 StGB nur dann – analog – anzuwenden, wenn sowohl § 183a StGB tatbestandlich erfüllt ist als auch eine exhibitionistische Handlung in Rede steht, die allein wegen der fehlenden Tätereigenschaft nicht unter § 183 Abs. 2 StGB fällt. In einem solchen Sinne hat allerdings Bottke – entgegen manchen Stimmen, die § 183 Abs. 2 StGB von vornherein für nicht analogiefähig halten[34] – vorgeschlagen, auf exhibitionistisch-ärgerniserregende sexuelle Handlungen von Frauen § 183 Abs. 2 StGB analog anzuwenden; die Subsidiaritätsklausel des § 183a a.E. StGB solle "in Verfassungskonformität optimierender Interpretation auf weibliche Exhibitionisten … so angewandt werden, dass auch sie in den Genuss des § 183 Abs. 2 bis Abs. 4 StGB kommen."[35] Frauen, die sich exhibieren und dabei zugleich durch eine sexuelle Handlung ein öffentliches Ärgernis erregen, können nach Bottke folglich nur dann bestraft werden, wenn derjenige, dem die sexuelle Handlung ein Ärgernis war, Strafantrag gestellt hat, oder wenn die Staatsanwaltschaft ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht hat.
Doch bleibt dieser Vorschlag auf halbem Wege stehen. Damit würde zwar die Schlechterstellung von Frauen insoweit beseitigt, als die Unanwendbarkeit der Subsidiaritätsklausel auf Exhibitionistinnen deren Strafbarkeit nach § 183a StGB begründet. Aber da die analoge Anwendung des § 183 Abs. 2 StGB nach Bottkes Vorschlag eine – von der fehlenden Täterqualifikation abgesehen – an sich nach § 183 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßige exhibitionistische Handlung voraussetzt, tritt auch hier die wertungsmäßige Ungereimtheit auf, dass bei einer nur ärgerniserregenden (und nicht exhibitionistischen) Handlung (von Männern wie von Frauen) geringeres Unrecht leichter verfolgbar wäre (et vice versa). Damit bliebe die oben unter III. thematisierte, sich aus dem Offizialdeliktscharakter des § 183a StGB ergebende grundsätzliche Problematik bestehen.
Ein Vorschlag zur Bewältigung der wertungsmäßig unbefriedigenden Lage muss nach den obigen Erkenntnissen grundsätzlicher ansetzen, um sowohl die Schlechterstellung von weiblichen Tätern als auch die Schlechterstellung von Tätern zu vermeiden, die nur § 183a StGB (und nicht auch § 183 Abs. 1 StGB) tatbestandlich verwirklichen. Die Überlegung, dass die dargestellten Schwierigkeiten mit der Bewältigung einer exhibitionistisch-ärgerniserregenden Handlung bei Fehlen der Verfolgungsvoraussetzungen ein Produkt der gesetzlichen Folgeunrichtigkeit sind, dass § 183a StGB nicht ebenfalls mit einem bedingten Strafantragvorbehalt versehen ist, führt zu der Erkenntnis, dass die aufgezeigten Wertungswidersprüche sich sämtlich überwinden lassen, wenn man das Übel an der Wurzel packt und dem gesetzgeberischen Versäumnis durch eine analoge Anwendung des § 183 Abs. 2 StGB auf § 183a StGB abhilft. § 183 Abs. 2 StGB müsste dafür wie ein eigenständiger Abs. 2 auch des § 183a StGB gelesen werden, wodurch § 183a StGB in ein bedingtes Antragsdelikt (relatives Offizialdelikt) verwandelt würde. Von einer Privilegierungswirkung des Antragserfordernisses, die es durch das Verbot eines Rückgriffs auf § 183a StGB zu erhalten gelte, könnte nicht mehr die Rede sein, wenn auch § 183a StGB ein Verfolgungshindernis gleichen Zuschnitts enthielte. Für die Verfolgbarkeit einer nach § 183a StGB tatbestandsmäßigen Handlung käme es dann nicht mehr darauf an, ob nach § 183 Abs. 2 StGB ein Strafantrag gestellt oder sein Fehlen durch die staatsanwaltschaftliche Bejahung des besonderen öffentlichen Strafverfolgungsinteresses substituiert wurde; ebenso wenig wäre die Vorfrage maßgeblich, ob eine exhibitionistische Handlung vorliegt und die Tat damit überhaupt im Anwendungsbereich des bedingten Antragserfordernisses § 183 Abs. 2 StGB liegt. Die Verfolgbarkeit einer jeden nach § 183a StGB tatbestandsmäßigen Handlung hinge bei einer analogen Anwendung des § 183 Abs. 2 StGB allein von dessen Voraussetzungen ab. Über die Verfolgbarkeit einer Tat nach § 183a StGB entschiede allein, ob der Geschädigte eine Verfolgung der öffentlich-ärgerniserregenden sexuellen Handlung unter dem Gesichtspunkt des § 183a StGB wünscht oder ob – bei fehlender Antragstellung – die Staatsanwaltschaft sie für erforderlich hält. Interferenzen des § 183 StGB im Sinne einer Erstreckung des Verfolgungshindernisses auf § 183a StGB wäre solchenfalls die Grundlage entzogen, und die Funktion der Subsidiaritätsklausel des § 183a a.E. StGB würde auf ihre eigentliche Funktion zurückgeführt, nämlich festzulegen, aus welchem jeweils ein-
schlägigen Straftatbestand unter der Voraussetzung jeweils gegebener Verfolgbarkeit schuldig zu sprechen ist.
aa) Gegen die hier vorgeschlagene analoge Anwendung des § 183 Abs. 2 StGB auf § 183a StGB ist eingewandt worden, "die Nichtanwendung des § 183 Abs. 2 in solchen Fällen (beruhe) auf einem Fehler des Gesetzgebers, der nicht im Wege der Auslegung beseitigt werden kann."[36]
Zum Ausgleich des als solchen durchaus erkannten Wertungswiderspruchs wird den Strafverfolgungsbehörden empfohlen, "bei fehlender Strafanzeige eines Betroffenen (…) von den §§ 153, 153a StPO großzügig Gebrauch" zu machen.[37] Aber wenn ein Strafantrag fehlt, kann eine Einstellung nach §§ 153, 153a StPO nur dann erfolgen, wenn nicht zusätzlich zu § 183a StGB auch § 183 Abs. 1 StGB verwirklicht ist; bei tatbestandlicher Verwirklichung beider Strafvorschriften ergibt sich die aus dem fehlenden öffentlichen Interesse resultierende Nichtverfolgbarkeit der Tat – mit der Konsequenz einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO – ja schon daraus, dass ein Rückgriff auf § 183a StGB nicht möglich ist (oben III.) und damit kein hinreichender Tatverdacht bzgl. einer verfolgbaren Straftat gegeben ist. Eine Einstellung nach Opportunitätsgesichtspunkten gemäß §§ 153, 153a StPO kann deshalb bei fehlendem Strafantrag nur dann erfolgen, wenn nicht zugleich § 183 Abs. 1 StGB erfüllt ist; andernfalls ergäbe sich die Einstellung – nach § 170 Abs. 2 StPO – wegen fehlender Verfolgbarkeit ja schon aus der Erstreckung des bedingten Antragserfordernisses, also etwa bei nichtexhibitionistischen, nur ärgerniserregenden sexuellen Handlungen oder bei sowohl ärgerniserregenden als auch exhibitionistischen Handlungen von Frauen.
Jenseits dieser prozessualen Feinheiten trifft es aber auch nicht zu, dass der "Fehler des Gesetzgebers" – der ausweislich der Materialien insoweit ohne jedes Problembewusstsein war (planwidrige Regelungslücke), so dass ein entgegenstehender Wille nicht erkennbar ist – nicht mit der Analogie zu § 183 Abs. 2 StGB als einem gängigen Mittel der Methodentheorie beseitigt werden könnte. Treffen die §§ 183, 183a StGB tatbestandlich zusammen, so produziert die herrschende Meinung mit der Ausdehnung der Wirkung des § 183 Abs. 2 StGB ja längst eine (auch hier gutgeheißene, s.o. III.) extrem extensive Auslegung, deren Wirkung der einer Analogie gleichsteht oder zumindest nahekommt; die Ausdehnung eines sich ausdrücklich nur auf § 183 Abs. 1 StGB beziehenden Verfolgungshindernisses mithilfe der Subsidiaritätsklausel auch auf § 183a StGB erfolgt, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage existiert. Die hier vertretene analoge Anwendung des bedingten Strafantragerfordernis auch auf (nur) nach § 183a StGB tatbestandsmäßigen Handlungen ist demgegenüber methodenehrlicher, indem es offen einräumt, konsequent fortentwickelt und wertungswiderspruchsfrei ausgestaltet, was ohnehin akzeptiert ist, nämlich dass das Antragserfordernis über seinen eigentlichen gesetzlich vorgesehen Bereich hinaus zu erstrecken ist.[38] Sie ist zudem auch sachlich gerechtfertigt (vergleichbare Interessenlage): Der dem bedingten Antragserfordernis zugrundliegende Gedanke des Geschädigtenschutzes gilt für Taten nach § 183a StGB in gleicher Weise wie für exhibitionistische Handlungen (s.o. III. 3. b]).
bb) Hinzu kommt, dass das Gesetz eine analoge Anwendung von Teilen des § 183 StGB sogar ausdrücklich vorsieht: § 183 Abs. 4 StGB erklärt die nach § 183 Abs. 3 StGB bestehende erleichterte Aussetzungsmöglichkeit auch auf bestimmte andere, mit exhibitionistischem Handeln verbundene Straftaten – zu denen nach Nr. 1 auch § 183a StGB zählen kann – für anwendbar. Dies gilt ausdrücklich gemäß § 183 Abs. 4 Nr. 1 StGB auch für eine nur nach anderen Tatbeständen zu beurteilende exhibitionistische Handlung von Frauen, die § 183 Abs. 1 StGB nicht unterfällt und in den hier interessierenden Fällen allein nach § 183a StGB zu beurteilen ist. Damit ist bei der Frage der Ausgestaltung (des "Wie") der Strafe eine entsprechende Anwendung der maßgeblichen Vorschriften § 183 Abs. 3, Abs. 4 StGB auf § 183a StGB expressis verbis angeordnet. Es ist kein Sachgrund dafür zu erkennen, dass das die vorgelagerte Frage nach dem "Ob" der Bestrafung betreffende bedingte Strafantragerfordernis aus § 183 Abs. 2 StGB von der in § 183 Abs. 4 StGB angeordneten Gesetzesanalogie ausgenommen bleiben soll.
cc) Die hier befürwortete analoge Anwendung eines Teilbereichs des § 183 StGB auf isoliert nach § 183a StGB tatbestandsmäßige Handlungen ist auch in der Judikatur nicht ohne Vorbild. Über die in § 183 Abs. 4 Nr. 1 StGB angeordnete Gesetzesanalogie hinaus hat die Rechtsprechung[39] mehrfach unter Billigung des Schrifttums[40] die
erleichterte Aussetzungsmöglichkeit nach § 183 Abs. 3 StGB auch auf solche ärgerniserregende sexuelle Handlungen angewandt, die nicht zugleich exhibitionistisch i.S. des § 183 Abs. 1 StGB waren.
So hat das LG Koblenz in einem Fall, in dem ein mehrfach wegen exhibitionistischer Handlungen vorbestrafter Täter sich einen Kunstpenis in seinen Hosenlatz eingesetzt, an diesem vor einer jugendlichen Zeugin onanierende Bewegungen vollführt und hierdurch, wie er beabsichtigte, beim Opfer Abscheu und Entsetzen hervorgerufen hatte, eine Strafbarkeit nach § 183 Abs. 1 StGB verneint, weil ein für § 183 Abs. 1 StGB erforderliches "Entblößen des eigenen Gliedes, das Zur-Schau-Stellen des eigenen Genitales" nicht vorlag und es "zur Annahme einer exhibitionistischen Handlung nicht aus(reiche), wenn der Täter nicht sein eigenes Glied, sondern einen Kunstpenis (Plastikglied) vorzeigt".[41] Wohl aber liege eine öffentliche sexuelle Handlung i.S. des § 183a StGB vor. Die erstinstanzlich verhängte Freiheitsstrafe von sechs Monaten bestätigte das LG Koblenz, setzte aber ungeachtet der mehrfachen einschlägigen Vorstrafen die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, "und zwar in Anwendung des § 183 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 StGB."[42] Zwar könne weder § 183 Abs. 3 StGB "unmittelbare Anwendung finden, weil der Angekl. nicht wegen exhibitionistischer Handlungen, sondern wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses verurteilt wurde", noch § 183 Abs. 4 StGB "unmittelbar angewandt werden, weil der Angekl. keine exhibitionistische Handlung, sondern eine Ersatzhandlung begangen hat." Jedoch griff das LG zur Schließung der bei "wortlautgebundene(r) Auslegung des § 183 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 StGB" entstehenden "planwidrige(n) Lücke" mittels einer Analogie auf ein argumentum a maiore ad minus zurück: "Hätte der Angekl. eine exhibitionistische Handlung per definitionem begangen, wäre er durch § 183 Abs. 3 StGB privilegiert. Es würde dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechen, würde man ihm das Privileg nun deshalb versagen, weil er weniger getan hat, als zur Erfüllung des Tatbestandes des § 183 Abs. 1 StGB erforderlich ist. Die StrK wendet deshalb auf den vorliegenden Fall § 183 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 StGB entsprechend an."[43]
Indem die Kammer eine Anwendung des § 183 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 StGB auch dann für möglich und geboten hielt, wenn die tatbestandliche Anknüpfung der erleichterten Aussetzungsmöglichkeit an das Vorliegen einer exhibitionistischen Handlung fehlt, hat sie jeden Bezug zum Tatbestand des § 183 Abs. 1 StGB preisgegeben, der eine Einordnung dieses Vorgehens als extensive Auslegung rechtfertigen könnte; in der Sache handelt es sich, wie das LG Koblenz zutreffend hervorgehoben hat, um eine analoge Anwendung des § 183 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 StGB auf § 183a StGB. Diese ist ebenso zu begrüßen ist wie die hier für das bedingte Strafantragserfordernis verfochtenen Analogie; wie die (ggf. analoge) Anwendung der erweiterten Aussetzungsmöglichkeit nach § 183 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 StGB auf § 183a StGB nicht davon abhängt, dass die ärgerniserregend-sexuellen Handlung zugleich eine exhibitionistische ist, kann auch die Anwendung des bedingten Strafantragserfordernisses auf eine ärgerniserregend-sexuelle Handlung nicht davon abhängen, dass die Handlung zugleich als exhibitionistisch zu subsumieren ist. Die hier vorgeschlagene analoge Anwendung des bedingten Strafantragserfordernisses auf § 183a StGB und die damit verbundene, im Wege der Rechtsfortbildung stattfindende Umgestaltung des § 183a StGB in ein bedingtes Antragsdelikt kann für sich in gleicher Weise in Anspruch nehmen, was für die entsprechende Anwendung des § 183 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 StGB nach der gesetzgeberischen Vorstellung gilt: Anwendung finde muss § 183 Abs. 3 StGB "auch dann, wenn nur einer der in Absatz 4 genannten Tatbestände erfüllt ist; denn es wäre sinnwidrig, einem Täter die Vergünstigung des Absatzes 3 nur deshalb zu versagen, weil er nicht alle in § 183 Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt." Ebenso wie es "ungereimt (wäre), wenn für eine derartige Straftat nur Männern, nicht aber behandlungsbedürftigen Frauen die erweiterte Aussetzungsmöglichkeit eingeräumt würde"[44], wäre es unplausibel, nicht auch die entsprechende Anwendung des Verfolgungshindernisses aus § 183 Abs. 2 StGB auf Fälle des § 183a StGB anzuwenden, in denen § 183 Abs. 1 StGB nicht zugleich tatbestandlich einschlägig ist.
dd) Der hier vorgeschlagenen Auflösung der Wertungswidersprüche im Analogiewege steht schließlich auch nicht etwa entgegen, dass eine solche Übertragung nur für die in § 183 Abs. 3 StGB geregelten Rechtsfolgen vorgesehen ist und daraus zu schließen wäre, dass eine analoge Anwendung des § 183 Abs. 2 StGB an der abschließenden Anordnung des Abs. 4 scheitern müsste. Auch bei der Anwendung der Abs. 3 und Abs. 4 auf Handlungen, die – etwa mangels exhibitionistischer Qualität – nicht nach § 183 Abs. 1 tatbestandsmäßig sind, handelt es sich ja um eine über den Wortlaut hinausgehende Anwendung und damit um eine Analogie. Eine noch weitergehende "gesamtanaloge" Anwendung der § 183 Abs. 2 bis Abs. 4 StGB auf nur ärgerniserregende sexuelle Handlungen kann deshalb nicht mit der Behauptung einer angeblich abschließenden gesetzgeberischen Anordnung zurückgewiesen werden.
Die sich aus dem Zusammenspiel des bedingten Strafantragserfordernisses aus § 183 Abs. 2 StGB mit der Subsidiaritätsklausel nach § 183a a.E. StGB ergebenden Wertungswidersprüche lassen sich sämtlich beseitigen, indem man § 183 Abs. 2 StGB analog auf § 183a StGB anwendet und damit die Erregung öffentlichen Ärgernisses ebenfalls als bedingtes Antragsdelikt interpretiert.
Die damit verbundenen methodologischen Anstrengungen würden allerdings gegenstandslos, wenn sich der Gesetzgeber dazu verstehen könnte, die Strafbewehrung öffentlich-ärgerniserregenden sexuellen Handelns zu streichen. Wäre die Vornahme einer öffentlich-ärgerniserregenden Handlung nicht mehr strafbar, so entfiele das mit der Subsidiarität des § 183a StGB verbundene Reichweitenproblem zu § 183 Abs. 2 StGB ebenso wie die Wertungswidersprüche bei der Anwendbarkeit des § 183a StGB auf Exhibitionistinnen. Für eine solchen Rückzug des Strafrechts aus dem Randbereich der "hands-off"-Delikte spräche zudem der höchst diffuse Rechtsgutsbezug der Vorschrift, der sie als ein bloßes Überbleibsel des § 183 StGB a.F. letztlich zu einem reinen Sittlichkeitsdelikt[45] degradiert, dessen Existenzberechtigung schon während der Ausschussberatungen zum 4. StrafRG[46] umstritten war und das im Alternativentwurf ersatzlos wegfallen sollte.[47]
Im Zuge einer solchen Bereinigung der Belästigungstatbestände sollte zugleich erwogen werden, auch exhibitionistisches Handeln zu entkriminalisieren. § 183 Abs. 3 StGB zeigt, dass selbst bei einer an sich die Verhängung einer Freiheitsstrafe rechtfertigenden Tat der Gesetzgeber bereit ist, auch dann von der in aller Regel therapiezweckwidrigen[48] Vollstreckung der Freiheitsstrafe abzusehen und die Freiheitstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn noch während der Bewährungszeit mit der Begehung weiterer exhibitionistischer Taten zu rechnen ist, solange nur am Behandlungsende ein Heilungserfolg zu prognostizieren ist[49]. Damit geht der Gesetzgeber selbst von keinem hohen Handlungsunwert einer exhibitionistischen Handlung[50] aus. Da eine exhibitionistische Handlung zudem kaum je eine erhebliche Opferschädigung bewirkt und aus kriminologischer Sicht entgegen verbreiteter Fehleinschätzung regelmäßig nicht den Beginn einer gefährlichen Verlaufsentwicklung hin zu schwereren Sexualstraftaten markiert,[51] erfordert auch der Aspekt des Geschädigtenschutzes keine Strafbewehrung des Exhibitionismus. Schließlich ließe sich der Zweck des nach der lex lata als Strafvorschrift ausgestalteten Exhibitionismustatbestandes, durch staatliche Intervention und Strafverfolgungsdruck einen devianten Täter zur Behandlungsaufnahme bzw. -fortsetzung zu motivieren, auch durch die Verfolgung als Ordnungswidrigkeit nach §§ 118 Abs. 1, 119 Abs. 1 Nr. 1 OWiG erreichen.[52] Dass mit einer Streichung der §§ 183a, 183a StGB oder auch nur des § 183 StGB die vorstehenden Zeilen durch den berühmten "Federstrich des Gesetzgebers" zur Makulatur würden, wäre ohne Weiteres hinzunehmen.
[1] Die Polizeiliche Kriminalstatistik weist für die Jahre 2015 und 2016 720 bzw. 902 Fälle des § 183a StGB auf (bei 7.558 bzw. 8.001 Fällen der exhibitionistischen Handlung nach § 183 Abs. 1 StGB).
[2] Für formelle Subsidiarität Bottke FS Szwarc, 2009, S. 297, 316; Gössel Das neue Sexualstrafrecht, 2005, S. 209; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl. 2018, § 183a Rn. 5; Laubenthal Handbuch Sexualstraftaten, 2012, Rn. 758; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183a Rn. 10; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183a Rn. 8; Wolters in SK-StGB, 2010, § 183a Rn. 8.
[3] Für Spezialität des § 183 StGB Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 183a Rn. 7; Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183a Rn. 11; Ziegler in BeckOK-StGB, 38. Ed. Mai 2018, § 183 Rn. 8, § 183a Rn. 9.
[4] Vgl. Bottke FS Szwarc, 2009, S. 297, 316.
[5] Wovon die Gesetzesbegründung ausgeht, vgl. BT-Drs. VI/1552, S. 32.
[6] Vgl. etwa die Meldung des Petitionsauschusses des Deutschen Bundestages vom 25.01.2017 ( hib 43/2017) , wonach der Petitionsausschuss die Forderung, § 183 StGB geschlechtsneutral zu formulieren, unterstützt (unter https://www.bundestag.de/presse/hib/2017_01/-/490402, letztmals abgerufen am 14.01.2018); krit. zur Begehbarkeit des § 183 Abs. 1 StGB nur durch Männer zuletzt auch Wolters GA 2014, 556, 559 ff. sowie Weigend ZStW 129 (2017), 513, 520 f., der zu Recht darauf hinweist, dass entgegen Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 5 die faktische Seltenheit des weiblichen Exhibitionismus (dazu Nedopil/Müller Forensische Psychiatrie, 4. Aufl. 2012, S. 246; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183 Rn. 2) keinen normativ relevanten Grund für eine Beschränkung für eine geschlechtsdiskriminierende Regelung des Tatsubjekts bietet; eingehend zur Problematik Sick ZStW 103 (1991), 46, 83 ff. – Sub specie Art. 3 Abs. 2, Abs. 3 GG ist die Beschränkung der Begehbarkeit des § 183 Abs. 1 StGB durch Männer nach Ansicht des BVerfG (BeckRS 1999, 30052472) verfassungsrechtlich unbedenklich; abl. Langenfeld in Maunz/Dürig, Grundgesetz, 74. Lfg. Mai 2015, Art. 3 Abs. 2 Rn. 133; krit. Sander Zur Beurteilung exhibitionistischer Handlungen, 1996, S. 121 ff.; ders. ZRP 1997, 447, der für eine Herabstufung des § 183 Abs. 1 StGB zur Ordnungswidrigkeit eintritt; vgl. ferner Hörnle MSchrKrim 2001, 212; dies. Grob anstößiges Verhalten, 2005, S. 462.
[7] Ca. 40 % aller jungen Frauen geben an, bereits einmal von einer exhibitionistischen Handlung betroffen gewesen zu sein, vgl. Kury/Yoshida/Würger KrimJ 2005, 109, 116. Dem stehen für das Jahr 2011 lediglich 662, für 2012 nur 681 und für 2013 ganze 740 Verurteilungen nach § 183 StGB gegenüber, vgl. Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 3.
[8] Nach Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 28 soll nicht schon dann ein öffentliches Interesse anzunehmen sein, wenn man sich von der Verurteilung einen positiven Effekt auf die Therapiebereitschaft erhofft, sondern erst dann, wenn der Tatunwert erheblich über dem bei exhibitionistischen Handlungen Üblichen liegt (etwa bei besonders drastischem Vorgehen oder zahlreichen Taten); ähnlich Benz Sexuell anstößiges Verhalten, 1982, S. 67 f.; Wolters in SK-StGB, 135. Lfg. 2012, § 183 Rn. 9 (mit zusätzlicher Bezugnahme auf Nr. 234 Abs. 1 RiStBV); anders, nämlich für eine Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses schon bei anzunehmender Hervorrufung oder Steigerung der Therapiemotivation die h.M., vgl. etwa Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 183 Rn. 9; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl. 2018, § 183 Rn. 6; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183 Rn. 8; Laue in Dölling/Duttge/König/Rössner (Hrsg.), Gesamtes Strafrecht Handkommentar, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 5; Ziegler in BeckOK-StGB, 38. Ed. Mai 2018, § 183 Rn. 15; Weigend ZStW 129 (2017), 513, 519 f. sieht unter Bezugnahme auf § 183 Abs. 3 StGB den "wahre(n) Grund für die Beibehaltung der Inkriminierung darin, dass man dem ohnehin häufig bestehenden Leidensdruck des Exhibitionisten den Zwang der Strafe hinzufügen und so den Weg zur Therapie anstoßen möchte"; vgl. ferner Börner in Leipold/Tsambikakis/Zöller (Hrsg.), Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 183 Rn. 18; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183 Rn. 7, die auch in der Rückfallgefahr ein weiteres Kriterium des zu bejahenden öffentlichen Interesses erblicken. – Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. VI/1552, S. 31 f.) besteht der Geltungsgrund des § 183 StGB gerade darin, dass mit der "Strafdrohung bei dem Täter ein hinreichend starkes Motiv dafür gesetzt werden kann, dass er sich in ärztliche Behandlung begibt"; es werde "(d)as öffentliche Interesse (…) vor allem dann zu bejahen sein, wenn anzunehmen ist, dass sich der Verurteilte nur unter dem Druck des Strafverfahrens einer Behandlung unterziehen wird" (Rechtschreibung angepasst).
[9] Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 28, § 183a Rn. 11; Laubenthal Handbuch Sexualstraftaten, 2012, Rn. 758; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, § 183a Rn. 10; Wolters in SK-StGB, 135. Lfg. 2012, § 138 Rn. 8, § 183a Rn. 8; ders. in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl. 2016, § 183a Rn. 7, § 183 Rn. 7.
[10] Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 28, § 183 Rn. 11.
[11] Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183a Rn. 8; skeptisch gegenüber der h.M. auch Börner in Leipold/Tsambikakis/Zöller (Hrsg.), Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 183 Rn. 27, der eine Privilegierung männlicher Täter (dazu unten im Text IV.) befürchtet.
[12] So Händel NJW 1964, 1733 (zum Verhältnis von § 236 a.F. zu § 240 StGB).
[13] So für den Regelfall das Verständnis formeller Subsidiaritätsklauseln (am Beispiel des § 265a StGB) bei Vogler in LK-StGB, 10. Aufl. 1985, Vorbemerkungen zu den §§ 52 ff. Rn. 128.
[14] Zu oberflächlich daher Bottke FS Szwarc, 2009, S. 297, 317; Wolters in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl. 2016, § 183a Rn. 7; Ziegler in BeckOK-StGB, 38. Ed. Mai 2018, § 183a Rn. 9.
[15] So Geerds Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht, 1961, S. 169, 174 f.; v. Heintschel-Heinegg in MK-StGB, 3. Aufl. 2016, Vorbemerkung zu § 52 Rn. 18 f., 66 m. Fn. 328; Stree JR 1979, 253, 254. – Dass nur die letztlich anwendbare Strafvorschrift i.S. des § 52 Abs. 1 StGB "verletzt" sei (so noch RGSt 18, 193, 200; anders RGSt 68, 204, 208), wird zur Erklärung der Gesetzeseinheit heute, soweit ersichtlich, nicht mehr vertreten; Anklänge hieran aber noch bei Laue in Maurach/Gössel/Zipf Strafrecht Allgemeiner Teil Teilband 2, 8. Aufl. 2014, § 55 Rn. 3, nach dem "(i)m Fall der Gesetzeseinheit gar nicht mehrere Gesetze verletzt" seien, das Strafrecht aber "dasselbe Delikt mehrmals ausformuliert" habe.
[16] Geerds Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht, 1961, S. 174 f.; a.M. etwa Maurach/Gössel/Zipf Strafrecht Allgemeiner Teil Teilband 2, 7. Aufl. 1989, § 55 Rn. 48; Laue in Maurach/Gössel/Zipf Strafrecht Allgemeiner Teil Teilband 2, 8. Aufl. 2014, § 55 Rn. 6; differenzierend Blei Strafrecht Allgemeiner Teil, 1983, § 96 II 3 c; Vogler FS Bockelmann, 1979, S. 713, 730 f.; nach Dreher JZ 1971, 32, 33, handelt es sich um eine "prekäre Frage", die genereller Beantwortbarkeit entbehre.
[17] Etwa BGHSt 19, 320, 321 (gegen RG JW 1934, 2919 Nr. 22) mit abl. Anm. Händel NJW 1964, 1733; OLG Düsseldorf JR 1981, 386, 387 mit zust. Anm. Bottke; implizit auch BGH, Urteil vom 19.06.1991 - 3 StR 172/91, BeckRS 1991, 31083400 = JurionRS 1991, 16714 Rn. 2; BGH , Beschluss vom 20.06.1989 - 4 StR 82/89, BeckRS 1989, 31104400; wieder anders Puppe in NK-StGB, 5. Aufl. 2017, Vorbemerkungen zu § 52 Rn. 51, 54 f., die als einzige legitime Form der Gesetzeseinheit die Spezialität anerkennt und wegen des Ausschöpfungsgebots ein unbedingtes Wiederaufleben des subsidiären Delikts propagiert; gegen eine Erstreckung des Verfolgungshindernisses für den Fall tateinheitlichen Konkurrierens auch BGH NStZ 1994, 80 f. m. zust. Anm. Bottke; krit. zur Differenzierung zwischen Tateinheit und Gesetzeseinheit Fahl GA 1996, 476, 484 ff.
[18] So die (aus den Gründen des nachfolgenden Textes ungenaue) Formulierung etwa bei v. Heintschel-Heinegg in MK-StGB, 3. Aufl. 2016, Vorbemerkung zu § 52 Rn. 71; Roxin Strafrecht Allgemeiner Teil Band II, 2003, § 33 Rn. 235.
[19] Geerds Zur Lehre von der Konkurrenz im Strafrecht, 1961, S. 175.
[20] Vgl. Eschelbach in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl. 2016, § 52 Rn. 30; im Ergebnis übereinstimmend, nämlich für grundsätzliches Wiederaufleben des verdrängten Tatbestandes Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl. 2007, Vor §§ 52 ff. Rn. 96, die einen Rückgriff bei ausschließlich privilegierender Wirkung des Antragserfordernisses für unzulässig hält; dagegen unterscheidet Jakobs Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1991, 31/47, danach, ob die Privilegierung durch das Antragserfordernis der ganzen Tat gilt oder nur einem hinzukommenden Unrechtsteil.
[21] So BGH NJW 1964, 559 zum Verfahrenshindernis der auslieferungsrechtlichen Spezialität (Interpunktion berichtigt).
[22] Auf diese wie auch auf das Antragserfordernis stützen Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht Besonderer Teil Teilband 1, 10. Aufl. 2009, § 22 Rn. 2, 5 den Privilegierungscharakter des § 183 StGB gegenüber § 183a StGB, was aber mit Blick auf die gerade in Frage stehende Reichweite der Vorschriften (und die auch von der Gegenauffassung befürwortete analoge Anwendbarkeit des § 183 Abs. 3, Abs. 4 StGB, vgl. Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183 Rn. 12, § 183a Rn. 8) zirkulär ist.
[23] Zu § 183 StGB wird überwiegend als geschütztes Rechtsgut zum Teil die sexuelle Selbstbestimmung genannt, vgl. Bottke FS Szwarc, 2009, S. 297, 300; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183 Rn. 1; Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 183 Rn. 2; ders. GA 1989, 445, 458; Sick/Renzikowski FS Schroeder, 2006, S. 603, 613 ("Recht, selbst zu entscheiden, ob man … von einem anderen in ein sexualbezogenes Geschehen involviert werden will"); ähnlich Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 1 f.: neben sexueller Selbstbestimmung auch Privatsphäre; so auch Wolters in SK-StGB, 135. Lfg. 2010, § 183 Rn. 1; anders etwa Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl. 2018, § 183 Rn. 1 ("psychische und körperliche Integrität"); Frommel in NK-StGB, 5. Aufl. 2017, §§ 183, 183a Rn. 1 ("psychische und persönliche Integrität potenzieller Betrachter"); Laue in Dölling/Duttge/König/Rössner (Hrsg.), Gesamtes Strafrecht Handkommentar, 4. Aufl. 2017, § 183 Rn. 1; nach Benz Sexuell anstößiges Verhalten, 1982, S. 184 f. geht es bei § 183 StGB um die Gefährdung der öffentlichen Ordnung; mit der Akzentuierung "schwerwiegende(r) Belästigungen" bei Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183 Rn. 1 wird allenfalls die Angriffsart umschrieben, nicht aber das Angriffsobjekt benannt. – Zu § 183a StGB hat die ältere Rechtsprechung den Schutz der Allgemeinheit als Rechtsgut angeführt, vgl. BGHSt 4, 303, 304; BGHSt 11, 282, 284; zust. Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl. 2018, § 183a Rn. 1 ("Allgemeininteresse an der Respektierung der verbreiteten sozial-moralischen Grundanschauung, dass sexuelle Handlungen nicht in die Öffentlichkeit gehören"); nahestehend Benz Sexuell anstößiges Verhalten, 1982, S. 51; mit Recht gegen den damit einhergehenden bloßen Schutz von Moralvorstellungen und für den Schutz der Privatsphäre als Individualrechtsgut Esser JA 2016, 561 f.; Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 1; dies. Grob anstößiges Verhalten, 2005, S. 458; Marx JZ 1972, 112 f.; Sick/Renzikowski FS Schroeder, 2006, S. 603, 613, die betonen, dass die sexuelle Selbstbestimmung mangels aufgedrängter Einbeziehung für die sexuelle Erregung oder Befriedigung des Täters nicht geschützt sei; dagegen für den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung auch durch § 183a StGB Bottke FS Szwarc, 2009, S. 297, 312; nach Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183a Rn. 1 wird der jedermann zukommende "Anspruch auf Achtung seiner Anschauungen" geschützt und dessen "gravierende Verletzung … (durch provozierende Vornahme sexueller Handlungen in der Öffentlichkeit) bestraft; ähnlich Laue in Dölling/Duttge/König/Rössner (Hrsg.), Gesamtes Strafrecht Handkommentar, 4. Aufl. 2017, § 183a Rn. 1; Rathgeber/Krug StraFo 2016, 309, 311: Individualinteresse des Einzelnen, solche Vorgänge nicht ungewollt wahrnehmen zu müssen; zutr. krit. zum Rechtsgutcharakter dieses Anspruchs bzw. Interesses Sick/Renzikowski FS Schroeder, 2006, S. 603, 613.
[24] Die man dahin formulieren kann, dass beide "Belästigungsdelikte" (Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, Vor § 174 Rn. 41, 77) "dem Schutz vor unerwünschter Konfrontation mit sexualbezogenen Betätigungen" dienen (Laubenthal Handbuch Sexualstraftaten, 2012, Rn. 714).
[25] Zur vergleichbaren Frage, wie sich das Fehlen des Strafantrags nach § 303c StGB auf die formelle Subsidiarität des § 145 Abs. 2 StGB, die materiell auf Konsumtionserwägungen beruht, gegenüber § 303 StGB auswirkt, halten unter Bezugnahme auf die angebliche Wortlauteindeutigkeit § 145 Abs. 2 für unanwendbar Graf v. Schlieffen in Leipold/Tsambikakis/Zöller, Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 145 Rn. 7; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl. 2018, § 145 Rn. 9 ("kriminalpolitisch … verfehlt, weil § 145 ein Allgemeininteresse schützt"); Krehl in LK-StGB, 12. Aufl. 2009, § 145 Rn. 30; Herdegen in LK-StGB, 10. Aufl., § 145 Rn. 13; Schild/Kretschmer in NK-StGB, 5. Aufl. 2017, § 145 Rn. 26; Maurach/Schroeder/Maiwald Strafrecht Besonderer Teil Teilband 2, 10. Aufl. 2013, § 57 Rn. 39; Zopfs in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 145 Rn. 19 m. Fn. 80; anders von Bubnoff in LK-StGB, 11. Aufl. 2005, § 145 Rn. 31; Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 145 Rn. 11; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 145 Rn. 22; Stree JR 1979, 253, 254.
[26] So für den Schutz der Geschädigtenentscheidung bei der Frage des Rückgriffs auf das an sich verdrängte Delikt BGHSt 19, 320, 321 (im Verhältnis des § 236 Abs. 1 StGB a.F. zu § 239 StGB).
[27] Wegen dieses Ergebnisses zweifelt Börner in Leipold/Tsambikakis/Zöller (Hrsg.), Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 183 Rn. 27 das Verbot eines Rückgriffs auf § 183a StGB für die oben im Text unter II. beleuchteten Fällen an, in denen die Verfolgung nach § 183 Abs. 1 StGB wegen Fehlen der Voraussetzungen des § 183 Abs. 2 StGB ausscheidet.
[28] So Bottke FS Szwarc, 2009, S. 297, 310 m. Fn. 35 u. S. 316 f., demzufolge § 183 StGB "für männliche Exhibitionisten (mit penildrastischer Pornoperformanz im Vergleich zu weiblichen Exhibitionisten mit vaginaldrastischer Realpornoperformanz) begünstigend" wirke.
[29] Erwogen und zutreffend verworfen von Bottke FS Szwarc, 2009, S. 297, 317 m. Fn. 62.
[30] Eingehend dazu Sick ZStW 103 (1991), 46, 83 ff.; Weigend ZStW 129 (2017), 513, 520 f.
[31] Dass eine "Schlechterstellung der Frau (…) der gesetzlichen Wertung des § 183 Abs. 1 StGB" zuwiderliefe, befindet auch Börner in Leipold/Tsambikakis/Zöller (Hrsg.), Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 183a Rn. 2, der sich aber mit diesem Ergebnis abfindet und auf eine großzügige Anwendung der §§ 153, 153a StGB setzt; für Letzteres auch Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183a Rn. 9.
[32] Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 183a Rn. 2a; Graalmann-Scheerer GA 1995, 349, 354; Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183a Rn. 13; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183a Rn. 9.
[33] Zu dieser Rückbindung des Postulats einer möglichst wertungswiderspruchsfreien Rechtsordnung s. Renzikowski GA 1992, 171 f.
[34] Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183a Rn. 9; Wolters in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl. 2016, § 183a Rn. 7.
[35] Bottke FS Szwarc, 2009, S. 297, 318.
[36] Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183a Rn. 9; ebenso Wolters in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl. 2016, § 183a Rn. 7 ("unzulässige Gesetzeskorrektur"); ders. in SK-StGB, 135. Lfg. 2012, § 183 Rn. 8, § 183a Rn. 8; auch Esser JA 2016, 561, 566 hält einen Strafantragsvorbehalt nur für de lege ferenda für etablierbar.
[37] Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183a Rn. 9; zust. Börner in Leipold/Tsambikakis/Zöller (Hrsg.), Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 183a Rn. 2.
[38] Auch wer mit der Gegenauffassung – wie etwa Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183a Rn. 8 – den zugleich exhibitionistisch wie auch sexuell-ärgerniserregend Handelnden durch eine analoge Anwendung des § 183 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 1 StGB als ausreichend geschützt ansieht, müsste begründen, warum zwar diese Vorschriften (selbst auf nicht nach § 183 Abs. 1 StGB nicht tatbestandsmäßige Handlungen, vgl. Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183 Rn. 12 für kriminologisch vergleichbare ärgerniserregende Taten) analog angewendet werden sollen, aber ein weiterer anwendungsrestringierender Aspekt der Exhibitionismusstrafbarkeit, nämlich die Verschärfung der Verfolgungsvoraussetzungen nach § 183 Abs. 2 StGB, von der Anwendung auf § 183a StGB ausgenommen bleiben soll.
[39] LG Koblenz NStZ-RR 1997, 104, 105; vgl. auch LG Köln als Vorinstanz zu OLG Köln NZV 2004, 423, 424.
[40] Börner in Leipold/Tsambikakis/Zöller (Hrsg.), Anwaltkommentar StGB, 2. Aufl. 2015, § 183 Rn. 22; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 183 Rn. 12; Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 183 Rn. 15, § 183a Rn. 7; Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183a Rn. 10; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183a Rn. 9; Ziegler in BeckOK-StGB, 38. Ed. Mai 2018, § 183a Rn. 10.
[41] LG Koblenz NStZ-RR 1997, 104 unter Bezugnahme auf einen bei Laufhütte in LK-StGB, 11. Aufl. 1994, § 183 Rn. 2 zitierten unveröffentlichten Beschluss des BGH vom 9. Februar 1993 - 5 StR 28/93.
[42] LG Koblenz NStZ-RR 1997, 104, 105.
[43] LG Koblenz NStZ-RR 1997, 104, 105; so auch LG Köln als Vorinstanz zu OLG Köln NZV 2004, 423, 424; offengelassen für das eine analoge Anwendung des § 183 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 StGB betreffende Verhältnis des § 183a zu § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB von OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25. Mai 2016 - Ss 29/16 (22/16), Rn. 15[juris].
[44] So die Stellungnahme des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, vgl. BT-Drs. VI/3521, S. 56.
[45] Zutreffend rückt Esser JA 2016, 561, 567 die Vorschrift in die Nähe "einer übertriebenen Sexualmoral", deren Schutz durch eine Ordnungswidrigkeit ausreichend bewirkt werden könne und müsse; ähnlich Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 183a Rn. 2a; Rathgeber/Krug StraFo 2016, 309, 312; Sick/Renzikowski FS Schroeder, 2006, S. 603, 613; Weigend ZStW 129 (2017), 513, 522 (Urgestein der "Sittlichkeitsdelikte").
[46] 4. StrRG vom 23.11.1973, BGBl. I S. 1725.
[47] Baumann u.a., Alternativentwurf Besonderer Teil, Straftaten gegen die Person, Erster Halbband, 1970, S. 39; ebenso Hanack NJW 1974, 1, 9.
[48] Horstkotte JZ 1974, 84, 89 f.; Laufhütte/Roggenbuck in LK-StGB, 12. Aufl. 2010, § 183 Rn. 1.
[49] BGHSt 34, 150, 153; OLG Düsseldorf NStZ 1984, 263; OLG Stuttgart StV 2007, 189, 190.
[50] Vgl. dazu BGH NStZ-RR 2005, 11; BGH NStZ-RR 2006, 203; BGH NStZ 2008, 92; Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 183 Rn. 12 ("schlechte[s]Gewissen des Gesetzgebers gegenüber der Kriminalisierung"); Wolters in SK-StGB, 135. Lfg. 2012, § 183 Rn. 8.
[51] Elz in Elz/Jehle/Kröber, Exhibitionisten – Täter, Taten, Rückfall, 2004, S. 93, 114 ff.; Görgen Rückfallgefährdung und Gewaltrisiko bei exhibitionistischen Tätern, 2003, S. 28, 33; Jehle/Hohmann-Fricke in Elz/Jehle/Kröber, Exhibitionisten –Täter, Taten, Rückfall, 2004, S. 133, 156 ff.; dazu im normativen Kontext etwa Hörnle in MK-StGB, 3. Aufl. 2017, § 183 Rn. 23 ff., 27; Laubenthal Handbuch Sexualstraftaten, 2012, Rn. 716; Wolters in SK-StGB, 135. Lfg. 2012, § 183 Rn. 8.
[52] Für eine Behandlung exhibitionistischen bzw. öffentlich-ärgerniserregenden Verhaltens als Ordnungswidrigkeit Hörnle Grob anstößiges Verhalten, 20055, S. 459 ff.; so auch Lautmann ZRP 1980, 46; Sander ZRP 1997, 447, 450 (zu § 183 StGB); Weigend ZStW 129 (2017), 513, 522 f.; Wolters GA 2014, 556, 562; zu § 183a StGB auch Fischer Strafgesetzbuch und Nebengesetze, 65. Aufl. 2018, § 183a Rn. 2a; Sick/Renzikowski FS Schroeder, 2006, S. 603, 613.