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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
März 2018
19. Jahrgang
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1. Wird nachträglich eine so hohe Gesamtfreiheitsstrafe gebildet, dass eine nach § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB bemessene, am Halbstrafenzeitpunkt orientierte Anordnung des Vorwegvollzugs zu einer Herausnahme des Angeklagten aus dem Maßregelvollzug führen würde, kann von der Entscheidung über einen Vorwegvollzug abgesehen werden. (BGHR)
2. Wurde die jetzt abgeurteilte Tat vor der früheren, eine Maßregel anordnenden Verurteilung begangen, haben die Grundsätze der nachträglichen Gesamtstrafenbildung Vorrang vor der Regelung des § 67f StGB (vgl. BGH StV 2017, 575). (Bearbeiter)
Über eine Verschiebung des Strafrahmens wegen Versuchs ist auf Grund einer Gesamtschau aller schuldrelevanten Umstände zu entscheiden. Dabei hat das Tatgericht neben der Persönlichkeit des Täters die Tatumstände im weitesten Sinne und dabei vor allem die versuchsbezogenen Gesichtspunkte, insbesondere die Nähe zur Tatvollendung, die Gefährlichkeit des Versuchs und die eingesetzte kriminelle Energie, umfassend zu würdigen (st. Rspr).
Dem Umstand, dass durch Rauschmittelgenuss die Gesundheit, Arbeits- und/oder Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt ist, kann für die Feststellung eines Hanges i.S.d. § 64 S. 1 StGB zwar indizielle Bedeutung zukommen; das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt die Bejahung eines Hangs aber nicht aus. Insbesondere bei Beschaffungskriminalität kommt die Annahme eines solchen in Betracht.
1. Wenn sich Straftaten, aufgrund derer die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wird, nur gegen eine bestimmte Person richten oder in der Beziehung zu dieser Person ihre Ursache haben, bedarf die Annahme, dass der Täter für die Allgemeinheit gefährlich ist, genauer Prüfung und Darlegung aufgrund konkreter tatsächlicher Feststellungen (vgl. BGH NStZ-RR 2015, 306 f.); insoweit genügt die bloße Wiederholungsmöglichkeit ebenso wenig wie eine nur latente Gefahr weiterer Straftaten.
2. Im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose sind auch die Tatmotivation und die innere Tatseite sowie der Umstand, dass eine solche Tat während der stationären Unterbringung begangen wurde, einzustellen und im Urteil darzustellen, damit das Revisionsgericht ihre Prognoserelevanz beurteilen kann.
1. Die Voraussetzungen eines Hanges gemäß § 64 S. 1 StGB sind nicht nur im Falle einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit gegeben; vielmehr genügt bereits eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ohne dass eine physische Abhängigkeit bestehen muss.
2. Lässt sich eine Beeinträchtigung der Gesundheit oder der Arbeits- und Leistungsfähigkeit durch den Rauschmittelkonsum feststellen, indiziert dies zwar einen Hang im Sinne des § 64 S. 1 StGB, das Fehlen einer solchen Beeinträchtigung schließt ihn aber nicht aus.
Ein Hang i.S.d. § 64 S. 1 StGB liegt nicht nur im Falle einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit vor; vielmehr genügt bereits eine erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, wobei noch keine psychische Abhängigkeit bestehen muss. Bei mehreren in der Vergangenheit aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangenen Straftaten und einer „Substitution“ mit einem Methadonpräparat liegt eine derartige Neigung ausgesprochen nahe.
Zwar kann eine Intelligenzminderung ohne nachweisbaren Organbefund dem Eingangsmerkmal des „Schwachsinns“ unterfallen und damit eine besondere Erscheinungsform schwerer anderer seelischer Abartigkeiten darstellen, die zu einer erheblich verminderten oder sogar aufgehobenen Schuldfähigkeit führen kann. Auf der Ebene der Darlegungsanforderungen bedarf es aber stets einer konkretisierenden Darstellung, in welcher Weise sich die näher festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf seine Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat.
Bei der Entscheidung über die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist die Gefährlichkeitsprognose grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Urteils zu beziehen. Nur mögliche positive Entwicklungen in der Zukunft sind dabei nicht zu berücksichtigen. Dabei liegt eine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit unter Umständen auch dann vor, wenn von dem Angeklagten nur gegen bestimmte Einzelpersonen erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind.
Als verschuldete Auswirkungen der Tat im Sinne von § 46 Abs. 2 StGB können nur Geschehnisse und Umstände angesehen werden, bei denen feststeht, dass sie durch die Tat verursacht worden sind. Kann das Gericht hierzu keine sicheren Feststellungen treffen, darf sich das nicht zu Lasten des Angeklagten auswirken (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 41, 42).
Sind durch eine Straftat Rechtsgüter mehrerer Personen verletzt, muss hinsichtlich jedes Geschädigten zumindest eine Variante des § 46a StGB erfüllt sein. Es reicht insofern nicht aus, dass ein Ausgleich nur in Bezug auf einen von mehreren Geschädigten gegeben ist.