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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2017
18. Jahrgang
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1. Beauftragt ein Unternehmen mit Blick auf ein im Ausland geführtes strafrechtliches Ermittlungsverfahren (hier: im Zusammenhang mit dem Vorwurf von Abgasmanipulationen an Dieselfahrzeugen) eine Rechtsanwaltskanzlei mit internen Ermittlungen, so steht das im Rahmen von Art. 13 Abs. 1 GG zu berücksichtigende Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant möglicherweise der Beschlagnahme und Verwertung von in der Kanzlei verwahrten Unterlagen und Daten entgegen,
welche aus deren internen Untersuchungen hervorgegangen sind und auf welche nun für ein inländisches Ermittlungsverfahren zugegriffen werden soll, das zwar vorerst gegen Unbekannt geführt wird, das jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit den internen anwaltlichen Ermittlungen steht.
2. Bei der Folgenabwägung im Rahmen des § 32 Abs. 1 BVerfGG hat das Interesse der Strafverfolgungsbehörden an einer sofortigen Auswertung des sichergestellten Materials hinter dem Interesse am Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant sowie der möglicherweise betroffenen persönlichen Daten Dritter zurückzustehen.
3. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass eine international tätige, nach US-amerikanischem Recht partnerschaftlich organisierte Rechtsanwaltskanzlei, die auch Standorte im Inland unterhält, als inländische juristische Person i. S. d. Art. 19 Abs. 3 GG zu behandeln ist, die sich auf materielle Grundrechte des Grundgesetzes berufen kann.
1. Der Auslieferungsverkehr der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist durch den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl zumindest teilweise unionsrechtlich determiniert. Entsprechende Akte der deutschen öffentlichen Gewalt sind mit Blick auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts grundsätzlich nicht am Maßstab der im Grundgesetz verankerten Grundrechte zu messen.
2. Der Anwendungsvorrang findet seine Grenzen jedoch in den durch Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für änderungs- und integrationsfest erklärten Grundsätzen der Verfassung, zu denen namentlich die Garantien des Art. 1 GG zählen. Deren Gewährleistung ist auch bei der Anwendung unionsrechtlich determinierter Vorschriften durch die deutsche öffentliche Gewalt im Einzelfall sicherzustellen; ihre Verletzung kann mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden (Bezugnahme auf BVerfGE 140, 317 ff. [= HRRS 2016 Nr. 100]).
3. Einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ist im Hinblick auf die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich besonderes Vertrauen entgegenzubringen. Das Vertrauen kann jedoch erschüttert werden, wenn im Einzelfall tatsächliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass bei einer Auslieferung die unverzichtbaren Anforderungen an den Schutz der Menschenwürde nicht eingehalten würden. Das über die Auslieferung entscheidende Gericht trifft insoweit die Pflicht, Ermittlungen hinsichtlich der Rechtslage und der Praxis im ersuchenden Mitgliedstaat vorzunehmen, wenn der Betroffene hinreichende Anhaltspunkte hierfür dargelegt hat.
4. Das Recht des Gefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde setzt der Belegung und Ausgestaltung von Hafträumen Grenzen, wobei es auf eine Gesamtschau der tatsächlichen, die Haftsituation bestimmenden Umstände ankommt. Zu berücksichtigen sind in erster Linie die Bodenfläche pro Gefangenem und die Situation der sanitären Anlagen, namentlich die Abtrennung und Belüftung der Toilette. Darüber hinaus können die Verkürzung der täglichen Einschlusszeiten sowie die Dauer der Unterbringung maßgeblich sein.
5. Auf der Grundlage von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, deren Gewährleistungen bei der Auslegung der Grundrechte des Grundgesetzes heranzuziehen sind, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt, dass die starke Vermutung einer Konventionsverletzung besteht, wenn der persönliche Raum des Häftlings in einem Gemeinschaftshaftraum unter 3 m² fällt. Diese Vermutung kann nur bei kurzen, gelegentlichen und unerheblichen Unterschreitungen widerlegt werden, wenn eine ausreichende Bewegungsfreiheit sowie Aktivitäten außerhalb des Haftraums gewährleistet sind. Beläuft sich der persönliche Bereich des Gefangenen auf zwischen 3 und 4 m², kann dies zusammen mit weiteren Aspekten, wie insbesondere dem Zugang zu Aktivitäten im Freien, der natürlichen Licht- und Luftzufuhr und der Möglichkeit, sanitäre Anlagen ungestört nutzen zu können, zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen.
6. Eine Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung ist einstweilen auszusetzen, wenn dem Verfolgten im ersuchenden Staat während der Untersuchungshaft und im Falle einer Verurteilung zu Freiheitsstrafe eine Unterbringung unter Haftbedingungen droht, die bei vorläufiger Würdigung möglicherweise den unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz unterschreiten.
1. Anordnungen des Vorsitzenden, mit denen die Anfertigung von Bildaufnahmen vom Geschehen im Sitzungssaal am Rande der Hauptverhandlung untersagt oder Beschränkungen unterworfen wird, greifen in den Schutzbereich der Pressefreiheit ein; denn diese umfasst die bildliche Dokumentation des Erscheinens und der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten im Sitzungssaal.
2. Im Rahmen des dem Vorsitzenden eröffneten Ermessens sind einerseits die Pressefreiheit und andererseits der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beteiligten, namentlich der Angeklagten und der Zeugen, aber auch der Anspruch der Beteiligten auf ein faires Verfahren sowie die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege, insbesondere die ungestörte Wahrheits- und Rechtsfindung, zu berücksichtigen.
3. Die Folgenabwägung im Rahmen eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung fällt auch in einem Strafverfahren, in dem ein gewichtiges Informationsinteresse der Öffentlichkeit besteht, zuungunsten der Pressefreiheit aus, wenn Aufnahmen der Verfahrensbeteiligten nicht vollständig untersagt, sondern lediglich Beschränkungen unterworfen werden.
4. Dies gilt insbesondere, wenn an den regelmäßig besondere öffentliche und mediale Aufmerksamkeit genießenden Terminen eines Strafverfahrens, dem Beginn der Hauptverhandlung und der Urteilsverkündung, Ton-, Bild- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal gestattet sind und im Übrigen auf Antrag – in Abhängigkeit vom weiteren Verlauf der Verhandlung und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen – tagesgenau genehmigt werden können.
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für die verfassungsgerichtliche Überprüfung einer Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus besteht angesichts des damit verbundenen tiefgreifenden Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht auch dann fort, wenn die angegriffene Entscheidung nicht mehr die aktuelle Grundlage der Unterbringung bildet, weil zwischenzeitlich eine erneute Fortdauerentscheidung ergangen ist.
2. Die von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Person, die unter den Grundrechten einen hohen Rang einnimmt, darf nur aus besonders gewichtigen Gründen eingeschränkt werden, zu denen in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts – einschließlich der Unterbringung eines nicht oder erheblich vermindert schuldfähigen Straftäters im psychiatrischen Krankenhaus – zählen.
3. Bei der Entscheidung über die Aussetzung einer Maßregel ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen, indem die Sicherungsbelange der Allgemeinheit und der Freiheitsanspruch des Untergebrachten einander als wechselseitiges Korrektiv gegenübergestellt und gegeneinander abgewogen werden. Dabei sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung die von dem Untergebrachten ausgehenden Gefahren zur Schwere des mit der Maßregel verbundenen Eingriffs ins Verhältnis zu setzen.
4. Je länger der Freiheitsentzug andauert, desto strenger werden die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit sowie die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründungstiefe einer negativen Prognoseentscheidung. Zugleich wächst mit dem stärker werdenden Freiheitseingriff die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte.
5. Zu verlangen ist eine einzelfallbezogene Konkretisierung der Art und des Grades der Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten, die von dem Untergebrachten drohen. Dabei ist auf das frühere Verhalten des Untergebrachten, die von ihm bislang begangenen Taten, die seit Anordnung der Maßregel eingetretenen Umstände, den Zustand des Untergebrachten sowie seine künftig zu erwartenden Lebensumstände abzustellen.
6. Eine Fortdauerentscheidung genügt den verfassungsrechtlichen Begründungsanforderungen nicht, wenn sie lediglich Ausführungen des Sachverständigen und des Krankenhauses wiedergibt, denen sich ein Grad der Wahrscheinlichkeit der von dem Betroffenen drohenden Straftaten nicht entnehmen lässt, und wenn sie übergeht, dass dem seit nahezu 20 Jahren Untergebrachten, der weitreichende Lockerungen beanstandungsfrei absolviert hat, in der Vergangenheit von verschiedenen Sachverständigen Therapiefortschritte und ein nur geringes Rückfallrisiko bescheinigt worden sind.
7. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auch zu erörtern, inwieweit etwaigen Gefahren durch geeignete Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht begegnet werden kann. Entsprechende Ausführungen sind insbe-
sondere dann erforderlich, wenn eine Erprobung des Betroffenen in einem sozialtherapeutischen Wohnheim von der Maßregelvollzugseinrichtung ausdrücklich empfohlen worden war.
1. Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt werden. Zu diesen wichtigen Gründen gehören in erster Linie solche des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts – einschließlich der Unterbringung eines nicht oder erheblich vermindert schuldfähigen Straftäters im psychiatrischen Krankenhaus.
2. Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG hat auch verfahrensrechtliche Bedeutung. So müssen alle Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf einer zureichenden richterlichen Sachaufklärung beruhen. Das verfassungsrechtliche Gebot bestmöglicher Sachaufklärung gilt auch für den Straf- und Maßregelvollzug.
3. Bei der Prognose über die Gefährlichkeit eines in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten ist das Gericht in der Regel verpflichtet, einen erfahrenen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass das Gutachten hinreichend substantiiert ist und das Gericht in den Stand setzt, sich die tatsächlichen Voraussetzungen für eine eigene Prognoseentscheidung zu erarbeiten.
4. Die Gerichte haben die Ausführungen des beauftragten Sachverständigen zur Kenntnis zu nehmen und sich mit diesen auseinanderzusetzen. Sie sind jedoch nicht an dessen Bewertungen gebunden. Vielmehr haben sie die Aussagen des Sachverständigen selbst zu beurteilen. Dabei bedarf die Abweichung von den Feststellungen eines Sachverständigengutachtens regelmäßig sorgfältiger Begründung.
5. Das Gericht hat einen weiteren Sachverständigen hinzuzuziehen, wenn die Beweisfrage (möglicherweise) unzulänglich beantwortet ist und die Befragung eines anderen Sachverständigen insoweit Klärung erwarten lässt. Insbesondere ist ein weiterer Sachverständiger regelmäßig dann zu bestellen, wenn das erstattete Gutachten erkennbar Mängel aufweist und der bisherige Sachverständige nicht in der Lage oder willens ist, diese auf Nachfrage zu beheben.
6. Gelangen mehrere Sachverständigengutachten zu unterschiedlichen Wertungen hinsichtlich des (Fort)Bestehens der Voraussetzungen für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, so ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Strafvollstreckungskammer nach ergänzender Befragung des bestellten Sachverständigen und unter ausführlicher Würdigung der voneinander abweichenden Darlegungen der Sachverständigen nachvollziehbar eine eigenständige Entscheidung über die Erledigung der Unterbringung trifft, ohne einen weiteren Gutachter einzuschalten.
1. Die gesetzlichen Vorschriften über die regelmäßige Überprüfung der weiteren Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus dienen der Wahrung des Übermaßverbots bei der Beschränkung des Freiheitsgrundrechts. Das Vollstreckungsgericht muss eine rechtzeitige Entscheidung vor Ablauf der Überprüfungsfrist sicherstellen und dabei berücksichtigen, dass der Betroffene in aller Regel persönlich anzuhören und gegebenenfalls sachverständig zu begutachten ist.
2. Im Falle einer Überschreitung der Überprüfungsfrist hat das Vollstreckungsgericht die Gründe der Fristüberschreitung in der Fortdauerentscheidung darzulegen, um dem Rechtsmittelgericht wie auch dem Bundesverfassungsgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob die Fristüberschreitung trotz sorgfältiger Führung des Verfahrens zustande kam oder ob sie auf einer Fehlhaltung gegenüber dem das Grundrecht sichernden Verfahrensrecht beruhte.
3. Eine Fortdauerentscheidung erfüllt diese verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht, wenn eine Fristüberschreitung von über einem Jahr nicht begründet und insbesondere nicht erläutert wird, weshalb bereits der erste Anhörungstermin auf einen Zeitpunkt nach Fristablauf gelegt, der Gutachtenauftrag an einen Sachverständigen erst zwei Monate später und ohne zeitliche Vorgaben für die Gutachtenerstattung erteilt und die Sachverständigenanhörung erst auf einen Termin drei Monate nach Eingang des schriftlichen Gutachtens anberaumt wurde.
1. Eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG ist nur zulässig, wenn das Fachgericht sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungswidrigkeit eingehend erörtert.
2. Die Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der Norm müssen den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben und die für die Überzeugung des Gerichts maßgebenden Erwägungen unter Einbeziehung von Rechtsprechung und Schrifttum nachvollziehbar und umfassend darlegen.
3. Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit muss das vorlegende Gericht unter Ausschöpfung der ihm verfügbaren prozessualen Mittel auch alle tatsächlichen Umstände aufklären, die für die Vorlage Bedeutung erlangen können.
4. Eine Richtervorlage betreffend eine landesrechtliche Vorschrift über den Vollzug der Sicherungsverwahrung genügt den Darlegungsanforderungen nicht, wenn das Gericht davon ausgeht, der Betroffene sei aufgrund der geltenden Rechtslage „faktisch verpflichtet“, die von ihm bislang über ein externes Konto bezogene Rente unter Inkaufnahme niedrigerer Pfändungsfreigrenzen über ein Anstaltskonto abzuwickeln und von der Anstalt verwalten zu lassen, ohne aufgeklärt zu haben, inwieweit es dem Antragsteller unmöglich oder unzumutbar sein soll, etwa im Rahmen einer Ausführung Geld von seinem externen Konto abzuheben und zu verbrauchen.
5. Ermöglicht das einfache Recht für den Einzelfall eine Abweichung von der für verfassungswidrig erachteten Norm, so ist dies in die Erwägungen einzubeziehen. Eine Richtervorlage hat sich daher damit auseinanderzusetzen, wenn nach der fraglichen Regelung zwar die Verfügungsbefugnis des Sicherungsverwahrten über sein Eigengeldkonto ausgeschlossen ist, soweit das Überbrückungsgeld noch nicht die festgesetzte Höhe erreicht hat, wenn im Ausnahmefall jedoch gleichwohl eine Verfügungsbefugnis bewilligt oder ein Teilbetrag des angesparten Überbrückungsgeldes freigegeben werden kann.
1. Die durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotene wirksame gerichtliche Kontrolle im Sinne einer umfassenden Prüfung des Verfahrensgegenstandes erfordert eine zureichende Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts durch die Fachgerichte.
2. Beanstandet ein Strafgefangener, sein Haftraum sei wegen eines vor dem Fenster angebrachten „Lochgitters“ im Hochsommer unzureichend belüftet, so verletzt die Strafvollstreckungskammer den Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle, wenn sie den Antrag des Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung auf der Grundlage einer richterlichen Inaugenscheinnahme des Haftraums im November zurückweist, ohne hinreichend zu begründen, inwieweit die dabei gewonnenen Erkenntnisse auf die Frage der Frischluftversorgung im Sommer übertragbar sind.
3. Das Recht auf effektiven Rechtsschutz ist auch dann verletzt, wenn die Strafvollstreckungskammer nicht darlegt, nach welchen Kriterien sie eine ausreichende Frischluftversorgung und Luftzirkulation beurteilt, und ohne nähere Begründung – insbesondere ohne Rückgriff auf ein Sachverständigengutachten – lediglich ausführt, das Öffnen der Kommunikationsluke der Haftraumtür im Hochsommer ermögliche eine ausreichende Frischluftzufuhr.
1. Im Anwendungsbereich von Art. 54 SDÜ steht ein einem schweizerischen Urteil nachfolgendes ausländisches Urteil, welches „dieselbe Tat“ betrifft und in dem die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, der Vollstreckung der vollziehbaren Freiheitsstrafe in der Schweiz aus dem schweizerischen Urteil nicht entgegen, wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, ganz oder teilweise im Hoheitsgebiet der Schweiz begangen wurde.
2. Die Begriffe „Gewerbsmässigkeit“ (Art. 146 Abs. 2 SchwStGB) mit welcher mehrere Betrugshandlungen zu einer rechtlichen Handlungseinheit zusammengefasst
werden und „dieselbe Tat“ (Art. 54 SDÜ) stimmen nicht überein. Dass ein Täter allenfalls in verschiedenen Ländern und über diverse Firmen und Hilfspersonen nach dem gleichen Muster vorging, begründet noch keine Identität von in einzelnen Ländern untersuchten Straftaten.
3. Ist eine betrügerische Machenschaft in einem Mitgliedstaat abgeurteilt, so ist die Strafklage bezüglich des zusammenhängenden Betrugskomplexes verbraucht, unabhängig davon, ob der Lebenssachverhalt in einem anderen Schengen-Staat noch unter anderen rechtlichen Kriterien verurteilt werden könnte.
4. Die Weiterentwicklung des Schengen-Dublin-Besitzstandes wird von der Schweiz „nicht automatisch übernommen“. Die Schweiz hat sich jedoch dem Ziel einer „möglichst einheitlichen Anwendung und Auslegung“ verpflichtet; legt ein Mitgliedstaat dem EuGH eine Frage zur Vorabentscheidung vor, kann sie sich am Verfahren beteiligen. Die Schweiz berücksichtigt die Rechtsprechung des EuGH. Die Schweiz unterliegt aber nicht seiner Jurisdiktion. Schweizerische Gerichte sind daher nicht verpflichtet, eine Vorlage zur Vorabentscheidung an den EuGH vorzunehmen.