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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
März 2018
19. Jahrgang
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Von Hao-Hao Wu, München[*]
Die Reichweite des Einsichtsrechts in Aufzeichnungen aus einer Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ist nach wie vor heftig umstritten und beschäftigt die Oberlandesgerichte bundesweit. Zwar wurde das Einsichtsrecht durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017 (BGBl. I, S. 2208) zum 1. Januar 2018 umfassend reformiert, allerdings trug die Reform nach Auffassung des Verfassers nicht zur Beilegung der erheblichen Schwierigkeiten in der anwaltlichen Praxis bei. Der vorliegende Aufsatz geht dem Grundproblem unter Geltung der neuen Rechtslage ab dem 1. Januar 2018 nach.
Die Strafakte ist Ausgangspunkt jeder Verurteilung eines Angeklagten, weshalb die Kenntnis ihres Inhalts von elementarer Bedeutung für die Entwicklung einer erfolgreichen Verteidigungsstrategie ist. [1] Dies gilt umso mehr, wenn die Staatsanwaltschaft ihr auf die Erhebung der öffentlichen Anklage hinauslaufendes Ermittlungsergebnis auf eine umfangreiche verdeckte Ermittlungsmaßnahme gestützt hat. Als eine solche Ermittlungsmaßnahme kommt vor allem die in § 100a StPO geregelte TKÜ in Betracht, die in Zeiten einer flächendeckenden Telekommunikation über verschiedenste Diensteanbieter rasant an Bedeutung gewonnen hat.[2] Das dabei gesammelte Datenvolumen kann beträchtlich sein[3] und einen wesentlichen Beitrag zur Klärung der Tat leisten. Dementsprechend groß ist das Interesse der Verteidigung, in Erfahrung zu bringen, welche Gespräche mitgezeichnet und im Besonderen verwertet wurden. Die Frage nach Reichweite und Grenzen dieses Einsichtsrechts wirft dabei vielfältige Problemstellungen auf, die für die tägliche Arbeit der Verteidiger von erheblicher Bedeutung sind. Eine einheitliche Handhabung der Praxis hat sich indes nicht gebildet.[4]
Das Akteneinsichtsrecht fußt im deutschen Recht auf dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).[5] Auf europarechtlicher Ebene gewährt Art. 48 Abs. 2 der EU-GrCH das Recht auf Achtung der Verteidigerechte. Hierzu gehört das Recht auf Information, welches wiederum eine ausreichende Akteneinsicht durch den Rechtsbeistand einschließt.[6] Eine ähnliche Regelung findet sich in Art. 6 Abs. 3 lit. b) EMRK auf der Ebene des Völkerrechtes.
Das Akteneinsichtsrecht ist darüber hinaus eine wichtige Ausprägung des Rechts auf ein faires Verfahren ("fair trial"), welches in Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK normiert ist.[7]
Verfassungsrechtlich wird der "fair-trial"-Grundsatz aus dem Rechtsstaatsprinzip[8] in Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 S.1 GG oder aus einer Gesamtschau der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 S. 2, 20 Abs. 3, 101 Abs. 1 S. 2, 103 Abs. 1 GG abgeleitet.[9]
Hinsichtlich des "fair-trial"-Prinzips sind zwei wichtige Ausprägungen für das Akteneinsichtsrecht von besonderer Bedeutung: der Grundsatz der Waffengleichheit[10] und die sog. Parität des Wissens[11]. Gerade letztere wird durch ein Einsichtsrecht abgesichert. Der Verteidiger soll hierdurch in die Lage versetzt werden, vollumfänglich auf dem Wissensstand der anderen Verfahrensbeteiligten an der Verhandlung teilnehmen zu können.
Gercke [12] führt daneben noch einen weiteren Gedanken ein: Die Strafjustiz müsse, um ihre Legitimation zu wahren, Akzeptanz bei den Verfahrensbeteiligten schaffen und daher auf "informatorischer Augenhöhe" mit den Prozessbeteiligten verhandeln (Gercke spricht von einer "Legitimation durch Verfahren"[13] ). Nur dadurch könne auch ein zentraler[14] hinter einem Strafverfahren liegender Zweck, nämlich Rechtsfrieden zu schaffen[15] , erreicht werden.
Der Gesetzgeber hat es zum Abschluss der letzten Legislaturperiode – gewissermaßen im Endspurt – noch geschafft, die StPO den Bedürfnissen der technischen Entwicklung anzupassen und der wachsenden Bedeutung des elektronischen Rechtsverkehrs Rechnung zu tragen. Mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs[16], das in weiten Teilen bereits zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber Regelungen zum Führen einer (elektronischen) Akte getroffen sowie die Modalitäten der Akteneinsicht ("wie"[17]) nach der bewährten Klammertechnik vor die Klammer gezogen und die einzelnen Sonderregelungen zu der Form des Akteneinsichtsrechts verallgemeinert. Auch § 147 Abs. 4 StPO a.F., der in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung Art und Form der Akteneinsicht für Verteidiger regelte, ist der Regelungstechnik zum Opfer gefallen. Nach der Neuregelung ist die elektronische Akte nunmehr der Standardfall.[18] Dementsprechend regelt § 32f Abs. 1 S. 1 StPO, dass Einsicht in elektronische Akten durch Bereitstellen des Inhalts der Akte zum Abruf gewährt wird. Liegen die Akten noch in Papierform vor, wird die Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt (§ 32f Abs. 2 S. 1 StPO). Die Akteneinsicht kann – soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen – auch durch Bereitstellen des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Bereitstellen einer Aktenkopie zur Mitnahme gewährt werden (§ 32f Abs. 2 S. 2 StPO). Auf besonderen Antrag werden einem Verteidiger oder Rechtsanwalt, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen, die Akten zur Einsichtnah-
me in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung mitgegeben (§ 32f Abs. 2 S. 3 StPO). Damit entspricht die Regelung des § 32f Abs. 2 S. 3 StPO der des § 147 Abs. 4 S. 1 StPO in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung, mit der Ausnahme, dass es eines "besonderen Antrages" bedarf, ohne dass damit höhere Anforderungen statuiert werden sollen.[19]
Auch nach der gesetzlichen Neuregelung bleiben alte Probleme bestehen. Der Gesetzgeber hat es bedauerlicherweise versäumt, die heftig umstrittene Frage nach der Reichweite des Einsichtsrechts in Aufzeichnungen aus einer TKÜ explizit zu regeln, so dass weiterhin ein weiter Spielraum für unterschiedliche Interpretationen verbleibt. Auch in der über 100-seitigen Gesetzesbegründung hat es der Gesetzgeber "geschafft", das Problem mit keinem Wort anzusprechen. Nicht geäußert hat sich der Gesetzgeber zu der Frage,
Damit verschiebt sich lediglich das Problem in den Allgemeinen Teil der StPO. Gewonnen haben die Beteiligten des Strafverfahrens somit leider nichts.
Diese Gedanken sollen der nun folgenden Betrachtung vorausgeschickt werden. Bei den Ausführungen wird die neue Rechtslage zugrunde gelegt und, sofern von Bedeutung, im Klammerzusatz auf die alte Rechtslage verwiesen. Der Verfasser geht hier lediglich auf die Einsicht in noch in Papierform geführten Akten ein.[20]
Zunächst sollen an dieser Stelle – auch unter Vorgriff der noch zu erläuternden Themenfelder – die allgemeinen Rechtssprechungslinien hinsichtlich des Umgangs mit der aufgezeichneten Telekommunikation im Rahmen der Akteneinsicht aufgezeigt werden.[21] Da die gesetzliche Neuregelung an dem Inhalt des § 147 Abs. 4 StPO a.F. nichts ändert, sondern nur in § 32f Abs. 2 StPO "verschiebt"[22] , dürfte davon auszugehen sein, dass die Gerichte bei ihrer bereits geäußerten Auffassung verbleiben.
Der BGH[23] hat sich im Jahr 2014 im Zusammenhang mit einer Verfahrensrüge mit der vorliegenden Thematik beschäftigt und die TKÜ-Aufzeichnungen auf einem Datenträger als Beweismittel qualifiziert, die der Verteidiger in den Räumen der Ermittlungsbehörden (Staatsanwaltschaft, die Polizei der Länder, Landes- oder Bundeskriminalamt) besichtigen kann (vgl. § 147 Abs. 1 StPO). Einen allgemeinen Mitgabeanspruch hat der Senat auf Grundlage von § 147 Abs. 4 S. 1 StPO a.F. (konsequenterweise) verneint. Im Einzelfall könne sich allerdings aus dem Gebot des fairen Verfahrens dennoch ein Mitgabeanspruch ergeben.[24]
Die obergerichtliche Rechtsprechung weist indes kaum klare Linien auf.[25] Die Oberlandesgerichte Karlsruhe[26] , Stuttgart[27] , Nürnberg[28] und das KG[29] qualifizieren die Aufzeichnungen aus der TKÜ ebenfalls als amtlich verwahrte Beweisstücke und ließen dementsprechend die Weitergabe der Datenträger an den Verteidiger grundsätzlich nicht zu, wobei das OLG Nürnberg besonders betonte, dass § 147 Abs. 4 StPO a.F. für solche Fälle nicht nur keinen Mitgabeanspruch gewähre, sondern geradezu ein Verbot der Mitgabe der Aufzeichnungen statuiere, da die Daten nicht aus dem Kontrollbereich der Justiz gegeben werden dürften.[30]
Das OLG Celle hat mit größerem Begründungsaufwand in Beschlüssen vom 24. Juli 2015[31] und vom 05. Juli 2016[32] die Kopien einer TKÜ-Aufzeichnung zwar als Aktenbestandteile eingeordnet, die Weitergabe der Akten an den Verteidiger aber aus Gründen des Drittschutzes für unzulässig erklärt. Es bestünde die Gefahr einer "Eingriffsvertiefung"[33]. Außerdem könne die Staatsanwaltschaft ihrer Löschungsverpflichtung nach § 101 Abs. 8 StPO dann nicht mehr nachkommen.
Das OLG Zweibrücken[34] hat jüngst entschieden, dass die als Aktenbestandteile qualifizierten TKÜ-Aufzeichnungen an den Verteidiger entsprechend § 147 Abs. 4 S. 1 StPO a.F. weiterzugeben sind und ausdrücklich festgestellt, dass der Drittschutz kein wichtiger Grund sei, der die Versagung rechtfertige.
Auf untergerichtlicher Ebene haben sich das LG Essen[35] und das LG Bremen[36] überdies auch zur Frage geäußert, ob der Verteidiger die erlangte TKÜ-Aufzeichnung an seinen Mandanten weitergeben darf. Während das LG Bremen dies für den inhaftierten Mandanten bejahte[37], verfolgte das LG Essen unter Berufung auf die Bedeutung sachgerechter Strafverteidigung – eine noch weitergehende Spruchpraxis und billigte die Übergabe der Aktenkopien an den Mandanten allgemein.[38]
Killinger weist allerdings darauf hin, dass "viele Staatsanwaltschaften und Vorsitzende der Verteidigung bereits aus pragmatischen Gründen anstandslos Kopien der TKÜ-Daten zur Verfügung[stellen]".[39] Wie die bundesweite Praxis im Einzelnen aussieht, kann mangels empirischer Daten daher nur schwerlich festgestellt werden.
§ 147 Abs. 1 StPO differenziert zwischen den Akten und den amtlich verwahrten Beweisstücken. Diese Differenzierung ist für das allgemeine Einsichtsrecht zunächst ohne größere Bedeutung und spielt erst bei der Frage der Mitgabe der Unterlagen an den Verteidiger eine wesentliche, praxisrelevante Rolle. Nach § 32f Abs. 2 S. 3 StPO (§ 147 Abs. 4 S. 1 StPO a.F.) dürfen dem Verteidiger nämlich nur die Akten auf Antrag mitgegeben werden, während die Beweisstücke in den Räumen der Ermittlungsbehörden verbleiben müssen.[40] Diese Differenzierung fußt auf dem Gedanken, dass Beweisstücke aufgrund der individuellen Beschaffenheit ihrer Substanz Bedeutung haben und aus Gründen des Substanz- und Integritätsschutzes nicht die Sphäre der Justiz verlassen dürfen.[41] Dem Grundsatz ist nichts entgegenzuhalten. Ausgehend von diesen Überlegungen ist hinsichtlich der Einordnung von TKÜ-Unterlagen allerdings zu differenzieren:
Befinden sich die Daten noch auf dem Server der Ermittlungsbehörde, so sind diese als Beweisstücke zu qualifizieren.[42] Dem Verteidiger steht es dann nicht zu, den Server mitzunehmen und sodann in seinen Büroräumen auszuwerten, da dies dem Integritätsschutz des Servers zuwiderliefe. Es bestünde zumindest die Gefahr, dass die Aufzeichnungen verloren gehen und für die Wahrheitsfindung nicht mehr zur Verfügung stehen.
Für bereits zu den Akten gelangte Kopien auf Datenträgern kann dies allerdings nicht gelten. Hierbei handelt es sich lediglich um Aktenbestandteile, die vom umfassenden Mitgaberecht erfasst sind.[43] Soweit die Rechtsprechung und Teile der Literatur[44] dieser Zuordnung nicht folgen, ist die Ansicht als unzutreffend zurückzuweisen.[45] Für Replikate digitaler Aufzeichnungen kann schwerlich ein Integritätsschutz konstruiert werden, der einer Herausgabe aus der justiziellen Sphäre entgegenstehen könnte.[46] Vielmehr handelt es sich bei den Aufzeichnungen gerade um Kopien des im Gewahrsam der Ermittlungsbehörden verbleibenden Originals. Damit besteht keine Gefahr, dass das Beweismittel unwiederbringlich vernichtet wird.[47]
Die TKÜ-Aufzeichnungen, die sich nicht auf dem Server, sondern auf einem externen Datenträger befinden, unterliegen damit dem Mitgabeanspruch des § 32f Abs. 2 S. 3 StPO (§ 147 Abs. 4 S. 1 StPOa.F.).
Die Mitgabe von Aktenbestandteilen kann gem. § 32f Abs. 2 S. 3 StPO (§ 147 Abs. 4 S. 1 StPO a.F.) nur aus wichtigen Gründen versagt werden, wobei der Gesetzgeber den Begriff der wichtigen Gründe nicht näher erläu-
tert hat.[48] Die Literatur[49] benennt exemplarisch den Geheimnisschutz bei Verschlusssachen (dazu Nr. 217 Abs. 4 RiStBV), die Gefährdung des Ermittlungszwecks (vgl. aber dann bereits § 147 Abs. 2 StPO, wonach die Akteneinsicht selbst bereits versagt werden kann) und das Beschleunigungsgebot.[50] Auch nach der gesetzlichen Neuregelung sollen die "wichtigen Gründe" nicht weiter ausgelegt werden als bisher.[51]
Die sich gegen eine Mitgabe der TKÜ-Aufzeichnungen an den Verteidiger wendenden Oberlandesgerichte[52] und wohl auch der BGH[53] argumentieren damit, dass der Grundrechtsschutz Dritter als "wichtiger Grund" i.S.d. § 147 Abs. 4 StPO a.F. der Mitgabe entgegenstehe.[54] Die Herausgabe der Akten vertiefe nämlich den bestehenden Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen und verhindere zudem eine effektive Durchsetzung der staatlichen Löschungsverpflichtung nach § 101 Abs. 8 StPO. Die TKÜ-Aufzeichnungen dürften daher, selbst wenn diese als Aktenbestandteile qualifiziert würden, in der Regel die Sphäre der Justiz nicht verlassen.
Die genannten Argumente gehen aus mehreren Gründen fehl:
Es ist bereits fraglich, ob der Drittschutz als wichtiger Grund im Sinne des § 32f Abs. 2 S. 3 StPO (bzw. § 147 Abs. 4 S. 1 StPO a.F.) anzusehen ist.[55] Dagegen streitet zunächst ein Vergleich mit § 147 Abs. 4 StPO[56] , wonach überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter bei der Gewährung von Akteneinsicht an einen nichtverteidigten Beschuldigten zu berücksichtigen sind. E contrario könnte man davon ausgehen, dass der Drittschutz bei § 32f Abs. 2 S. 3 StPO keine Rolle spielt.[57] Dies wird durch die Gesetzesbegründung zu § 147 Abs. 7 StPO a.F. gestützt: Danach hat der Gesetzgeber die schutzwürdigen Interessen Dritter bewusst als Schranke für das Auskunftsrecht des Beschuldigten ausgestaltet, während sich eine solche Regelung wegen "der Aufgabe der Verteidigung und der besonderen Stellung des anwaltlichen Verteidigers, eines Organs der Rechtspflege" erübrige.[58] Da auch § 32f Abs. 2 S. 3 StPO ausschließlich für den Verteidiger (oder Rechtsanwalt) gilt, ist das Argument weiterhin valide.
Es besteht auch kein Bedürfnis, den Drittschutz im Rahmen des Akteneinsichtsrechts zu berücksichtigen, da dies bereits bei der Erhebung und Verwertung der TKÜ-Daten zu geschehen hat.[59]
Durch die Einschränkung des Personenkreises nach § 100a Abs. 3 StPO (Beschuldigter, Nachrichtenmittler[60] oder Inhaber des Anschlusses, den der Beschuldigte verwendet) wird sichergestellt, dass sich die TKÜ zwar gegen Nichtbeschuldigte, aber nicht gegen völlig Unbeteiligte richten kann.[61] Dies ist ein zunächst schwacher Schutz, kann aber als erster "Filter" wirken.
Der Befürchtung, dass sich sensible Daten unter den TKÜ-Aufzeichnungen befinden könnten, kann schon durch einen Hinweis auf § 100d StPO begegnet werden. Der Gesetzgeber hat für sog. kernbereichsrelevante Daten[62] ein Erhebungs- und Verwertungsverbot normiert. Liegen tatsächliche Anhaltpunkte für die Annahme vor, dass durch eine Maßnahme nach § 100a StPO allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestal-
tung erlangt werden, ist die Maßnahme unzulässig (§ 100d Abs. 1 StPO). Wurden diese Daten dennoch erhoben (was in der Praxis nicht selten der Fall ist), sind sie unverzüglich zu löschen und ihre Löschung ist zu dokumentieren, § 100d Abs. 2 StPO. Demnach dürften sich in der Ermittlungsakte (insbesondere in einem späteren Stadium, etwa nach Erhebung der Anklage) keine solchen Daten finden lassen, so dass der Verteidigung die Akteneinsicht nicht mit dem Hinweis auf den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung versagt werden kann.[63] Eine Beschränkung des Einsichtsrecht kann also nicht mit datenschutzrechtlichen Belangen begründet werden.[64] Ein etwaiges Versäumnis der Staatsanwaltschaft, kernbereichsrelevante Daten zu löschen, darf dabei nicht zu Lasten einer effektiven Verteidigung gehen. Es wäre verfehlt, auf den strafprozessualen Missstand mit einer Einschränkung der Verteidigung zu reagieren.[65]
Nach alledem wird dem Grundrechtsschutz des Betroffenen hinlänglich Rechnung getragen.[66]
Flankierende Vorschriften sichern den grundrechtlichen Schutz aus Art. 10 Abs. 1 GG ab und sorgen dafür, dass bereits im Vorfeld der Akteneinsicht, dem Drittschutz ausreichend Rechnung getragen wird (bzw. werden sollte). Dazu gehören die Subsidiaritätsklausel (§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO)[67] , die Kennzeichnungs- (§ 101 Abs. 3 StPO), Benachrichtigungs- (§ 101 Abs. 4 StPO) und Löschungsverpflichtung (§ 101 Abs. 8 StPO)[68] sowie der nach § 101 Abs. 7 StPO zu gewährende Rechtsschutz[69]. Schließlich unterliegt die Anordnung der TKÜ grundsätzlich dem Richtervorbehalt (§ 100e Abs. 1 StPO)[70]. Dieser hat durch die Neuregelung in § 100e StPO im Vergleich zum alten Recht[71] eine Stärkung erfahren, da die richterliche Entscheidung nunmehr qualifiziert zu begründen ist (§ 100e Abs. 4 StPO).[72]
Insbesondere die Löschungsverpflichtung soll dazu führen, dass sämtliche nicht für das Strafverfahren relevante Daten aus der Akte entfernt werden. Übrig bleiben – so das Idealbild – lediglich die für die Anklage bedeutenden TKÜ-Aufzeichnungen, auf die der Verteidiger dann auch unbedingten Zugriff haben muss.
Zuzugeben ist den Befürwortern einer Berücksichtigung des Drittschutzes auf der Ebene des § 32f Abs. 2 S. 3 StPO bzw. § 147 Abs. 4 S. 1 StPO a.F., dass die drittschützenden Regelungen im Zusammenhang mit der Anordnung und Auswertung einer TKÜ noch im mehr oder weniger erheblichen Maße ausbaufähig sind.[73] So hat es der Gesetzgeber auch bei Neuregelung der Kernbereichsklausel in § 100d StPO (wieder) versäumt, den Kernbereichsschutz bei Maßnahmen nach § 100a StPO dem Schutzniveau des Kernbereichsschutzes für Maßnahmen nach § 100c StPO anzugleichen (vgl. für diesen § 100d Abs. 4 StPO).[74] Doch diese gesetzgeberischen Defizite – sofern man welche darin zu sehen mag – können und dürfen nicht dadurch ausgeglichen werden, dass man an gänzlich anderer, gar systemwidriger, Stelle dem Verteidiger – letztlich auf Kosten des Beschuldigten – ein derart wichtiges Recht wie das der Akteneinsicht beschneidet. Vielmehr muss der Gesetzgeber selbst tätig werden und die einzelnen Unzulänglichkeiten an der Stelle reformieren, wo Defizite bestehen.[75]
Selbst wenn man den Drittschutz als Schranke für das Akteneinsichtsrecht ansähe, überwiegt das Recht des Beschuldigten auf eine effektive Verteidigung.[76]
Ruft man sich den Personenkreis des § 100a Abs. 3 StPO in Erinnerung, liegt die Überlegung nahe, dass in jedem Fall der Beschuldigte – sofern er Gesprächspartner war – der Überlassung der Aufzeichnungen an den Verteidiger zustimmen kann, womit bereits die Notwendigkeit der Berücksichtigung eines Drittschutzes entfiele.[77] Der Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG entfällt nämlich nach der (nicht unbestrittenen) Rechtsprechung des BGH bereits dann, wenn ein Kommunikationsteilnehmer mit der Verwertung (oder bereits der Erhebung) einverstanden ist ("Grundrechtsverzicht durch Einwilligung"[78] ).[79] Hin-
sichtlich der (häufig dem Beschuldigten nahestehenden) Nachrichtenmittler ist zu erwägen, ob man auch deren Einverständnis einholen kann.
Der Verteidiger ist nach § 1 BRAO ein Organ der Rechtspflege und genießt damit ein gewisses Vertrauen in der staatlichen Gemeinschaft, welches ihm auch die Justizorgane entgegenzubringen haben.[80] Eine pauschale Unterstellung, dass der Verteidiger nicht in der Lage sei, den Schutz der persönlichen Daten der Betroffenen zu gewährleisten, ist daher angesichts der Organstellung zurückzuweisen[81], wenn dafür keine konkreten Anhaltspunkte genannt werden. An der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen hat der Verteidiger nicht zuletzt aus der Verantwortung gegenüber seinem Berufsstand ein Interesse. Überdies flankieren berufs-, standes-[82] und strafrechtliche Vorschriften[83] das Geheimhaltungsinteresse.[84]
Dass sich der Eingriff in Art. 10 Abs. 1 GG vertiefen soll, weil die Unterlagen nicht in den Räumen der Ermittlungsbehörden, sondern in den Räumen der Kanzlei gesichtet werden, überzeugt nicht. In beiden Fällen ist der Verteidiger befugt, Sekundäraufzeichnungen zu machen[85] und den Mandanten über den Inhalt in Kenntnis zu setzen. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass sich der Eingriff "vertieft". Dass der Verteidiger die Daten nicht pfleglich behandelt oder nach Abschluss des Verfahrens nicht zurückgibt, darf wegen seiner Stellung als Organ der Rechtspflege nicht pauschal unterstellt werden. Hinsichtlich der Löschungsverpflichtung kann man den Ansatz verfolgen, dass die Übergabe der TKÜ-Aufzeichnungen an den Verteidiger nur unter der Versicherung ordnungsgemäßer (und restloser!) Rückgabe an die Ermittlungsbehörden erfolgen darf.[86] Aus der Organstellung folgt die grundsätzliche Vermutung, dass der Verteidiger dieser Verpflichtung – auch bei fehlender Vollstreckbarkeit – Folge zu leisten vermag.[87] Außerdem gibt es die Möglichkeit, den Datensatz mit einem Kopierschutz zu versehen.[88] Dass auch trotz weitreichendster Vorkehrungen ein Restrisiko des Verbreitens von Daten bestehen kann, ist hinzunehmen und darf nicht zu Lasten der Verteidigung gehen. Man kann diesem Problem weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht begegnen, da – wie oben dargestellt – Mitschriften jederzeit und unabhängig vom Ort der Einsichtnahme gestattet sind.[89] Überdies werden viele Gesprächsinhalte selbst verschriftlicht und zur Akte genommen. Diese Transkriptionen unterliegen nach allgemeiner Ansicht dem vollen Akteneinsichtsrecht; der Verteidiger wird sich in aller Regel auch Kopien hiervon machen und diese an seinen Mandanten weitergeben. Auf diese Mitschriften kann sich die Löschungsverpflichtung nicht erstrecken, obwohl der Grundrechtseingriff ähnlich schwer wiegen wird.[90]
Hinsichtlich der Abwägung zwischen den Persönlichkeits- und Datenschutzinteressen unbeteiligter Dritter und der Bedeutung der Akteneinsicht im Lichte des "fair-trial"-Grundsatzes ist noch zu berücksichtigen, dass bei Anordnung der TKÜ von Gesetzes wegen (§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 StPO) der Verdacht von schweren Straftaten im Raum steht, weshalb empfindliche Freiheitsstrafen drohen.[91] Aufgrund dessen ist neben Art. 103 Abs. 1 GG auch Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG mit "in die Waagschale zu werfen", womit im Ergebnis die Drittrechte zurückzutreten haben.[92]
Auch der Regelungsgehalt des § 32f Abs. 5 StPO spricht dafür, dass die Rechtsprechung ihre Haltung ab dem 1. Januar 2018 grundlegend überdenken sollte.[93] § 32f Abs. 5 StPO normiert eine datenschutzrechtliche Zweckbindung.[94] Danach dürfen Akten, Dokumente oder Abschriften, die im Rahmen einer Akteneinsicht überlassen werden, weder ganz noch teilweise Dritten übermittelt oder zugänglich gemacht werden, sofern dies nicht im Rahmen des Verfahrenszweckes liegt.[95] Besonders geschützt sind person-
enbezogene Daten, die durch die Akteneinsicht erlangt werden. Sie dürfen nach § 32f Abs. 5 S. 2 StPO grundsätzlich nur zu demjenigen Zweck verwendet werden, für den die Akteneinsicht gewährt wurde. Auf diese Zweckbindung ist nach § 32f Abs. 5 S. 4 StPO hinzuweisen. Wessing konstatiert völlig zu Recht, dass die Vorschrift erkennbar die Erwartung zugrunde legt, dass sich der Normadressat an die datenschutzrechtliche Zweckbindung halten werde.[96] Dafür spreche auch der zu erteilende Hinweis nach § 32f Abs. 5 S. 4 StPO.[97] Allerdings gilt die Norm in direkter Anwendung nur für das Akteneinsichtsrecht, nicht aber für das Besichtigungsrecht von Beweisstücken, da dort nur das Besichtigungsrecht aus § 147 Abs. 1 StPO bleibt.[98]
Festzuhalten ist, dass der Drittschutz kein wichtiger Grund im Sinne des § 32f Abs. 2 S. 3 StPO ist bzw. nach § 147 Abs. 4 S. 1 StPO a.F. war. Jedenfalls überwiegt aber auch das Interesse des Beschuldigten auf eine effektive Verteidigung die drittschützenden Bedenken.[99]Damit bleibt es bei dem allgemeinen Mitgabeanspruch aus § 32f Abs. 2 S. 3 StPO.
Häufig werden nicht alle Daten auf Speichermedien gespielt oder in Papierform transkribiert. Eine große Datenmenge befindet sich dann nach wie vor auf den Servern der Ermittlungsbehörden, so dass der Verteidiger auch nach hiesiger Ansicht lediglich ein Besichtigungsrecht hat. Einige Gerichte mussten sich sodann mit der Frage beschäftigen, ob dem Verteidiger in solchen Fällen ein Recht zusteht, (digitale) Kopien zu verlangen.[100]
Obwohl der Gesetzgeber von einem Gleichlauf zwischen Einsichtsrecht und Besichtigungsrecht ausgeht, ist das Besichtigungsrecht ein in der Praxis deutlich schwächeres Mittel zur Wahrnehmung effektiver Strafverteidigung.[101] Sofern es für die Informationsbeschaffung und damit für eine sachgerechte Verteidigung notwendig ist, ist dem Verteidiger daher eine Kopie der Daten auszuhändigen, die er wiederum in seine Räume mitnehmen kann.[102]
Nach hiesiger Auffassung ist dabei eine extensive Handhabung vorzunehmen, da es dem Gebot der Waffengleichheit entgegenstünde, wenn die Staatsanwaltschaft einen unbedingten Zugriff auf die Aufzeichnungen aus der TKÜ hat, während dem Verteidiger lediglich ein zeitlich beschränktes Besichtigungsrecht zusteht, dessen Umfang er vorher mit der zuständigen Dienststelle abzuklären hat ("nur zu den Dienstzeiten möglich").[103] Da der Beschuldigte zur Aufklärung des Sachverhalts beim Abhören und Auswerten der TKÜ-Aufzeichnungen in vielen Fällen dabei sein muss, um den Sachverhalt vollständig einordnen zu können, wird die zeitliche Flexibilität weiter eingeschränkt.
Eine Beschränkung auf das Besichtigungsrecht ist also demnach nur dann vorzunehmen, wenn die Datenmenge so überschaubar ist, dass es von vornherein nicht notwendig erscheint, Kopien in der Kanzlei sichten zu müssen. Dies wird in der Praxis selten der Fall sein, so dass die Herstellung von Kopien die Regel sein wird.[104] Allerdings trifft den Verteidiger zunächst die Obliegenheit, zu überprüfen, ob die Besichtigung in den Räumen der Ermittlungsbehörden ausreichend ist, um sich effektiv auf die Verteidigung vorzubereiten.[105] Nur wenn der Verteidiger die Möglichkeiten der Besichtigung ausschöpft und zur Erkenntnis kommt, dass die Besichtigung nicht ausreichend ist, entsteht der Anspruch auf Aushändigung von Kopien.
Die Staatsanwaltschaft wird sich dabei auch nicht auf den Standpunkt zurückziehen können, dass die nicht zur Akte gelangten Daten keine Relevanz für das Strafverfahren haben.[106] Denn wäre dies der Fall, hätte sie die Daten gem. § 101 Abs. 8 StPO löschen und damit aus dem Ermittlungsverfahren "eliminieren" müssen.[107] Ferner – so konstatiert auch der BGH[108] – obliegt es alleine der Verteidigung zu entscheiden, welche Materialien für die Entwicklung ihrer Verteidigungsstrategie von Relevanz sind.[109]
Ein Anspruch auf Herstellung von Kopien ist damit in der Regel zu bejahen.[110]
Die freie Kommunikation zwischen Verteidiger und Beschuldigtem nach § 148 StPO[111] steht unter einem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung und ist Ausdruck des besonders im Strafverfahren geltenden Grundsatzes, dass der Beschuldigte stets Subjekt und nicht Objekt des staatlichen Handelns ist.[112] Die freie Kommunikation hat daher eine der Menschenwürde dienende Funktion.[113] Vom Recht der freien Kommunikation ist nach allgemeiner Ansicht auch die Weitergabe von Informationen aus der Akte umfasst.[114] Auch die Weitergabe der ganzen Akte als Kopie[115] als solche wird grundsätzlich[116] als zulässig erachtet.[117] Daran ändert das neue Recht auch unter Geltung des § 32f Abs. 5 StPO nichts.[118]
Die Aktenweitergabe ist deshalb besonders wichtig, weil der Beschuldigte aufgrund seiner Tatsachenkenntnis die für die Verteidigung relevanten Punkte am besten erkennen und den Prozess effektiv vorbereiten kann.[119] Eine gemeinsame Sichtung der Akte mit dem Mandanten ist damit unentbehrlich. Bei der Weitergabe von TKÜ-Aufzeichnungen sind sowohl die Rechtsprechung als auch die überwiegenden Stimmen aus der Literatur jedoch zurückhaltend[120] , was damit zu erklären ist, dass dem Beschuldigten grundsätzlich nicht der Vertrauensvorschuss hinsichtlich des Umgangs mit der Akte gegeben werden kann, den die Verteidiger kraft ihrer Stellung als Organe der Rechtspflege erhalten.
Neben dem LG Bremen[121] wollen auch Wettley/Nöding die Zulässigkeit einer Weitergabe von Akteninhalten davon abhängig machen, ob hinsichtlich des Mandanten Untersuchungshaft angeordnet worden ist oder nicht. Begründet wird dies damit, dass der inhaftierte Mandant ansonsten keine Möglichkeiten hätte, die TKÜ-Aufzeichnungen zur Kenntnis zu nehmen und mit dem Verteidiger zu besprechen.[122] Die freie Kommunikation mit dem Mandanten nach § 148 StPO sei dann in unzulässiger Weise beschränkt.[123] Außerdem bestehe während der Haft die Gefahr einer unkontrollierten Verbreitung der Daten gerade nicht, da eine inhaftierte Person mit beschränktem Kontakt zur Außenwelt kaum Möglichkeiten hierzu habe.[124]
Der nichtinhaftierte Mandant hingegen könne die Kanzleiräume zwecks Besichtigung der Daten jederzeit aufsuchen und sei daher nicht darauf angewiesen, Daten mitgegeben zu bekommen.[125] Außerdem bestünde bei ihm tatsächlich die Gefahr, dass überlassene Daten zu verfahrensfremden Zwecken verwendet werden könnten.[126]
Diese Differenzierung begegnet durchgreifenden Bedenken. So erscheint es bereits im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedenklich, dass inhaftierten Mandanten ein deutlich "freizügigerer" Umgang mit den TK-Daten gewährt wird als solchen, die sich nicht in Haft befinden. So werden nichtinhaftierte Mandanten auf eine gemeinsame oder alleinige Sichtung der TKÜ-Aufzeichnungen in den Kanzleiräumen des Verteidigers verwiesen.[127] Dies könne schließlich in "zeitlich unlimitierter" Weise erfolgen.[128] Insbesondere bei sehr umfangreichen Aufzeichnungen aus einer TKÜ ist diese Vorstellung allerdings ein bloßes Wunschdenken, da der Verteidiger sicherlich kein Interesse daran hat, dass der Mandant gewissermaßen "24/7" die Kanzleiräume aufsucht, um die gewaltigen Datenmengen zur Kenntnis zu nehmen. Darüber hinaus wird der Verteidiger Sorge dafür tragen müssen, dass der Mandant nicht etwa heimlich mit einem Aufnahmegerät (heutzutage auf jedem Mobiltelefon installierbar) doch Tonaufzeichnungen aus der TKÜ anfertigt. Er hat demnach ein Interesse, sich diesen Mehraufwand entweder vergüten zu lassen oder die Einsichtnahme auf ein Minimum zu reduzieren. Bei einer Vergütung wird der Mandant wiederum ein eigenes Interesse haben, die Aufzeichnungen nicht "in aller Ruhe" durchzuschauen. Dies kommt insgesamt einer Beschränkung des Einsichtsrechts gleich, die inhaftierten Mandanten nicht widerfährt.
Die Ungleichbehandlung ist einer Rechtfertigung auch nicht zugänglich. So ist es bereits bedenklich, dem nichtinhaftierten Mandanten in pauschalisierender Weise einen nicht verantwortungsbewussten Umgang mit überlassenen Aktenbestandteilen zu unterstellen. Überdies lassen sich die beschriebenen Gefahren durch anderweitige Regelungen[129] zumindest minimieren. Ferner besteht für den Mandanten ein strafrechtliches oder zumindest haftungsrechtliches Risiko, welchem er bei Verbreitung
der Aufzeichnungen ausgesetzt ist.[130] Er hat also ein gewichtiges Interesse daran, die Daten entsprechend vertraulich zu behandeln.
Schließlich muss auch an dieser Stelle die Bedeutung der gemeinsamen Akteneinsicht für eine sachgerechte Verteidigung betont werden, die insgesamt keine Rechtfertigung mehr zulässt.
Die Inhaftierung kann demnach nicht tauglicher Anknüpfungspunkt für die Differenzierung sein.
Aufgrund der Bedeutung effektiver Strafverteidigung wird hier eine "intendierte Interessenabwägung" vorgeschlagen, wonach der Verteidiger grundsätzlich befugt ist, dem Beschuldigten sämtliche TKÜ-Aufzeichnungen aus der Akte auszuhändigen. Das heißt, dass die Weitergabe der Aufzeichnungen an den Mandanten die Regel sein muss.
Der Verteidiger ist dann allerdings dazu angehalten, etwa durch eine schuldrechtliche Vereinbarung[131] , Sorge dafür zu tragen, dass ein Missbrauch der Daten nicht stattfindet und alle ausgehändigten Aufzeichnungen auch wieder zurückgegeben werden, sofern der Fall abgeschlossen ist.[132] Die Daten sind so zu präparieren, dass die Anfertigung einer digitalen Kopie zumindest erschwert wird. Dann reduziert sich die Gefahr einer unzulässigen Kopie durch den Mandanten auf ein Minimum.
Die Weitergabe ist allerdings unzulässig, wenn diese für eine effektive Verteidigung nicht notwendig und damit zur Wahrung des "fair-trial"-Grundsatzes nicht geboten ist. Das ist dann der Fall, wenn der Verteidigung ausreichend Zeit zur Verfügung steht, sämtliche Aufzeichnungen der TKÜ in einem vertretbaren Aufwand gemeinsam mit dem Mandanten in der Kanzlei zu sichten sowie zu besprechen, und für die Vorbereitung der Hauptverhandlung immer noch ausreichend Zeit vorhanden ist.[133]
Die hier vorgeschlagene Lösung hat auch eine "erzieherische Funktion" gegenüber den Ermittlungsbehörden. Diese werden nunmehr dazu geneigt sein, nicht alle Daten einfach "gedankenlos" abzuspeichern, sondern vielmehr möglichst wenig von ihnen zu behalten[134] , damit diese dann auch in der Sphäre der Rechtspflege bleiben. Ansonsten "riskieren" sie die (unangenehme) Verpflichtung, TKÜ-Aufzeichnungen auch an die Beschuldigten weitergeben (lassen) zu müssen. Beulke/Witzigmann stellen in diesem Zusammenhang zutreffend fest, dass es zuvörderst die Aufgabe der Ermittlungsbehörde ist, nur konkret ermittlungsrelevante Gesprächsteile aufzuzeichnen, damit der Grundrechtseingriff auf ein Minimum beschränkt wird und ein sekundärer Eingriff bei der Verwendung des Materials gar nicht mehr ermöglicht wird.[135] Es wurde bereits oben dargestellt, dass einer erbetenen Weitergabe der Unterlagen an den Verteidiger der Drittschutz nicht als wichtiger Grund i. S. d. § 32f Abs. 2 S. 3 StPO entgegengehalten werden kann; dies muss dann – zumindest in abgeschwächter Form – auch bei der Weitergabe der Aufzeichnungen an den Mandanten gelten.
Eine nicht gewährte Akteneinsicht bzw. eine Versagung des Antrags auf Aussetzung der Hauptverhandlung zur Durchführung der Akteneinsicht durch das Gericht (§ 265 Abs. 4 StPO) kann die Verteidigung erheblich beschränken, weshalb eine solche im Revisionsverfahren im Rahmen der Verfahrensrüge angegriffen werden kann. Dies hat allerdings gleich mehrere Schwächen[136] :
Zunächst sind die Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO an eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge sehr hoch.[137] Der Verteidiger muss im Zusammenhang mit der Akteneinsicht nach der Rechtsprechung des BGH substantiiert darlegen, "welche Tatsachen sich aus welchen genau bezeichneten Stellen der Akten ergeben hätten und welche Konsequenzen für die Verteidigung daraus folgten"[138]. An den formalen Hürden scheitern bereits die meisten Verfahrensrügen.[139]
Ferner handelt es sich bei dem vom Gesetzgeber als absolut eingeordneten Revisionsgrund des § 338 Nr. 8 StPO nach ganz h.M. lediglich um einen relativen Revisionsgrund, da das Beruhen praktisch noch geprüft werden muss.[140] Dies erhöht die Darlegungslast weiter.
Damit erweist sich die Revision als schwaches Rechtsmittel und ist kaum geeignet, die Effektivität der Verteidigung im Rahmen der Rechtskontrolle zu gewährleisten.
Dies mag auch der Grund sein, weshalb sich der BGH seit 2014 trotz der stark divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr mit dem Problem beschäftigt hat.
Im vorbereitenden Verfahren ist die Staatsanwaltschaft für die Gewährung von Akteneinsicht zuständig (§ 147 Abs. 5 S. 1 StPO). Versagt sie nach Abschluss der Ermittlungen das Akteneinsichtsrecht, kann hiergegen eine gerichtliche Entscheidung nach § 162 StPO beantragt werden, die wiederum der Beschwerde gem. § 304 S. 1 StPO zugänglich ist.[141] Nach Eröffnung des Hauptverfahrens geht die Entscheidungskompetenz auf den Vorsitzenden Richter über.
Die an sich nach § 304 Abs. 1 StPO statthafte Beschwerde könnte gem. § 305 S. 1 StPO ausgeschlossen sein, wenn es sich um eine gerichtliche Entscheidung handelt, die der Urteilsfällung vorausgeht. Dann ist nämlich auf das Rechtsmittel der Berufung oder Revision zu verweisen, weshalb aus prozessökonomischen Gründen eine weitere Anfechtungsmöglichkeit nicht mehr angezeigt ist.[142] Streitig ist also, ob § 305 S. 1 StPO ab Eröffnung des Hauptverfahrens[143] der Beschwerde gegen Entscheidungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Akteneinsicht entgegensteht. Dies ist richtigerweise zu verneinen.[144] Denn bei der Frage, ob die Akte an den Verteidiger weitergegeben werden darf oder nicht, handelt es sich um eine Entscheidung, die auch eine Wirkung gegen unbeteiligte Dritte hat, welche allerdings gegen das Urteil keine Rechtsmittel mehr haben (§ 305 S. 2 StPO).[145] Überdies steht die Entscheidung auch in keinem inneren Zusammenhang zu dem Urteil.[146] Damit ist ein Anfechtungsausschluss nach § 305 S. 1 StPO zu verneinen.
Nach § 32f Abs. 3 StPO (§ 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F.) sind Entscheidungen über das "wie" der Akteneinsicht[147] (Besichtigungsrecht oder Mitgabeanspruch) der Anfechtung entzogen.
Lebhaft umstritten ist der Adressatenkreis des § 147Abs. 4 S. 2 StPO a.F. Dieser Streit wird aller Voraussicht nach in den § 32f Abs. 3 StPO mitgenommen werden, da der Gesetzgeber eine Klarstellung in der Gesetzesbegründung nicht für erforderlich gehalten hat.[148]
Eine Reihe von Oberlandesgerichten[149] räumt der Staatsanwaltschaft eine Anfechtungsmöglichkeit ein. Begründet wird dies mit der systematischen Stellung des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F., der sich auf den vorherigen Satz beziehe und daher lediglich die Frage der konkreten Ausgestaltung des dem Verteidiger zu gewährenden Akteneinsichtsrechts regele.[150] Dieses Argument dürfte sich ab dem 1. Januar 2018 nicht mehr aufrechterhalten lassen, da § 32f Abs. 3 StPO nunmehr auf die beiden vorherigen Absätze verweist und damit eben nicht nur das dem Verteidiger zu gewährende Akteneinsichtsrecht regelt, sondern vielmehr eine allgemeine Vorschrift des Akteneinsichtsrechts darstellt.
Ferner könne der Verteidiger eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts und die damit einhergehende Beschränkung der Verteidigung immer noch über § 338 Nr. 8 StPO rügen, was der Staatsanwaltschaft gerade nicht möglich sei.[151] Daneben wird die Anfechtungsmöglichkeit mit der staatsanwaltschaftlichen Löschungsverpflichtung nach § 101 Abs. 8 StPO sowie mit der allgemeinen "Kontroll- und Überwachungsfunktion" der Staatsanwaltschaft begründet.[152] Schließlich könne die Staatsanwaltschaft nur über die Beschwerde erreichen, dass der Drittschutz in ausreichendem Maße berücksichtigt werde.[153]
Nach a.A.[154] sei § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F. bzw. dann (wohl) auch § 32f Abs. 3 StPO in verfassungskonformer Weise dahingehend auszulegen, dass (nur) dem Verteidiger ein Anfechtungsrecht einzuräumen ist. Begründet wird dies mit dem Hinweis auf den Grundsatz des fairen Verfahrens sowie den unzulänglichen Rechtsschutzmöglichkeiten in der Revision.
Die Rechtsprechung, die den Ausschluss nicht auf die staatsanwaltschaftliche Beschwerde erstreckt, vermag nicht zu überzeugen; der Wortlaut des § 32f Abs. 3 StPO (wortlautgleich § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F.) widerspricht dieser differenzierenden Auslegung.[155] Auch die von der Rechtsprechung angeführten Argumente hinsichtlich des Drittschutzes müssen zurückgewiesen werden. Killinger[156] weist zu Recht darauf hin, dass die Gerichte die Staatsanwaltschaft ansonsten in systemfremder Weise und auf Kosten von Beschuldigtenrechten zum "Verteidiger des unbekannten Dritten" erheben. Der Drittschutz wird allerdings bereits auf der Ebene der Datenerhebung berücksichtigt, so dass für eine weitere Kontrolle der Staatsanwaltschaft in diesem Verfahrensstadium kein Bedürfnis besteht. Die Ausführungen lassen sich für § 32f Abs. 3 StPO entsprechend übertragen.
Das OLG Hamburg[157] hat sich in einer ausführlichen Entscheidung sorgfältig mit der Gesetzgebungsgeschichte des § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F. auseinandergesetzt und ist zu dem überzeugenden Ergebnis gelangt, dass der beidseitige Anfechtungsausschluss dem " objektivierten aktuellen Willen des Gesetzgebers" [158] entspricht. Da der Gesetzgeber in der Begründung zur Neuregelung des § 32f Abs. 3 StPO nichts Gegenteiliges behauptet hat, dürfte die historische Auslegung auch im neuen Recht ihre Geltung beanspruchen dürfen.
Daher ist auch die Gegenauffassung de lege lata abzulehnen. Der Gesetzgeber hat sich bewusst für den Vorrang der Verfahrensökonomie entschieden[159] und dementsprechend die Anfechtbarkeit im Wege der Beschwerde bei Fragen der konkreten Ausgestaltung ausgeschlossen. Dies mag rechtspolitisch zweifelhaft sein, ist allerdings als geltendes Recht hinzunehmen. Für eine analoge Anwendung fehlt damit bereits die planwidrige Regelungslücke. Dieses rechtspolitische Problem zu lösen ist im Übrigen auch nicht Aufgabe der Rechtsprechung, so dass auch eine Rechtsfortbildung nicht in Betracht kommt.
Damit gilt der Anfechtungssauschluss für jede Beschwerde, die die Ausgestaltung des Akteneinsichtsrecht betrifft.
Die schwachen Rechtsschutzmöglichkeiten gebieten eine extensive Handhabung des Akteneinsichtsrechts, um irreversible Nachteile für den Beschuldigten zu vermeiden.[160] Die durch die Einschränkung des Akteneinsichtsrechts hervorgerufene Ungleichheit im Prozess steht diametral dem "fair-trial"-Grundsatz entgegen. Dass sich diese Ungleichheit nur bedingt – in vielen Fällen auch gar nicht mehr – korrigieren lässt, ist einem rechtsstaatlichen Verfahren abträglich.
Die vorangegangene Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass ein umfassendes Einsichtsrecht in die als Aktenteile eingeordneten TKÜ-Aufzeichnungen rechtsstaatlich geboten und Vorrang vor den datenschutzrechtlichen Belangen der von Ermittlungsmaßnahmen betroffenen Dritten zu geben ist.[161] Dabei ist aufgrund der Stellung des Verteidigers als Organ der Rechtspflege eine Weitergabe der TKÜ-Aufzeichnungen nicht nur nach § 32f Abs. 2 S. 3 StPO eine gesetzliche Pflicht, sondern geradezu notwendig, um angesichts der häufig immensen Datenmengen eine effektive Verteidigung zu gewährleisten. Alles andere würde eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung der Verteidiger- und in letzter Konsequenz auch der Beschuldigtenrechte darstellen. Hinsichtlich der Weitergabe der Aufzeichnungen an den Beschuldigten ist diese – im Sinne einer "intendierten Interessenabwägung" – grundsätzlich aus Gründen einer sachgerechten Verteidigung zu gewähren. Die derzeitige OLG-Rechtsprechung und auch die BGH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2014 stellen nach Ansicht des Verfassers daher eine Fehlentwicklung[162] dar, die zu korrigieren ist.
Angesichts der stark voranschreitenden Digitalisierung, die auch vor dem Strafverfahren keinen Halt macht [163], war eine Neuregelung des Akteneinsichtsrechts nicht nur wünschenswert, sondern rechtsstaatlich geboten, um insbesondere für die Verteidigung Rechtsklarheit und -sicherheit zu schaffen.[164] Killinger bemerkte völlig zutreffend, dass die StPO selten so "hoffnungslos überaltert[wirkt]wie bei dem Versuch, auf Basis der bestehenden Regelungen ‚Akteneinsicht in digitale Daten‘ zu gewähren". [165] Dem ist der Gesetzgeber mit dem eingangs genannten Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs teilweise nachgekommen, hat es aber bedauerlicherweise versäumt, das Einsichtsrecht in Aufzeichnungen aus einer TKÜ zu regeln, obwohl er im Jahr 2017 zwei große Gelegenheiten hierzu hatte: bei der Reform der verdeckten Ermittlungsmaßnahmen und eben bei der Einführung der elektronischen Akte.
Es darf nicht vom Zufall der oberlandesgerichtlichen Spruchpraxis abhängen, ob und unter welchen Auflagen einem Verteidiger die Akteneinsicht in TKÜ-Aufzeichnungen gewährt wird oder nicht. Die sich daran anschließenden Beschwerdeverfahren bei Versagung des Akteneinsichtsrechts bedeuten einen erheblichen Mehraufwand, der weitere Kapazitäten der Verteidigung in Anspruch nimmt.
Der Verfasser ruft den Gesetzgeber der kommenden, 19. Legislaturperiode daher explizit auf, auch das vorliegende Problem anzugehen und einer praxisgerechten und dogmatisch klaren Lösung zuzuführen.[166]
[*] Der Autor ist Student der Rechtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München und studentische Hilfskraft an der Professur für Strafrecht und Rechtsphilosophie (Prof. Dr. Petra Wittig) sowie am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München. Er dankt Herrn PD Dr. Peter Kasiske (München/Augsburg) für die Unterstützung bei der Publikation.
[1] Zur Bedeutung der Akte im Strafverfahren Warg NJW 2015, 3195; ferner Beulke, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier (Hrsg.), Strafprozessordnung, Kommentar, 3. Aufl. (2018), § 147 Rn. 1; Hohmann, in: Radtke/Hohmann (Hrsg.) Strafprozessordnung, Kommentar (2011), § 147 Rn. 1; Pfeiffer, Strafprozessordnung, Kommentar, 5. Aufl. (2005), § 147 Rn. 1; Beulke, Strafprozessrecht, 13. Aufl. (2016), Rn. 160; Schlothauer, in: Müller/Schlothauer (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch Strafverteidigung, 2. Aufl. (2014), § 3 Rn. 34; Beulke/Witzigmann NStZ 2011, 254; Mosbacher JuS 2017, 127; ähnlich Michalke NJW 2013, 2334; Wölky StraFo 2013, 493.
[2] So auch Keller/Braun/Hoppe, Telekommunikationsüberwachung und andere verdeckte Ermittlungsmaßnahmen, 2. Aufl. (2016), S. 19; Günther, in: Kudlich (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Strafprozessordnung (2014), § 100a Rn. 4: "zentrale Vorschrift im Instrumentarium der heimlichen Ermittlungsmethoden".
[3] Vgl. dazu eindrucksvoll die Darstellung bei Gercke StV 2010, 13, wonach man mindestens 60.000 Stunden dazu aufwenden müsse, um die zu der Ermittlungsakte gelangten "[c]a 45.000 Telefonate, weitere rund 34.000 telefonbezogene und nicht weniger als rund 14 Millionen ‚sonstige elektronischen Dateien‘ (E-Mails etc.)" zu erfassen (nicht auszuwerten!).
[4] So auch der Befund bei Wölky StraFo 2013, 493.
[5] BVerfGE 18, 399, 405; 62, 338, 343.
[6] Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Kommentar, 3. Aufl. (2016), Art. 48 Rn. 25-26
[7] Zum "fair-trial-Prinzip" s. grundlegend Ambos, Internationales Strafrecht, 4. Aufl. (2014), § 10 Rn. 19 - 23; ferner monographisch umfassend aufgearbeitet Gaede, Fairness als Teilhabe – Das Recht auf konkrete und wirksame Teilhabe durch Verteidigung gemäß Art. 6 EMRK (2007).
[8] Dafür BGHSt 32, 345, 350 f.; 37, 10, 13.
[9] BVerfG NJW 2001, 2245.
[10] Dazu Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Nettesheim/Raumer (Hrsg.), EMRK, Handkommentar, 4. Aufl. (2017), Art. 6 Rn. 106; umfassend dazu Safferling NStZ 2004, 181; kritisch Volk/Engländer, Grundkurs StPO, 8. Aufl. (2013) § 11 Rn. 1: "weder Realität noch ein erreichbares Ziel."
[11] Vgl. hierzu Jahn, in: Festschrift für Imme Roxin (2012), S. 585, 599 ff.
[12] Gercke StV 2015, 13.
[13] Angelehnt an den rechtssoziologischen Ansatz Niklas Luhmanns, vgl. dazu auch Kühne, Strafprozessrecht, 9. Aufl. (2015), § 1 Rn. 2 m.w.N., Schünemann StraFo 2015, 177.
[14] Zu den anderen Zwecken umfassend Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 29. Aufl. (2017) § 1 Rn. 2 ff.
[15] Vgl. nur Kindhäuser, Strafprozessordnung, 4. Aufl. (2015), § 1 Rn. 11 f.
[16] BGBl. I 2017, S. 2208, zum Referentenentwurf krit. von Stetten ZRP 2015, 138; zum Gesetzesentwurf Basar jurisPR-StrafR 14/2016, Anm. 1, S. 3 f.; zur elektronischen Akte allgemein König/Voigt, in: Gedächtnisschrift für Weßlau (2016), S. 181. Nicht behandelt wurde das Akteneinsichtsrecht in der von Maas eingesetzten Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens im Jahr 2015; Bericht abzurufen unter http://bit.ly/2HuyBk6 (Stand: 1. März 2018).
[17] Vgl. Mosbacher/Claus, in: Satzger/Widmair/Schluckebier a.a.O. (Fn. 1), § 32f Rn. 1.
[18] Verpflichtend ist diese aber erst ab dem 1. Januar 2026: Vgl. Art. 2 Nr. 1 lit. a) des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs, wonach die Fassung des § 32 Abs. 1 S. 1 StPO ab dem 1. Januar 2026 dann wie folgt lauten wird: "Die Akten werden elektronisch geführt.". Die ab dem 1. Januar 2018 geltende Fassung lautet: Die Akten können elektronisch geführt werden. Dazu Valerius, in: Graf (Hrsg.), Beck‘scher Online-Kommentar zur StPO, Stand: 01.01.2018, 29. Edition, § 32 Rn. 6.
[19] Vgl. BT-Drs. 18/9416, S. 57: "[w]ie im geltenden Recht". So auch Mosbacher/Claus a.a.O. (Fn. 17), § 32f Rn. 9, wonach ein besonderer Antrag ein Antrag ist, "in dem die Form der Akteneinsicht näher bezeichnet ist". Damit wird aber lediglich ausgesagt, dass der Verteidiger den Willen, die Akten mit in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung mitzunehmen, kundtuen muss. Das erscheint nahezu selbstverständlich.
[20] Zur Einsicht in die elektronische Akte s. Mosbacher/Claus a.a.O. (Fn. 17), § 32f Rn. 2 ff.
[21] Vgl. zur "Genese der Rechtsprechung" anschaulich Wölky StV 2017, 438, 438 ff.
[22] Wenngleich mit "anderen Schwerpunkten", dazu Mosbacher/Claus a.a.O. (Fn. 17) § 32f Rn. 6.
[23] BGH NStZ 2014, 347 = HRRS 2014 Nr. 282.
[24] BGH NStZ 2014, 347, 349 = HRRS 2014 Nr. 282. So auch KG BeckRS 2017, 124860 = AnwBl 2017, 1116.
[25] Vgl. dazu übersichtlich aufschlüsselnd auch Wettley/Nödig NStZ 2016, 633 (633 f.); s. auch: Müller/Schmidt NStZ 2016, 649.
[26] OLG Karlsruhe NJW 2012, 2742.
[27] OLG Stuttgart NStZ-RR 2013, 217.
[28] OLG Nürnberg StraFo 2015, 102.
[29] KG NStZ-RR 2016, 693; offengelassen von KG BeckRS 2017, 124860 = AnwBl 2017, 1116, das den Streitstand und die dazu ergangene Literatur sehr gut zusammenfasst.
[30] OLG Nürnberg wistra 2015, 246, 247.
[31] OLG Celle NStZ 2016, 305.
[32] OLG Celle NStZ-RR 2017, 48.
[33] Eingehend OLG Celle NStZ 2016, 305, 306.
[34] OLG Zweibrücken BeckRS 2017, 100784 = StV 2017, 437 m. Anm. Wölky.
[35] LG Essen StraFo 2012, 100.
[36] LG Bremen StV 2015, 682.
[37] LG Bremen StV 2015, 682.
[38] LG Essen StraFo 2012, 100.
[39] Killinger StV 2016, 149.
[40] Daran ändert sich durch die neue Rechtslage ab dem 1. Januar 2018 nichts, vgl. Wessing, in: Graf a.a.O. (Fn. 18), § 147 Rn. 23; vgl. auch Mosbacher/Claus a.a.O. (Fn. 17), § 32f Rn. 10.
[41] Eingehend hierzu Rieß, in: Festgabe für Peters (1984), S. 113; vgl. auch Beulke/Witzigmann StV 2013, 75, 76.
[42] Vgl. Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 634; ferner Bell, Beschlagnahme und Akteneinsicht bei elektronischen Medien (2016), S. 193 für eine ähnliche Konstellation.
[43] Statt vieler Meyer-Mews StraFo 2016, 133, 138.
[44] Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, Kommentar, 60. Aufl. (2017), § 147 Rn. 19; Bell a.a.O. (Fn. 42), S. 24 m.w.N.; Pauckstadt-Maihold, in: Vordermeyer/Heintschel-Heinegg (Hrsg.), Handbuch für den Staatsanwalt, 5. Aufl. (2016), 1. Teil, Kap. 7 Rn. 7.
[45] Meyer-Mews StraFo 2016, 133, 138 konstatiert, dass diese Rechtsprechung "mit dem Anspruch auf informationelle Waffengleichheit und rechtliches Gehör schlechthin unvereinbar ist."
[46] So auch Wessing a.a.O (Fn. 40), § 147 Rn. 23 zur neuen Rechtslage.
[47] LG Bremen StV 2015, 682.
[48] BT-Drs. IV/178, S. 32, spricht von "besondere[n]Umstände[n], die nicht in der Person des Verteidigers zu liegen brauchen,[…und]die Herausgabe der Akten an den Verteidiger als untunlich erscheinen lassen[…]."
[49] Vgl. statt aller Krekeler/Werner, in: Krekeler/Löffelmann/Sommer (Hrsg.), Anwaltskommentar zur Strafprozessordnung (2010), § 147 Rn. 16.
[50] Dazu Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 635.
[51] Wessing a.a.O (Fn. 40), § 147 Rn. 26; Mosbacher/Claus a.a.O. (Fn. 17), § 32f Rn. 8.
[52] Eine ausführliche Darstellung findet sich bei OLG Celle NStZ 2016, 305, 306.
[53] BGH NStZ 2014, 347 = HRRS 2014 Nr. 282.
[54] Vgl. auch Laufhütte/Willnow, in: Hannich (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. (2013), § 147 Rn. 10, die unter Hinweis auf OLG Karlsruhe NJW 2012, 2742 meinen, dass der Überlassung von Kopien aufgezeichneter Telefonate der Datenschutz entgegenstehen könne. Die Argumentation wird auf Grundlage des § 32f Abs. 2 S. 3 StPO wohl aufrechterhalten werden.
[55] Die überwiegende Literatur verneint dies; vgl. nur Schmitt a.a.O. (Fn. 44), § 147 Rn. 29; Wohlers, in: Wolter (Hrsg.), Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz, Bd. III, 5. Aufl. (2016), § 147 Rn. 75; Julius, in: Gercke/Julius/Temming (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zur Strafprozessordnung, 5. Aufl. (2012), § 147 Rn. 10; Groß/Fünfsinn NStZ 1992, 105, 108.
[56] Bis zum 31. Dezember 2017 wurde der § 147 Abs. 7 StPO a.F. herangezogen. Dieser gab dem nichtverteidigten Beschuldigten ein Auskunftsrecht hinsichtlich des Akteninhalts. Der § 147 Abs. 7 StPO a.F. wurde zum 1. Januar 2018 ersatzlos gestrichen. Ab dem 1. Januar 2018 hat der unverteidigte Beschuldigte einen eigenen Akteneinsichtsanspruch nach § 147 Abs. 4 StPO. Auch dem können jedoch "überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter" entgegengehalten werden, so dass der Vergleich mit § 147 Abs. 7 StPO a.F. in das neue Recht übernommen werden kann.
[57] So etwa auch LG Essen StraFo 2012, 100; OLG Zweibrücken BeckRS 2017, 100784, Rn. 5 = StV 2017, 437, 438 jeweils zur alten Rechtslage.
[59] So im Ergebnis auch Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 635: kein Bedürfnis "für einen Schutz auf der nachgelagerten Ebene der Akteneinsicht"; auch Wölky StV 2017, 438, 440.
[60] Dabei handelt es sich meist um Tatbeteiligte oder aber um Verwandte, Lebenspartner oder Freunde, Günther a.a.O. (Fn. 2), § 100a Rn. 102.
[61] Daher ist die Befürchtung etwa des OLG Karlsruhe NJW 2012, 2742 unbegründet.
[62] Zum Begriff und Dogma des "Kernbereichs privater Lebensgestaltung" Baldus JZ 2008, 218.
[63] Wesemann/Mehmeti StraFo 2015, 104, 105; Meyer-Mews NJW 2012, 2743, 2744.
[64] Gercke StraFo 2014, 94, 98; Laufhütte/Willnow a.a.O. (Fn. 54) § 147 Rn. 4.
[65] Albrecht jurisPR-ITR 1/2013 Anm. 4.
[66] Wölky StraFo 2013, 493, 497.
[67] S. aber Keller/Braun/Hoppe a.a.O. (Fn. 2), S. 29, wonach 47 % der richterlichen Beschlüsse entweder keine Ausführungen zur Subsidiarität enthalten oder schlicht den Gesetzeswortlaut wiedergeben. Zu dem allgemeinen Problem richterlicher Begründungsdefizite s. Hiéramente, ZRP 2017, 50 – vgl. nun aber § 100e Abs. 4 Nr. 2 StPO.
[68] Hierauf bezugnehmend Wölky StraFo 2013, 493, 497; ders. StV 2017, 438, 440.
[69] S. dazu Singelnstein NStZ 2009, 481.
[70] Zur Schwäche des Richtervorbehalts Gusy ZRP 2003, 275.
[71] § 100e StPO wurde durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I S. 3202) eingefügt. § 100b StPO a.F. sah keine Pflicht zur qualifizierten Begründung des Beschlusses vor.
[72] Dazu eingehend Graf, in: Graf a.a.O. (Fn. 18), § 100e n.F. Rn. 11 ff.
[73] Vgl. hierzu nur Roggan StV 2011, 762 zum defizitären Kernbereichsschutz; a.A. Meyer-Mews StraFo 2016, 177, 186 f., wonach das Gesetz in Ordnung sei, die Justiz allerdings als "außergesetzlicher Korrekturfaktor" den Grundrechtsschutz "schamlos bagatellisiere". Den Kritikern ist der Gesetzgeber allerdings mit dem bereits genannten Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I S. 3202) schon ein wenig entgegengekommen.
[74] Zum Defizit des § 100e Abs. 1 StPO s. neben der zur alten Regelung in § 100a StPO Abs. 4 a.F. verfassten Literatur auch Graf a.a.O (Fn. 72), § 100a Rn. 157 f.
[75] Im Einzelnen Gercke GA 2012, 474, 480 ff.
[76] So auch die Lösung des KG BeckRS 2017, 124860 = AnwBl. 2017. 1116.
[77] Ähnlich Meyer-Mews StraFo 2016, 133, 138.
[78] BVerfGE 85, 386, 398; Baldus, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Beck‘scher Online-Kommentar zum Grundgesetz, Stand: 01.03.2015, Art. 10 Rn. 30, wonach allerdings alle Teilnehmer der Kommunikation einwilligen müssen.
[79] So BGH NStZ 1994, 292. Diesen Ansatz verfolgen auch Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 636.
[80] Zur Einordnung des Verteidigers grundlegend Köllner, in: Bockemühl (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Strafrecht, 6. Aufl. (2015), 1. Teil, Abschn. C, Rn. 12 ff.; Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 8. Aufl. (2015), Rn. 3 ff.; Müller, in: Festschrift für Dahs (2005), S. 3.
[81] So Knauer/Pretsch NStZ 2016, 307, 308; Wesemann/Mehmethi StraFo 2015, 104, 105; mit deutlichen Worten auch Wessing a.a.O (Fn. 40), § 147 Rn. 24, wonach in der Rechtsprechung "ein inakzeptables Misstrauen gegen Verteidiger als Organe der Rechtspflege zum Ausdruck" komme.
[82] Z.B. § 19 Abs. 1 BORA; § 43a Abs. 2 BRAO.
[83] § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, hierzu KG NStZ 2016, 693, 694 f. sowie v. Galen/Maass Berliner AnwBl. 2015, 446, 449; ferner § 44 Abs. 1 BDSG; vgl. zu den strafrechtlichen Risiken beim Umgang mit Ermittlungsakten bei Verwertung für zivilprozessuale Zwecke Wehnert, in: Festgabe für Feigen (2014), S. 319.
[84] Zum Ganzen m.w.N. und auch zur Organstellung Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 635.
[85] Zur generellen Zulässigkeit Schmitt a.a.O. (Fn. 44), § 147 Rn. 19; Lüderssen/Jahn, in: Erb/Esser/Franke/Graalmann-Scheerer/Hilger/Ignor (Hrsg.), Löwe/Rosenberg, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, Bd. 4, 26. Aufl. (2007), § 147 Rn. 113; Wohlers a.a.O. (Fn. 55), § 147 Rn. 9; Rieß a.a.O. (Fn. 41), S.113, 124.
[86] So auch Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 636.
[87] Entgegen KG NStZ 2016, 693, 694.
[88] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 636.
[89] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 636.
[90] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 636.
[91] Im Verfahren BGH NStZ 2014, 347 = HRRS 2014 Nr. 282 wurden die Angeklagten von der Vorinstanz jeweils zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 3 Monaten, 4 Jahre und 9 Monaten sowie 4 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Damit war in keinen der Fälle eine Bewährung möglich (§ 56 Abs. 1 StGB).
[92] Zutreffend auch Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 636, die überdies das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG anführen.
[93] Wessing a.a.O (Fn. 40), § 147 Rn. 24.
[94] Valerius a.a.O (Fn. 18), § 32f Rn. 19.
[95] Valerius a.a.O (Fn. 18), § 32f Rn. 19, Verfahrenszwecke sund nur solche des konkreten Strafverfahrens (zutreffend auch Mosbacher/Claus a.a.O. (Fn. 17), § 32f Rn. 15.
[96] Wessing a.a.O (Fn. 40), § 147 Rn. 24.
[97] Wessing a.a.O (Fn. 40), § 147 Rn. 24.
[98] Zur Bedeutungslosigkeit dieser "formalen" Unterscheidung s. aber Wessing a.a.O. (Fn. 40), § 147 Rn. 24.
[99] So auch Knauer/Pretsch NStZ 2016, 307; Wölky StraFo 2013, 493, 497.
[100] Dass sich das Akteneinsichtsrecht grundsätzlich auf die Aufzeichnungen erstreckt, ist indes unstreitig, vgl. nur Beulke, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier a.a.O. (Fn. 1), § 147 Rn. 16; Weiler, in: Dölling/Duttge/Rössner/König (Hrsg.), Handkommentar, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl. (2017), § 147 StPO Rn. 2; Hohmann a.a.O. (Fn. 1), § 147 Rn. 9; Bockemühl, in: Bockemühl a.a.O. (Fn. 80), 2. Teil Rn. 67.
[101] S. dazu im Ganzen Schlag, in: Festgabe für Koch (1989), S. 229.
[102] So auch OLG Frankfurt a. M, BeckRS 2013, 20921; deutlich Beulke/Witzigmann StV 2013, 74, 77; Köllner StraFo 1995, 50; Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Aufl. (2016), Abschn. A, Rn. 186, 189.
[103] Knauer/Pretsch NStZ 2016, 307 sprechen zu Recht von einer "faktischen Einschränkung" der Akteneinsicht; so auch Wölky StraFo 2013, 493, 495; in einem vergleichbaren Kontext Gehm StV 2016, 185, 186; ähnlich zuletzt OLG Zweibrücken BeckRS 2017, 100784, Rn. 7 m. zust. Anm. Lilie-Hutz, FD-StrafR 2017, 386898 und m. zust. Anm. Wölky StV 2018, 438, 440.
[104] Im Ergebnis auch Killinger StV 2016, 148, 149.
[105] BGH NStZ 2014, 347, 349 f. = HRRS 2014 Nr. 282 m.w.N.
[106] So aber im Verfahren OLG Frankfurt a. M. BeckRS 2013, 20921.
[107] So auch Gercke StV 2015, 13, 14.
[108] BGHSt 52, 58 (64).
[109] Gercke StV 2015, 13, 14: "ureigene Sache der Verteidigung"; ferner Wölky StraFo 2013, 493, 494.
[110] Im Ergebnis auch Michalke NJW 2013, 2334, 2335.
[111] Zur Bedeutung s. Thomas/Kämpfer, in: Kudlich a.a.O. (Fn. 2), § 148 Rn. 2.
[112] So BVerfGE 129, 208, 263.
[113] Vgl. auch BT-Drs. 16/5846, S. 35; BVerfGE 109, 279, 322.
[114] S. Thomas/Kämpfer a.a.O. (Fn. 111), § 148 Rn. 17 m.w.N.; u. U. ist der Verteidiger sogar verpflichtet, Akteninformationen weiterzugehen, vgl. BGHSt 29, 99, 102.
[115] In keinem Fall aber das Original, vgl. § 19 Abs. 1 S. 1 BORA, sofern die Akte noch in Papierform geführt wird; auch nicht "zum Lesen", vgl. dazu Wessing a.a.O. (Fn. 40), § 147 Rn. 28.
[116] Zu den Grenzen s. Wessing a.a.O (Fn. 40), § 147 Rn. 28.
[117] LG Essen StraFo 2012, 100; Schmitt a.a.O. (Fn. 44), § 147 Rn. 20; Wessing a.a.O. (Fn. 40), § 147 Rn. 28; Laufhütte/Willnow a.a.O. (Fn. 54), § 147 Rn. 14; Wohlers a.a.O. (Fn. 55), § 147 Rn. 80; Roxin/Schünemann a.a.O. (Fn. 14), § 19 Rn. 68; Kindhäuser a.a.O. (Fn. 15), § 7 Rn. 14; Kühne (Fn. 13), § 9 Rn. 222; Donath/Mehle NJW 2009, 1399; Welp, in: Festgabe für Peters (1984), S. 309, 316.
[118] Wessing a.a.O (Fn. 40), § 147 Rn. 28.
[119] Laufhütte/Willnow a.a.O. (Fn. 54), § 147 Rn. 1; Satzger, in: Satzger/Schluckebier/Widmair a.a.O. (Fn. 1), Art. 6 EMRK Rn. 43 mit Hinweisen zur Rechtsprechung des EGMR; ähnlich auch LG Essen StraFo 2012, 100; im Einzelnen auch Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 637.
[120] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 637.
[121] LG Bremen StV 2015, 682, 682.
[122] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 637.
[123] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 637.
[124] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 637.
[125] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 638.
[126] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 638.
[127] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 638.
[128] Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 638.
[129] Wessing a.a.O. (Fn. 40), § 147 Rn. 24 verweist etwa auf Möglichkeiten der Verschlüsselung von Daten hin.
[130] Wohlers a.a.O. (Fn. 55), § 147 Rn. 80 weist z.B. auf § 353d StGB hin.
[131] Vgl. für einen ähnlichen Vorschlag in einem vergleichbaren Kontext Daimagüler, Der Verletzte im Strafverfahren (2016), Rn. 82.
[132] Vgl. Donath/Mehle NJW 2009, 1399, 1400; ähnlich Schmitt a.a.O. (Fn. 44), § 147 Rn. 23; ein Musteranschreiben für den Mandanten findet sich bei Junker/Armatage, Praxiswissen Strafverteidigung (2008), Abschn. A Rn. 94.
[133] Für die Berechnung kann das Datenvolumen zugrunde gelegt werden. Für 60.000 Stunden (s. Fn. 3) braucht man knapp 29 Jahre; ausgehend von einer Fünf-Tage-Woche und einem Acht-Stunden-Tag. Eine vollständige Sichtung in der Kanzlei ist damit mehr als utopisch. Die Mitgabe an den Mandanten ist daher notwendig, um eine effektive Verteidigung zu gewährleisten.
[134] Auch im Beweiserhebungsrecht gilt der Grundsatz: "So viel wie nötig, so wenig wie möglich", s. für die Anordnung der TKÜ insbesondere den Subsidiaritätsgrundsatz nach § 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO (dazu Gercke, in: Gercke/Julius/Temming a.a.O. (Fn. 55), § 100a Rn. 23).
[135] Beulke/Witzigmann StV 2013 75, 77; Meyer-Mews NJW 2012, 2743, 2744; Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 639.
[136] So auch Wohlers a.a.O. (Fn. 55), § 147 Rn. 115.
[137] S. Wiedner in: Graf a.a.O. (Fn. 18), § 344 Rn. 46; umfassend El-Ghazi ZStW 125 (2014) 862.
[138] BGH NStZ 2014, 347, 349 = HRRS 2014 Nr. 282, anerkennend, dass dies für den Revisionsführer bei umfangreichen Akten mit "erheblichen Aufwand verbunden sein kann."
[139] El-Ghazi ZStW 125 (2014) 862, 863 m.w.N.
[140] So die h.M., vgl. nur BGHSt 30, 131; Gericke, in: Hannich a.a.O. (Fn. 54) § 338 Rn. 101; Momsen, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier a.a.O. (Fn. 1), § 338 Rn. 73. Es müsse ein "konkret-kausaler" Zusammenhang bestehen.
[141] Wohlers a.a.O. (Fn. 55), § 147 Rn. 111.
[142] Vgl. Mosbacher JuS 2017, 127.
[143] Dazu Killinger StV 2016, 148 (150).
[144] OLG Frankfurt a. M. StV 2001, 611; Cirener, in: Graf a.a.O (Fn. 18), § 305 Rn. 4.1.; Laufhütte/Willnow a.a.O. (Fn. 54), § 147 Rn. 28: Thomas/Kämpfer a.a.O. (Fn. 111), § 147 Rn. 60 m. umfangreichen N.; Beulke a.a.O (Fn. 100), § 147 Rn. 56, im Ergebnis etwa auch Volk/Engländer a.a.O. (Fn. 10) § 11 Rn. 13, a.A. mit beachtlichen Argumenten KG NStZ-RR 2016, 143; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2003, 177.
[145] So etwa Mosbacher JuS 2017, 127.
[146] Lüderssen/Jahn a.a.O. (Fn. 85), § 147 Rn. 167.
[147] OLG Nürnberg wistra 2015, 246 und OLG Celle NStZ 2016, 305 zu staatsanwaltschaftlichen Beschwerden, ferner Mosbacher JuS 2017, 127.
[148] In BT-Drs. 18/9416, S. 57 weist der Gesetzgeber lediglich darauf hin, dass[d]ie […]erklärte Unanfechtbarkeit auf Seiten der Akteneinsichtsberechtigten nicht zur Verkürzung ihrer Rechte[führt], denn diese haben keinen Anspruch auf eine bestimmte Form der Akteneinsicht, solange die gewährte Form zur effektiven Verteidigung ausreichend ist. Hieraus kann man wohl nicht schließen, dass die Anfechtung von Seiten der Staatsanwaltschaft für zulässig erachtet wird.
[149] Zuletzt OLG Celle NStZ-RR 2017, 48; OLG Celle NStZ 2016, 305; OLG Hamburg NStZ 2016, 695; OLG Köln BeckRS 2016, 17943; OLG Nürnberg wistra 2015, 246; OLG Karlsruhe NStZ 2012, 590; KG NStZ-RR 2016, 143.
[150] OLG Celle NStZ-RR 2017, 48, 49.
[151] OLG Celle NStZ-RR 2017, 48, 49; dagegen explizit Beulke a.a.O (Fn. 100), § 147 Rn. 57.
[152] OLG Celle NStZ-RR 2017, 48, 49.
[153] OLG Celle NStZ-RR 2017, 48, 49.
[154] Killinger StV 2016, 148, 151.
[155] So auch Knauer/Pretsch NStZ 2016, 307; Beulke a.a.O. (Fn. 100), § 147 Rn. 56.
[156] Killinger StV 2016, 148, 151.
[157] OLG Hamburg NStZ-RR 2016, 282.
[158] OLG Hamburg NStZ-RR 2016, 282, 283, vgl. dazu BT-Drs. 10/5305, S. 18.
[160] So im Ergebnis auch Wettley/Nöding NStZ 2016, 633, 639.
[161] Wölky StraFo 2013, 493, 497.
[162] Meyer-Mews StraFo 2016, 133, 138.
[163] Vgl. dazu Momsen, in: Festschrift für Beulke (2015), S. 871, 887 zur Bedeutung digitaler Daten im Strafverfahren; zu dem "schleichenden Strukturwandel des Strafverfahrens" aufgrund des vermehrten Zugriffs auf Verkehrsdaten s. Velten, in: Festschrift für Fezer (2008), S. 89; Singelnstein NStZ 2012, 593.
[164] Vgl. jüngst Schlothauer StV 2016, 607, 612.
[165] Killinger StV 2016, 148, 150, a.A. Wölky StV 2017, 438, 438, wonach die bestehende gesetzliche Regelung des § 147 StPO ausreichend sei.
[166] Als Vorbild für eine klarstellende Neuregelung könnte § 58a Abs. 2 und 3 StPO dienen. Diese regeln die Einsichtnahme des Verteidigers und anderer zur Akteneinsicht berechtigter Personen in audiovisuelle Aufzeichnungen von Zeugenvernehmungen.