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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2013
14. Jahrgang
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Das Gericht muss bei der Prüfung, ob der Antrag auf die Vernehmung eines Auslandszeugen abgelehnt werden kann, eine gegebene besonders schwierige Beweislage in einem zureichenden Maße einbeziehen. Eine solche ist etwa gegeben, wenn die Tatverfolgung vornehmlich auf Angaben eines Mitangeklagten beruhen, mit dem zeitweise eine Verständigung verabredet wurde, und sonstige, namentlich „objektive“ Indizien gerade für die am schwersten wiegenden Taten des Angeklagten fehlten. Dies gilt besonders, wenn die Verteidigung den Mitangeklagten nicht mehr „konfrontativ“ befragen konnte (vgl. Art. 6 Abs. 3 lit. d MRK).
1. Für die revisionsgerichtliche Prüfung, ob im Einzelfall eine Art. 6 Absatz 1 Satz 1 EMRK verletzende Verfahrensverzögerung vorliegt, ist grundsätzlich eine Verfahrensrüge erforderlich (vgl. BGHSt 49, 342, 344). Diese ist gleichermaßen zu erheben, wenn ein Angeklagter beanstandet, Art, Ausmaß und Umstände einer angenommenen Verzögerung seien zu seinen Lasten nicht oder nicht genügend festgestellt (vgl. BGH, NStZ 2004, 504 zu einer Revision des Angeklagten). Nichts anderes kann aber gelten, wenn die Staatsanwaltschaft zu Ungunsten einer Angeklagten geltend macht, der Kompensationsausspruch halte sich nicht innerhalb des dem Tatgericht zustehenden Beurteilungsspielraums, weil Tatsachen, aus denen sich die vom Tatgericht angenommene Verzögerung ergibt, nicht hinreichend dargelegt seien.
2. Der Tatrichter hat zwar Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen zu ermitteln und im Urteil konkret festzustellen (vgl. BGHSt 52, 124, 146). Der sachlich-rechtlich zu fordernde Erörterungsbedarf darf jedoch mit Rücksicht auf die vielen denkbaren Verfahrensvorgänge, die für die Entscheidung eine Rolle spielen können, nicht überspannt werden (vgl. BGHSt 49, 342, 344). Es reicht deshalb aus, wenn das Revisionsgericht anhand der Ausführungen im Urteil im Sinne einer Schlüssigkeitsprüfung nachvollziehen kann, ob die festgestellten Umstände die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verzögerung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK tragen und sich die Kompensationsentscheidung innerhalb des dem Tatrichter insoweit eingeräumten Bewertungsspielraums hält (vgl. BGH StV 2010, 228, 230 f.).
1. Weder der Grundsatz des fairen Verfahrens noch sonstige Regelungen des Verfassungs- oder des Strafverfahrensrechts verbieten dem Tatgericht, das Verfahren betreffende Gespräche mit den Verfahrensbeteiligten zunächst getrennt zu führen. Selbst bei der Vorbereitung einer möglichen verfahrensbeendenden Absprache dienenden Gesprächen sind derartige Vorgespräche nicht ausgeschlossen. Wie sich aus der Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO ergibt, setzt das Gesetz in Bezug auf verfahrensbeendende Absprachen die Möglichkeit solcher Vorgespräche sogar voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen eine eventuelle Verständigung betreffende Vorgespräche nicht stets mit sämtlichen Verfahrensbeteiligten zugleich geführt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.).
2. Allerdings bedarf es bei der Sondierung der Chancen für eine solche Absprache betreffende Gespräche der anschließenden Information sämtlicher Verfahrensbeteiligter in öffentlicher Hauptverhandlung über den Inhalt, den Verlauf und die Ergebnisse der außerhalb dieser geführten Gespräche (BGH aaO).
3. Zu den Darstellungsanforderungen an eine Verfahrensrüge, mit der die Verletzung des § 29 StPO gerügt wird.
4. Der Senat lässt offen, ob das Unterbleiben einer Entscheidung des Gerichts trotz einer Beanstandung gemäß § 238 Abs. 2 StPO als solches einer Revision zum Erfolg verhelfen kann. Falls überhaupt, kann dies allenfalls dann in Frage kommen, wenn der Rechtsmittelführer durch den Fehler im Beanstandungsverfahren in seinem weiteren Prozessverhalten beschränkt worden ist.
1. Vollständig zu den Akten gelangt ist ein Urteil grundsätzlich nur dann, wenn es von allen an der Entscheidung mitwirkenden Richtern unterzeichnet ist (vgl. § 275 Abs. 2 Satz 1 StPO; vgl. BGHSt 26, 247, 248) bzw. eine etwaige Verhinderung unter dem Urteil ordnungsgemäß vermerkt ist (§ 275 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Die Unterzeichnung eines Strafurteils ist ein dringliches unaufschiebbares Dienstgeschäft (vgl. BGH NStZ 2011, 358), dessen Vornahme nur ausnahmsweise wegen anderer Dienstgeschäfte zurückzustehen hat. § 275 Absatz 2 Satz 1 postuliert den Grundsatz, dass das schriftliche Urteil von allen beteiligten Berufsrichtern zu unterzeichnen ist, während der nach § 275 Absatz 2 Satz 2 StPO mögliche Verhinderungsvermerk eine Ausnahme von dieser Regel normiert. Eine nach § 275 Abs. 2 Satz 2 StPO beurkundete Verhinderung genügt daher nur dann den rechtlichen Anforderungen, wenn sie diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis und der Bedeutung der persönlichen Unterschriftsleistung der mitwirkenden Richter Rechnung trägt.
1. Der wesentliche Inhalt eines mehr als einstündigen Rechtsgesprächs muss im Rahmen der öffentlichen Hauptverhandlung im Einzelnen gemäß § 243 Abs. 4 StPO dargelegt und protokolliert werden.
2. Mit § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO will der Gesetzgeber erreichen, dass derartige Erörterungen stets in der öffentlichen Hauptverhandlung zur Sprache kommen und dies auch inhaltlich dokumentiert wird. Gespräche außerhalb der Hauptverhandlung dürfen kein informelles und unkontrollierbares Verfahren eröffnen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.). Alle Verfahrensbeteiligten und die Öffentlichkeit sollen nicht nur darüber informiert werden, ob solche Erörterungen stattgefunden haben, sondern auch darüber, welche Standpunkte gegebenenfalls von den Teilnehmern vertreten wurden, von welcher Seite die Frage einer Verständigung aufgeworfen wurde und ob sie bei anderen Gesprächsteilnehmern auf Zustimmung oder Ablehnung gestoßen ist (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1065; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 287/10, StV 2011, 72 f.).
3. Eine Rüge, dass die Sitzungsniederschrift den Inhalt von Gesprächen, die außerhalb der Hauptverhandlung mit dem Ziel einer Verständigung geführt wurden, nicht mitteilt, ist keine unzulässige Protokollrüge. Das Fehlen der Protokollierung ist ein Rechtsfehler des Verständigungsverfahrens (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1067); er wird durch das Protokoll der Hauptverhandlung bewiesen.
4. Ein Mangel an Transparenz und Dokumentation der Gespräche, die mit dem Ziel der Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung geführt wurden, führt – ebenso wie die mangelhafte Dokumentation einer Verständigung – regelmäßig dazu, dass ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2013, 1058, 1067).
5. Der Senat neigt dazu, dass das Gericht in einem Fall, in dem die Zäsurwirkung einer rechtskräftigen, noch nicht erledigten Vorverurteilung die Bildung mehrerer Gesamtstrafen erfordert, zunächst diesen Umstand bekannt geben muss (§ 257c Abs. 3 Satz 1 StPO). Will es nach seinem Ermessen Angaben zu der zu erwartenden Strafe machen (§ 257c Abs. 3 Satz 2 StPO), muss es für jede Gesamtstrafe gesondert die jeweilige Ober- und Untergrenze bezeichnen. Nur dies – und nicht die Angabe eines einheitlichen Rahmens für ein im Gesetz nicht vorgesehenes „Gesamtstrafübel“ – entspricht dem Wortlaut des § 257c Abs. 3 Satz 2 StPO.
Wird die Außerachtlassung eines disponiblen Beweisverwertungsverbotes gerügt, genügt der Vortrag, der Verteidiger habe zur Beweiserhebung an einem Hauptverhandlungstag eine „Erklärung“ abgegeben, nicht den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Rüge muss mitteilen, ob der Angeklagte durch diese „Erklärung“ ihres Verteidigers der Verwertung rechtzeitig widersprochen oder ihr zugestimmt hat.
Jeder (auch stillschweigende) Wiedereintritt in die Verhandlung nimmt den vorausgegangenen Ausführungen des Angeklagten die rechtliche Bedeutung als Schlussvortrag und als letztes Wort und macht die erneute Beachtung des § 258 StPO erforderlich macht (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 152). Diese Verpflichtung besteht nur dann nicht, wenn nach dem letzten Wort ausschließlich Vorgänge erörtert werden, die auf die gerichtliche Entscheidung keinen Einfluss haben können.
1. Das Absehen von der Verfolgung einer Tat nach § 154 Abs. 1 oder 2 StPO bezieht sich auf die gesamte prozessuale Tat (vgl. BGHSt 25, 388, 390). Sollen abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen sind, von der Verfolgung ausgenommen werden, findet – nach dessen Absatz 1 Satz 1 – § 154a StPO Anwendung.
2. Die Tat im prozessualen Sinn ist der geschichtliche – und damit zeitlich und sachverhaltlich begrenzte – Vorgang, auf welchen Anklage und Eröffnungsbeschluss hinweisen, und innerhalb dessen der Angeklagte als Täter oder Teilnehmer einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Sie beschränkt sich nicht auf eine konkrete Handlung, sondern erfasst den gesamten Lebenssachverhalt einschließlich aller damit zusammenhängenden Vorgänge, die für die strafrechtliche Beurteilung von Bedeutung sein können, somit das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen, inhaltlich zusammenhängenden Lebensvorgang darstellt.
Die Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schäden setzt nach der auch für das Adhäsionsverfahren geltenden Rechtsprechung der Zivilgerichte voraus, dass aus dem festzustellenden Rechtsverhältnis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Ansprüche entstanden sind oder entstehen können. Bei schweren Verletzungen kann ein Feststellungsanspruch nur dann verneint werden, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Beurteilung kein Grund bestehen kann, mit Spätfolgen wenigstens zu rechnen. In diesen Fällen kann es genügen, dass eine nicht eben entfernt liegende Möglichkeit künftiger Verwirklichung der Schadensersatzpflicht durch das Auftreten weiterer Leiden besteht (vgl. BGH NJW 1993, 2382, 2383). Dass ein künftiger Schaden aber bloß möglich ist, reicht auch insoweit nicht aus.
Nach der Regelung des § 400 Abs. 1 StPO kann der Nebenkläger ein Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass für die Tat eine andere Rechtsfolge verhängt werden soll. Aus dieser Beschränkung des Anfechtungsrechts des Nebenklägers leitet die Rechtsprechung ab, dass die Revision des Nebenklägers als Zulässigkeitsvoraussetzung eines Revisionsantrags oder einer Revisionsbegründung bedarf, aus denen sich das Verfolgen eines zulässigen Rechtsmittelziels, regelmäßig eine Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich eines Nebenklagedelikts, ergibt (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 97, 104).
Die Rechtskraft eines nachträglichen Gesamtstrafenbeschlusses darf durchbrochen werden, wenn wegen anderer Verurteilungen eine weitere nachträgliche Gesamtstrafenbildung erforderlich wird.