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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2014
15. Jahrgang
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1. Der Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfasst beschränkte Ausschreibungen öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Nr. 3 VOB/A (2006) (heute § 3 Abs. 3 und 4 VOB/A) auch dann, wenn diesen kein öffentlicher Teilnahmewettbewerb vorausgegangen ist. (BGHSt)
2. Auch ein Angebot, das an so schwerwiegenden vergaberechtlichen Mängeln leidet, dass es zwingend vom Ausschreibungsverfahren ausgeschlossen werden müsste, kann den Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfüllen. (BGHSt)
3. Die Vorschrift des § 298 StGB schützt zuvorderst den freien Wettbewerb; die Vermögensinteressen des Veranstalters (und gegebenenfalls der Mitbewerber) werden lediglich mittelbar in den Schutzbereich einbezogen. Daraus ergibt sich, dass bei einer Ausschreibung das nur vom freien Wettbewerb geprägte Verfahren die Grundlage des konkreten Preisbildungsprozesses darstellt. Dieser Prozess als realer Vorgang ist Angriffsobjekt der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen und wird von ihnen auch betroffen, wenn ein darauf beruhendes Angebot wegen vergaberechtlicher Mängel nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. (Bearbeiter)
4. Bei der Bestimmung des Abschöpfungsanteils gemäß § 30 Abs. 3, § 17 Abs. 4 OWiG gilt – anders als bezüglich des erlangten Etwas beim Verfall gemäß § 73 Abs. 1 StGB bzw. § 29a Abs. 1 OWiG – das Nettoprinzip (hiergegen mit aus Sicht des Senats beachtlichen Argumenten Göhler/Gürtler, OwiG, 16. Aufl, § 17 Rn. 38 f.). Sogenannte Deckungskosten (Fixkosten in Form von Abschreibungen auf Anlagevermögen, Miet- und Zinskosten) werden gleichwohl bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Vorteils nicht als Abzugsposten berücksichtigt. Denn einen wirtschaftlichen Vorteil stellt es auch dar, wenn Gemeinkosten, die selbst ohne Ausführung des infolge des abgesprochenen Angebots bemakelten Auftrags angefallen wären, mit den Erlösen aus diesem bezahlt werden können. (Bearbeiter)
5. Wird für eine Abschöpfungsmaßnahme der Bruttobetrag des erlangten Gewinns zugrunde gelegt, darf nicht zugleich der gesamte Bruttobetrag besteuert werden. Dem hat der Gesetzgeber insoweit Rechnung getragen, als § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG bestimmt, dass das grundsätzliche steuerrechtliche Abzugsverbot für Geldbußen nicht gilt, soweit mit diesen der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft wurde. Daraus folgt für den Tatrichter, dass er bei der Bußgeldbemessung zu überprüfen hat, ob für den Veranlagungszeitraum, in dem die abzuschöpfenden Erlöse erzielt wurden, das Besteuerungsverfahren bereits durch einen bestandskräftigen Bescheid beendet wurde. Ist dies nicht der Fall, so bleibt die Steuerlast unberücksichtigt. Der Betroffene kann vielmehr den ihm auferlegten Bruttoabschöpfungsanteil bei den Finanzbehörden gewinnmindernd geltend machen. Hierzu ist es jedoch erforderlich, dass sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, in welcher Höhe die Geldbuße ahndender und in welcher Höhe abschöpfender Natur ist. Ist dagegen das Besteuerungsverfahren endgültig abgeschlossen, so ist der auf § 17 Abs. 4 OWiG entfallende Geldbußenanteil um die Steuerlast zu mindern. (Bearbeiter)
6. Ein schriftlicher Beschluss – hier: hinsichtlich der Verbindung zweier Verfahren gem. § 4 StPO – ist nach Auffassung des Senats nicht deshalb unwirksam, weil er nicht von allen beteiligten Richtern unterschrieben wurde. Es kommt demnach vielmehr entscheidend darauf an, ob der Beschluss von allen zur Entscheidung berufenen Richtern gefasst wurde. Etwas anderes gilt, wenn es bereits an der schriftlichen Abfassung des Beschlusses fehlt. (Bearbeiter)
1. Der Senat hält auf Anfrage des 4. Strafsenats (BGH HRRS 2013 Nr. 778) an seiner Rechtsprechung fest, wonach mehrere Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, bei denen der Täter die vorangegangene Lieferung bei Abholung der nächsten Lieferung bezahle, jedenfalls dann nicht zu Tateinheit verknüpft werden, wenn der Täter die Betäubungsmittel jeweils zu Handelszwecken in die Bundesrepublik einführt. Die schwerer wiegenden Taten der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge können nicht durch das minder schwere Delikt des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Tateinheit verklammert werden.
2. Das Verbrechen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG mit einer Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe stellt nach Ansicht des Senats gegenüber dem – mit Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302) ebenfalls als Verbrechen ausgestalteten – Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, der eine Mindeststrafe von lediglich einem Jahr vorsieht, ungeachtet der gleichen Obergrenze des jeweiligen Strafrahmens das schwerer wiegende Delikt dar.
3. Sofern allein die Fahrt zum Tatort im Ausland mehrere im Übrigen voneinander unabhängigen, gesonderte Handelsmengen betreffende Betäubungsmittelgeschäfte zu einer Tat des Handeltreibens verbinden, darf aus Sicht des Senats nicht außer Acht gelassen werden, dass die Fahrt – bezogen allein auf die spätere Einfuhr von Betäubungsmitteln – lediglich eine straflose Vorbereitungshandlung darstellen würde. Das spricht nach der Auffassung des Senats dagegen, dass dieser Teilakt des Handeltreibens die Kraft hat, auch die Einfuhrtaten zu verklammern und damit alle begangenen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz insgesamt zu einer Tat im Rechtssinne zu verbinden.
1. Dass sich die Angeklagten mit Warenbezügen an einem „Umsatzsteuerkarussell“ beteiligten, genügt für sich genommen nicht, um die mangelnde Berechtigung zum Vorsteuerabzug (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs macht derjenige, der in Umsatzsteuererklärungen die in einer Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer geltend macht, unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, wenn er sich mit dem der Rechnung zu Grunde liegenden Erwerb an einem in eine „Mehrwertsteuerhinterziehung“ einbezogenen Umsatz beteiligte (vgl. BGH NJW 2011, 1616). Dies gilt jedoch nur dann, wenn er bereits zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges von der Einbeziehung in die „Mehrwertsteuerhinterziehung“ wusste oder hätte wissen müssen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2013 – 1 StR 312/13 mwN zur Rechtsprechung des EuGH). Bei nachträglicher – also nach Leistungsbezug eintretender – „Bösgläubigkeit“ bleibt das Vorsteuerabzugsrecht aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG unberührt (vgl. BGH aaO).
2. Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. nur BFHE 198, 208). Auch ein „Strohmann“, der nach außen im eigenen Namen auftritt, im Verhältnis zum „Hintermann“ jedoch auf dessen Rechnung handelt, kann daher leistender Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein (vgl. BFH aaO; BFH wistra 2011, 237 mwN). Dementsprechend können dem „Strohmann“ auch solche Leistungen zuzurechnen sein, die der „Hintermann“ berechtigterweise im Namen des Strohmannes tatsächlich ausgeführt hat (vgl. BFH wistra 2011, 237 mwN).
3. „Vorgeschobene“ Strohmanngeschäfte zwischen einem „Strohmann“ und dem Leistungsempfänger sind hingegen dann umsatzsteuerrechtlich (wie auch zivilrechtlich) unbeachtlich, wenn sie nur zum Schein (vgl. § 41 Abs. 2 AO) abgeschlossen sind, mithin die Vertragsparteien – der „Strohmann“ und der Leistungsempfänger – einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann“ eintreten sollen. Hierfür genügt nicht die bloße Feststellung, dass Firmen – sei es auch zum Zwecke der Hinterziehung von Umsatzsteuer – „zwischengeschaltet“ worden seien.