Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2017
18. Jahrgang
PDF-Download
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Beihilfestrafbarkeit bei berufstypischen „neutralen“ Handlungen die folgenden Grundsätze zu beachten: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten. In diesem Fall verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter“; es ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu deuten und dann auch nicht mehr als sozialadäquat anzusehen.
2. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (vgl. BGHSt 46, 107, 112 ff.).
1. Gegenwärtig im Sinne des Tatbestandes der Notwehr kann auch ein Verhalten sein, das zwar noch kein Recht verletzt, aber unmittelbar in eine Verletzung umschlagen kann und deshalb ein Hinausschieben der Abwehrhandlung unter den gegebenen Umständen entweder deren Erfolg gefährden oder den Verteidiger zusätzlicher nicht mehr hinnehmbarer Risiken aussetzen würde. Hat der Angreifer bereits eine Verletzungshandlung begangen, dauert der Angriff so lange an, wie eine Wiederholung und damit ein erneuter Umschlag in eine Verletzung unmittelbar zu befürchten ist. Dabei kommt es auf die objektive Sachlage an. Entscheidend sind daher nicht die Befürchtungen des Angegriffenen, sondern die Absichten des Angreifers und die von ihm ausgehende Gefahr einer (neuerlichen oder unverändert fortdauernden) Rechtsgutverletzung.
2. Ist nicht zu klären, ob tatsächlich ein Angriff bevorstand, ist unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes von der für den Angeklagten günstigsten Möglichkeit auszugehen. Danach kann der rechtlichen Wertung eine objektiv bestehende Notwehrlage zugrunde zu legen sein. Das unterscheidet den Sachverhalt von Fallgestaltungen, die sich auf die Voraussetzungen eines Erlaubnistatbestandsirrtums bzw. eines Erlaubnis-(Verbots)irrtums beziehen.
3. Eine Einschränkung des Notwehrrechts wegen eines sozialethisch zu missbilligenden vorwerfbaren Vorverhaltens des Angeklagten ergibt sich jedenfalls dann nicht, wenn in der konkreten Situation zumutbare Möglichkeiten, dem Angriff auszuweichen oder sich zurückhaltender zu verteidigen, nicht erkennbar sind.
4. Handelt der Täter mit Verteidigungswillen, kommt es nicht darauf an, ob er einen weiteren Angriff nur „für möglich gehalten“ hat.
5. Das Tatgericht ist gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO aus sachlich-rechtlichen Gründen verpflichtet, all das festzustellen und darzulegen, was für die Beurteilung des Tatvorwurfs relevant und zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler notwendig ist. Dazu gehört bei einem Freispruch aus Notwehr auch, dass deren Voraussetzungen in revisionsrechtlich nachprüfbarer Weise dargelegt werden.
6. Die Begründung muss im Hinblick auf den der rechtlichen Würdigung zugrunde gelegten Sachverhalt so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob dem Tatgericht bei der Ermittlung dieses Sachverhalts Rechts-
fehler unterlaufen sind, das heißt, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, ob sie gegen Denkgesetze verstößt oder ob das Tatgericht an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt hat.
7. Lässt sich den Feststellungen für sich genommen der Geschehensablauf wie er der rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt worden ist, nicht in der erforderlichen Bestimmtheit entnehmen, kann das Urteil diesen Anforderungen dennoch genügen, da die schriftlichen Urteilsgründe eine Einheit bilden, deren tatsächliche Angaben auch dann berücksichtigt werden müssen, wenn sie sich in verschiedenen und dabei auch in solchen Zusammenhängen befinden, in denen sie nach dem üblichen Urteilsaufbau nicht erwartet werden.
Für die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch ist nach ständiger Rechtsprechung das Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung maßgeblich (sog. Rücktrittshorizont). Bei einem dynamischen, ohne wesentliche Zwischenakte ablaufenden Geschehen kann überdies ein Korrekturzeitraum zu berücksichtigen sein, innerhalb dessen eine – hier nicht vorliegende – veränderte Vorstellung noch maßgeblich werden kann.
1. Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags.
2. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr.).
1. Für die rechtliche Einordnung der beabsichtigten Tat als Vergehen oder Verbrechen kommt es nicht nur für die vollendete, sondern auch für die im Sinne des § 30 StGB in Aussicht genommene Anstiftung nicht auf die Person des Anstifters, sondern auf diejenige des Anzustiftenden an (vgl. BGHSt 53, 174). Maßgeblich ist damit, ob die Tat – würde sie verwirklicht – nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 StGB für die Person des präsumtiven Haupttäters ein Verbrechen wäre.
2. Das Ausziehen eines Kindes stellt sich regelmäßig nicht als sexuelle Handlung „an“ dessen Körper im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB dar, wenn nicht das Entblößen seinerseits mit einer sexuellen Handlung am Körper verbunden ist. Denn das bloße Entfernen der Kleidung führt nicht zu dem körperlichen Kontakt, der für eine sexuelle Handlung im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB erforderlich ist (vgl. BGH StV 2017, 39).
3. Ob insoweit etwas anderes gilt, wenn der Täter sich schon mit dem Ausziehen selbst sexuell erregen will, kann hier dahinstehen. Nicht sämtliche sexualbezogenen Handlungen, die auf Sinneslust beruhen oder ihr dienen sollen, sind tatbestandsmäßig im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB. Auszuscheiden sind vielmehr kurze oder aus anderen Gründen unbedeutende Berührungen (vgl. BGH NStZ 1983, 553 mwN).
Die Beurteilung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten kann – von offenkundigen Ausnahmefällen abgesehen (vgl. BGH NStZ 1997, 485, 486) – nicht abstrakt, sondern nur in Bezug auf eine bestimmte Tat erfolgen (vgl. BGHSt 49, 45, 54). Beurteilungsgrundlage ist das konkrete Tatgeschehen, wobei neben der Art und Weise der Tatausführung auch die Vorgeschichte, der Anlass zur Tat, die Motivlage des Angeklagten und sein Verhalten nach der Tat von Bedeutung sein können (vgl. BGHSt 37, 397, 402). Ohne entsprechende Feststellungen zum Tatgeschehen und damit auch zur Täterschaft des Angeklagten ist eine sachgerechte Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht möglich. Die Frage der Täterschaft darf damit nicht offengelassen werden.
1. Für die Dauerhaftigkeit des Verlustes der Gebrauchsfähigkeit eines Körperglieds kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das Opfer eine ihm mögliche medizinische Behandlung nicht wahrgenommen hat. (BGHSt)
2. Das im Anwendungsbereich des § 226 StGB ohnehin stets außerordentlich schwer getroffene Opfer wird – von extrem gelagerten Konstellationen etwa der Böswilligkeit abgesehen – in aller Regel aus Tätersicht nicht zu hinterfragende Gründe haben, weitere Behandlungen nicht auf sich zu nehmen, selbst wenn diese nach ärztlicher Beurteilung sinnvoll wären. Es würde insofern jeglichem Gerechtigkeitsempfinden widersprechen, über den Gedanken der Zurechnung eine Art Obliegenheit des Opfers zu konstruieren, sich ungeachtet dessen aus übergeordneter Sicht „zumutbaren“ (Folge-)Operationen und anderen beschwerlichen Heilmaßnahmen zu unterziehen. (Bearbeiter)
3. Es ist kein überzeugender rechtlicher Maßstab vorhanden, anhand dessen Risiken und Qualen sowie sonstige Beschwerlichkeiten gewichtet und dem Opfer dann „zugemutet“ werden könnten. Das Abstellen hierauf wäre daher geeignet, die Bestimmtheit der Strafnorm durchgreifend in Frage zu stellen. (Bearbeiter)
4. Zwar können und müssen die nach Art und Maß unterschiedlichen konkreten Umstände, die zu einer Milderung des Strafrahmens (hier nach § 213 StGB) geführt haben, mit ihrem verbleibenden Gewicht bei der Strafhöhenbemessung berücksichtigt werden. Der die Milderung des Strafrahmens bewirkende Grund als solcher scheidet allerdings insoweit aus. (Bearbeiter)
1. Ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit der erstrebten Bereicherung liegt bei § 253 StGB nicht schon dann vor, wenn sich der Nötigende nach den Anschauungen der einschlägig kriminellen Kreise als berechtigter Inhaber eines Anspruchs gegen das Opfer fühlt. Entscheidend ist, ob er sich vorstellt, dass dieser Anspruch auch von der Rechtsordnung anerkannt wird und er seine Forderung demgemäß mit gerichtlicher Hilfe in einem Zivilprozess durchsetzen könnte (vgl. BGHSt 48, 322, 329).
2. An einem berechtigten Anspruch fehlt es, wenn die Rückerlangung einer Zahlung angestrebt wird, der eine auf eine Steuerhinterziehung gerichtete und damit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß § 134 BGB insgesamt nichtige (vgl. BGHZ 14, 25, 30 f) Abrede zugrunde lag, so dass gemäß § 817 Satz 2 BGB auch jegliche Kondiktionsansprüche ausgeschlossen waren, da beide Vertragspartner gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen haben (vgl. BGH NJW 2013, 401 Rn. 26).
3. In subjektiver Hinsicht erstrebt der Täter eine unrechtmäßige Bereicherung im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB schon dann, wenn er es für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass seine Forderung nicht oder nicht im Umfang des Nötigungsziels besteht oder aber von der Rechtsordnung nicht geschützt wird. Dies ist – wegen der normativen Natur dieses Tatbestandsmerkmals – nicht bereits dann der Fall, wenn der Täter die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen sich ergibt, dass ihm zivilrechtlich ein Anspruch nicht zusteht. Maßgeblich ist vielmehr, ob er sich als Ergebnis laienhafter Bewertung dieser Umstände einen Anspruch auf die erstrebte Leistung nicht zumisst oder für zweifelhaft hält (vgl. BGHSt 48, 322, 328 f.). Stellt sich der Täter für die erstrebte Bereicherung eine Anspruchsgrundlage vor, die in Wirklichkeit nicht besteht, so handelt er in einem Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB (st. Rspr.)
4. Ein Gehilfenvorsatz im Sinne von § 27 StGB liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen (st. Rspr.). Entscheidend ist, dass der Gehilfe die Dimension der Tat erfassen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2015, 75). Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde, ist dagegen nicht entscheidend. Es reicht, dass die Hilfe an sich ge-
eignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß.
1. Die Tathandlung bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr muss über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus zu einer kritischen Situation geführt haben, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache im Sinne eines „Beinaheunfalls“ so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht.
2. Bei Vorgängen im fließenden Verkehr muss zu einem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Absicht ferner hinzukommen, dass das Fahrzeug mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz missbraucht wurde; nicht ausreichend ist die Feststellung eines bloßen Gefährdungsvorsatz.
3. Ist ein auch nur bedingter Schädigungsvorsatz des Angeklagten nicht nachzuweisen, ist eine Strafbarkeit wegen Gefährdung des Straßenverkehrs zu erwägen.
1. Die Begehung des § 227 StGB ist jedenfalls dann aufgrund einer Körperverletzung durch Unterlassen möglich, wenn der Zusammenhang zwischen dem Unterlassen und der tödlichen Folge dergestalt gegeben ist, dass dem unterlassenden Garanten anzulasten ist, die zum Tode führenden Gewalthandlungen des aktiv Handelnden nicht verhindert zu haben.
2. Für die Verwirklichung des Qualifikationstatbestands des § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB ist entscheidend, dass eine der in § 225 Abs. 1 StGB umschriebenen tatbestandlichen Handlungen die naheliegende Möglichkeit begründet, sie werde zu den in den Alternativen des § 225 Abs. 3 StGB genannten Weiterungen führen. Handelt es sich um eine Unterlassungstat, so begründet der Täter die tatbestandlich vorausgesetzte konkrete Gefahr, wenn er deren Entstehen durch sein Eingreifen hätte abwenden können.
3. Quälen im Sinne des § 225 Abs.1 StGB bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Es wird im Allgemeinen durch mehrere Tathandlungen bewirkt, wobei oft erst die ständige Wiederholung mehrerer Körperverletzungshandlungen, die für sich genommen noch nicht den Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB erfüllen – hier: mehrfache, innerhalb weniger Stunden vorgenommene gravierende Verletzungshandlungen gegen einen Säugling –, den besonderen Unrechtsgehalt des Quälens verwirklichen. Gehen die zugefügten Schmerzen oder Leiden über die typischen Auswirkungen einzelner Körperverletzungshandlungen hinaus, kann Quälen auch durch Unterlassen begangen werden.
1. Ob eine „schwere Beleidigung“ vorliegt, beurteilt sich nach einem objektiven Maßstab. Die Handlung muss auf der Grundlage aller maßgeblichen Umstände unter objektiver Betrachtung und nicht nur aus der subjektiven Sicht des Täters als schwer beleidigend zu beurteilen sein (vgl. BGH NStZ 1981, 300), wobei die Anforderungen nicht zu niedrig anzusetzen sind (vgl. BGH NStZ 2015, 218). Maßgebend ist dafür der konkrete Geschehensablauf unter Berücksichtigung von Persönlichkeit und Lebenskreis der Beteiligten, der konkreten Beziehung zwischen Täter und Opfer sowie der tatauslösenden Situation (vgl. BGH NStZ 1985, 216).
2. Die Schwere kann sich auch erst aus fortlaufenden, für sich allein noch nicht schweren Kränkungen ergeben, wenn die Beleidigung nach einer Reihe von Kränkungen gleichsam „der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte“ (st. Rspr.). Deswegen ist es geboten, in die erforderliche Gesamtwürdigung auch in der Vergangenheit liegende Vorgänge als mitwirkende Ursachen miteinzubeziehen (vgl. BGH NStZ-RR 2017, 11).
3. Eigene Schuld des Täters schließt die Annahme einer strafmildernden Provokation nur aus, wenn sie sich gerade auf die ihm vom Opfer zugefügte tatauslösende Kränkung bezieht. Ohne eigene Schuld handelt also der Täter, der die beleidigende Äußerung des Opfers im gegebenen Augenblick entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht vorwerfbar veranlasst hat (vgl. BGH NStZ 1983, 554).
1. Wer Körperverletzungshandlungen vornimmt, während eine andere Person passiv danebensteht, verwirk-
licht regelmäßig nicht den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, sofern er von dem anderen „Beteiligten“ nicht zumindest aktiv physisch oder psychisch in einer Weise unterstützt wird, die sich als Demonstration von Eingriffsbereitschaft und damit als Erhöhung der tatbestandsspezifischen Gefahr darstellt.
2. Nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB a.F. ist das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles der sexuellen Nötigung erfüllt, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird. Der Wortlaut der Vorschrift und dabei insbesondere der Ausdruck „gemeinschaftlich“ nimmt Bezug auf die Regelung zur Mittäterschaft in § 25 Abs. 2 StGB. Deshalb ist bei § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB a.F. jeweils ein täterschaftliches Verhalten erforderlich. Insbesondere kann schon wegen des abweichenden Wortlauts nicht an die Auslegung zu § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB angeknüpft werden, der auch andere Beteiligungsformen umfasst.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 177 Abs. 1 StGB müssen auch bei einer länger dauernden Serie von Tathandlungen grundsätzlich für jede Tat konkret und individualisiert festgestellt werden (vgl. BGHSt 42, 107, 111).
§ 177 StGB n.F. (sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) stellt im Sinne notwendiger Unrechtskontinuität eine Nachfolgeregelung zu § 179 StGB (sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen) dar; denn sowohl das Schutzgut als auch die inkriminierte Angriffsrichtung sind unverändert geblieben.