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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2018
19. Jahrgang
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1. Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Liegt ein Fehlschlag vor, scheidet ein Rücktritt vom Versuch aus. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten mit Tötungsvorsatz vorgenommenen Ausführungshandlung an.
2. Hat ein Täter nach der mit Tötungsvorsatz begangenen Handlung erkannt, dass er noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist, so liegt ein unbeendeter Versuch des Tötungsdelikts auch dann vor, wenn sein anschließendes Handeln bei unverändertem Vorstellungsbild nicht mehr auf den Todeserfolg gerichtet ist, obwohl ihm ein hierauf gerichtetes Handeln möglich gewesen wäre. Der Täter kann in diesem Fall, wenn er sich freiwillig dazu entschließt, durch bloßes Aufgeben des Tötungsvorsatzes vom versuchten Totschlag zurücktreten.
3. Dies gilt auch dann, wenn sich das Tatgeschehen als natürliche Handlungseinheit darstellt. Denn die Zusam-
menfassung mehrerer strafrechtlich relevanter Einzelakte eines Gesamtgeschehens zu einer natürlichen Handlungseinheit vermag nicht die strafrechtliche Bewertung des jeweiligen Einzelaktes zu modifizieren. Die rechtlichen Folgen der Handlungseinheit bleiben auf die konkurrenzrechtliche Beurteilung beschränkt.
4. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild eines Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Allein der Umstand, dass ein beteiligter durch sein Zutun die von anderen unmittelbar begangenen Taten fördert, reicht zur Begründung von Mittäterschaft nicht aus und entspricht vielmehr dem Charakter einer Beihilfehandlung. Erforderlich sind vielmehr regelmäßig konkrete Handlungen, mit denen der Angeklagte bestimmend darauf einwirken kann, ob, wann, wo und wie die Taten durchgeführt werden.
2. Auch der Umstand, dass ein Beteiligter in den Tatplan der übrigen Beteiligten eingebunden ist und in diesem Wissen handelt, führt nicht zur Annahme von Mittäterschaft, da die bloße Kenntnis und Billigung einer Tat die fehlende Tatherrschaft nicht kompensieren können. Ebenso wenig erreicht regelmäßig ein eigenes finanzielles Interesse am Taterfolg aufgrund einer Beteiligung an der Tatbeute das nötige Gewicht, um die Annahme eines mittäterschaftlichen Handelns zu begründen.
3. Handlungsort im Sinne des § 9 Abs. 1 StGB ist jeder Ort, an dem der Täter eine auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Handlung vornimmt, sofern damit die Schwelle zum Versuchsstadium überschritten ist. Dagegen reichen bloße Vorbereitungshandlungen im Inland nicht aus, um die deutsche Strafgewalt zu begründen, es sei denn, dass diese selbständig mit Strafe bedroht sind oder es sich um mittäterschaftliche Beiträge eines anderen Tatbeteiligten zu der im Ausland vollzogenen Tat handelt.
4. Beendigung tritt beim Betrug mit dem Abschluss der Tat im Ganzen ein, wozu gehört, dass der erstrebte Vermögensvorteil tatsächlich erlangt ist. Dies ist beim Überweisungsbetrug der Fall, wenn der Betrag auf dem Zielkonto des Täters gutgeschrieben ist und der Geschädigte keine Möglichkeit mehr hat, den Täter daran zu hindern, hierüber zu verfügen.
5. Geschädigter ist in der Konstellation des Überweisungsbetruges - neben dem Inhaber des belasteten Kontos - das Kreditinstitut, bei dem das belastete Konto des vermeintlich Anweisenden geführt wird. Vor diesem Hintergrund kommt es für den Eintritt der Tatbeendigung maßgeblich darauf an, ab wann der Täter über die deliktisch erlangte Gutschrift gesichert zu verfügen vermag, ohne dass der Zahlungsdienstleister des Belastungskontos als Geschädigter dies verhindern kann.
6. Werden das belastete und das begünstigte Konto bei demselben Kreditinstitut unterhalten, kann dieses gemäß Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken fehlerhafte Gutschriften auf Kontokorrentkonten grundsätzlich durch eine Belastungsbuchung rückgängig zu machen, soweit ihr ein Rückzahlungsanspruch gegen den durch die Gutschrift begünstigten Kunden zusteht (Stornobuchung). Auf diese Weise kann die Bank das in der Gutschrift liegende abstrakte Schuldversprechen einseitig widerrufen, weshalb es durch die bloße Gutschrift auf dem Empfängerkonto nicht zur Beendigung des (Überweisungs-)Betruges kommt.
7. Anders verhält es sich hingegen, wenn das belastete und das begünstigte Konto bei unterschiedlichen Kreditinstituten geführt werden. In diesem Fall besteht – ungeachtet etwaiger verbleibender Ansprüche gegen den Empfänger –für die geschädigte Bank nach Gutschrift des Betrages auf dem Konto des begünstigten Empfängers keine Möglichkeit mehr, diesen an der Verfügung über den Geldbetrag zu hindern, so dass der Überweisungsbetrug mit der erfolgten Gutschrift beendet ist.
1. Handlungsort im Sinne des § 9 Abs. 1 StGB ist jeder Ort, an dem der Täter eine auf die Tatbestandsverwirklichung gerichtete Handlung vornimmt, sofern damit die Schwelle zum Versuchsstadium überschritten ist. Auch bloße Vorbereitungshandlungen im Inland können grundsätzlich ausreichen, um die deutsche Strafgewalt zu begründen, sofern diese selbständig mit Strafe bedroht sind oder aber es sich um mittäterschaftliche Beiträge eines anderen Tatbeteiligten zu der im Ausland vollzogenen Tat handelt.
2. Indes ist nicht jede selbständig strafbewehrte Vorbereitungshandlung dazu geeignet, einen inländischen Handlungsort zu begründen. Voraussetzung hierfür ist vielmehr eine enge tatsächliche Verknüpfung von Tatvorbereitung und Tatbegehung als lediglich unterschiedliche
Stadien der Verwirklichung einer konkret geplanten Tat, wie es insbesondere bei der Verbrechensverabredung nach § 30 Abs. 2 StGB der Fall ist. Hier kann der Umstand, dass die Verabredung zu dem Verbrechen nicht nur getroffen, sondern dieses auch noch realisiert wird, den einmal begründeten Tatort nicht wieder beseitigen, sondern fügt ihm lediglich einen weiteren Tatort hinzu. Dass die Verbrechensverabredung hinter die Begehung der Tat zurücktritt und nicht bestraft wird, ist unerheblich.
3. Auch § 276 StGB ist als selbständiges Delikt konzipiert, dessen Anwendungsbereich auf Verhaltensweisen gerichtet ist, die typischerweise der Vorbereitung des späteren Gebrauchs der falschen amtlichen Ausweise dienen. Jedoch gibt der Tatbestand konkrete objektive Handlungen vor, die von § 267 Abs. 1 StGB gerade nicht erfasst werden und denen damit ein eigener Unrechtsgehalt innewohnt. Mit der gesetzlichen Konzeption des § 276 StGB als selbständiges Delikt ist eine Wertung, wonach aus dieser Norm ein zusätzlicher Tatort für ein strafbares Handeln nach § 267 StGB abgeleitet werden könnte, nicht zu vereinbaren.
Es liegt nur eine einheitliche Urkundenfälschung (§ 267 StGB) vor, wenn eine gefälschte Urkunde dem ursprünglichen Tatplan entsprechend mehrfach gebraucht wird.
1. Ein Notar nimmt mit der Erhebung von Gebühren nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BNotO eine Diensthandlung im Sinne von §§ 332, 334 StGB vor. (BGHSt)
2. Wird er im Gegenzug für eine pflichtwidrige Gebührenunterschreitung mit einer Beurkundung beauftragt, ohne dass er hierauf einen Anspruch hat, stellt dies einen Vorteil im Sinn der §§ 331 ff. StGB dar. (BGHSt)
3. Eine Diensthandlung liegt jedenfalls vor, wenn das Handeln zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört und von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen wird. Dies ist bei der Gebührenerhebung durch einen Notar zu bejahen, da gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BNotO eine amtliche Verpflichtung zur Erhebung der gesetzlichen Gebühr besteht. (Bearbeiter)
4. Unterschreitet der Notar die gesetzlichen Gebühren, verletzt er grundsätzlich seine Pflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BnotO. Sein Gebührenanspruch ist gemäß § 17 Abs. 1 BNotO öffentlich-rechtlicher Natur. Deswegen sind die Gebühren des Notars grundsätzlich jeglicher Vereinbarung entzogen, die sich auf ihre Höhe auswirkt. Gleichwohl getroffene Vereinbarungen sind nichtig und befreien den Notar nicht von der Pflicht zur Erhebung der gesetzlich vorgesehenen Gebühren. (Bearbeiter)
5. Ein Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte ist jede Leistung, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert. Er kann auch im Abschluss eines Vertrages mit dem Amtsträger bestehen, auf den dieser keinen Anspruch hat. (Bearbeiter)
1. Zum Begriff des Warenvorrats im Sinne von § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alternative 2 StGB. (BGHSt)
2. Ein Warenvorrat ist eine größere Menge von körperlichen Gegenständen, die nicht dem Eigenverbrauch, sondern typischerweise dem gewerblichen Umsatz dienen. Nach dem Gesetzeswortlaut setzt der Begriff des Warenvorrats – anders als nach § 308 Abs. 1 Var. 6 StGB a.F. – nicht voraus, dass die Waren an einem bestimmten Ort, etwa in einem Warenlager, aufbewahrt werden. Dabei scheiden unbedeutende Vorratsmengen als Tatobjekt nach § 306 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 StGB aus. (Bearbeiter)
3. Mit Blick auf die Zielrichtung der Neuregelung des § 306 StGB durch das 6. StrRG, den Katalog der Tatobjekte den Erfordernissen der heutigen Wirtschaftsordnung anzupassen, liegt es nach Ansicht des Senats nahe,
auch mobile Lagerstätten unter den mit dem vormaligen Terminus des „Magazins“ nicht deckungsgleichen Begriff des Warenlagers zu fassen. (Bearbeiter)
1. Im Fall eines durch Täuschung herbeigeführten Kaufvertragsabschlusses kann grundsätzlich bereits der Vertragsschluss einen Gefährdungsschaden des Verkäufers begründen, wenn seine Forderung auf Zahlung des Kaufpreises aufgrund mangelnder Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit des Käufers der gegen ihn entstandenen Forderung (Übereignung und Übergabe der Kaufsache) nicht gleichwertig ist. Das gilt indes grundsätzlich nicht, wenn der Vertrag nur zur Zug-um-Zug-Leistung verpflichtet, da hier das Leistungsverweigerungsrecht die in ihrer Bonität beeinträchtigte Gegenforderung sichert. Für Grundstücksgeschäfte bedeutet dies, dass in einem notariellen Kaufvertragsschluss noch kein Eingehungsbetrug liegt, wenn – wie im Regelfall – die Eintragung im Grundbuch von der vorherigen Kaufpreiszahlung abhängig ist.
2. Bei Grundstücksgeschäften, bei denen der Verkäufer im Fall des Ausbleibens der Kaufpreiszahlung gegen den Verlust seines Eigentums abgesichert ist, kann ein Vermögensschaden allerdings dadurch entstehen, dass irrtumsbedingt dem Käufer bereits vor Erfüllung seiner Verbindlichkeiten der Besitz eingeräumt wird. Ein solcher Schaden kann in der hiermit verbundenen Vereitelung einer anderweitigen Verwertung des Grundstücks und der dadurch entgangenen Nutzungsmöglichkeit zu sehen sein. Der negative Vermögenssaldo muss jedoch in Form eines ausgebliebenen Vermögenszuwachses konkret bestimmbar sein.
3. Im Übrigen wirkt die vorübergehende Entziehung des Besitzes für sich gesehen vermögensschädigend nur dann, wenn die betroffene Sache einen wirtschaftlichen Wert hat und entweder - teilweise - abgenutzt oder verbraucht werden soll oder wenn die konkrete Besitzübertragung im Geschäftsverkehr gewöhnlich an ein Entgelt geknüpft ist (etwa Hotelzimmer) und ein solches nicht erbracht wird.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlt es dann, wenn sich der Täter, nicht ein Behältnis, sondern in der Hoffnung auf möglichst große Beute allein dessen vermuteten Inhalt aneignen will, hinsichtlich des Behältnisses am Zueignungswillen zum Zeitpunkt der Wegnahme. Insoweit liegt dann nur ein aus Sicht des Täters fehlgeschlagener Versuch vor.
2. Die Mitgliedschaft in einer Bande führt nicht dazu, dass jede von einem der Bandenmitglieder aufgrund der Bandenabrede begangene Tat den anderen Bandenmitgliedern als gemeinschaftliche Tat zugerechnet werden kann. Die Täterschaft ist vielmehr anhand der allgemeinen Kriterien festzustellen.
3. Der Anstiftervorsatz muss die fremde Haupttat nicht in allen Einzelheiten, sondern nur in ihren Hauptmerkmalen erfassen.
Allein der Gesetzeszweck des § 89c StGB, Geldzuflüsse an Terrororganisationen zu verhindern, gibt keinen Anlass, den Vermögensbegriff bei § 263 StGB dahingehend einzuschränken, dass das Vermögen von Terrororganisationen strafrechtlich nicht geschützt würde. Die Rechtsordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte allgemein kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen. Wer daher in Bereicherungsabsicht versucht, den (vermeintlichen) Repräsentanten einer Terrororganisation durch unwahre Angaben zu einer vermögensschädigenden Handlung zu veranlassen, macht sich eines versuchten Betruges schuldig.
Der Tatbestand des § 239 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass dem Opfer die Möglichkeit genommen wird, sich von einem bestimmten Ort fortzubewegen. Daran fehlt es, wenn die Fortbewegung lediglich erschwert wird. Dies kommt beim Versperren einer Wohnungstür in Betracht, wenn ein Sprung aus dem Fenster möglich und nicht mit unzumutbarer Gefährlichkeit verbunden ist. Diese Voraussetzungen sind regelmäßig erfüllt, wenn sich die Wohnung im Erdgeschoss befindet, nicht aber dann, wenn ein Sprung aus größerer Höhe notwendig wäre.
1. Die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem äußeren Erscheinungsbild des vermögensschädigenden Verhaltens des Verletzten, nämlich danach, ob der Täter eine fremde bewegliche Sache wegnimmt oder das Opfer sie ihm übergibt
2. Zwischen der Drohung mit oder dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme beim Raub muss eine finale Verknüpfung bestehen; Gewalt oder Drohung müssen das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. An einer solchen Verknüpfung fehlt es, wenn eine Nötigungshandlung nicht zum Zwecke der Wegnahme vorgenommen wird, sondern der Täter den Entschluss zur Wegnahme erst nach Abschluss dieser Handlung fasst. Allein der Umstand, dass die Wirkungen einer Drohung, die ohne (umfassende) Wegnahmeabsicht ausgesprochen wurde, beim Tatopfer noch andauern und der Täter dies bei der späteren Wegnahme ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht.
1. Andere gesundheitsschädliche Stoffe im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind Substanzen, die nach ihrer Art und dem konkreten Einsatz zu einer erheblichen Gesundheitsbeschädigung geeignet sind. Ob die Wirkung dabei mechanisch, biologisch, chemisch oder thermisch erfolgt, ist ohne Belang. Der gesundheitsschädliche Stoff ist dem Opfer beigebracht, wenn er durch den Täter so mit dem Körper in Verbindung gebracht worden ist, dass er seine gesundheitsschädliche Wirkung entfalten kann. Dafür kann ein äußerlicher Kontakt ausreichend sein, sofern die Schwere der möglichen Auswirkung auf die Gesundheit der Gefährdung durch einen eingeführten Stoff gleichkommt.
2. Dass zwischen brennbarem Material (hier: ein Kleidungsstück) und den Körpern der Nebenkläger bereits ein äußerlicher Kontakt bestand, als es von dem Angeklagten in Brand gesetzt wurde, steht der Annahme eines „Beibringens“ im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht entgegen. Ausreichend ist es, dass der Angeklagte eine Ursache dafür gesetzt hat, dass die brennende Substanz ihre gesundheitsschädliche thermische Wirkung an den Körpern der Nebenkläger entfalten konnte.
1. Die Zueignungsabsicht ist gegeben, wenn der Täter im Zeitpunkt der Wegnahme die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder einen Dritten erlangen und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem eines Dritten ‚einverleiben‘ oder zuführen will.
2. An dem für eine Aneignung erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den des Vermögens eines Dritten zu mehren, fehlt es dagegen, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie ‚zu zerstören‘, ‚zu vernichten‘, ‚preiszugeben‘, ‚wegzuwerfen‘, ‚beiseite zu schaffen‘, ‚zu beschädigen‘, sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern.
3. Die Zueignungsabsicht kann bei einer Wegnahme auch mit dem Willen vorhanden sein, die Sache zunächst zu behalten und sich erst später darüber schlüssig zu werden, wie über sie zu verfügen sei.
4. Eine – bei fehlender Zueignungsabsicht mögliche – Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung kommt nicht in Betracht, wenn der Angeklagte nicht in der Absicht handelte, sich oder einen Dritten zu bereichern. Bloßer Besitz einer Sache bildet einen Vermögensvorteil nur dann, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlich messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. Daran fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt.
Eine rohe Misshandlung im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB ist anzunehmen, wenn der Täter einem anderen eine Körperverletzung aus gefühlloser Gesinnung zufügt, die sich in erheblichen Handlungsfolgen äußert wobei sich diese Tatalternative – anders als das Quälen – auf ein einzelnes Körperverletzungsgeschehen bezieht. Eine solche für die rohe Misshandlung notwendige gefühllose Gesinnung liegt nur vor, wenn der Täter bei der Misshandlung das notwendig als Hemmung wirkende Gefühl für das Leiden des Misshandelten verloren hat, das sich bei jedem menschlich und verständlich Denkenden eingestellt haben würde (vgl. BGH NStZ-RR 2015, 369, 371 f.).
Das Ausnutzen eines „Klimas der Gewalt“ erfüllt nur dann die Voraussetzungen einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung im Sinne von § 177 StGB a.F., wenn durch eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Täters eine finale Verknüpfung mit dem sexuellen Übergriff hergestellt wird. Der Täter muss erkennen und zumindest billigen, dass das Opfer sein Verhalten als Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben empfindet und nur deshalb die sexuelle Handlung erduldet.
Dient eine Nötigungshandlung ausschließlich dazu, das Opfer an der freien Bestimmung seines Aufenthaltsorts zu hindern, wird § 240 StGB durch die speziellere Strafvorschrift des § 239 Abs. 1 StGB verdrängt.